Antrag: Baumscheiben blühen lassen

Antrag vom 13. Mai 2021

Beschlussvorschlag:

  1. Die Stadtverwaltung verzichtet künftig bei der Pflege von Baumscheiben auf Maßnahmen der Entfernung von Wildkräutern.
  2. Die Stadtverwaltung fördert aktiv die nicht baumschädigende Begrünung von Baumscheiben.

Begründung:

Ein Baumbeet dient als schützende Pflanzdecke, welches den Boden vor Erosion und Austrocknung schützt. Wildkräuter in den Baumscheiben stehen nur bei Jungbäumen mit diesen in Konkurrenz, so dass bei Altbäumen bzw. Bäumen, die älter als 3 Jahre am Standort stehen, dass Argument nicht mehr durchgreift. Auch Verkehrssicherungspflichten abgeleitet aus dem Straßengesetz greifen nicht durch. Denn weder im Sächsischen Straßengesetz noch in der Satzung der Straßenreinigung ist das Entfernen von Wildkräutern und Baumbeeten aufgeführt! So kann sich die Pflege von Baumscheiben maximal auf den Rückschnitt von Gewächsen beschränken, die eine Wuchshöhe von mehr als 70 Zentimetern aufweisen, dornig oder rankend sind.

Bei 60.000 Straßenbäumen existieren 180.000 Quadratmeter Baumscheiben, die für Wildkräuter nutzbar sind. Gerade in Zeiten massiven Artensterbens gilt es auch dieses Potential zu nutzen und auch damit den Boden vor Austrocknung zu schützen.

 

Verwaltungsstandpunkt vom 20. Juli 2021

Alternativvorschlag:

Zu Beschlusspunkt 1 wird die Zustimmung zu folgendem Alternativvorschlag empfohlen:

„Die Vegetation in den Baumscheiben wird unabhängig davon, ob es sich dabei um Spontanvegetation, Anpflanzungen der Leipziger Mischung oder sonstige Anpflanzungen handelt, nur entfernt oder pflegerischen Maßnahmen unterzogen, sofern naturschutzfachliche und naturschutzrechtliche Maßgaben nicht eingehalten werden oder die Verkehrssicherheit gefährdet ist.

Der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig verhandelt die geänderten auszuschreibenden Reinigungs- und Pflegeleistungen mit den bisherigen Leistungserbringern nach oder schreibt diese, sofern erforderlich, neu aus. Das Ergebnis wird dem Betriebsausschuss Stadtreinigung zur Auswertung vorgelegt.“

Beschlusspunkt 2 wird bereits berücksichtigt.

Beschlusspunkt 3

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis IV. Quartal 2021 zu prüfen, in welchem Umfang eine Patenschaftsvergabe an Bürgerinnen und Bürger für die Reinigung und Pflege möglich ist.

Begründung:

Neben den benannten positiven, ökologischen Effekten ist zu beachten, dass die Baumscheibe ein Teil der Verkehrsanlage bzw. ein Ausstattungselement der Straße ist, von der keine Gefahr ausgehen darf (§2 SächsStrG). Die Bepflanzung (Baumscheibe) gehört somit als Zubehör zur Straße und wird von der Reinigungspflicht umfasst (§ 51 SächsStrG).

In den befestigten Straßenkörper hineinwuchernde Wildkräuter sind Fremdkörper, die eine Straße (und damit auch Baumscheiben) oder einen Gehweg verunreinigen. Das hierdurch ausgelöste Reinigungsbedürfnis obliegt grundsätzlich der Kommune, die dafür eine Organisation einzurichten hat. Vorrangig hieraus erwächst auch die Haftung der Kommune für Organisationsverschulden.

Entgegen der Forderungen des Antragstellers erreichen den Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig (EB SRL) regelmäßig Beanstandungen von Bürgern, dass Baumscheiben leichte Verunreinigungen vorweisen, sowie Forderungen/Bitten zu einer Komplettreinigung der Baumscheibe.

Zu Beschlusspunkt 1:

Der geforderte generelle Verzicht der Entfernung von Wildkräutern ist naturschutzfachlich nicht immer im Sinne der genannten Zielstellung. So muss die Beseitigung invasiver Arten weiterhin möglich sein, um eine weitere Ausbreitung und Verdrängung heimischer Arten entgegenzuwirken.

