Antrag: Leipziger Großwohnsiedlungen neu denken - Potentiale für klimaneutralen, vielfältigen und kostengünstigen Wohnraum schaffen

Antrag vom 8. Dezember 2023

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Großwohnsiedlungen im Leipziger Stadtgebiet durch Hebung der vorhandenen Wohnungsbaupotentiale weiterzuentwickeln. Hierzu sind in Zusammenarbeit mit LWB, Wohnungsgenossenschaften und weiteren interessierten Akteuren folgende Maßnahmen umzusetzen:

  1. Identifikation der vorhandenen Wohnungsbaupotentiale vorrangig von versiegelten und zügig nach § 34 beplanbaren Flächen in den Großwohnsiedlungen
  2. Erarbeitung von Nutzungskonzepten, die neben einer vielfältigen Wohnnutzung unterschiedlicher Zielgruppen auch ergänzende Funktionen für Gewerbe, Soziales, Bildung und Kultur sowie umweltfreundliche Mobilität vorsehen
  3. Entwicklung von seriellen und modularen Gebäudetypen (Leipzig-Haus) die kostengünstig mit nachhaltigen Baustoffen und in klimaangepasster Bauweise realisiert werden können

Dem Rat ist bis zum IV. Quartal 2024 ein flächenscharfes Umsetzungskonzept vorzulegen.

Begründung:

Angesichts des anhaltenden Bevölkerungswachstums und eines angespannten Wohnungsmarktes besteht ein hoher Bedarf an zügig realisierbaren Wohnungsbau. Zugleich gebieten Klimawandelanpassung, Artenschutz und der Erhalt von Landwirtschaftsflächen einen sparsamen Umgang mit Flächen entsprechend des Ratsbeschlusses zur Strategie einer Netto-Null-Versiegelung. Wohnungsbauflächen im Außenbereich wie Heiterblick-Süd stehen im Widerspruch zu diesen Herausforderungen und können aufgrund der notwendigen Bauleitplanung auch erst 2028 bebaut werden. Dementsprechend sind geeignete und schnell zu mobilisierende Alternativen in bestehenden Quartieren gefragt.

Beispiele wie Berlin von verschiedenen kommunalen Wohnungsbauunternehmen umgesetzte Projekte, so z.B.  in Marzahn, Hellersdorf und Friedrichshain, Potsdam (Schlaaz), aber auch das aktuell in Vorbereitung befindliche Projekt in Leipzig wie der Dankwartraße (Lößnig) und die Wohnungsneubauten der Lipsia im WK 8 zeigen, wie Potentiale von Großwohnsiedlungen für Wohnungsbau genutzt werden können.

In den Leipziger Großwohnsiedlungen mit ihrer hervorragenden Erschließung bieten sich vielfach Ansatzpunkte für eine Bebauung von großteils versiegelten Flächen, durch frühere Gebäudeabrisse brachliegende Flächen oder Aufstockungen und damit eine Nutzung vorhandener Infrastrukturen ohne zusätzliche Flächenversiegelung. Es ist davon auszugehen, dass diese nach § 34 zügiger zu beplanen und zu bebauen sind als Flächen, die einer vorbereitenden Bauleitplanung bedürfen. So könnten bei einer ersten überschlägigen Betrachtung allein in Lößnig 660 Wohnungen in Geschossbauwohnungen entstehen.

Unabhängig davon bietet es sich in diesem Zusammenhang an, zugleich die Potentiale größerer städtebaulicher Planungen, z.B. für eine stadtbildprägende Bebauung an der Heiterblickallee in Paunsdorf zu untersuchen.

Eine maßvolle Nachverdichtung auf diesen Flächen bietet für die Großwohnsiedlungen große Chancen. Durch Nutzungskonzeptionen, die auf eine hohe Vielfalt sowohl von Wohnkonzepten und Zielgruppen (z.B. Familien, Senioren, Studierende, Geflüchtete) als auch weiteren Nutzungen Gewerbe, Soziales, Bildung und Kultur sowie umweltfreundliche Mobilität setzen, können neue Angebote mit hoher sozialer Durchmischung verbunden werden.

