Antrag: CO2-Rechner für Kultureinrichtungen
Änderungsantrag zum Haushaltsplanentwurf 2023/24:
Beschlussvorschlag
Der Oberbürgermeister wird beauftragt in Bezug auf Maßnahme V.5 des Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 die Entwicklung eines CO2-Rechners spezifiziert für Leipziger Einrichtungen der Kultur und Freien Szene zu forcieren und stellt für Entwicklung, Einweisung, Support und agile Veränderungsprozesse/Anpassungen für das Haushaltsjahr 2023 100.000 EUR und für das Haushaltsjahr 2024 50.000 EUR bereit.
Begründung
Auf dem Weg zum klimaneutralen Kulturbetrieb begleitet das Kulturamt Leipzig städtische Einrichtungen, unterstützt Weiterbildung und Austausch. Dabei stellt die CO2-Bilanz einen wichtigen und notwendigen Schritt dar, um den Status Quo zu ermitteln, Emissionsquellen zu analysieren und passgenau zu reagieren. Dazu können die Kultureinrichtungen bisher auf kein geeignetes Webtool zugreifen. Bestehende CO2-Rechner passen nicht zu den vielfältigen Bedingungen im Kulturbetrieb. Ein den Leipziger Handwerksbetrieben von der Handwerkskammer zur Verfügung gestellter Rechner kann aber für Leipziger Kultureinrichtungen adaptiert und ihnen zeitnah als dringend benötigtes Instrument bereitgestellt werden. Es wäre wünschenswert, dass der CO2-Rechner als Pilotprojekt für die CO2-Abrechnung auch anderer Bereiche der Verwaltung dienen kann.
Hintergrund:
1. Notwendigkeit einer CO2-Bilanz
Die CO2-Bilanz ist eine zentrale Voraussetzung für Klimaneutralität.
Durch eine CO2-Bilanz lässt sich der Status Quo einer Einrichtung/Veranstaltung erfassen, der wiederum notwendig ist, um wesentliche Emissionsquellen zu erfassen. Erst auf dieser Grundlage können gezielte Maßnahmen definiert und umgesetzt werden.
Um die Maßnahme 15 / Sofortmaßnahmenprogramm umsetzen sowie nicht zuletzt für das zentrale Vorhaben einer Klimaneutralen Verwaltung ist eine CO2-Bilanz somit ebenso zentrale Voraussetzung. In Zukunft ist davon auszugehen, dass CO2-Bilanzen notwendig werden für eine Förderung (siehe derzeit Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes, siehe auch Großbritannien)
Hierfür benötigt es ein entsprechendes Werkzeug/Rechner, dass es den Akteuren ermöglicht, eigenständige Bilanzen zu erstellen, um davon ausgehend Maßnahmen abzuleiten.
2. Spezifische Anforderungen
Derzeit existieren CO2-Rechner auf dem Markt, mit denen vor allem Unternehmen ihre CO2-Bilanz berechnen können. Ein Rechner speziell für die Kultur existiert bisher nicht, ist aber dringend notwendig, da die Kategorien, die ein Unternehmens-Rechner vorgibt, nicht auf Kultureinrichtungen zutreffen oder unvollständig sind und das Ergebnis der Bilanz somit entsprechend ungenau wird.
Für Kultur wird also ein CO2-Rechner benötigt, der die unterschiedlichen Kategorien/Formate der Kultureinrichtungen etc. abgebildet. Hierbei unterscheiden sich die Kultureinrichtungen sehr stark voneinander, beispielsweise in Ausstellungsorte mit laufendem Publikum, Aufführungsorte mit Probenbetrieb und Vorstellungen, temporäre Festivals ohne festen Ort oder Einrichtungen mit zahlreichen Nebenstandorten (Bibliothek) oder Einmietungen (VHS).
Der Rechner müsste die unterschiedlichen Gebäudetypen beinhalten, von denen sich wiederum Unterkategorien ableiten. Hierzu gehören Typen wie Kunst-Galerie, Kunstzentrum, Bibliothek, Museum, Kino, Theater, Konzerthaus, Lager, Werkstatt, Auditorium, Club, Arena, Stadion etc.
Darauf aufbauend ist es wichtig, die Tätigkeitsfelder zu identifizieren, d.h. ob Aufführung mit Probenbetrieb oder Ausstellungsort mit Transport/Kühlung etc. von Kunstwerken oder Festival, das nur in einem bestimmten Zeitraum stattfindet etc.
Darüber hinaus sind selbstverständlich auch die einzelnen Veranstaltungen zu differenzieren, von denen sich weitere Parameter ableiten z.B. ob sie indoor oder outdoor stattfinden, es sich um eine Tour/Tournee handelt oder ob es sich um ein Gastspiel von außerhalb handelt.
Nicht zuletzt spielt SCOPE 3 eine wesentliche Rolle, d.h. diejenigen Emissionen, die indirekt entstehen, wie Mobilität (Publikum, Tournee, Reisen), Transport und Lieferung (bspw. Kunstwerke etc.).
