Antrag: Kooperativen Wohnungsbau und Wohneigentum fördern

Antrag vom 7. Juli 2022

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt,

die Förderung des kooperativen Wohnungsbaus und Wohneigentums in Leipzig durch Erwerb und Zwischenerwerb von Grundstücken, Liegenschaften sowie von Anteilen an kooperativen Wohnungsbauprojekten zu unterstützen. Hierzu ist zu prüfen und im Rahmen der Weiterentwicklung des Wohnungspolitischen Konzepts zu diskutieren, wie dieser Auftrag durch die Stadt, bestehende kommunale Unternehmen oder eine neu einzurichtende Gesellschaft umgesetzt werden kann. Das Ergebnis wird dem Stadtrat bis zum 4. Quartal 2022 vorgelegt.

Begründung:

Leipzig ist eine Mieterstadt. Der hohe Anteil von 87% der Haushalte, die zur Miete wohnen, besitzt eine erhebliche soziale und ökonomische Brisanz. Ein Großteil der Wohnimmobilien in Leipzig gehört Personen oder Unternehmen, deren Wohnsitz bzw. Sitz sich nicht in Leipzig befindet. Bei vielen Immobilien, die sich noch im Einzeleigentum befinden, zeichnet sich erbfolgebedingt laut Haus&Grund ein problematischer Übergang an institutionelle Investoren ab. Kooperative Projekte könnten in diese Lücke springen, wenn die notwendigen Unterstützungsinstrumente entwickelt werden.

Kollektive Wohnprojekte bieten einen Mehrwert für ihre Bewohner*innen und die umgebende Stadt, den viele konventionelle Wohnbauten nicht bieten (vgl. Ausstellung „Together“ im Grassimuseum in den Jahren 2018/2019). Die weitere Stärkung von „kooperativen Wohnprojekten“ in Leipzig könnte vermehrt dazu beitragen, dass junge Familien gehalten und generationenübergreifende Wohnformen ermöglicht werden können. Kollektive Wohnprojekte brauchen in Leipzig auch deshalb besondere Unterstützung, weil ihre Entstehungs- und Konzeptionsprozesse sowie Finanzierungsmodelle sehr unterschiedlich sind. Erstmals ist es unter anderem 2015 der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen gelungen, dass Themen wie „Konzeptvergabe, Erbbaurecht und kollektive Wohnformen“ in der damaligen Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzeptes mitverhandelt wurden und Eingang gefunden haben. Trotz der erklärten Zielsetzung des Wohnungspolitischen Konzepts ist es nur zum Teil gelungen, den Anteil von Wohnungseigentum in seinen unterschiedlichen Formen in den letzten Jahren zu stärken.

Die Konzeptvergabe von Flächen für Wohnungsbau leistet einen wichtigen Beitrag, stößt jedoch auch an Grenzen. Angesichts der dynamischen Entwicklung des Immobilienmarkts können bauwillige Gruppen, aber auch Mietergemeinschaften in der Regel nicht schnell genug reagieren, wenn Immobilien verkauft werden. Hier kann der Erwerb oder Zwischenerwerb durch einen Dritten eine gezielte Unterstützung darstellen. Ebenso kann eine ggf. zeitweilige finanzielle Unterstützung von Baugruppen oder Mietergemeinschaften durch die Zeichnung von Anteilen an entsprechenden Genossenschaften o.ä. ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung von Wohneigentum sein. Desweiteren könnte auch das Modell „Aus Mieter*innen wird Eigentümergemeinschaft“ zu einer höheren Wohneigentumsquote im größeren Umfang beitragen. Um hier wirksame Effekte zu erzielen, ist der bereits sehr gute Ansatz vom Netzwerk Leipziger Freiheit „Mein Haus in gute Hände“ deutlich im Ressourceneinsatz und in der Akteursansprache zu verbreitern.

