Antrag: Mehr Schutz für Kandidaten und Kandidatinnen auf ein Ehrenamt: Keine Veröffentlichung von Wohnanschriften!

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, idealerweise gemeinsam mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag gegenüber der Sächsischen Landesregierung darauf hinzuwirken, dass die Sächsische Kommunalwahlordnung dahingehend angepasst wird, dass künftig auf die Veröffentlichung von Wohnanschriften der Bewerberinnen und Bewerber bei Stadtrats-/Ortschaftsrats- und (Ober-)Bürgermeisterwahlen verzichtet wird.

Begründung:

1. Derzeitige Rechtslage und Verwaltungspraxis:

Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 Sächsische Kommunalwahlordnung müssen die eingereichten Wahlvorschläge in Bezug auf die Bewerberinnen und Bewerber Familiennamen, Vornamen, Beruf oder Stand, Geburtsdatum und Anschrift (Hauptwohnung), bei ausländischen Unionsbürgern ferner die Staatsangehörigkeit enthalten.

Die Bekanntmachung eines jeden Wahlvorschlages hat grundsätzlich die in §16 Abs. 1 Sächsische Kommunalwahlordnung bezeichneten Angaben mit Ausnahme der Staatsangehörigkeit zu enthalten. Statt des Geburtsdatums ist jedoch nur das Geburtsjahr der Bewerberin / des Bewerbers anzugeben.

Weist eine Bewerberin oder ein Bewerber bis zum Ablauf der Einreichungsfrist gegenüber der/dem Vorsitzenden des Wahlausschusses nach, dass für sie/ihn im Melderegister eine Auskunftssperre nach Bundesmelderegister eingetragen ist, ist in der Bekanntmachung anstelle ihrer/seiner Wohnanschrift eine Erreichbarkeitsanschrift anzugeben.

Die Bekanntmachung der Wahlvorschläge erfolgt in der Printausgabe des Leipziger Amtsblattes. Bei den Kommunalwahlen 2014 wurde in der Online-Ausgabe des Leipziger Amtsblattes auf die Bewerberangaben in den Wahlbekanntmachungen verzichtet.

Außerdem hat die Stadtverwaltung bislang stets von der Option des § 26 Abs. 2 Sächsische Kommunalwahlordnung Gebrauch gemacht, indem auf den Stimmzetteln auf die Angabe der Anschriften verzichtet wurde.

2. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den letzten Monaten gegen politisch aktive Personen im privaten Umfeld Anschläge, Sachbeschädigungen etc. bekannt geworden sind, haben wir in Bezug auf eine Veröffentlichung von Wohnanschriften in den Wahlbekanntmachungen mittlerweile erhebliche Bedenken. Auch erhalten Stadträtinnen und Stadträte immer wieder auch Briefsendungen an ihre Privatadressen, obwohl die Briefsendungen in der Regel z. B. auch an die Fraktionsgeschäftsstellen versandt werden könnten.

Um auch die Bereitschaft zur Teilnahme insbesondere an Kommunalwahlen zu erhöhen, sprechen wir uns für eine Neufassung der Sächsischen Kommunalwahlordnung dahingehend aus, dass künftig gerade zum (erhöhten) Schutz der Privatsphäre von Bewerberinnen und Bewerbern, ob gewählt oder nicht gewählt, auf die Veröffentlichung von Wohnanschriften der Bewerberinnen und Bewerbern bei Stadtrats-/Ortschaftsrats- und (Ober-)Bürgermeisterwahlen verzichtet wird.

Mit dem Beschluss soll der Oberbürgermeister beauftragt werden, idealerweise gemeinsam mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag gegenüber der Sächsischen Landesregierung darauf hinzuwirken,  dass zielführend und zügig (rechtzeitig vor den nächsten Kommunal- und Oberbürgermeisterwahlen eine entsprechende Änderung der Sächsischen Kommunalwahlverordnung mit oben dargestellter Zielsetzung erfolgt.

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll und auch ausreichend, wenn Bewerberinnen und Bewerber in der Bekanntmachung der Wahlvorschläge nach ihrem Wohnsitz örtlich nur über eine Nennung der Postleitzahl zugeordnet werden könnten und im Weiteren eine   Erreichbarkeitsanschrift anzugeben wäre, so dass eine Auskunftssperre nach Bundesmelderegister künftig nicht mehr notwendig wäre.


Sachstandsbericht der Verwaltung vom 6. April 2016

Nach den Kommunalwahlen 2014 wurden in Sachsen die Wahlbehörden von der Rechts­   aufsichtsbehörde und dem SSG aufgefordert, einen Erfahrungsbericht zu den Kommunalwahlen zu erstellen. Dieser konnte auch Vorschläge zu wünschenswerten Änderungen wahlrechtlicher Bestimmungen enthalten. Zu den Vorschlägen der Stadt Leipzig gehörte auch die Überprüfung der Notwendigkeit der Angabe von Straße und Hausnummer in der öffentlichen Bekanntmachung der Bewerberdaten.

Die zusammengefassten Vorschläge aller Wahlbehörden Sachsens werden zur Zeit in den Gremien des SSG diskutiert. Der Rechts-, Verfassungs- und Europaausschuss des SSG bestätigte in seiner Sitzung am 25.02.2016 u. a. folgenden Vorschlag:

Zu § 21 Abs. 1, § 26 Abs. 2, § 51 Abs. 1 KomWO – Veröffentlichung von personenbezogenen Daten der Bewerber

Die auf den öffentlichen Bekanntmachungen und auf den Stimmzetteln enthaltenen personenbezogenen Daten sollten überprüft (Grundsatz der Datensparsamkeit) werden und insbesondere die Veröffentlichung der Anschriften der Bewerber bzw. Gewählten möglichst entfallen. Dies dient nicht zuletzt dem Schutz der Bewerber bzw. Gewählten. Darüber hinaus wird Bedarf an ergänzenden Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten in Bekanntmachungen, die online im Internet veröffentlicht werden, gesehen. Zumindest sollten zeitnah die vom Staatsministerium des Innern angekündigten Hinweise zum Vollzug des § 4 SächsE-GovG erscheinen.

Ergänzung:

Die Adressen der Bewerber werden auch bei den parlamentarischen Wahlen veröffentlicht. Die Stadt Leipzig wird in den entsprechenden Arbeitskreisen des DST und des SSG den Verzicht auf die Veröffentlichung von Straße und Hausnummer in der Adresse ansprechen.

Beschluss der Ratsversammlung am 18. Mai 2016

Der Antrag wurde durch eine Mehrheit des Stadtrates beschlossen

Zurück