Antrag: Landverpachtungen nur noch ohne „Pflanzenschutzmittel“

Antrag vom 19. Februar 2019

Beschlussvorschlag:

  1. Bei allen Neuverpachtungen der Stadt und ihrer Beteiligungen ist privatrechtlich zu verankern, dass die Pächter verbindlich auf den Einsatz von „Pflanzenschutzmitteln“ (Pestizide) verzichten.
  2. Für die im Moment durch die Stadt zustimmungspflichtige Ausbringung von Gülle und Klärschlamm auf den Ackerflächen der Stadt und ihrer Beteiligungen, wird keine Zustimmung mehr erteilt.


Sachverhalt:
„Pflanzenschutzmittel“ werden in der Landwirtschaft großflächig und in großen Mengen in die Ackerböden ausgebracht, um Pflanzen vor Schadorganismen (Tiere, Pflanzen, Pilze, Bakterien oder Viren) zu schützen. Sie wirken dabei toxisch. Allerdings ist die Wirkung nicht auf diese beschränkt.

Obwohl im Moment noch rechtlich möglich, ist der Einsatz von sog. „Pflanzenschutzmitteln“ inzwischen höchst umstritten. Unbestritten ist allerdings, dass diese fatale Auswirkungen auf Flora und Fauna und auch auf uns Menschen haben.

Wir haben schon jetzt Rückstände von Pestiziden im Wasser, die als Rückstände ins Grundwasser gehen. Wir haben Unkräuter, die resistent geworden sind und gar nicht mehr auf Herbizide reagieren. Dass wir von den hohen Pestizidmengen herunterkommen müssen, erkennen immer mehr Menschen, auch in der konventionellen Agrarwirtschaft.

Natürlich, ohne Pflanzenschutz geht es nicht. Pflanzenschutz ist aber auch möglich mit einem System aus vielem: aus der Fruchtfolge, der Sortenwahl, der Züchtung, der Bodenbearbeitung und der Bodenkultur.

Die Bäuerinnen und Bauern wissen selber am besten, dass ein intaktes Ökosystem die Grundlage für ihr Wirtschaften ist, dass sie Bestäuber und Nützlinge brauchen.

Diese Erkenntnisse sollten wir jetzt zumindest auf den uns verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen als privatrechtliche Vereinbarung auch umsetzen. Denn: Pestizide können niemals risikolos sein.

Antrag geändert von der Ratsversammlung am 22.01.2020 beschlossen:

Beschluss:

1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine Gesamtkonzeption zum Thema „Landwirtschaft im Leipziger Stadtgebiet" bis Ende 2020 zu erarbeiten, in welcher die Themen aus den Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (VI-A-07003 bis VI-A-07009) behandelt werden sowie die umfassende Auseinandersetzung mit damit verbundenen Sachverhalten erfolgt.

2. Diese Gesamtkonzeption enthält einen Zeitplan für die Umsetzung einzelner Maßnahmen aus den Anträgen 07003 bis 07009 sowie ein Beteiligungskonzept, um Pächter*innen, Umweltverbände, interessierte Bürger*innen, Mitglieder des Stadtrates sowie Wissenschaftler*innen einzubeziehen.

3. Das Gesamtkonzept soll ein Verfahren zur wissenschaftlichen Evaluation der Maßnahmen enthalten, welches es Mitgliedern des Stadtrates und Bürger*innen ermöglicht, den Effekt der landwirtschaftlichen Maßnahmen auf die landwirtschaftliche Produktivität, die Biodiversität sowie auf Wasser, Boden und Luft nachzuvollziehen.

4. Die außerplanmäßigen Aufwendungen nach § 79 (1) SächsGemO für das Haushaltsjahr 2020 i. H. v. 50.000,00 € im PSP-Element „Liegenschaftsmanagement" (1.100.11.1.3.05) werden bestätigt.