Zu prüfen ist, inwiefern die skizzierten Aufgaben durch die Stadt selbst, durch ein bereits vorhandenes kommunales Unternehmen oder aber eine neu einzurichtende Gesellschaft, ggf. unter Beteiligung von weiteren Genossenschaften oder anderen gemeinwohlorientierten Wohnungsbaugesellschaften (vgl. GIMA München, Dachgenossenschaft Wohnen Tübingen) wahrgenommen werden können. Die Prüfung ist bis zum 4. Quartal 2022 abzuschließen, um ggf. im Rahmen der Verhandlungen zum Haushalt 2023/24 entsprechende finanzielle Vorkehrungen für eine Starteinlage einer perspektivisch sich wirtschaftlich selbst tragenden Gesellschaft zu treffen.

Verwaltungsstandpunkt vom 13. September 2022

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen der Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts weitere kommunale Maßnahmen zur Unterstützung des Ankaufs von Liegenschaften für (kooperative) Wohnungsbauprojekte sowie selbstgenutztes Wohneigentum zu prüfen.

Begründung:

Die Forderungen des Antrages werden teilweise bereits als Verwaltungshandeln praktiziert. Aus diesem Grund wird im Verwaltungsstandpunkt ein Alternativvorschlag formuliert:

Zum Grundstücks- und Flächenerwerb / Zwischenerwerb:

Grundsätzlich entspricht der im Antrag formulierte Auftrag zum Grundstücks- und Flächenankauf für kooperative Wohnprojekte der aktuellen Beschlusslage der Stadt Leipzig aus dem Wohnungspolitischen Konzept – Fortschreibung 2015 (VI-DS-1475-NF-002) und der Fortschreibung der Instrumente und Maßnahmen des Wohnungspolitischen Konzepts 2018 (VI-DS-05276):

  • Leitlinie: 1. „Wohnen in Leipzig – für alle, vielfältig, bezahlbar und wirtschaftlich tragfähig“
  • Ansatz der Umsetzung: „Unterstützung kooperativer Wohnformen“,
  • Instrumente: Handlungsfeld 3.2 Strategisches Liegenschaftsmanagement; Strategischer Flächen- und Gebäudeerwerb

Inhaltlich werden diese Zielstellungen und Instrumente vsl. auch in das Wohnungspolitische Konzept – Fortschreibung 2023 einfließen.

Im Liegenschaftsamt wurden seitdem die Prozesse „Flächenankauf“ und „Flächentausch“ sowie „Konzeptverfahren“ (VII-DS-04909) zur Weiterveräußerung im Erbbaurecht etabliert. Die Ankäufe von Wohnbauflächen konzentrierten sich vor allem auf Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), mit Erstzugriffsrecht und Verbilligungsrichtlinie. Weitere Ankäufe von Wohnbauflächen erfolgten in geringem Umfang und im Einzelfall (z.B. für ein Konzeptverfahren oder ein Projekt der LWB). Der Ankauf von bebauten Grundstücken erfolgt im Rahmen der Ausübung des Vorkaufsrechts in Sozialen Erhaltungsgebieten (§ 24 Abs. 1 Nr. 4 BauGB), unter Berücksichtigung der veränderten Rechtslage (BVerwG 4 C 1.20). Bislang wurde auf diesem Weg ein Wohngebäude durch die Stadt Leipzig erworben, weitere Vorkaufsfälle werden – auch zu Gunsten Dritter – im Einzelfall geprüft.

Aktuell sind die personellen und finanziellen Kapazitäten für den Ankauf von Liegenschaften vor allem für kurz- bis mittelfristige Flächenbedarfe für Schulen, Kitas, Verkehrsinfrastruktur, Ausgleichsmaßnahmen u. a. gebunden. Zudem reichen die verfügbaren Mittel für eine Ausweitung des strategischen Grundstückserwerbs von Wohnbauflächen auf dem freien Markt bei weitem nicht aus. Sofern die politischen Prioritätensetzungen angepasst und die notwendigen Haushaltsmittel bereitgestellt werden, könnte der Flächenankauf für kooperative Wohnprojekte oder selbstgenutztes Wohneigentum, auf Grundlage der bestehenden Beschlüsse, ausgeweitet werden.

Die Neueinrichtung einer städtischen Gesellschaft für den Liegenschaftserwerb erscheint nicht zielführend, da die notwendigen Strukturen innerhalb des Liegenschaftsamtes bereits etabliert sind.

Zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen:

Die Bereitstellung kommunaler Flächen und leerstehender Gebäude für kooperatives Bauen und Wohnen erfolgt aktuell im Konzeptverfahren aus dem Liegenschaftsportfolio der Stadt Leipzig sowie der LWB. Es ist davon auszugehen, dass auch die zukünftigen Flächenbedarfe für diese Nutzung aus dem bestehenden Portfolio gedeckt werden können.

Die Erfahrungen von Stadt Leipzig und LWB zeigen, dass das Nichtzustandekommen kooperativer Wohnprojekte nicht der mangelnden Flächenbereitstellung, sondern den grundsätzlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Marktes (gestiegene Preise für Rohstoffe, Energie und Bauleistungen sowie zuletzt deutlich gestiegene Bauzinsen) zuzuschreiben sind. Aktuell führen diese Rahmenbedingungen bei Baugruppen zu Kostenmieten, die diese nicht aufbringen können oder möchten. Weiterhin hat sich bei Wohnprojekten herausgestellt, dass die Eigenkapitalausstattung – zumal bei Erbbaurechtsverhältnissen – oftmals nicht den Besicherungserfordernissen der kreditgebenden Banken entspricht.

Um die hohe finanzielle Belastung durch gestiegene Grundstückspreise teilweise abzufedern, hat die Stadt Leipzig den marktkonformen Erbbaurechtszinssatz neuberechnet und von 4% auf 2,5% angepasst (VII-Ifo-01698). Darüber hinaus können weitere Maßnahmen zur Unterstützung des Ankaufs von Liegenschaften für (kooperative) Wohnungsbauprojekte und selbstgenutztes Wohneigentum geprüft werden. Dies kann z.B. die weitere Verringerung der Grundstückskosten bei Veräußerungen der Stadt Leipzig, die Ausweitung des bestehenden Beratungsangebots des Netzwerks Leipziger Freiheit sowie eine kommunale Zuschussförderung für den Flächenankauf beinhalten. Dabei sind bestehende und geplante Fördermöglichkeiten von Bund und Freistaat Sachsen zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Prüfung würden im Wohnungspolitischen Konzept – Fortschreibung 2023 sowie der darauf aufbauenden Weiterentwicklung der Maßnahmen und Instrumente Berücksichtigung finden.

Realisierungs- / Zeithorizont

Fortlaufend: Ankauf von Liegenschaften für Wohnungsbau (im Einzelfall, gem. Angebot und Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln)

Im Rahmen der Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts und der darauf aufbauenden Weiterentwicklung der Maßnahmen und Instrumente: Prüfung der Ausweitung der Unterstützungsmaßnahmen für den Ankauf von Liegenschaften für (kooperativen) Wohnungsbau und die Schaffung von selbstgenutztem Wohneigentum.

Neufassung vom 27. Oktober 2022

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, im Rahmen der Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts weitere kommunale Maßnahmen zur Unterstützung des Ankaufs und Zwischenerwerbs von Liegenschaften für (kooperative) Wohnungsbauprojekte sowie selbstgenutztes Wohneigentum durch die Stadtverwaltung oder kommunale Unternehmen zu prüfen.

Begründung:

Neben dem Ankauf von Liegenschaften insbesondere für Konzeptvergaben sollte insbesondere auch der Zwischenerwerb von Liegenschaften geprüft werden. Wie der VSP darstellt, sind die zur Verfügung stehenden Kapazitäten im Liegenschaftsamt dafür begrenzt. Dementsprechend sollte auch geprüft werden, inwiefern entsprechende Kompetenzen und finanzielle Mittel in kommunalen Unternehmen wie z.B. LESG und LEVG aufgebaut werden können.

Beschluss vom 10. November 2022

Der Antrag wurde in Fassung des Verwaltungsstandpunktes und unter Übernahme eines Änderungsantrages, ein Umsetzungskonzept für einen revolvierenden Stadtentwicklungsfonds zu beauftragen, mehrheitlich vom Stadtrat beschlossen.

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