Anreize zur Abfall-Vermeidung (Anfrage 719/12)

Anfrage zur Ratsversammlung vom 22.11.2012

In den vergangenen Jahren wurde durch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Umweltverbände kritisiert, dass mit der Abfallwirtschaftssatzung bzw. der Abfallgebührensatzung zu wenige Anreize zur Müllvermeidung gegeben werden. Auch wird durch die Stadt immer noch zu wenig auf eine konsequente Mülltrennung hingewiesen. Erzieherisches Mittel der Stadtreinigung ist die finanzielle Mehrbelastung (Strafgebühr) bei Fehleinwürfen. Doch in sehr großen Mietshäusern erscheint uns dies als wirkungsloses Instrument, wenn die geldlichen Auswirkungen auf viele umgelegt werden, bzw. für den/die Verursacher nicht wirklich spürbar und nachvollziehbar sind. Ein erzieherischer Effekt wird dort kaum erreicht. Wenn nun noch der Abfallwegweiser wegfallen soll, fehlt darüber hinaus eine wichtige Information der Bürgerinnen und Bürger. Weiterhin entsorgen die EinwohnerInnen ihren ungetrennten Partyabfall im Park.

Wir fragen an:

  1. Welche finanziellen Effekte wären tatsächlich erreichbar, falls sich die Leipzigerinnen und Leipziger in 2012 strikt an die Vorgaben zur Mülltrennung gehalten hätten?
  2. Was hat die Stadtreinigung dafür 2012 getan, die Mülltrennung zu verbessern? Was werden Sie zukünftig unternehmen, um Mülltrennung zu verbessern und Anreize zu setzen, das umweltfreundliche Kundenverhalten zu beeinflussen?
  3. Welche Methoden stehen der Stadtreinigung zur Verfügung, z. B. durch Öffentlichkeitsarbeit das Kundenverhalten zu beeinflussen? Welche Kontrolle steht der Stadtreinigung zur Verfügung, die Effektivität der eigenen Öffentlichkeitsarbeit zu prüfen? 
  4. Wie will die Stadtreinigung ohne Abfallwegweiser die Haushalte alternativ über Öffentlichkeitsarbeit erreichen?
  5. Wie schlägt die Entsorgung des privaten Park-Partymülls zu Buche? Wie wird die Stadtreinigung zukünftig Einfluss nehmen, dass der Müll von den VerursacherInnen wieder stärker mitgenommen und getrennt in der eigenen Mülltonne selbst entsorgt wird?

Die Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung hier als Protokollauszug:

Bürgermeister Rosenthal äußert, eine konkrete Darstellung von finanziellen Effekten sei aufgrund der erheblichen Komplexität der Wirkungszusammenhänge und der Vielzahl der zu treffenden Annahmen objektiv nicht möglich.

Der Bürgermeister zitiert aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz: „Der Wille zur Entledigung im Sinne des Gesetzes ist hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Für die Beurteilung der Zweckbestimmung ist die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers zugrunde zu legen.“ Das bedeute, übertragen auf die Anfrage, der Abfallerzeuger, also der Bürger, entscheide und definiere, ob es sich für ihn um einen Abfall handelt. Dann wähle er als Entsorgungsweg für Abfälle zur Beseitigung die Restabfalltonne. Handele es sich aus seiner Sicht um einen Abfall zur Verwertung, werfe er die Gegenstände in den entsprechenden Behälter des Wertstoffsammelsystems ein. Der Besitzer des Abfalls bestimme also letztlich den Entsorgungsweg, wenn nicht andere gesetzlich festgelegte Sonderregelungen, zum Beispiel für Schadstoffe, existieren. Würden Wertstoffe fälschlicherweise oder weil der Besitzer die Beseitigung wünsche, in die Restabfalltonnen eingeworfen, müsse der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, hier die Stadt Leipzig, dafür sorgen, dass die Wertstoffe trotzdem dem Stoffkreislauf wieder zugeführt werden. Dies erfolge bei der Stadt Leipzig als Mitglied des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Westsachsen über entsprechende Abfallbehandlungsanlagen. Bevor die Inhalte der Restabfalltonne deponiert würden, würden sie in einer mechanisch-biologischen Anlage vorbehandelt. Die Wertstoffe würden also separiert und verwertet. Eine Vorbehandlung sei nicht zusätzlich Pflicht, weil etwa in Leipzig die Mülltrennung nicht funktioniere, sondern gelte generell für alle Restabfälle in allen Kommunen. Eine Sanktionierung des Verhaltens eines Bürgers, wenn er einen Gegenstand als Abfall zur Beseitigung einstufe, sei somit nicht möglich. Die Kommune könne jedoch als Satzungsgeber das Trennverhalten durch finanzielle Anreize lenken. So werde in Leipzig nur der tatsächlich geleerte Restabfallbehälter gebührenpflichtig. Wer Wertstoffe separiere, spare also Geld. Auch bei der Wertstoffsammlung sei laut Abfallwirtschaftssatzung ein finanzieller Anreiz zur Wertstofftrennung im sogenannten dualen System geschaffen. Wenn der Bürger hier Restabfall einwerfe, also Dinge, die nicht verwertbar sind, oder wenn er Wertstoffe über Wertstofftonnen entsorge, für die diese nicht aufgestellt sind, so handele es sich um sogenannte Fehlwürfe. Der Systembetreiber könne die Entsorgung der vermüllten Wertstofftonne ablehnen, da eine ordnungsgemäße Verwertung für ihn nicht oder nur erschwert möglich sei. Analog könne die Kommune die Entsorgung der Biotonne verweigern, wenn diese Abfälle enthält, die nicht kompostierbar sind. Für beide Fälle lege die Abfallwirtschaftssatzung fest, dass der Grundstückseigentümer für die Beseitigung der Fehlwürfe sorgen oder die Biotonne oder die Wertstofftonnen als Restabfall zu erhöhten Gebühren abholen lassen muss.

