Anfrage: Wo bleibt der längst beschlossene Maßnahmenkatalog zum Bienenschutz?
Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 21. Juli 2021
Am 18. April 2018 beschloss der Stadtrat auf Initiative der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Erarbeitung eines „Maßnahmenkatalogs zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzig“. Dabei sollten die Pflegegrundsätze für die Bewirtschaftung der Flächen des öffentlichen Grüns der Stadt Leipzig entsprechend aktualisiert und angepasst werden.
Ein Jahr später, im April 2019, fragte unsere Fraktion in der Ratsversammlung nach, wie der Stand der Erarbeitung sei und wann der Maßnahmenkatalog dem Stadtrat vorgelegt wird, da seitens der Umweltvereine/-verbände gespiegelt wurde, dass diese bis dahin noch nicht einmal eingeladen wurden, sich zu beteiligen.
Bürgermeister Rosenthal teilte mit, dass die Erarbeitung angeblich seit Mai 2018 im Gange sei und nach zwischenzeitlicher Einbindung der Umweltvereine /-verbände dem Stadtrat bis Ende 2019 zugehen würde. Als Vorlage sollte dabei der Dresdner Katalog genutzt und an die speziellen Gegebenheiten im Stadtgebiet von Leipzig angepasst werden. Wesentlicher Bestandteil zur Umsetzung sei auch die Überarbeitung der Pflegegrundsätze durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer, welche sich ebenfalls in Überarbeitung befänden, so Rosenthal damals.
Eine Einbeziehung der Umweltvereine und –verbände erfolgte dann im Sommer 2019 und veranlassten unter anderem Ökolöwe und BUND zu Stellungnahmen hinsichtlich der verspäteten Einbeziehung und der beabsichtigten konzeptionellen Ansätze und Maßnahmen.
Einer Antwort auf erneute Nachfrage antwortet die Verwaltung im Januar dieses Jahres (VII-F-02257-AW-01), dass der Maßnahmenkatalog in erster Form intern vorliege.
Eine Veröffentlichung des „Maßnahmenkataloges zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzig“ ist uns im Anschluss an diesen Prozess bislang leider nicht aufgefallen. Einen Umsetzungsbericht zum Ratsbeschluss vom 18. April 2018 gibt es ebenso nicht. Vereinzelt wurden Teilmaßnahmen, wie beispielsweise die Grünpflege für den Clara- und den Johannapark überarbeitet, eine Gesamtkonzeption zum Bienenschutz ist jedoch offenbar auf der Strecke geblieben.
Wir fragen an:
- An welchem Punkt der Erarbeitung befindet sich der „Maßnahmenkatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzig“?
- Warum wurde der Maßnahmenkatalog auch mehr als drei Jahre nach Beauftragung im Stadtrat der Ratsversammlung nicht vorgelegt?
- Welche Hauptbestandteile enthält der Maßnahmenkatalog(entwurf) und in welcher Weise werden die darin beschriebenen Maßnahmen bereits angewandt und umgesetzt?
- In welcher Weise wurden die ebenso beauftragten Pflegegrundsätze für die Bewirtschaftung der Flächen des öffentlichen Grüns der Stadt Leipzig entsprechend aktualisiert und angepasst und wo sind diese nachvollziehbar dargestellt?
Antwort vom 21. Juli 2021
Frage 1: An welchem Punkt der Erarbeitung befindet sich der „Maßnahmenkatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzig“?
Antwort:
Die Beschlussvorlage zum „Maßnahmenkatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzig“ (BMK) befindet sich derzeit im Mitzeichnungsverfahren bei den Dezernaten.
Nach Bestätigung in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters wird die Vorlage dem Stadtrat zur Beschlussfassung übergeben.
Frage 2: Warum wurde der Maßnahmenkatalog auch mehr als drei Jahre nach Beauftragung im Stadtrat der Ratsversammlung nicht vorgelegt?
Antwort:
Die lange Bearbeitungszeit resultiert aus den vielfältigen und erforderlichen Abstimmungsbedarf innerhalb der beteiligten Ämter innerhalb der Stadtverwaltung.
Die anfangs beabsichtigte Erstellung eines ausschließlich auf naturschutzfachlichen Anforderungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Regelwerks als Handreichung für die Ämter der Stadtverwaltung sowie die Öffentlichkeit, wäre für eine Planung und Umsetzung konkreter Maßnahmen in die Praxis nicht ausreichend gewesen.
Der erarbeitete Katalog orientiert sich vielmehr an den Zuständigkeiten innerhalb der Stadtverwaltung.
Durch Formulierung von Maßnahmen und Zielvorgaben wird die Grundlage zur Planung der praktischen Maßnahmen in Eigenverantwortung der Ämter geschaffen und ein zeitlicher Rahmen zur Umsetzung konkreter Projekte und Zwischenziele gesetzt.
