Anfrage: Wie wichtig ist der Schutz des Auwaldes?
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 22. Mai 2024
Im April wurde eine Grünfläche, die zwischen Festwiese und der Südwestseite des Stadions liegt, komplett asphaltiert. Bereits im März 2023 hatte der ansässige Fußballverein RB Leipzig einen entsprechenden Antrag bei der Stadt gestellt, damit dort die TV-Übertragungswagen abgestellt werden können.
Die Umsetzung der Baumaßnahme erfolgte nunmehr im April. Hierbei handelt es sich auch um einen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald, zu dem nicht nur Wald sondern auch Offenland und damit Grünland gehört. Für einen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet sind die Umweltverbände zu beteiligen.
Der Biotopverbund ist dabei insbesondere im Bereich des Elsterbeckens zwischen Hans-Driesch-Straße und Jahnallee ohnehin schon stark gestört, sodass ein Eingriff, der zu weiterer Versiegelung führt, hier besonders zu bewerten ist. Auch im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) der Stadt wird hier perspektivisch eigentlich eine Stärkung des Grünzuges abgestrebt.
Wir fragen daher an:
- Wie und in welcher Form wurden die Umweltverbände im Sinne des Gesetzes beteiligt und mit welchem Ergebnis?
- Warum und auf welcher Grundlage wurde entschieden, statt ein Stück Grünfläche zu renaturieren dieses zu asphaltieren und damit den ohnehin schon deutlich gestörten Biotopverbund weiter zu schwächen?
- Wie sah die Abwägung aus, welche Belange haben letztlich den Ausschlag gegeben und auf welcher Grundlage und durch wenn wurde letztlich die Ausnahmegenehmigung erteilt?
- Wo und in welchem Umfang wurden Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt und wie werden diese kontrolliert? Werden die Ausgleichsmaßnahmen zu Gunsten des Auwalds umgesetzt?
- Hält die Stadt dieses Vorgehen im Umgang mit dem Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald und der Gesamtkommunikation für richtig und war der Ärger nunmehr nicht vorhersehbar?
Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 22. Mai 2024
1. Wie und in welcher Form wurden die Umweltverbände im Sinne des Gesetzes beteiligt und mit welchem Ergebnis?
Die Umweltverbände wurden, wie bei derartigen Verfahren üblich, durch digitale Übersen-dung der bei der Naturschutzbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens einge-gangenen Unterlagen zum Vorhaben beteiligt, verbunden mit der Bitte um Abgabe einer Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist. Das Erfordernis einer Verbände-beteiligung ergab sich vorliegend aus § 33 SächsNatSchG i. V. m. § 63 Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG. Von den insgesamt acht angeschriebenen Umweltverbänden gaben fünf eine Stellungnahme ab. Ein Verband stimmte dem Vorhaben zu, vier brachten Bedenken und Einwände vor bzw. lehnten das Vorhaben ab.
2. Warum und auf welcher Grundlage wurde entschieden, statt ein Stück Grünfläche zu renaturieren dieses zu asphaltieren und damit den ohnehin schon deutlich gestörten Biotopverbund weiter zu schwächen?
Die Entscheidung zur Erteilung des naturschutzrechtlichen Einvernehmens zur Baugenehmi-gung erfolgte nach Abwägung aller Belange auf der Grundlage der vom Bauherrn vorgeleg-ten Unterlagen. Nach der Beteiligung der Umweltverbände gab es noch Änderungen an der Planung wie z.B. eine deutliche Reduzierung der vollversiegelten Fläche sowie eine Veror-tung der zu realisierenden Kompensationsmaßnahmen vollständig im Stadtgebiet Leipzig.
3. Wie sah die Abwägung aus, welche Belange haben letztlich den Ausschlag gegeben und auf welcher Grundlage und durch wenn wurde letztlich die Ausnahmegenehmigung erteilt?
