Antrag: Leipziger Friedhöfe erhalten und aufwerten
Neufassung vom 11. April 2024
Der Antrag wird wie folgt neu gefasst:
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt,
- a) Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung der städtischen Friedhöfe zu ergreifen und im Rahmen eines Friedhofsentwicklungskonzeptes zusammenzuführen. Im Rahmen des Konzeptes sind u.a. Klimawandel und Klimawandelanpassung, Ökologie, Mobilität und Denkmalschutz sowie die weitere Öffnung in die Stadtgesellschaft und vielfältige Bestattungsformen, auch im transkulturellen Kontext zu behandeln. Das Entwicklungskonzept soll dem Stadtrat bis zum 1. Quartal 2025 vorgelegt werden.
- b) mit den nicht-städtischen Friedhofsträgern bei der Erarbeitung entsprechender Maßnahmenpläne bzw. Friedhofsentwicklungskonzepte zu kooperieren und ähnliche Konzepte gemeinsam zu entwickeln. Die Fragen der Finanzierung sollen dabei geklärt und dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben werden.
- c) Die für eine Zusammenarbeit erforderlichen Personalstellen werden im Haushalt 2025/26 angemeldet und eine ausreichende Finanzierung des Konzepts wird sichergestellt.
Begründung:
siehe Ursprungsantrag
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, Maßnahmen zu ergreifen, die den Erhalt, die Aufwertung und die Entwicklung der städtischen Friedhofsflächen sichern.
Anhand von Einzelplänen soll für die Flächen kurz-, mittel- und langfristiger Handlungsbedarf in Hinblick auf Flächenbedarfsentwicklungen, Bestattungsangebote, Infrastruktur, ÖPNV-Anbindung, Denkmalschutz, Erhalt und Entwicklung von Grünflächen sowie die weitere Öffnung in die Stadtgesellschaft festgestellt werden und mit entsprechenden Maßnahmen untersetzt werden. Besonderes Augenmerk soll auf dem Erhalt und der Weiterentwicklung von Grünflächen, auf Maßnahmen zur Klimawandelanpassung, auf ökologischen Pflegemaßnahmen, auf Baumnach- und -neupflanzungen sowie auf dem Ausbau von Baumbestattungen liegen.
Die Verwaltung wird beauftragt, mit nicht-städtischen Betreibern von Friedhöfen im Stadtgebiet ähnliche Einzelpläne anzustreben bzw. bei der Erarbeitung beratend zu unterstützen.
Begründung:
Der Friedhof ist ein wichtiger Bestandteil der Bestattungskultur. Er dient als würdevoller Ort der letzten Ruhe der Verstorbenen und bietet einen geschützten Raum für trauernde Menschen. Der Friedhof ist ein Kleinod, das Geschichte und Geschichten trägt. In der Regel ist der Friedhof sowohl in kleinen Ortschaften als auch in Großstädten gut erreichbar. Darüber hinaus fungiert er auch als grüne Lunge der Stadt und lädt ein zum Verweilen und Innehalten. Für Trauernde bedeutet der Besuch am Grab einer nahestehenden Person immer ein Stück Trauerbewältigung. In Leipzig gibt es 45 Friedhöfe, davon sieben in kommunaler Trägerschaft, zwei jüdische Friedhöfe und 36 in kirchlicher Trägerschaft. Laut § 2 Abs. 1 SächsBestG ist die Anlage und Unterhaltung von Friedhöfen einschließlich der notwendigen Bestattungseinrichtungen kommunale Pflichtaufgabe. Friedhöfe in Leipzig sind attraktiv durch Wohnortnähe, Anbindung an den ÖPNV sowie das Vorhandensein von Sitzmöglichkeiten und Toiletten. Doch der Unterhalt denkmalgeschützter Grabmale und Gebäude, Sicherung von Mauern und Grabmalen, Nutzung des Flächenüberhangs sowie veränderte klimatische Bedingungen stellen Friedhöfe vor Herausforderungen. Friedhöfen kommt eine Bedeutung für Artenreichtum und Stadtklima zu. Um die Friedhöfe im Stadtgebiet in jeder Hinsicht zukunftssicher aufzustellen und Maßnahmen zum Erhalt und zur Aufwertung zu entwickeln und umzusetzen, soll die Konzeption (inklusive Einzelpläne) aufgestellt werden. Dabei soll auch das Thema Umgang mit Trauer und die Zukunft der Friedhöfe und Bestattungen stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Friedhof rückt auch das Thema Tod und den Umgang damit stärker ins öffentliche Bewusstsein und dies erscheint gerade vor dem Hintergrund der Veränderung des Themas geboten.
Alternativvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt,
a) Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung der städtischen Friedhöfe zu ergreifen und im Rahmen eines Friedhofsentwicklungskonzeptes zusammenzuführen,
b) mit den nicht-städtischen Friedhofsträgern bei der Erarbeitung entsprechender Maßnahmenpläne bzw. Friedhofsentwicklungskonzepte zu kooperieren.
Begründung:
Friedhöfe sind ein wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge, nehmen zahlreiche gesellschaftliche Aufgaben wahr und sind zentraler Bestandteil der grünen Infrastruktur sowie wesentlicher kultureller Bestandteil Leipzigs. Die Freiraumstrategie der Stadt Leipzig „Lebendige Grüne Stadt am Wasser“ skizziert den Stand zu den Friedhöfen im Stadtgebiet und beschreibt die Zielsetzung für 2030 (s. S. 55 ff.). Die Friedhöfe sind Bestattungsplätze, auf denen neue Bestattungsformen und Grabarten sowie die moderne Gestaltung von Trauerhandlungen, entsprechend der gewandelten gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Bedürfnisse, Berücksichtigung finden. Neue Bestattungsformen wurden in den erhaltenswerten Charakter der Friedhöfe integriert.
Im Zusammenhang mit der zwischenzeitlich erfolgten Liberalisierung gesetzlicher Grundlagen für Urnenbeisetzungen wurden neue Konzepte entwickelt. Dies erfolgte insbesondere auch mit der Zielsetzung, die Friedhöfe weiterhin als wesentliche öffentliche Bestattungsplätze attraktiv und konkurrenzfähig gegenüber neuen Bestattungsformen, wie z.B. Bestattungen in Wäldern, zu entwickeln. Die als Kulturdenkmale geschützten städtischen Friedhöfe werden unter Berücksichtigung der Ansprüche des Denkmalschutzes gepflegt und entwickelt. Dabei wird das Engagement Einzelner sowie ein intensives bürgerschaftliches Engagement, wie beispielsweise durch die Paul-Bendorf Gesellschaft zu Leipzig e.V., aktiv in die Pflege und Entwicklung der Friedhöfe integriert.
Leipzigs Friedhöfe sind würdige Orte der Bestattung und bieten Trauernden eine pietätvolle und besinnliche Umgebung zur Trauerentwicklung. Zugleich stehen die Friedhöfe allen Bürgerinnen und Bürgern als Ruhe- und Erholungsraum zur Verfügung und sind Entfaltungsraum der Stadtnatur. Die ökologischen und stadtklimatischen Aspekte wurden aktiv in die Bewirtschaftung und die Entwicklung der Friedhöfe gezielt integriert und gefördert. Auf den städtischen Friedhöfen werden diese vielfältigen Aufgaben, einschließlich des umfangreichen Gebäudebestandes, durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer, Abteilung Friedhöfe, verantwortet und umgesetzt. Im Zuge dieser Aufgaben besteht Kontakt und ein regelmäßiger Austausch mit den übrigen Friedhofsträgern.
Die nachfolgend benannten Maßnahmen und Projekte skizzieren, wie aktuell dazu beigetragen wird, die beschriebenen Zielsetzungen umzusetzen und dabei die Veränderungen der Bestattungskultur, die veränderten klimatischen Bedingungen sowie die umfänglichen Anforderungen an den Erhalt historischer Grabanlagen sowie an den umfangreichen Gebäudebestand zu berücksichtigen:
1) Entwicklung eines Gesamtkonzeptes für den Südfriedhof und die übrigen städtischen Friedhöfe Leipzigs. In enger Zusammenarbeit mit den Hamburger Friedhöfen AÖR erfolgte ein erster Austausch zur Erarbeitung eines solchen Entwicklungskonzeptes für die städtischen Friedhöfe.
