Anfrage: Zukunft der Swiderski-Fabrik im Leipziger Westen

Link zur Anfrage VIII-F-00914 im Ratsinformationssystem

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 19. März 2025

Die Swiderski-Werke in Plagwitz, erbaut 1888, stellen ein besonderes Kulturdenkmal der sächsischen Industrie- und Technikgeschichte dar. 1990 wurde das Werk stillgelegt, nachdem es zuletzt zum VEB Druckereimaschinenwerk Leipzig gehörte. Seitdem ist eine kontinuierliche Zustandsverschlechterung des Denkmals festzustellen, verstärkt durch die seit Jahren zunehmenden Brände auf dem Areal, das als bekannter Lost Place in Leipzig gilt.

Seit 2019 gilt vor Ort ein Bebauungsplan, der für die die Art der Nutzung der Fläche ein eingeschränktes Gewerbegebiet ausweist. Zu den konkreten Entwicklungsabsichten des Eigentümers bestehen in der Stadtöffentlichkeit jedoch weiterhin Unklarheiten. Bekannt ist, dass Studierende der Universität Konstanz zur Entwicklung der Fabrik eine Stadtfarm mit einem Mischkonzept verschiedener Nutzungen und einem Gewächshaus im zweiten Obergeschoss vorgeschlagen haben, wie der Presseberichterstattung im Frühjahr 2024 entnommen werden konnte. Konkrete Schritte zur Entwicklung des Areals sind zurzeit hingegen nicht zu erkennen, während der Verfall des Denkmals fortschreitet.

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:

  1. Wie schätzt die Stadtverwaltung den aktuellen baulichen Zustand des Kulturdenkmals ein?
  2. Welche Maßnahmen zur Sicherung des Denkmals veranlasst die Stadtverwaltung – insbesondere mit Blick auf die häufig auftretenden Brände vor Ort?
  3. Welche aktuellen Nutzungskonzepte und Sanierungsvorhaben des Eigentümers sind der Stadtverwaltung für dieses Areal bekannt und wie bewertet die Verwaltung die Pläne bezogen auf die Wahrung und Entwicklung der denkmalgeschützten Bauten?
  4. Welche Schritte hat die Stadtverwaltung unternommen, die Entwicklung des Areals mit dem Eigentümer zu beraten?
  5. Wie bewertet die Stadtverwaltung einen potenziellen Ankauf und damit verbundene Entwicklung des Areals durch die Stadt Leipzig?
  6. Auf welcher Grundlage erfolgte die vollständige Entfernung des Bewuchses der Fläche Ende Februar 2025? Hat der Eigentümer (temporäres) Grün auf der Fläche vorzuhalten?

Antwort vom 19. März 2025

1. Wie schätzt die Stadtverwaltung den aktuellen baulichen Zustand des Kulturdenmals ein?

Die Gebäude der ehemaligen Leipziger Dampfmaschinen- und Motorenfabrik Philipp Swiderski befinden sich in einem schlechten baulichen Zustand. Aktuell ist ein fortschreitender und sich beschleunigender Verfall durch Vandalismus, wiederholte Brandstiftungen und vor allem dem baulichen Verschleiß durch äußere Einflüsse festzustellen.

2. Welche Maßnahmen zur Sicherung des Denkmals veranlasst die Stadtverwaltung – insbesondere mit Blick auf die häufig auftretenden Brände vor Ort?

Im Jahr 2024 fanden wiederholt intensive Gespräche zwischen Eigentümerin und Verwaltung statt. Ziel dieser Gespräche war die Veranlassung einer gegenüber den Vorjahren erhöhten Sicherung der Gebäude vor unbefugtem Betreten und die Entwicklung einer Perspektive für den baulichen Erhalt des Kulturdenkmals. In Folge dieser Gespräche wurde durch die Eigentümerin eine verstärkte Gebäudesicherung (Verschluss sämtlicher Tür-, Tor- und Fensteröffnungen im Erdgeschoss sowie Verschluss der „Laufgänge“ um die Gebäude) ausgeführt. Nach mehrmaliger Kontrolle vor Ort kann festgestellt werden, dass die Gebäudesicherungen intakt sind und ihr Ziel augenscheinlich erfüllen. Nach unserem Kenntnisstand gab es seit Sommer 2024 keine weiteren Brandereignisse vor Ort. Im Zuge der geplanten Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden (vgl. Punkt 3) erfolgte zuletzt die Freistellung von Bewuchs im direkten Umfeld der Gebäude (Baufreiheit), sowie das Zusammentragen von wild abgelagertem (Sperr-)Müll.

Nach intensiver Vorberatung der Eigentümerin wurde 2024 eine statische Begutachtung der Gebäude vorgenommen. Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung für die Wiederherstellung intakter Dachkonstruktionen, die Sicherung offener Mauerkronen und die Entfernung von Bewuchs an den Gebäuden konnte zwischenzeitlich erteilt werden. Vorgesehen ist eine Ausführung der Arbeiten im Verlauf des Jahres 2025. Es muss jedoch festgehalten werden, dass diese Maßnahmen aktuell maximal dazu geeignet sind, den fortschreitenden Verfall der Bausubstanz zu verlangsamen und ggf. in Teilbereichen sogar zu stoppen. Um einen Erhalt des Kulturdenkmals angesichts des schlechten baulichen Zustands noch realisieren zu können, muss jedoch zwingend zeitnah eine Nutzungsperspektive gefunden werden.

