Antrag: Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Bereich Karl-Heine-Straße, Birkenstraße, Felsenkellerstraße und Zschochersche Straße
Beschlussvorschlag:
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat für den Bereich Karl-Heine-Straße, Birkenstraße, Felsenkellerstraße und Zschochersche Straße kurzfristig einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan vorzulegen und das B-Planverfahren zügig zum Abschluss zu bringen.
Ziel ist:
- die geordnete Entwicklung sowie die Sicherung und verträgliche Einordnung von Stellplätzen für den Felsenkeller-Ballsaal und Gaststätte unter Beachtung der Nachpflanzung für alle gefällten Bäume;
- die Sicherung aller notwendigen Funktionen für den Gewölbekeller / Alter Felsenkeller mit öffentlicher kultureller Nutzung;
- die Sicherung aller Funktionen für die Stadtteilbibliothek einschließlich erforderlicher Brandschutzmaßnahmen und Fluchtwege;
- die dauerhafte Etablierung des Gemeinschaftsgartens „Annalinde“.
2. Bis zur Rechtskraft des B-Planes wird für das Gebiet eine Veränderungssperre erlassen.
Begründung:
Bei dem Gebiet Karl-Heine-Straße, Birkenstraße, Felsenkellerstraße und Zschochersche Straße handelt es um einen besonders sensiblen Bereich des Sanierungsgebietes Plagwitz. Es befindet sich im nicht beplanten Innenbereich. Die Fläche wird im Flächennutzungsplan als Wohnfläche ausgewiesen.
Das Gebiet wird nicht nur geprägt von der historischen und identitätsstiftenden Veranstaltungsstätte „Felsenkeller“, dessen Außenhülle unter Denkmalschutz steht. Erst im März 2016 hat der Stadtrat einer Förderung insbesondere von Baumaßnahmen an der äußeren Hülle des Felsenkellers beschlossen. Ein Biergarten ist auf einem Teil der Außenfläche mittlerweile entstanden.
Das Gebiet beheimatet auch die Georg-Maurer-Bibliothek, ein weiteres Wahrzeichen von Plagwitz, welche 1929 im Bauhausstil errichtet wurde und derzeit saniert wird.
Hinzu kommt der historische und ebenfalls unter Denkmalschutz stehende Gewölbekeller / Alter Felsenkeller. Der Stadtrat hat im März 2015 entschieden, das Grundstück zur Vergabe von Erbbaurecht neu auszuschreiben, mit dem Ziel, den denkmalgeschützten Gewölbekeller zu sanieren und diesen dauerhaft als gastronomische und kulturelle Einrichtung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Neben dem „Felsenkeller“ befindet sich eine KITA. Im aversierten Plangebiet betreibt die Annalinde gGmbH außerdem eine multifunktionale urbane Landwirtschaft als „Gemeinschaftsgarten“. Sie ist aus der kooperativen Eigeninitiative und Kreativität von jungen Menschen mit Spaß am unternehmerischen Tun entstanden.
Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist nach Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die Ansiedlung eines Supermarktes, wie von der Verwaltung zu unserer Anfrage „Baumfällungen am Felsenkeller“ mitgeteilt wurde, nicht mit dem Einzigartigkeit der unmittelbaren Umgebung in Einklang gebracht werden kann. Die Ansiedlung von Einzelhandel führt zu einer Absenkung des Niveaus des Stadtbildes in diesem Gebiet.