Das im Bundesprogramm „Nationale Projekte Städtebau“ verankerte Projekt „Hamburg Ohlsdorf 2050“ ist ein herausragendes Beispiel und fachliche Orientierung. Der Masterplan „Ohlsdorf 2050“ beinhaltet die Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie zum Umbau und zur Weiterentwicklung von Parkanlagen und Friedhöfen, der Integration sozialer Stadtteil-Infrastruktur, Sondernutzungen, Denkmalen und denkmalgeschütztem Gartenensemble sowie einer Pflegekonzeption. Im Jahr 2024 wird ein weiterer Dialog vor Ort, auf dem Leipziger Südfriedhof, erfolgen.
2) Der Erhaltung und Entwicklung des Baumbestandes auf den 7 städtischen Friedhöfen, wird aktuell durch organisatorische Anpassungen unter Berücksichtigung aller fachlichen Aspekte verstärkt Rechnung getragen. Damit wird Sorge getragen, dass dem anhaltenden Verlust von Bäumen durch adäquate Ersatz- und Neupflanzungen begegnet wird.
3) Auf Grundlage einer Bestandsaufnahme aller städtischen Friedhofsgebäude erfolgt nach Priorisierung die Ermittlung des benötigten Gesamtsanierungsbedarfes. Bereits abgeleitet sind die Schwerpunkte der Sanierungskonzepte für den Trauerhallenkomplex auf dem Südfriedhof und dem Ostfriedhof.
4) Das sächsische Bestattungsgesetz befindet sich derzeit noch in einem Novellierungsprozess. Nach dessen Abschluss können weitere Aussagen über Möglichkeiten für neue Bestattungsformen getroffen werden, z. B. die Erweiterung der Bestattungsformen bis hin zur „Reerdigung“. Die Umsetzung der bereits erarbeiteten Möglichkeiten zur Mensch-Tier-Bestattung ist ein weiteres Beispiel zur Ausweitung des Bestattungsangebots.
5) Dem Wunsch nach Individualität bei der Bestattung wird größtmöglich Rechnung getragen. Seit diesem Jahr wird die „Trauerfeier unter freiem Himmel“ im neu eingerichteten Klostergarten auf dem Südfriedhof angeboten. Darüber hinaus hat sich die Beiwohnung bei der Einäscherung eines verstorbenen Angehörigen im Krematorium Leipzig etabliert.
6) Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit werden die Friedhöfe als Ort der Vielfalt geöffnet. Regelmäßig wiederkehrende Veranstaltungen laden, neben Gedenkveranstaltungen, auf die kommunalen Friedhöfe ein. So sind bereits einige Veranstaltungen fester Bestandteil, beispielsweise der Tag des offenen Denkmals, die Leipziger Buchmesse, das Wave-Gotik-Treffen Leipzig (WGT) oder das Weihnachtskonzert am 3. Advent. Als ein neues Format, zur Förderung eines generationenübergreifenden Interesses am Thema „Abschied“, wurde erstmals der Türöffner-Tag „Die Sendung mit der Maus“ am 03.10.2023 angeboten.
Diese begonnenen Vorhaben wurden, personell und finanziell, vollständig aus dem Budget des Amtes für Stadtgrün und Gewässer gedeckt.
Wenn darüber hinaus eine intensivere Zusammenarbeit mit nichtstädtischen Friedhofsträgern gewünscht ist, bedarf es der Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen (z. B. Personal- und Sachaufwendungen).
