Antrag: Erhalt und Stärkung des Buchhandels in der Buchmessestadt Leipzig
Antrag vom 11. April 2024
Beschlussvorlage:
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich im Rahmen der Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes dafür einzusetzen, im zu verabschiedenden Gesetzentwurf eine Erhöhung und Dynamisierung der Schwellenwerte für freihändige Vergaben zu erreichen. Ziel ist es, eine Rechtsgrundlage zu bekommen, die es der Stadt ermöglicht, die Ausschreibung beispielsweise des städtischen Bibliotheksetats so zu gestalten, dass der Etat auch kleineren, meist inhaber*innengeführten Buchhandlungen vor Ort zugutekommen kann.
- Die Stadtverwaltung prüft, die Vergabe eines Großteils des städtischen Bibliotheksetats ab 2026 wieder „händisch“ (Freihändige Vergabe gemäß § 12 UVgO) erfolgen zu lassen. Die Stadt- und Stadtteilbibliotheken regeln den Ankauf und auch die Aufarbeitung der Bestände so, dass der Ankauf rechtskonform zugunsten des örtlichen, überwiegend inhaber*innengeführten Buchhandels erfolgen kann.
- Die Stadtverwaltung prüft, wie kleinere meist inhaber*innengeführte Buchhandlungen in der Stadt Leipzig zielgerichtet langfristig und nachhaltig gefördert werden können. Geeignete Maßnahmen sind dem FA Kultur und FA Wirtschaft, Arbeit und Digitalisierung bis Ende des 3. Quartals 2024 vorzulegen. Zum geplanten Themenjahr „Buchstadt Leipzig – Stadt des freien Wortes“ 2025 führt die Stadt Leipzig mit geeigneten Partner*innen eine öffentlich wirksame Kampagne zur Förderung des lokalen Buchhandels durch.
Begründung:
Die „Buchstadt Leipzig“ steht im Fokus des geplanten Themenjahres 2025. Zur Buchstadt Leipzig gehören nicht nur die Leserinnen und Leser, die Autorinnen und Autoren, die Leipziger Buchmesse, die Verlage, Druckereien, Bibliotheken etc., sondern gehört eben auch die bunte, vielfältige Buchhandlungslandschaft. Buchhandlungen sind nicht nur schlicht Verkaufsläden, sondern Kulturträger (beispielsweise durch Buchlesungen, so etwa im Rahmen von „Leipzig liest“).
Zu 1.: Durch die 2023 auch in Leipzig erfolgte europaweite Ausschreibung der Städtischen Bibliotheksetats (EU-Vergaberecht) gerieten kleinere (meist inhaber*innengeführte) Buchhandlungen ins Hintertreffen. Diese kleineren Händler*innen sind allerdings auf jeden Auftrag angewiesen; der Wegfall der bisherigen Vergabepraxis ist für diese Buchhandlungen existenzgefährdend.
(Die oft als Alternative aufgerufenen Vergaberegeln zur Medienbeschaffung der Stadt Hannover wurden nach Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt Hannover und die dortige städtische Rechtsabteilung als nicht vergaberechtskonform eingestuft. Der zuständige Justiziar stellte im Januar 2023 fest, dass „die Beschaffung von Bibliotheksbüchern trotz der geltenden Buchpreisbindung nicht ausschreibungsfrei ist, und dass Aspekte der Wirtschaftsförderung bei der Ausschreibung nicht berücksichtigt werden dürfen und insoweit eine Bevorzugung des lokalen Handels nicht möglich ist“.[1])
Kurzum, Leipzig ist auf die Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes angewiesen, um Alternativen zur aktuellen, europaweiten Ausschreibung der Städtischen Bibliotheksetats anwenden zu können.
Leipzig hat Anfang des Jahres 2023 die aktuell gültigen Zuschläge (nach EU-Ausschreibung, weil der EU-Schwellenwert von 215.000 € überschritten wurde) erteilt; die entsprechenden Rahmenvereinbarungen traten zum 01.01.2024 in Kraft; sie gelten zunächst bis zum 31.12.2025; eine Verlängerung um ein Jahr kann erfolgen. Das bedeutet, die Stadt Leipzig könnte nach entsprechender Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes 2026 neue Rahmenvereinbarungen treffen.