Der Umsetzungs- und Evaluierungsprozess soll durch eine Arbeitsgruppe „Insektenschutz“ begleitet und hierbei auch die Interessengruppen und Vereinigungen eingebunden werden.
Da insbesondere finanzielle und personelle Kapazitäten für die Umsetzung der Maßnahmen des Katalogs benötigt werden und eine Abschätzung des erforderlichen Mehrbedarfs innerhalb der Ämter für deren Mitzeichnung unabdingbar ist, war das Amt für Umweltschutz auf deren Hinweise und Zuarbeiten angewiesen.
Auch aus dem Kreis des Stadtrates gestellte Anträge und Anfragen im Stadtrat seit 2018, mit ähnlichem Zielen und Inhalten, (z. B. Schmetterlingswiesen, Insektenschutz, Feldraine, Grünflächenpflege, ökologische Landwirtschaft) waren bei den Planungen zu berücksichtigen und parallel zu bearbeiten.
Frage 3: Welche Hauptbestandteile enthält der Maßnahmenkatalog(entwurf) und in welcher Weise werden die darin beschriebenen Maßnahmen bereits angewandt und umgesetzt?
Antwort:
Der Entwurf gliedert sich in mehrere Kapitel und zwei Anlagen.
Im 1. Kapitel wird auf den Anlass und die Vorgehensweise bei der Erstellung des Katalogs und des Beteiligungsverfahrens eingegangen.
Kapitel 2 stellt die ökologischen und rechtlichen Grundlagen sowie die Gefährdungsursachen dar.
Im 3. Kapitel werden Handlungsfelder (Individuenschutz, Lebensraumschutz) und allgemeine Grundsätze (Flächenvernetzung) formuliert.
Kapitel 4 zeigt die Potentiale für die Umsetzung von Maßnahmen in Leipzig auf, indem die Flächennutzungen (Grünflächen, Verkehrsflächen, Kleingärten) und die verantwortlichen Akteure, z. B. Ämter, dargestellt werden.
Kapitel 5 enthält konkrete Maßnahmenvorschläge und Empfehlungen für einzelne Akteursgruppen (Privatbereich, Unternehmen), wie diese für den Insektenschutz aktiv werden können und weist auf weiterführende Informationsquellen hin.
In Kapitel 6 sind alle Maßnahmen aufgeführt, zu denen sich die Stadtverwaltung selbst verpflichtet. Hierbei wird eine Zuordnung nach Zuständigkeiten in der Verwaltung vorgenommen und Zeiträume für Umsetzungsziele festgesetzt.
In einer Anlage werden zahlreiche Projekte und Maßnahmen aufgelistet, welche bereits jetzt von der Stadtverwaltung zum Bienen- und Insektenschutz beziehungsweise dem Biodiversitätsschutz allgemein betrieben werden (siehe Anlage).
Die zweite beinhaltet eine aktuelle Liste der Bienenarten Leipzigs.
Frage 4: In welcher Weise wurden die ebenso beauftragten Pflegegrundsätze für die Bewirtschaftung der Flächen des öffentlichen Grüns der Stadt Leipzig entsprechend aktualisiert und angepasst und wo sind diese nachvollziehbar dargestellt?
Antwort:
Es wurden vor Bestätigung des „Maßnahmenkatalogs zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Leipzig“ keine neuen Pflegegrundsätze erarbeitet und der Leistungsauftrag gegenüber den mit der Grünanlagenunterhaltung beauftragten Bereichen noch nicht verändert.
Damit wird weiter nach den bestehenden "Pflegegrundsätzen für die Bewirtschaftung der Flächen des öffentlichen Grüns der Stadt Leipzig" gearbeitet.
Hier werden insbesondere mit der Pflegekategorie 3 und 4 Pflegegrundsätze einer ökologischen und insektenfreundlichen Bewirtschaftung umgesetzt.
Auch werden in den Pflegekategorien 1 und insbesondere 2 bereits heute Anpassungen im Rahmen der bestehenden Pflegegrundsätze in der Bewirtschaftungsform durchgeführt.
Bestandteil des Erprobungsprozesses im Johannapark und der Zielvorstellung des in Erarbeitung befindlichen allgemeinen Pflegekonzepts in Leipzig werden die Hinweise aus dem Maßnahmenkatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen sein.
Protokollauszug der Ratsversammlung vom 21. Juli 2021
Bürgermeister Rosenthal: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herrn Stadträte! Ein ganz anderes Thema: Maßnahmenkatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen. Er ist fertig, er ist sehr umfangreich, er ist in der Dezernatsmitzeichnung. Ich hoffe, wir bekommen ihn Ihnen nach der Sommerpause übergeben.