3. Welche aktuellen Nutzungskonzepte und Sanierungsvorhaben des Eigentümers sind der Stadtverwaltung für dieses Areal bekannt und wie bewertet die Verwaltung die Pläne bezogen auf die Wahrung und Entwicklung der denkmalgeschützten Bauten?

Die Eigentümerin hat in 2024 (Studentenarbeit „Stadtfarm“) und auch zu Beginn des Jahres 2025 (Machbarkeitsstudie) seine Nutzungsideen der Stadtverwaltung vorgestellt. Während der Ansatz der Studenten noch eine Kombination aus Produktion, Handel, Büro und (untergeordnet) Wohnen beinhaltete, wird in der Machbarkeitsstudie im Wesentlichen von einer Handelsnutzung ausgegangen, die im kleinsten Ansatz ca. 45% der möglichen Nutzflächen vereinnahmen soll. Diese Handelsnutzung wird in unterschiedlichem Umfang mit kulturellen, gewerblichen und/oder gastronomischen Nutzungen kombiniert. Auch wenn die vorgeschlagenen Nutzungsmixe einen spannenden und im Grundsatz begrüßenswerten Ansatz zur Entwicklung der denkmalgeschützten Substanz darstellen, sind diese mit Blick auf den deutlich zu hohen Flächenanteil für den Handel mit zentrenrelevanten Sortimenten (Lebensmittel) weder mit den Zielen des geltenden rechtskräftigen B-Plans Nr. 428.1 „Gewerbegebiet Plagwitz Süd/Markranstädter Straße – Teil Nord und Ost“ (in Kraft getreten am 14.09.2019) vereinbar, noch sind diese aus den geltenden stadtentwicklungs-planerischen Zielstellungen des STEP Zentren ableitbar. Aus der Sicht der Verwaltung kann auch auf Grundlage des bestehenden B-Planes, der lediglich das allgemeine Wohnen sowie den Handel mit zentrenrelevanten Sortimenten ausschließt, eine dem Standort angemessene und wirtschaftlich tragfähige Entwicklung angestoßen werden. Eine Änderung des B-Planes, wie es die Grundstückseigentümerin anstrebt, ist daher auch mit Blick auf ähnlich gelagerte Entwicklungsabsichten im Plangebiet und auf angrenzenden Flächen aus Sicht der Verwaltung weder erforderlich noch geboten.

4. Welche Schritte hat die Stadtverwaltung unternommen, die Entwicklung des Areals mit dem Eigentümer zu beraten?

Die Stadt war und ist sich stets gesprächsbereit. Zuletzt wurde die Machbarkeitsstudie im Januar 2025 besprochen. Hier wurden z.B. Wege aufgezeigt, wie z.B. eine Entwicklung der Immobilie ggf. gemeinsam mit lokalen Produzenten und Erzeugern von Lebensmitteln und auf Grundlage des bestehenden B-Planes möglich wäre. Eine solche Kombination würde dann ggf. auch eine Handelsnutzung ermöglichen.

Die Fortführung des Dialogs wurde zwischen beiden Seiten unter Hinzuziehung der Wirtschaftsförderung verabredet. Zugesichert wurde, dass die Verwaltung auf der Grundlage des bestehenden B-Planes die Handlungs- und Gestaltungsspielräume nutzen wird, um überzeugende Entwicklungskonzepte zu unterstützen.

5. Wie bewertet die Stadtverwaltung einen potenziellen Ankauf und damit verbundene Entwicklung des Areals durch die Stadt Leipzig?

Die Stadt Leipzig war 2015 sehr am Erwerb des Grundstücks für die Errichtung einer Grundschule interessiert. Eine damals erarbeitete Studie hatte gezeigt, dass dies unter Nutzung des denkmalgeschützten Bestandes möglich ist. Erwerbsgespräche verliefen leider ergebnislos.

Ein Ankauf jetzt und die damit verbundenen Chancen und Risiken für die Stadt kann durch die Verwaltung in der Kürze der Zeit nicht geprüft werden.

6. Auf welcher Grundlage erfolgte die vollständige Entfernung des Bewuchses der Fläche Ende Februar 2025? Hat der Eigentümer (temporäres) Grün auf der Fläche vorzuhalten?

Nach unserer Kenntnis erfolgte Anfang des Jahres 2025 eine Entfernung von Wildwuchs, der weder durch die städtische Baumschutzsatzung noch durch andere Rechtsvorschriften zu erhalten gewesen war. Die Entfernung des Wildwuchses im direkten Umfeld des Gebäudes erfolgte unter Vorgabe des Denkmalschutzes, um eine weitere Schädigung der Bausubstanz zu verhindern bzw. das Gefahrenpotenzial zu verringern.

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