Die beschriebenen Maßnahmen und Projekte sollen im Sinne einer koordinierten Zusammenführung der Friedhofsentwicklung konzeptionell zusammengeführt werden. Hierzu sind die ersten Schritte erfolgt und es soll dabei eine Orientierung am Projekt „Hamburg Ohlsdorf 2050“ (vgl. Punkt 1) erfolgen. Sobald hierzu konkrete Zeit- und Budgetplanungen vorliegen, kann zusammen mit den nicht-städtischen Friedhofsträgern bei der Erarbeitung entsprechender Maßnahmenpläne bzw. Friedhofsentwicklungskonzepte kooperiert werden. Dies kann auch die Entwicklung gemeinsamer bzw. gesamtstädtischer Strategien umfassen.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Friedhofsträger eigenständige Zielsetzungen verfolgen und die Stadt Leipzig mit ihren 7 der insgesamt 49 Friedhöfe im Stadtgebiet lediglich als Impulsgeber und in einer koordinierenden Rolle tätig sein kann.
Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die auf der Grundlage der Gebührenfinanzierung der städtischen Friedhöfe verfolgten jeweiligen Planungen und Vorhaben personell und finanziell vollständig aus dem gebührenfinanzierten Budget gedeckt werden müssen.
Eine Fortschreibung weiterer konzeptioneller Betrachtungen und eine Stärkung der Zusammenarbeit mit nichtstädtischen Friedhofsträgern kann daher nur unter Beachtung dieser gebührenrechtlichen Rahmenbedingungen erfolgen.
In diesem Zusammenhang kommt die Stadt Leipzig als Kommune der Pflichtaufgabe gem. § 2 Abs. 1 Sächsisches Gesetz über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen mit der Vorhaltung von 7 Friedhöfen im Stadtgebiet nach. Die kirchlichen Friedhöfe (41) sind im Vergleich mit den städtischen Friedhöfen in Bezug auf Bestattungen zur Friedhofsfläche bereits heute deutlich im Vorteil. So erfolgen auf den kirchlichen Friedhöfen insgesamt 3.003 Bestattungen (2022) auf 49,8 Hektar, was rund 60 Bestattungen je Hektar entspricht. Im Vergleich dazu erfolgen auf den städtischen Friedhöfen insgesamt 2.810 Bestattungen auf 121,2 Hektar, was rund 23 Bestattungen je Hektar entspricht. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Mitarbeitenden der kirchlichen Friedhofsverwaltung mit rund 1,04 Mitarbeitenden je Hektar (siehe Schreiben v. 4.11.22 an die Fraktionen des Leipziger Stadtrates) im Vergleich zu den städtischen Friedhöfen mit 0,56 Mitarbeitenden je Hektar ausgestattet ist. Die Notwendigkeit einer finanziellen Unterstützung bei der Umsetzung einer konzeptionellen Entwicklung bzw. konkreter Maßnahmen ist unabhängig von der Gebührenfinanzierung der städtischen Friedhöfe auf Grundlage dieser Kennzahlen, auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, nicht erforderlich.
Beschluss der Ratsversammlung am 24. April 2024
Der Antrag wurde im Sinne der Neufassung des Antrages mit folgender Ergänzung beschlossen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt,
- Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung der städtischen Friedhöfe zu ergreifen und im Rahmen eines Friedhofsentwicklungskonzeptes zusammenzuführen. Im Rahmen des Konzeptes sind u.a. Klimawandel und Klimawandelanpassung, Ökologie, Mobilität und Denkmalschutz sowie die weitere Öffnung in die Stadtgesellschaft und vielfältige Bestattungsformen, auch im transkulturellen Kontext zu behandeln. Ein Arbeitsstand ist dem Fachausschuss Umwelt, Klima und Ordnung bis zum 2. Quartal 2025 vorzulegen. Das Entwicklungskonzept soll dem Stadtrat bis zum 1. Quartal 2026 vorgelegt werden.
- mit den nicht-städtischen Friedhofsträgern bei der Erarbeitung entsprechender Maßnahmenpläne bzw. Friedhofsentwicklungskonzepte zu kooperieren und ähnliche Konzepte gemeinsam zu entwickeln. Die Fragen der Finanzierung sollen dabei geklärt und dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben werden.
- Die für eine Zusammenarbeit erforderlichen Personalstellen werden im Haushalt 2025/26 angemeldet und eine ausreichende Finanzierung des Konzepts wird sichergestellt.