Die spezifischen baulichen maßstabbildenden Qualitäten der Großwohnsiedlungen erlauben es deutlich leichter als z.B. im innerstädtischen Bereich hierfür einen seriellen Gebäudetypus (Leipzig-Haus) zu entwickeln, der mehrfach in den Großwohnsiedlungen realisierbar ist. Damit sind erhebliche Kostenpotentiale durch mehrfach nutzbare Planung und serielle Fertigung verbunden. Zusammen mit einer Fertigung in nachhaltiger Holzbauweise kann so insgesamt eine deutlich schnellere Realisierung als im herkömmlichen Wohnungsbau erreicht werden. Dabei lässt moderner serieller Wohnungsbau zugleich das notwendige Maß an Individualität in der äußeren Erscheinung zu.

 

Verwaltungsstandpunkt vom 20.02.2024

Alternativvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Großwohnsiedlungen im Leipziger Stadtgebiet durch Hebung der vorhandenen Wohnungsbaupotentiale weiterzuentwickeln. Hierzu sind auf Grundlage der Potentialflächenermittlung und Strategieentwicklung gem. Beschlusspunkt 4 des Ratsbeschlusses VII-DS-00871 „Stadtentwicklungsplan Wohnbauflächen“ unter Beteiligung der Flächeneigentümer sukzessive Nachverdichtungskonzepte zu erarbeiten. Diese sollen neben einer vielfältigen Wohnnutzung unterschiedlicher Zielgruppen auch ergänzende Funktionen für Gewerbe, Soziales, Bildung und Kultur sowie umweltfreundliche Mobilität vorsehen.

Begründung:

Große Teile des vorgeschlagenen Beschlusses entsprechen der bestehenden Beschlusslage sowie bestehendem Verwaltungshandeln.

So wurde bereits mit der Vorlage VII-DS-00871 „Stadtentwicklungsplan Wohnbauflächen“ (Beschlusspunkt 4) beschlossen, ein „Integriertes Konzept für die flächensparende Mobilisierung notwendiger Flächenbedarfe für den Wohnungsbau unter Berücksichtigung der doppelten Innenentwicklung in Leipzig“ zu erarbeiten. Hierzu sollten unter anderem weitere Wohnbaupotentiale in den Großwohnsiedlungen betrachtet und eine Strategie zur zeitlich gestaffelten Entwicklung von Wohnbauflächen unter Priorisierung von Geschosswohnungsbau und Flächen im Siedlungszusammenhang erarbeitet werden. Hieran arbeitet die Verwaltung. Diese Strategieentwicklung wurde auch in die Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts aufgenommen.

Zugleich liegen für mehrere Gebiete erste Konzepte vor oder sind aktuell in Erarbeitung, die bereits jetzt als Grundlage für Nachverdichtung genutzt werden können, z.B.:

  • Ergebnisse des städtebaulichen Konzeptes Heiterblickallee in Paunsdorf,
  • Ergebnisse des Wettbewerbs Europan für WK 7 und WK 8 in Grünau
  • Brachflächenentwicklungskonzept Mockau
  • Nachverdichtungskonzept WK 5.1 in Grünau
  • Nachverdichtungskonzept Großzschocher (wurde aufgrund fehlender Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer nicht fertiggestellt)
  • Nachverdichtungskonzept Dunckerviertel

Darüber hinaus finden regelmäßige Abstimmungen mit der LWB sowie den Wohnungsgenossenschaften zur Umsetzung von geplanten Wohnungsbauprojekten statt. Anforderungen zur Erstellung weiterer Nachverdichtungskonzepte wurden seitens der Wohnungswirtschaft bislang nicht an die Verwaltung herangetragen.