Die Durchgrünung des Gebietes der Stadt Leipzig auf Baumscheiben und die damit verbundene Erhöhung der Biodiversität wird vom Amt für Stadtgrün und Gewässer (ASG) unterstützt. Es gilt jedoch verschiedene Pflegeschritte in der Baumscheibe weiterhin zu erhalten und zu ermöglichen.

Dazu gehören die Auflockerung des Oberbodens, um eine stetige Verdichtung der Baumscheibe zu verhindern und dadurch die Wasserdurchlässigkeit und den Gasaustausch im Boden zu gewährleisten, sowie die Entfernung bestimmter Spontanvegetation, wie z. B. Japanischer Staudenknöterich und anderer als invasiv einzustufender Pflanzenarten. Einige dieser Arten, zum Beispiel die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia), stellen sogar eine Gesundheitsgefahr der Anwohner dar.

Ein Radius von 0,5 m um den Stamm ist generell von Pflanzen freizuhalten, um die Baumkontrolle zu ermöglichen.

Zudem ist aus Sicht des EB SRL die Bearbeitung der Baumscheiben weiterhin erforderlich, um die Ausweitung von Wildkräutern auf Gehwegen einzudämmen.

Das o. g. Haftungsrisiko kann minimiert werden, in dem klare Regelungen zur Bearbeitung der Baumscheiben, welche die Leistungsfähigkeit, Verkehrssicherheit und Entfernung invasiver Arten beachten, aufgestellt und eingehalten werden.

Diese Vorgaben an den Pflegebedarf (ASG) sowie der Verkehrssicherheit sind bei einer angepassten Bearbeitung der weiterhin erforderlichen Baumscheibenpflege zu beachten.

Sie setzen einerseits eine erhöhte fundierte Fachkenntnis im Bereich der Pflanzenkunde an das ausführende Pflegepersonal voraus. Dieses muss befähigt sein, die richtigen Pflegemaßnahmen zu treffen, welche zugleich das Wachstum des Baumes, die Bepflanzung der Baumscheibe und die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen.

Andererseits wird dadurch auch der zeitliche Aufwand für die fachgerechte Baumscheibenpflege deutlich erhöht. Derzeit werden die rund 18.600 Baumscheiben in bis zu 2 Durchgängen von beauftragten Dritten der erforderlichen Pflege unterzogen. Dabei werden im ersten Durchgang alle Baumscheiben betreut. In einem zweiten Durchgang werden aufgrund der limitierten Finanzmittel vorrangig nur die Baumscheiben erneut betreut, welche in Haupt- und Schwerpunktstraßen liegen. In der aktuellen Pflegeperiode zeigt sich aufgrund der günstigen Witterungsbedingungen ein starkes Vegetationswachstum, dass den Aufwand erhöht.

Aktuell sind für die Baumscheibenpflege Dritte bis zum Oktober 2021 vertraglich gebunden. Optional können die bisherigen Leistungen bis zum Jahr 2023 verlängert werden, wenn keine wesentlichen Änderungen eintreten. Dies geht jedoch mit den angepassten Pflegeleistungen einher. Eine Realisierung des geänderten Pflegebedarfes setzt voraus, dass einerseits entsprechende Leistungen auf dem Markt angeboten werden und andererseits deren Finanzierung gesichert ist.

Der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig verhandelt die geänderten auszuschreibenden Reinigungs- und Pflegeleistungen mit den bisherigen Leistungserbringern nach oder schreibt diese, sofern erforderlich, neu aus. Das Ergebnis wird dem Betriebsausschuss Stadtreinigung zur Auswertung vorlegt.

Zu Beschlusspunkt 2:

Die Bepflanzung von Baumscheiben wird ausdrücklich erlaubt und ist erwünscht. Auf der Seite der Stadt Leipzig können unter folgendem Link https://www.leipzig.de/umwelt-und-verkehr/umwelt-und-naturschutz/baeume-und-baumschutz/bepflanzung-baumscheiben-strassenbaeume/#c104720 Informationen und Hinweise zur Begrünung von Baum­scheiben eingesehen und heruntergeladen werden. Viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig nutzen diese Informationen bereits, um Baumscheiben zu begrünen.