Zu 2.: Sowohl in kultureller und auch ökologischer Hinsicht (kurze Wege) als auch in Hinblick auf Mittelstandsförderung ist die Unterstützung kleinerer Buchhandlungen in der Buch- und Messestadt Leipzig ein Gebot der Stunde. Im Übrigen: Eine wesentliche Intention der aktuellen Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes ist die Schaffung eines Rechtsrahmens zur Förderung fairer, sozialer und ökologischer Bedingungen für den Wettbewerb (Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 27.02.2024).
Zu 3.: Die Stärkung der regionalen Wirtschaft ist auch von der Förderung von klein- und mittelständischen Unternehmen abhängig. Die Wirtschaftsförderung sollte geeignete Instrumente anpassen oder entwickeln, um zielgerichtet kleinere meist inhaber*innengeführte Buchhandlungen in der Stadt Leipzig langfristig und nachhaltig zu fördern. Eine wirksame Maßnahme wäre die Durchführung einer Öffentlichkeitskampagne für kleine Buchläden zum Themenjahr 2025.
[1] https://www.hannover.de/content/download/962152/file/Hintergrundinformation bezüglich der vergabekonformen Beschaffung von deutschprachigen Büchern durch die Stadtbibliothek Hannover .pdf
Verwaltungsstandpunkt vom 26. Juni 2024
Dem Anliegen des Antrags wird durch bestimmte Maßnahmen bereits entsprochen. Die Information wird zur Kenntnis genommen
Begründung:
Der Antrag begehrt, dass sich der Oberbürgermeister im Rahmen der Novellierung des Sächs. Vergabegesetzes dafür einsetzt, um im zugehörigen zu verabschiedenden Gesetzesentwurf eine Erhöhung und Dynamisierung der Schwellenwerte für Freihändige Vergaben zu erreichen. Derzeit liegt der Referentenentwurf des Sächs. Vergabegesetzes vor und dieser ist bislang lediglich zur Anhörung freigegeben worden.
Eventuelle Anpassungen des Höchstwertes für eine Verhandlungsvergabe bzw. Freihändige Vergabe im Sächsischen Vergabegesetz haben auf Ausschreibungen im Rahmen des Bibliotheksetats aufgrund der Höhe des Beschaffungsbudgets keine Auswirkungen. Auch zukünftige Ausschreibungen werden immer oberhalb des EU-Schwellwerts liegen und das Sächsische Vergabegesetz hier keine Anwendung finden.
Sachstandsbericht:
Die jetzige Wertgrenze für Freihändige Vergaben liegt bei 25.000 Euro ohne Umsatzsteuer gemäß § 4 Abs. 1 SächsVergabeG. Im Rahmen des Referentenentwurfs ist eine signifikante Erhöhung und gleichzeitige Dynamisierung des Höchstwertes für eine Verhandlungsvergabe bzw. Freihändige Vergabe vorgesehen. Zukünftig soll eine Kopplung der Wertgrenze zum jeweils geltenden EU-Schwellenwert erfolgen. Für Liefer- und Dienstleistungen soll der Wert 46,5 Prozent des Schwellenwertes (zur Zeit 221.000 Euro ohne Umsatzsteuer) betragen. Mit der Dynamisierung wird diese im Liefer- und Dienstleistungsbereich somit von derzeitigen 25.000 Euro auf rund 100.000 Euro (46,5 Prozent des Schwellenwertes) erhöht.
Diese Erhöhung soll auch auf das Nachprüfverfahren durchschlagen. Mit der dynamisierten Erhöhung der Wertgrenzen für Verhandlungsvergaben bzw. Freihändige Vergaben werden diese Wertgrenzen ebenfalls als neue Wertgrenzen für den vergaberechtlichen Rechtsschutz für Bieter angesetzt. Durch die massive Erhöhung der oben genannten Wertgrenzen kommt es zu einer deutlichen Einschränkung des Rechtsschutzes für Bieter (Liefer- und Dienstleistungen von bisher 50.000 Euro auf rund 100.000 Euro). Die Anpassung der Aufgreifschwelle ist zwar konsequent und aufgrund der Erhöhung der Wertgrenzen auch geboten, jedoch führt dies für Unternehmen zu einer deutlicheren Verschlechterung des Rechtsschutzes.