All diese hier auszugsweise genannten Kategorien/Parameter fragt ein konventioneller CO2-Rechner nicht ab. Gleichzeitig sind diese Parameter wichtig, um ein möglichst genaues Ergebnis in der Bilanz zu erlangen.
Verwaltungsstandpunkt
Projektstand CO2-Rechner für den Kulturbetrieb
Für die Erreichung von Klimaneutralität ist die CO2-Bilanzierung der Kultureinrichtungen und -veranstaltungen eine zentrale Voraussetzung. Sie stellt einen notwendigen Schritt dar, um den Status Quo einer Einrichtung/Veranstaltung zu ermitteln. Erst auf dieser Grundlage können wesentliche Emissionsquellen erkannt und entsprechende, effiziente Maßnahmen definiert bzw. umgesetzt werden. Darüber hinaus spielt die CO2-Bilanzierung einen wesentlichen Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung und ist bereits jetzt in einzelnen Förderprogrammen eine Voraussetzung in Hinblick auf die Akquise von Fördermitteln (siehe Kulturstiftung des Bundes, Programm Fonds Zero).
Um den Kulturbetrieben ein Werkzeug zur CO2-Bilanzierung zur Verfügung zu stellen, haben sich die Städte Leipzig und Dresden im Dezember 2022 zusammengeschlossen und gemeinsam mit der AG Mittelstandsinitiative „Energiewende und Klimaschutz“, der GICON Großmann Ingenieur Consult GmbH, dem Fraunhofer IMW und dem Softwareunternehmen WIPS-com GmbH ein umfangreiches Kooperationsprojekt initiiert.
Zentrales Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines CO2-Rechners für den Kulturbetrieb, der den Kultureinrichtungen und -veranstalter/-innen Ende 2023 kostenfrei und dauerhaft zur Verfügung gestellt werden soll. Hierfür wird das bereits bestehende und erprobte E-Tool für Unternehmen (www.energie-tool.de) der AG „Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz“ schrittweise an die spezifischen Anforderungen des Kulturbereichs angepasst.
Der für den Kulturbetrieb spezifizierte CO2-Rechner gewährleistet eine Bilanzierung der Emissionsquellen nach dem Greenhouse-Gas-Protokoll als internationalem Standard und ermöglicht eine umfangreiche Datenauswertung mit Ziel der GHG-Berichterstattung. Um die Berechnungen nachvollziehen zu können, werden die entsprechenden Berechnungs- bzw. Emissionsfaktoren transparent dargelegt. Die Datenspeicherung erfolgt auf einem eigens eingerichteten Server der LECOS GmbH in Leipzig und nach den Richtlinien des Datenschutzgesetzes in anonymisierter Version. Nicht zuletzt verfügt der für den Kulturbetrieb spezifizierte Rechner über integrierte Hilfestellungen, darunter u.a. ein Benutzerhandbuch für den Kulturbetrieb, ein Feedbacktool, Beraterfunktionen sowie ein integriertes Tool zur Datenerhebung der Besucher/-innenmobilität.
Zeitplanung
- Q1 / 2023: Spezifizierung des CO2-Rechners für den Kulturbetrieb, Konfiguration etc.
- April / 2023: Veröffentlichung der Beta-Version (mit Fokus auf die direkten und indirekten Emissionsquellen (Scope 1 und 2) für alle Kultureinrichtungen in Leipzig und Dresden
- Q2 und Q3 / 2023: Spezifizierungen der ausgelagerten Emissionsquellen (Scope 3) Pilotierung und Testung des Tools
- Q2 und Q3 / 2023: Workshops/Schulungen mit Akteur/-innen in Leipzig und Dresden
- Ende Q3 / 2023: Vorlage vollständige CO2-Bilanzen (Scope 1,2,3)
- 2023/2024: weitere Spezifizierungen / agiler Arbeitsprozess, Support, Befähigung der Akteur/-innen
Weitere Arbeitsschritte und Vorhaben sind:
- Städteübergreifende bzw. bundesweite Nutzung des CO2-Rechners für den Kulturbetrieb: Die Spezifizierung des CO2-Rechners für den Kulturbetrieb wird derzeit allein durch die beiden Kommunen Leipzig und Dresden finanziert. Aus diesem Grund ist die Nutzung des Rechners momentan lediglich den kommunalen sowie freien Kultureinrichtungen mit Sitz in Leipzig und Dresden vorbehalten. Technisch wie inhaltlich bietet der CO2-Rechner jedoch alle Voraussetzungen, um auch städteübergreifend bzw. bundesweit genutzt zu werden. Hierfür finden derzeit Gespräche mit dem Bundesministerium für Kultur und Medien (BKM) sowie mit dem Sächsischen Ministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWKT) statt.
- Validierung und Zertifizierung des CO2-Rechners für den Kulturbetrieb: um valide Ergebnisse zu gewährleisten, die spartenübergreifend anerkannt werden, ist eine Zertifizierung des CO2-Rechners für den Kulturbetrieb durch externe Unternehmen in 2024 geplant.