Die untere Naturschutzbehörde des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig erteilte gegenüber dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege zum gegenständlichen Bauvorhaben ihr Einvernehmen (mit zahlreichen Nebenbestimmungen) gemäß § 8 der Rechtsverordnung zum Landschaftsschutzgebiet "Leipziger Auwald" i. V. m. § 39 SächsNatSchG i. V. m. § 67 BNatSchG.
Im LSG Leipziger Auwald sind grundsätzlich alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern, den Naturhaushalt schädigen, das Landschaftsbild und den Natur-genuss beeinträchtigen oder auf andere Weise dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen (§ 4 Abs. 1 der o.g. Rechtsverordnung). Von den Verboten dieser Verordnung kann die untere Naturschutzbehörde aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses bzw. Gemeinwohls allerdings eine Befreiung erteilen.
An der Errichtung der TV-Compound-Fläche besteht auf Grund der herausgehobenen Bedeutung der Sportart Fußball für die Sportstadt Leipzig ein besonderes öffentliches Interesse. Durch explizite Vorgaben der FIFA sowie des DFB hinsichtlich Lage, Größe und Ausstattung einer Aufstellfläche für Übertragungswagen im Zusammenhang mit nationalen und internationalen Fußballspielen war die antragsgemäße Errichtung der Fläche zwingend erforderliche Voraussetzung für die (weitere) Teilnahme des ansässigen Fußballvereins an nationalen und internationalen Wettbewerben sowie für die Ausrichtung von Spielen im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft im Jahr 2024 in Leipzig. Sowohl die Förderung des Bundesligafußballs als auch die Rolle Leipzigs als Ausrichter von EM-Spielen sind erklärter Wille der Stadt Leipzig. Vom Antragsteller wurden Alternativen zur Errichtung der Fläche an anderer Stelle oder in anderem Umfang geprüft, eine Umsetzung des Vorhabens mit geringeren Auswirkungen auf das Schutzgebiet jedoch als nicht möglich verworfen. Zur Kompensation der mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft werden – wie in der Baugenehmigung festgeschrieben – Kompensationsmaßnahmen sowohl in der unmittelbaren Umgebung als auch an anderer Stelle im Stadtgebiet von Leipzig umgesetzt.
4. Wo und in welchem Umfang wurden Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt und wie werden diese kontrolliert? Werden die Ausgleichsmaßnahmen zu Gunsten des Auwalds umgesetzt?
Kompensationsmaßnahmen sind sowohl im unmittelbaren Umfeld des Bauvorhabens (Heckenpflanzung am Umgrenzungszaun der TV-Compound-Flächen, Gehölzpflanzungen auf einer Fläche nördlich des Bauvorhabens) sowie als externe Maßnahme im Westen von Leipzig (Aufwertungsmaßnamen an einer Grünfläche, kleinräumige Entsiegelung) vorgesehen. Die Kompensationsmaßnahmen sind spätestens in der auf die Fertigstellung des Bauvorhabens folgenden Pflanzperiode zu realisieren. Die gepflanzten Gehölze sind dauerhaft zu erhalten. Wachsen sie nicht an, ist die Pflanzung zu wiederholen. Die untere Naturschutzbehörde ist über die Realisierung der Kompensationsmaßnahmen schriftlich zu informieren. Da das Vorhaben noch nicht abgeschlossen ist, waren auch die Kompensationsmaßnahmen bisher nicht nachzuweisen.
5. Hält die Stadt dieses Vorgehen im Umgang mit dem Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald und der Gesamtkommunikation für richtig und war der Ärger nunmehr nicht vorhersehbar?
Das Verfahren der Bearbeitung eines Bauantrags im Landschaftsschutzgebiet mit Verbandsbeteiligung, Abwägung aller Belange und Erteilung eines Einvernehmens zur Baugenehmigung mit umfangreichen Auflagen ist rein rechtlich nicht zu bemängeln. Das Abwägungsprotokoll wird nach Beendigung der letzten, gemäß Baugenehmigung noch erforderlichen Abstimmungen zu den Kompensationsmaßnahmen an diejenigen Verbände versandt, die eine Stellungnahme abgegeben haben.