Der Bürger selbst habe es also in der Hand, wie er trennt und welche Auswirkung diese Trennung auf seinen Geldbeutel hat. Wenn ein Fehlwurf in einer Restabfalltonne vorhanden sei und dies festgestellt werde, so werde die Tonne nicht abgeholt oder es erfolge eine Sortierung über den ZAW. Wenn ein Fehlwurf in einer gelben Tonne vorliege, werde die Tonne nicht abgeholt oder sie könne zu einer erhöhten Gebühr entleert werden.

Neben den oben beschriebenen finanziellen Anreizen zur Mülltrennung betreibe der Eigenbetrieb ein eigens für Fragen der Abfallwirtschaft eingerichtetes Informationstelefon mit circa 25.000 Anfragen pro Jahr. Außerdem würden Informationshefte und mehrsprachige Flyer zur Abfalltrennung publiziert. Der Eigenbetrieb Stadtreinigung führe einen Tag der offenen Tür und die Beratung von Kindereinrichtungen und Hausverwaltungen zur Abfalltrennung durch. Es gebe eine eigens eingerichtete Internetseite mit bis zu 650 Zugriffen täglich.

Wie bereits ausgeführt, gebe es außer Beratung, Appellen und einem Gebührenmodell, das finanzielle Anreize schaffe, keine wirkungsvolle Möglichkeit für eine Kommune und erst recht nicht für den Eigenbetrieb, das Kaufverhalten zu beeinflussen. Der Eigenbetrieb betreibe ein Qualitätsmanagementsystem, in dem die Effektivität der Abfallberatung untersucht wird. Die Ergebnisse der städtischen Bürgerumfragen zur Abfallwirtschaft dienten ebenfalls der Entscheidung, wo die Aktivitäten verändert und verstärkt werden müssen. Eine wesentliche Möglichkeit zur Überprüfung der Wirksamkeit der Bemühungen böten die regelmäßigen Restabfallanalysen, die der Stadt Leipzig ein hervorragendes Ergebnis bescheinigen. Dies gelte auch für die sächsischen Kommunen im Bundesdurchschnitt.

Die Abfallwegweiser seien in den letzten Jahren in einer Auflage von rund 330.000 Stück gedruckt und verteilt worden. Dafür seien mehr als 10 Tonnen Papier benötigt worden. Leider hätten sich viele dieser Hefte unmittelbar danach in der Papiertonne wiedergefunden. Daher sei geplant, ab 2014 auf den Abfallwegweiser zu verzichten und wieder abfallspezifische Informationshefte herzustellen. Unabhängig davon werde 2013 nochmals ein Abfallwegweise verteilt, der insbesondere Hinweise zum Winterdienst enthalten werde. Auch zukünftig würden die Wegweiser zum Thema „Was gehört in welche Tonne“ sowie der Wegweise zum Thema Schadstoffe und der Wegweiser zum Thema Abfälle produziert. Außerdem gebe es auch die Internetpräsenz www.stadtreinigung-leipzig.de. Speziell für Kinder solle 2013 ein Heft zu den Regeln der Leipziger Abfallwirtschaft entstehen.

Im Jahr 2012 seien rund 90 Tonnen Abfälle aus Parks eingesammelt worden. Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes wirkten mit großer Anstrengung darauf hin, dass Nutzer der Parks ihre Abfälle zumindest in die fest installierten und saisonal zusätzlich aufgestellten Abfallbehälter einwerfen. Wie vielfältige Versuche auch in anderen Kommunen zeigten, bestehe leider nur bei einer verschwindend geringen Anzahl von Bürgern die Bereitschaft, die Party-Abfälle über die eigene Restabfall- oder Wertstofftonnen zu entsorgen.

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