Mit der Vorlage VII-DS-00871 „Stadtentwicklungsplan Wohnbauflächen“ wurde dargelegt, dass in den Leipziger Großwohnsiedlungen große Potentiale für den Wohnungsbau bestehen. Bei einer angenommenen Mobilisierungsrate von 15 % bei einer kleinteiligen Nachverdichtung bzw. 20 % bei größeren unbebauten Flächen ergab sich ein Wohnungsbaupotential von rund 6.000 Wohneinheiten. Die umfangreich vorhandenen Baupotentiale sind demnach bekannt. Dennoch fand in den Jahren mit günstigen Bedingungen für den Wohnungsbau in den Großwohnsiedlungen Neubautätigkeit nur in untergeordneten Größenordnungen statt. So machten beispielsweise die Baufertigstellungen im Geschosswohnungsbau innerhalb der Großwohnsiedlung Grünau in den Jahren 2018 bis 2022 nur 1,6 % aller Baufertigstellungen im Leipziger Geschosswohnungsbau aus.

Es mangelt an der Bereitschaft der Flächeneigentümer, diese Baupotentiale zu heben. Ursachen sind beispielsweise in den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Eigentümer, der Unternehmensstrategien der Eigentümer und der am Markt erzielbaren Mieten in den Großwohnsiedlungen zu suchen. Aktuell haben sich die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau aufgrund hoher Baukosten und Finanzierungszinsen verschlechtert. Gleichwohl begrüßt die LWB als städtische Tochter ebenso wie die Verwaltung die Nutzung vorhandener Innenentwicklungspotenziale in Großwohnsiedlungen. Sinnvoll ist daher ein sukzessives Umsetzen, ggf. Überprüfen der oben genannten ersten 4 vorhandenen konkreten städtebaulichen Konzepte. Dies stellt bereits eine wirtschaftliche Herausforderung für die Flächeneigentümerinnen dar. Sukzessive können in den nachfolgenden Jahren „flächenscharfe Umsetzungskonzepte“ für weitere Flächen in den Großwohnsiedlungen mit einer umfangreichen Beteiligung der LWB, Wohnungsgenossenschaften und weiterer interessierter Akteure vorbereitet werden.

Daher schlägt die Verwaltung vor, das Ansinnen des Antrags in die bereits laufende Strategieentwicklung zu integrieren sowie bei signalisiertem Bedarf der Flächeneigentümer konzeptionelle Unterstützung zu leisten, so wie dies auch bislang praktiziert wurde.

Dabei werden mögliche Auswirkungen auf wohnbegleitende, soziale, technische sowie blau-grüne Infrastruktur sowie die Anforderungen konkurrierender Nutzungen berücksichtigt, um einen Beitrag zur integrierten Stadt(teil)entwicklung zu leisten. Diskutiert werden müssen in dem Zusammenhang auch Grenzen der Innenentwicklung, bei der Anforderungen der Anpassung an den Klimawandel, naturschutzfachliche Belange, die Grünversorgung, etc. einer baulichen Nachverdichtung entgegenstehen (Zielkonflikte).

Die Entwicklung eines eigenen seriellen Gebäudetyps (Leipzig-Haus) durch die Stadt schätzt die Stadtverwaltung als unrealistisch ein, da die Stadt die Gebäude nicht als Bauherr realisieren wird – das ist der erhebliche Unterschied zur Leipzig-Kita, die durch die LESG mehrfach gebaut wurde. Stattdessen sei auf die GdW Rahmenvereinbarung „Serielles und modulares Bauen 2.0“ verwiesen. Die GdW-Rahmenvereinbarung hat den Vorteil, dass hier bereits geprüfte Produkte vorliegen und Bauherren (z.B. LWB) auf eine europaweite Ausschreibung verzichten könnten. Das ist deutlich sinnvoller, als die Entwicklung eines eigenen Ansatzes. Zudem wurde im Siegerentwurf im Europan-Wettbewerb ein modulares System zur Ergänzung von WBS-70 entwickelt. Diese Arbeit kann das AWS daran interessierten Wohnungsunternehmen vorstellen.

Realisierungs- / Zeithorizont (entfällt bei Ablehnung des Antrags)

Die Erarbeitung einer Strategie zur Entwicklung / Aktivierung der ermittelten Wohnbauflächenpotenziale des STEP Wohnbauflächen soll bis Q4/2024 erfolgen. Nachverdichtungskonzepte werden auf dieser Grundlage und unter Priorisierung der Gebietsentwicklungen anlassbezogen entwickelt.

 

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