Antrag: Bezahlbare Mieten in Leipzig sichern - Kappungsgrenze für Mieterhöhungen senken
Antrag vom 2. Februar 2017
Beschlussvorschlag:
- Der Stadtrat spricht sich dafür aus, die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in Leipzig von 20 auf 15 Prozent abzusenken.
- Der Oberbürgermeister stellt bei der Sächsischen Staatsregierung einen entsprechenden Antrag, damit diese Reduzierung per Rechtsverordnung veranlasst wird.
Begründung:
Aufgrund des Mietrechtsänderungsgesetzes vom 1. Mai 2013 ist es in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt möglich, die gesetzlich festgelegte Begrenzung von Mieterhöhungen für bestehende Mietverträge, die innerhalb von 3 Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig sind, von 20 % auf 15 % zu reduzieren:
„§ 558 Abs. 3 BGB
(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.“
Am 31. Juli 2015 trat in Sachsen die Kappungsgrenzen-Verordnung in Kraft.
In dieser Verordnung ist bislang als einzige sächsische Kommune die Stadt Dresden als eine Gemeinde im Sinne des § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB definiert.
Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ist der Auffassung, dass nun auch für das Gebiet der Stadt Leipzig die Voraussetzungen für die Einführung einer abgesenkten Kappungsgrenze vorliegen:
Denn in Zusammenhang mit der im Dezember 2016 in Kraft getretenen neuen Richtlinie zur Förderung von sozialem Wohnungsbau der Sächsischen Staatsregierung wurde laut Sächsischen Staatsministeriums des Innern festgestellt, dass alle maßgeblichen Indikatoren bezüglich Bevölkerungswachstum, Wohnraumnachfrage, Leerstandsquote, Angebotsmiete und Mietbelastung für das Gebiet der Stadt Leipzig vorliegen, die eine „zukünftige Gefährdung der Versorgung von einkommensschwachen Haushalten mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen“ erkennen lassen.
Aktuell wird der Bedarf an neuen Sozialwohnungen für die Stadt Leipzig auf jährlich 1.500 beziffert.
Aufgrund des neuen sozialen Wohnungsbauförderprogramms des Freistaates Sachsen mit einer jährlichen Bewilligungssumme in Höhe von 20 Millionen Euro können in den nächsten drei Jahren allerdings bestenfalls insgesamt 1.500 neue Sozialwohnungen in Leipzig entstehen.
Weil sich die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt vor allem im unteren Marktsegment mittlerweile bemerkbar macht und sowohl bezahlbarer wie preisgünstiger Wohnraum in Leipzig immer mehr zur Mangelware wird, hält die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen es für geboten, diese auch im vom Stadtrat im Oktober 2015 beschlossenen Wohnungspolitischen Konzeptes verankerte Maßnahme „Absenkung der Kappungsgrenze“ nun zur Anwendung zu bringen.
Eine Absenkung der Kappungsgrenze kann den Mietanstieg der Bestandsmieten senken und so zu einer für die Mieterhaushalte verträglicheren Entwicklung der Wohnkosten beitragen. Angesichts des derzeit niedrigen Zinsniveaus und einer moderaten Inflation ist eine Senkung der Kappungsgrenze gegenwärtig auch unter Berücksichtigung der Belange der Vermieter durchaus vertretbar.
Sachstandsbericht der Verwaltung vom 12. Mai 2017
Die Verwaltung gibt hierzu folgenden Sachstandsbericht ab:
Im Wohnungspolitischen Konzept wird als ein mögliches zusätzliches Instrument bei starkem Wachstum bzw. klaren Anzeichen eines angespannten Wohnungsmarktes die Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen benannt. So ist es in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt möglich, die gesetzlich festgelegte Begrenzung von Mieterhöhungen für bestehende Mietverträge, die innerhalb von 3 Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig sind, von 20 % auf 15 % zu reduzieren. Voraussetzung ist eine Verordnung des Landes, die dies für ausgewiesene Gebiete für eine Dauer von 5 Jahren festlegen kann.
Der Monitoringbericht Wohnen 2016/17 zeigt ein weiterhin starkes Einwohnerwachstum, während der marktaktive Wohnungsleerstand auf 3 % zurückgegangen ist. Der neu entwickelte Wohnungsmarktindex weist für Leipzig 2015 noch keinen angespannten, aber einen sich anspannenden Wohnungsmarkt aus.