Der Referentenentwurf des Sächsischen Vergabegesetzes sieht keine Anwendung für die Beschaffung von preisgebundenen Verlagserzeugnissen bis zum Erreichen des EU-Schwellenwertes vor. Insofern wäre für die reine Beschaffung von preisgebundenen Büchern, welche nicht weiterverarbeitet (z.B. foliert) werden, eine Erhöhung und Dynamisierung der Wertgrenzen irrelevant. Für die Wahl des Vergabeverfahrens ist jedoch der Gesamtwert heranzuziehen. Die Ermittlung dieses Gesamtwertes wird durch die europarechtlich umgesetzte Norm des § 3 VgV bunderechtlich bestimmt. Aufgrund des Beschaffungsbudgets für preisgebundene Verlagserzeugnisse mit und ohne Nebenleistungen finden die nationalen Regelungen des Sächsischen Vergabegesetzes grundsätzlich keine Anwendung. Der eingereichte Beschlussvorschlag zu 1. ist insofern für die zu erbringende Leistung für die Stadt Leipzig nicht von Bedeutung.
Weiterhin erteilt der Antrag der Verwaltung einen Prüfauftrag, die Vergabe eines Großteils des städtischen Bibliotheketats ab 2026 wieder händisch (Freihändige Vergabe nach § 12 UVgO) erfolgen zu lassen. Dabei sollen der Ankauf und die Aufbereitung der jeweiligen Bestände beachtet werden.
In diesem Zusammenhang wird auf die Darlegungen im Verwaltungsstandpunkt VII-A-07309-VSP-01: Erwerbungsetat der Leipziger Städtischen Bibliotheken verwiesen.
In der Begründung des zugehörigen Antrags findet sich eine Fußnote „Stellungnahme der Stadt Hannover -vom 15.01.2024- Hintergrundinformationen bezüglich der vergabekonformen Beschaffung von deutschsprachigen Büchern durch die Stadt Hannover". Nach Durchsicht ist zu festzuhalten, dass hier die Aspekte Auftragswertschätzung nach § 3 VgV, Losbildung und EU-Ausschreibung im Sinne der von der Stadt Leipzig gewählten Vorgehensweise beschrieben werden.
Auch eine Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes würde wie bereits dargestellt nicht zu einer Änderung der Rechtsauffassung führen, da die Berechnung der Auftragswerte auf Basis der EU-Richtlinie 2014/24/EU, umgesetzt in § 3 VgV, vorgegeben ist. Insofern befindet sich die Stadt Leipzig aufgrund des Beschaffungsbudgets (über 221.000 Euro ohne Umsatzsteuer) im EU-Vergaberecht.
Zuletzt wird beantragt, dass die Stadtverwaltung prüft, wie kleinere meist inhabergeführte Buchhandlungen in der Stadt Leipzig zielgerichtet langfristig und nachhaltig gefördert werden können. Geeignete Maßnahmen sind dem FA Kultur und FA Wirtschaft vorzulegen.
Im Kern entsprechen die Ausführungen des Beschlusspunktes 3 bereits dem Verwaltungshandeln:
- Das Amt für Wirtschaftsförderung geht in diesem Jahr verstärkt mit Vertretern der Buchbranche in den Austausch. Ziel ist es, Ideen für gemeinsame (Marketing-) Maßnahmen zu generieren, die zur besseren Sichtbarkeit der Leipziger Buch- und Verlagswirtschaft beitragen. Dies geschieht in Kooperation mit dem Kulturamt in Vorbereitung auf das Themenjahr 2025, welches die „Buchstadt Leipzig“ in den Fokus rückt (siehe dazu VII-DS-08916: Themenjahr 2025 - Buchstadt Leipzig). Zu gegebener Zeit werden die Maßnahmen im FA Kultur und FA Wirtschaft, Arbeit und Digitales vorgestellt.
- Die Stärkung der regionalen Wirtschaft, besonders der kleinen und mittelständischen Unternehmen, ist das Hauptziel des Amtes für Wirtschaftsförderung. Dabei setzt die Wirtschaftsförderung darauf, Leipziger Unternehmen z. B. im Rahmen des Mittelstandsförderprogramms punktuell bei konkreten Projekten zu unterstützen. So soll nachhaltiges Wachstum ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden (Mittelstandsförderprogramm Steckbrief zur Maßnahme „Nachhaltiges Wachstum“). Ebenso werden Unternehmen in schwierigen Phasen unterstützt (Mittelstandsförderprogramm Steckbrief zur Maßnahme „Unternehmen sichern in Krisensituationen und bei der Nachfolge“).
- Das Mittelstandsförderprogramm ist dabei speziell auf die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen – und damit auch inhabergeführten Buchhandlungen – zugeschnitten.
Beschluss der Ratsversammlung am 21. August 2024
Der Antrag wurde von der einreichenden Fraktion nach Rede für erledigt erklärt und zurückgezogen.