Zweiter Punkt: Warum hat es so lange gedauert? Am Anfang haben wir gedacht, es ist ein Projekt der Umweltverwaltung. Wir haben aber - das werden sie dann sehen, wenn sie den Maßnahmenkatalog durchblättern - tatsächlich auch für die Bauherrenämter zum Thema Wild- und Honigbienenschutz entsprechend Maßnahmen vorgeschlagen, was sie bei ihren jeweiligen Projekten mit entsprechenden Zielvorgaben und praktischen Angaben berücksichtigen sollen. Insofern nehme wir die Gesamtverwaltung in die Verant-wortung, in der jeweiligen Fachlichkeit etwas zu leisten und wollen im Rahmen der Gründung einer verwaltungsweiten Arbeitsgruppe Insektenschutz das dann tatsächlich auch nachhalten. Insofern verwundert es nicht, dass die Vorlage auch finanzielle und personelle Ressourcen aufruft. Das ist jetzt gerade das Alltagsgeschäft des Dezernenten, das an dieser Stelle auch dieser Mehrbedarf entsprechend zur Beschlussfassung kommt.
Was sind die Hauptbestandteile? Ich will das jetzt nicht referieren. Sie können das auch schriftlich nachlesen. Wesentlich ist für mich das Kapitel 6 im Bienenmaßnahmenkatalog. Dort sind nämlich alle Maßnahmen aufgeführt, zu denen sich die Stadtverwaltung selbst verpflichtet. Hierbei wird eine Zuordnung nach Zuständigkeiten vorgenommen und Zeiträume für Umsetzungsziele festgesetzt. Darüber hinaus haben wir uns natürlich mit den Ratsbeschlusslagen zum Thema Schmetterlingswiesen, Insektenschutz, Feldraine, Grünflächenpflege und ökologische Landwirtschaft auch auseinandergesetzt. Sie werden im Bienenmaßnahmenkatalog entsprechend dort auch Antworten finden.
Zur vierten Frage, zu den Pflegegrundsätzen: Die sind dem Grunde nach nicht verändert. Es gibt vier Pflegekategorien in der Stadt. In den Kategorien 3 und 4 sind bereits jetzt schon ökologische und insektenfreundliche Bewirtschaftungsaspekte umgesetzt, und bei den Pflegekategorien 1 und 2 wird dieses Thema mittlerweile aufgrund der Entwicklung in den Vorzeigeparkanlagen Johannapark und Clara-Zetkin-Park jetzt auch neu mit aufgenommen und bei der Stadtreinigung und Pflege der öffentlichen Anlagen bereits berücksichtigt. So weit von mir.
Stadtrat Kasek (Bündnis 90/Die Grünen): Die zynische Frage am Anfang: Ist zu befürchten, dass neben der sehr langen Aufstellung - es hat ja deutlich länger gedauert, als ursprünglich versprochen war - auch befürchtet werden muss, dass die Umsetzung der Maßnahmen einen ähnlichen Zeithorizont hat?
Bürgermeister Rosenthal: Nein.
Stadtrat Kasek (Bündnis 90/Die Grünen): Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass das dann entschiedener angegangen wird?
Bürgermeister Rosenthal: Wenn der Katalog den Stadtrat erreicht.
Stadtrat Kasek (Bündnis 90/Die Grünen): Wann wird denn das sein?
Bürgermeister Rosenthal: Das habe ich vorhin gesagt: Das Ziel ist nach der Sommerpause.
Stadtrat Kasek (Bündnis 90/Die Grünen): Okay. Sie haben angedeutet, dass das Personal auch finanziell untersetzt werden soll. Könnten Sie das vielleicht etwas näher ausführen? Das heißt, ist damit gegebenenfalls zu rechnen, dass es so finanziell untersetzt ist, dass die festgelegten Maßnahmen auch umgesetzt werden können?
Und letzte Frage: Die Umweltverbände sind ja schon einmal gehört worden. Kennen die auch schon die Entwurfsfassung zu dem jetzt in der Mitzeichnung befindlichen Maßnahmenkatalog? Werden die da noch einmal mit einbezogen? Wie ist da der Stand?
Bürgermeister Rosenthal: Richtig, im nichtöffentlichen Naturschutzbeirat ist darüber auch umfangreich durch den Umweltamtsleiter referiert worden. Insofern muss ich jetzt einfach einmal davon ausgehen, dass das auch ein abgestimmter Stand ist.
Ich möchte mich jetzt tatsächlich zu den Ressourcen aus der Vorlage nicht äußern. Das Ziel ist allerdings, und das will ich auch deutlich sagen, dass wir mit zusätzlichen Ressourcen diesen dann auch umgesetzt bekommen, weil wir das im Alltagsgeschäft so nicht schaffen werden.