Vor diesem Hintergrund wurden auf dem Akteurs- und Expertenworkshop zum Wohnungspolitischen Konzept am 22.03.17 die möglichen positiven oder negativen Wirkungen einer abgesenkten Kappungsgrenze auf dem Leipziger Wohnungsmarkt mit folgenden Ergebnissen diskutiert:
- Die Absenkung der Kappungsgrenze kann in allen Wohnungsmarktsegmenten bei Mietverhältnissen wirken, deren aktuelle Miete deutlich unter dem Mietspiegel liegt, bei denen also Eigentümer die Miete in den letzten Jahren nicht entsprechend des Mietspiegels angepasst haben und bei denen der Eigentümer eine Mieterhöhung über 15 % (bis max. 20 %) durchführen möchte.
- Ein klassischer Fall der Wirksamkeit sind Mieterhöhungen, die häufig nach einem Eigentümerwechsel vorgenommen werden.
- Mit der abgesenkten Kappungsgrenze wird dem einzelnen Mieter ein Instrument zur Dämpfung der Mietpreissteigerungen in die Hand gegeben. Modellrechnungen aus anderen Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt zeigen aber, dass keine breite mietpreisdämpfende Wirkung dadurch auf dem Wohnungsmarkt zu erwarten ist.
- Als mögliche negative Nebenwirkungen wurden von den Wohnungsmarktakteuren zusätzliche Mieterhöhungen durch die öffentliche Diskussion benannt, die sonst nicht getätigt würden. Dabei handelt es sich jedoch um Einmaleffekte.
Auf dem Workshop hat sich der Mieterverein Leipzig deutlich für die Absenkung der Kappungsgrenze ausgesprochen, während Eigentümervertreter dies eher kritisch sehen.
Beschluss der Ratsversammlung am 17. Mai 2017
Der Antrag wurde durch die Stimmen von Grünen, Linke und SPD vom Stadtrat mit 32/28/1 beschlossen
Zwischenbericht vom 05.12.2017
Mit Schreiben vom 16. August 2017 an das Sächsische Staatsministerium des Innern (SMI) hat die Stadt Leipzig einen Antrag auf den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß § 558 Absatz 3 BGB – zur Absenkung der Kappungsgrenze auf 15% bei Mieterhöhungen – für die Stadt Leipzig gestellt.
Mit Schreiben vom 28. September 2017 bestätigt das SMI, dass die Voraussetzungen für den Erlass dieser Rechtsverordnung in Leipzig erfüllt sind. Das SMI erarbeitet eine entsprechende Änderung der bestehenden Kappungsgrenzen-Verordnung und legt diese dem Kabinett zur Entscheidung vor. Das SMI geht davon aus, dass die Änderung der Kappungsgrenzen-Verordnung spätestens Anfang 2018 in Kraft tritt.
Abschlussbericht vom 18. Februar 2018
Auch für Mieten in Leipzig gilt nun eine abgesenkte Kappungsgrenze. Bei bestehenden Mietverträgen dürfen Mieten nur noch um maximal 15 Prozent innerhalb von drei Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden.
Das besagt die geänderte Kappungsgrenzenverordnung des Freistaates, die am 18. Februar nach ihrer Veröffentlichung im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt (2/2018 vom 17.02.2018) in Kraft getreten ist. Die Verordnung ist zunächst bis zum 30. Juni 2020 gültig.
Leipzig neu in die Verordnung aufgenommen
Ihre erste Fassung – vom 10. Juli 2015 – hatte nur für Dresden gegolten, da zum damaligen Zeitpunkt nur dort die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen als besonders gefährdet eingestuft wurde. Nun ist Leipzig in die Verordnung aufgenommen worden, da der Leipziger Wohnungsmarkt mittlerweile ebenfalls angespannt ist. Bei nicht angespanntem Wohnungsmarkt sind Erhöhungen bis zu 20 Prozent gesetzlich möglich.
Kappungsgrenze gesetzlich verankert
Die Stadtverwaltung hatte im August 2017 aufgrund des Stadtratsbeschlusses VI-A-03790 vom 17.05.2017 bei der Staatsregierung beantragt, die entsprechende Absenkung der Kappungsgrenze per Rechtsverordnung zu veranlassen. Gesetzliche Grundlage ist der Paragraph 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Nach Absatz 1 kann der Vermieter bei einem bestehenden Mietvertrag die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Nach Absatz 3 dieser Regelung darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren generell nicht um mehr als 20 Prozent erhöhen – das ist die so genannte Kappungsgrenze. Ist in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet, darf nur um maximal 15 Prozent erhöht werden. Die Landesregierungen sind ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.
(Quelle: Pressemitteilung der Stadt Leipzig vom 19. Februar 2018)