Eine Ansiedlung widerspricht auch dem STEP-Zentren, hier insbesondere dem Zentrenpass Plagwitz: Für den Bereich wird allein und einzig Ergänzungsbedarf „Sanierung und Etablierung einer gastronomischen Nutzung kombiniert mit Freizeit und Kultur im Felsenkeller“ definiert, von Einzelhandel ist nicht die Rede. Die Ansiedlung eines weiteren Supermarktes läuft außerdem dem Ziel der „Stabilisierung und Stärkung des vorhandenen Einzelhandelsbesatzes“ zuwider, insbesondere wird Bezug genommen auf die ebenfalls in der Zschocherschen Straße gelegenen Elster-Passage, die als „strukturprägend“ eingestuft wird. Die Neuansiedlung würden außerdem dem Ziel, „Branchenlücken bei Waren des täglichen Bedarfs zu schließen“ in keinster Weise gerecht. Zudem stellt der Zentrenpass Plagwitz als Schwäche bereits einen „deutlich zunehmender Wettbewerbsdruck durch zentrenrelevanten Einzelhandel im Gewerbegebiet Plagwitz“ fest. Des Weiteren sehen wir dadurch auch eine Schwächung der eingeleiteten positiven Einzelhandelsentwicklung im Bereich des Lindenauer Marktes.
Um die besondere Attraktivität und Einzigartigkeit des Gebietes zu sichern, stellt die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen diesen Antrag, um für den Bereich Karl-Heine-Straße, Birkenstraße, Felsenkellerstraße und Zschochersche Straße eine geordnete städtebauliche Entwicklung einzuleiten, die die Ansiedlung von Einzelhandel ausschließt und Detailfragen (z.B. Stellplätze, Baumanpflanzungen etc.) klärt.
Verwaltungsstandpunkt vom 15. September 2016:
Ziel dieses Antrages ist es, für den genannten Bereich ein Bebauungsplanverfahren mit den im Antrag dargelegten Zielen einzuleiten. Ziel des Planverfahrens soll es sein, die Attraktivität und Einzigartigkeit des Gebietes zu sichern, eine dauerhafte Etablierung des Gemeinschaftsgartens „Annalinde“ zu erreichen sowie Detailfragen zu Stellplätzen und Baumanpflanzungen zu klären.
Begründet wird dieser Antrag u.a. damit, dass
- die Ansiedlung einer Einzelhandelseinrichtung zu einer Absenkung des Niveaus des Stadtbildes an dieser Stelle führen und dem derzeit geltenden STEP Zentren widersprechen würde,
- im STEP Zentren für diesen Bereich lediglich die „Sanierung und Etablierung einer gastronomischen Nutzung kombiniert mit Freizeit und Kultur im Felsenkeller“ definiert wird,
- die Ansiedlung auch den sonstigen Zielen, die auf die „Stabilisierung und Stärkung des vorhandenen Einzelhandelsbesatz“ ausgerichtet sind entgegensteht und
- die Ansiedlung nicht dazu beitragen würde, die „Branchenlücken bei Waren des täglichen Bedarfs zu schließen“ zugleich jedoch eine Gefährdung der positiven Einzelhandelsentwicklung am Lindenauer Markt darstellt.
Am 19.07.2016 wurde im Amt für Bauordnung und Denkmalpflege ein Bauantrag zur Errichtung eines Einkaufsmarktes mit einer Verkaufsfläche von < 800 qm VKF und 48 Stellplätzen für das Gesamtareal des Felsenkellers eingereicht.
Das in Rede stehende Gebiet liegt im unbeplanten Innenbereich. Die planungsrechtliche Beurteilung von Vorhaben richtet sich nach den Bestimmungen des § 34 BauGB. Fügen sich Vorhaben demnach in die Eigenart der Umgebung nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche ein, so sind sie grundsätzlich auch zulässig. Nach Prüfung der eingereichten Unterlagen hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, sind Ablehnungsgründe derzeit nicht zu erkennen.
Dem eingereichten Bauantrag liegt eine längere Abstimmung zwischen den Grundstückseigentümern und einem beauftragten Projektentwickler und der Verwaltung mit dem Ziel der Sanierung des Felsenkellers zugrunde.
