Antrag: Ausländerbehörde stärken – Service verbessern – Einbürgerungen erleichtern
Antrag vom 27.05.2025
Link zum Antrag/ zu Anfrage im Ratsinformationssystem
Beschlussvorschlag
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, beginnend mit dem IV. Quartal 2025 eine über- bzw. außertarifliche Zulage für die Sachbearbeiter*innen in der Ausländerbehörde (Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie Einbürgerung) zu zahlen, um die Attraktivität der Ausländerbehörde als Arbeitsort zu erhöhen und dem vorherrschenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine eigene dauerhafte digitale Lösung für den Einbürgerungsprozess (inkl. Antragstellung, Antragsmanagement und ggf. weiteren digitalisierbaren Arbeitsschritten) zu entwickeln, um den aufgelaufenen Antragsstau zügig und effizient abschmelzen zu können.
3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, inwiefern ein Projekt zur Beratung von Einbürgerungsbewerber*innen, in Kooperation zum Beispiel mit dem Sächsischen Flüchtlingsrat (analog zum Modellprojekt Spurwechsel), eine Entlastung der Ausländerbehörde herbeiführen kann. Bei positivem Prüfergebnis wird ein entsprechendes Beratungsprojekt ab 2026 eingerichtet und finanziell untersetzt.
Begründung
Zu 1. Asyl- und ausländerrechtliche Sachverhalte sind häufig äußerst komplex, die Bearbeitung der Fälle erfordert ein umfassendes Verständnis der betreffenden Rechtsgebiete sowie ein hohes Maß an fachlicher Einarbeitung und Kompetenz. Trotz einer hohen Zahl an unbearbeiteten Fällen sind aktuell 11 Stellen für Sachbearbeiter*innen in der Ausländerbehörde unbesetzt, davon 4 im Bereich Einbürgerung, 7 im Bereich Allgemeines Asyl- und Aufenthaltsrecht (Stand 06.05.2025). Darüber hinaus besteht bei diesen Stellen eine häufige Fluktuation von Personal.
Es liegt nahe, dass bisher offen gebliebene Stellen u.a. auch wegen der aktuellen Eingruppierung in der Entgeltgruppe E 9b unbesetzt bleiben. Im Angesicht der Komplexität der Sachverhalte sowie der bekanntlich äußerst hohen Arbeitsbelastung in der Ausländerbehörde handelt es sich bei der E 9b um eine unattraktive Eingruppierung, die der tatsächlichen Komplexität der Tätigkeit nicht angemessen ist. Andere große Städte wie München haben dies bereits erkannt und vergüten diese Tätigkeit bspw. mit der Entgeltgruppe E 9c oder E 10 oder zahlen eine Zulage (z.B. Stuttgart).
Eine über- bzw. außertarifliche Zulage macht die Stellen in der Ausländerbehörde attraktiver und kann damit dafür sorgen, Personal zu gewinnen und langfristig zu binden. Somit wird der permanenten Überlastung der Ausländerbehörde als Ganzes und ihrer Mitarbeiter*innen aktiv entgegengewirkt. Dabei ist der antragstellenden Fraktion die aktuell angespannte Haushaltslage der Stadt Leipzig bewusst. Allerdings ist es nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Migrationsgeschichte in andere Städte abwandern (wie dies aktuell geschieht), weil sie in Leipzig unverhältnismäßig lang auf die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit und damit auf ihre vollumfängliche politische und gesellschaftliche Teilhabe warten müssen.
Zu 2. Von den ca. 390 Minuten, die im Schnitt zur Bearbeitung eines Einbürgerungsantrages benötigt werden, können mithilfe eines digitalisierten Antragsprozesses laut Informationen der Verwaltung je etwa 30 Minuten für die persönliche Antragstellung entfallen. Somit könnten allein durch die Digitalisierung der Antragstellung pro Einbürgerungsvorgang etwa 8 Prozent der Bearbeitungszeit eingespart werden. Durch die ggf. mögliche Digitalisierung weiterer Arbeitsschritte sind sehr wahrscheinlich zusätzliche Einsparungen möglich. Laut Informationen der Stadt Leipzig ist der im Land Nordrhein-Westfalen bereits entwickelte Online-Dienst Einbürgerung, der aufgrund des „Einer für Alle“ (EfA)-Prinzips auch für andere Länder nachnutzbar sein soll, nicht kompatibel mit den aktuellen hiesigen Prozessen im Fachamt. Die derzeitigen lokalen Anforderungen können vom Dienstanbieter nicht erfüllt werden. Allerdings gibt es bundesweit schon über 60 Kommunen und Landkreise, in denen ein digitaler Antragsprozess für die Einbürgerung möglich ist, darunter Bautzen und Görlitz in Sachsen. Die Entwicklung und Implementierung einer eigenen digitalen Antragsstrecke sowie die ggf. mögliche Digitalisierung weiterer Arbeitsschritte ist daher sowohl für die Verwaltung selbst als auch für die auf ihre Einbürgerung wartenden Menschen ein sinnvoller Schritt hin zu mehr Effizienz und kürzeren Wartezeiten.
Zu 3. Eine große Zahl der Menschen, die sich für eine Einbürgerung bewerben, können die erforderlichen Antragsmodalitäten (ob analog oder digital) selbstständig und ohne größere Probleme bewerkstelligen. Jedoch gibt es auch eine nicht unerhebliche Zahl an Menschen, bei denen aufgrund der konkreten persönlichen, familiären oder beruflichen Situation der Einbürgerungsprozess mit vielen Schwierigkeiten und Hindernissen verbunden ist. In diesen Fällen wirft die Einbürgerung komplexere Fragestellungen auf, die eine umfassendere und langwierigere Beratung erforderlich machen. Eine extern angebotene Beratung, die die Funktion einer Clearingstelle übernimmt, könnte die Ausländerbehörde im Alltagsgeschäft weiter entlasten, weil somit dem hohen Beratungsbedarf der Ratsuchenden extern begegnet werden kann. Durch eine enge Kooperation zwischen Beratungsprojekt und Ausländerbehörde können die Ratsuchenden bei Bedarf direkt an die externe Beratung weitergeleitet werden.