Umsetzungsstand 15.12.2022

x in Arbeit

Sachstand:

Durch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wurden im Jahr 2019 insgesamt acht Anträge zum Thema Förderung der Bio-Landwirtschaft gestellt, von denen sieben (VI-A-07003 bis VI-A-07009) in die Erarbeitung der Gesamtkonzeption „Landwirtschaft im Stadtgebiet von Leipzig einbezogen wurden. Zu jedem Einzelantrag wurde ein gleichlautender Verwaltungsstandpunkt gefertigt. Somit betrifft der Umsetzungsbericht zum o. g. Beschluss die Anträge VI-A-7003 bis VI-A-7009.

Die thematische Erarbeitung der Gesamtkonzeption erfolgte in den Jahren 2020 und 2021 unterteilt in ein Grob- und ein Feinkonzept mit Unterstützung des auf Agrarthemen spezialisierten Beratungsunternehmens IAK Agrarconsulting GmbH Leipzig. Jeweils nach Fertigstellung des Grob- bzw. des Feinkonzeptes erfolgten Beteiligungsrunden für die wesentlichen Interessensgruppen (Fraktionen des Stadtrates, Ortschaftsräte, Verbände und Organisationen sowie Landwirtschaftsbetriebe jeglicher Größe aus der biologischen bzw. konventionellen Bewirtschaftungsform). Die Stellungnahmen der Interessensgruppen wurden nach den Beteiligungsrunden gesammelt, geprüft und in der erweiterten Lenkungsgruppe (Liegenschaftsamt, Amt für Stadtgrün und Gewässer, Amt für Umweltschutz, Stadtplanungsamt, Amt für Geoinformation) diskutiert und nach Abstimmung im weiteren Verfahren berücksichtigt.

Während der Bearbeitungsphase rückten aktuelle Entwicklungen und Themenstellungen, hinsichtlich der sich verschärfenden Konkurrenz von Flächennutzungsarten in den Fokus. Die Auswirkungen und resultierenden Zielkonflikte müssen zwingend auch im Rahmen der weiteren Bearbeitung der Gesamtkonzeption Berücksichtigung finden. Beispielhaft stehen dafür die Themen Ausbau der erneuerbaren Energien (Bundesvorgabe Ausweisung von 2% der Fläche des Freistaates Sachsen), Sicherung der regionalen Nahrungsmittelversorgung sowie Flächen-bedarfe, welche sich aus den Entwicklungszielen einer wachsenden Stadt ergeben (insbesondere Neuausweisung von Wohnbauflächen, Gewerbeflächen und Flächen für die soziale Infrastruktur). Hierbei wird insbesondere das zu erarbeitende Außenbereichskonzept des Stadtplanungsamtes zu berücksichtigen sein. Die beabsichtigte Förderung des Biolandbaus und der damit verbundenen und notwendigen langfristigen Bereitstellung von Landwirtschaftsflächen (Zeiträume zwischen 15-25 Jahren) konkurriert dabei mit sämtlichen vorgenannten Flächen-nutzungsarten, deren Planung und Flächenverfügbarkeit sich auf kürzeren Zeiträume bezieht.  

Die aufgezeigte Komplexität der zu beachtenden Themen hat im Laufe der Bearbeitung der Gesamtkonzeption zur Entscheidung geführt, dass eine einzelne Beschlussvorlage nicht ausreichend sein wird. In Folge dessen wurden Arbeitspakete mit dem Ergebnis gebildet, dass es im weiteren Verfahren mehrere Beschlussvorlagen geben wird.

Als erste Beschlussvorlage der Gesamtkonzeption „Landwirtschaft im Stadtgebiet von Leipzig dient die Vorlage „Ausschreibungskriterien und Regeln zur Bereitstellung von landwirtschaftlichen Nutzflächen der Stadt Leipzig“.

Weitere folgende Beschlussvorlagen werden sich mit den Themen Aufbau von Vermarktungswegen bzw. Entwicklung einer digitalen Plattform für den Bewerbungsprozess für städtische Landwirtschaftsflächen, das Außenbereichskonzept des Stadtplanungsamtes, Aufbau regionaler Märkte und Wertschöpfungsketten sowie Aufbau eines kommunalen Landwirtschaftsbetriebes befassen.

Nächster Termin Beschlusskontrolle: 2025

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