Das beabsichtigte Vorhaben ist mit den Zielen des STEP Zentren für das Stadtteilzentrum Plagwitz vereinbar:
Mit dem genannten Zitat aus dem Zentrenpass „Stadtteilzentrum Plagwitz“ wird als Ergänzungsbedarf die Inwertsetzung des Felsenkellers mit tradtionellen Nutzungen aufgeführt. Von der Ansiedlungsoption für einen Lebensmittelmarkt konnte zum damaligen Zeitpunkt nicht ausgegangen werden, schließt diese aber auch nicht aus. Als generelles Entwicklungsziel wird für das Stadtteilzentrum die Ausweitung bzw. Ergänzung des Einzelhandels- und Dienstleistungsangebots beschrieben, in dem im Zuge der weiteren Gebäudesanierungen zusätzliche Potenziale für weitere Ergänzungen geschaffen werden sollen.
Von einem Lebensmittelmarkt mit dieser Verkaufsflächengröße ist auch von keiner Gefährdung der Einzelhandelsentwicklung am Lindenauer Markt auszugehen. Als Einzelhandelskonzept greift der STEP Zentren nicht direkt in den Wettbewerb unterschiedlicher Unternehmen und Betreiber ein. Er definiert vielmehr städtebaulich sinnvolle und gewollte Standortbereiche, in denen der Wettbewerb stattfinden soll. Zur Qualitätssicherung der Nahversorgung ist eine angemessene Bündelung und räumliche Konzentration der verschiedenen Nahversorgungsangebote von entscheidender Bedeutung. Gerade bei Stadtteilzentren ist ein breit gefächertes Einzelhandelsangebot mit Wettbewerb v. a. im kurzfristigen Bedarfsbereich funktionsbestimmend. Nur so ist sicherzustellen, dass sich die alltäglichen Versorgungswege sinnvoll kombinieren und mit geringem Verkehrsaufwand bewältigen lassen. Deshalb wird grundsätzlich angestrebt, einen möglichst großen Teil der Nahversorgungsangebote hier zu konzentrieren.
Ein Bebauungsplan ist gem. § 1 BauGB durch die Gemeinde aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Fehlt es daran, darf ein solcher Plan auch nicht aufgestellt werden. Nachfolgend wird daher auf die einzeln aufgeführten Zielen im Beschlussvorschlag des Antrags eingegangen:
- Die geforderte verträgliche Einordnung der Stellplätze zugunsten des Felsenkeller-Ballsaals und des Biergartens einschl. der geordenten Grünentwicklung kann auch im Baugenehmigungsverfahren erreicht werden, da in diesem Zusammenhang auch andere öffentliche Belange, wie der Baumschutz, die Denkmalpflege und das Ortsbild geprüft werden.
- Das Grundstück des alten Gewölbekellers wurde 2014 durch die Stadt ausgeschrieben. Wesentlicher Bestandteil der Ausschreibung war eine öffentliche, kulturelle Nutzung des Objektes. Derzeit wird der Erbpachtvertrag vorbereitet.
- Die Stadtteilbibliothek wird derzeit auf der Grundlage eines Baubeschlusses (VI-DS-01378) durch die Stadt saniert. Darin einbegriffen sind auch die notwendigen Brandschutzmaßnahmen.
- Der Gemeinschaftsgarten „Annalinde“ wird auf dem städtischen Flurstück 168/2 betrieben. Eine Veräußerung des Grundstücks müsste durch den Grundstücksverkehrsausschuss beschlossen werden.
Die meisten der angestrebten Planungsziele beziehen sich auf die im Eigentum der Stadt Leipzig befindlichen Flächen und Gebäude.
Das aktuelle Handeln der Stadt (Sanierung der Stadtteilbibliothek, Erbpachtvertrag Alter Felsenkeller, Pachtvertrag für Annalinde) entspricht den formulierten Zielen. Eines Bebauungsplanes zur Regulierung des stadteigenen Handelns bedarf es nicht.
Beschluss der Ratsversammlung am 26. Oktober 2016
Unsere Fraktion hat den Antrag nach einer Rede unseres Stadtrates Tim Elschner zurückgezogen.