Eine Förderung der Begrünung von Baumscheiben darüber hinaus ist derzeit nicht vorgesehen.

Bei einer aktiven Begrünung von Baumscheiben durch die Bürger sind folgende Punkte aus naturschutzfachlicher und auch naturschutzrechtlicher Sicht unbedingt zu berücksichtigen.

In Bereichen wo sich insbesondere Wildbienen oder andere besonders oder streng geschützte Arten nach § 7 BNatSchG angesiedelt haben, dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden. Hier ist vielmehr einer Vermüllung und der weiteren Verdichtung des Bodens entgegenzuwirken. Die Standorte sollten weder befahren, noch als Abstell- oder Lagerplatz genutzt werden.
Spontanvegetation ist einer Begrünung mit Ansaatmischungen oder Bepflanzungen vorzuziehen. Insbesondere, wenn die vorhandene Vegetation aus heimischen Blühpflanzen und Arten der Roten Listen besteht.
Das Ausbringen invasiver Arten ist nach § 40a BNatSchG verboten. In der freien Natur nach § 40 BNatSchG, insbesondere in Schutzgebieten oder im Bereich von gesetzlich geschützten Biotopen ist ausschließlich gebietsheimisches Saat- und Pflanzgut. auszubringen.
Die Beseitigung invasiver Arten muss weiterhin möglich sein. Eine Neuansaat und Bepflanzung mit heimischen Arten sollten vorrangig an diesen Standorten erfolgen.

Eine stadtweite Kontrolle der von Bürgern gepflegten Baumscheiben durch Mitarbeiter der Naturschutzbehörde, ob diese den Anforderungen entsprechen, ist nicht leistbar.

Mit Beschlusspunkt 3 wird seitens der Verwaltung vorgeschlagen bis IV. Quartal 2021 zu prüfen, in welchem Umfang eine Patenschaftsvergabe an Bürgerinnen und Bürger für die Reinigung und Pflege möglich ist, um bürgerschaftliches Engagement auch in diesem Bereich zu fördern.

Realisierungs-/Zeithorizont:

Abstimmungsprozesse sowie eventuelle Ausschreibungsverfahren werden nach Beschlussfassung eingeleitet.

Finanzielle Auswirkungen:

Eine Finanzierung der angepassten Pflege von Baumscheiben kann nicht über die Straßenreinigungsgebühren erfolgen, sondern wäre aus Haushaltsmitteln zu begleichen.

Beschluss der Ratsversammlung am 10. November 2021

Der Antrag wurde zugunsten eines Änderungsantrages unserer Fraktion zum ähnlich gelagerten Antrag der Fraktion die Linke, welche gemeinsam behandelt wurden, zurückgezogen, sodass zum Sachverhalt folgender Beschluss gefasst wurde:

Beschluss:

Die Vegetation in den Baumscheiben wird unabhängig davon, ob es sich dabei um Spontanvegetation, Anpflanzungen der Leipziger Mischung oder sonstige Anpflanzungen handelt, nur entfernt oder pflegerischen Maßnahmen unterzogen, sofern naturschutzfachliche und naturschutzrechtliche Maßgaben nicht eingehalten werden oder die Verkehrssicherheit gefährdet ist. Der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig verhandelt die geänderten auszuschreibenden Reinigungs- und Pflegeleistungen mit den bisherigen Leistungserbringern nach oder schreibt diese, sofern erforderlich, neu aus. Das Ergebnis wird dem Betriebsausschuss Stadtreinigung zur Auswertung vorgelegt.

Insektenhotels und sonstige biodiversitätsfördernde Gegenstände werden nur entfernt, wenn sie eine Gefahr für den Baum oder die Verkehrssicherheit darstellen.

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum IV. Quartal 2021 zu prüfen, in welchem Umfang eine Patenschaftsvergabe an Bürgerinnen und Bürger für die Reinigung und Pflege möglich ist.

Die Stadtverwaltung unterstützt grundsätzlich das Aufstellen von Hinweisschildern an den Baumscheiben, die das Pflegepersonal und die Öffentlichkeit informieren, dass die Baumscheiben bereits von Engagierten gepflegt werden.

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