Antrag: Mieterstrom – Projekte zügig umsetzen

Antrag vom 14. August 2017

Beschlussvorschlag:

1.   Der Oberbürgermeister beauftragt die städtischen Unternehmen LWB und Stadtwerke Leipzig mit

  • der umgehenden kooperativen Errichtung  erster Mieterstrom-Pilotprojekte auf geeigneten Liegenschaften. Im Rahmen der Erschließung dieses neuen Geschäftsbereiches  können auch externe Projektpartner (wie auf Mieterstrom-Projekte spezialisierte Unternehmen oder lokale Energiegenossenschaften) einbezogen werden, um eine Realisierung erster Pilotprojekte im Jahr 2018 zu gewährleisten,
  • der Erarbeitung eines Geschäfts- und Umsetzungsplans, wie geeignete Wohn- und Gewerbegebäude der LWB aber folgend auch interessierter Wohnungsgenossenschaften für Mieterstrom-Anlagen genutzt werden können und
  • einer Analyse der Chancen und Risiken des Trends zu dezentralen Mieterstromanlagen für das aktuelle Geschäftsmodell der Standwerke Leipzig und Erarbeitung eines Geschäfts- und Umsetzungsplans, wie die Leipziger Stadtwerke den strukturellen Wandel optimal nutzen können.

2.    Zur Umsetzung ist dem Stadtrat jährlich Bericht zu erstatten.
 
Sachverhalt:
 
Am 25. Juli 2017 ist das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (Mieterstromgesetz) in Kraft getreten. Wesentliches Ziel des Gesetzes ist es, den Ausbau der Photovoltaik (PV) insbesondere in Städten anzureizen und Mietern eine größere Teilhabe an der Energiewende zu ermöglichen. Mieterstrom kombiniert lokal erzeugten solaren Direktstrom und Netzstrom zu einem Stromprodukt für private und gewerbliche Letztverbraucher. Im Vergleich zur reinen Netzbelieferung muss für den Direktstromanteil zwar die volle EEG-Umlage, aber keine Stromsteuer oder sonstige mit der Nutzung des öffentlichen Stromnetzes verbundene Abgabe und Netzentgelte bezahlt werden. Zudem erhält der Anlagenbetreiber ab dem Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes nun auch noch einen Zuschlag auf den Direktstrom. Solarer Mieterstrom rechnet sich für Wohnungseigentümer, Solaranlagenbetreiber,  Mieter und Energieversorger:

Vorteile für Eigentümer und Vermieter
•    Strompreise für Mieter einfrieren und senken
•    Immobilien langfristig im Wert steigern
•    Nachfrage nach Immobilie erhöhen

Vorteile für Mieterinnen und Mieter
•    Aktiver Beitrag zum Klimaschutz
•    Gleichzeitig geringere und stabilere Stromkosten

Vorteile für Energieversorger
•    Attraktives Angebot mit hohem Imagewert
•    Gutes Instrument zur Kundenbindung
•    Attraktive Wertschöpfung und Rendite aus einem Energiewendeprodukt
•    Deckung des Reststrombedarfs

Um dieses Ziel zu erreichen wird für Strom aus neuen PV-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 100 kWp der sogenannte Mieterstromzuschlag als neuer Fördertatbestand in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) aufgenommen. Der Mieterstromzuschlag ist abhängig von der Größe der PV-Anlage und beträgt derzeit zwischen 3,7 und 2,11 Cent je kWh. Er wird für Strom gezahlt, der in dem Wohngebäude, auf dem sich die PV-Anlage befindet, oder im räumlichen Zusammenhang in einem anderen Wohngebäude oder einer Nebenanlage verbraucht wird.
Die neue Förderung dürfte in den nächsten Jahren tausenden Mietern den Zugang zu preiswertem Solarstrom ermöglichen. Es schafft die Basis für attraktive neue Geschäftsmodelle der alten und neuen Energiewirtschaft im Rahmen einer umweltfreundlichen Quartiersversorgung sowie interessante Möglichkeiten der Kundenbindung.
Dieses Potenzial und der Aufbau dieses neuen Geschäftsmodells sollte gerade im Zusammenhang mit den kommunalen Dächern der Leipziger Unternehmen genutzt werden, um einerseits den Mieterinnen und Mietern der LWB preiswerten Solarstrom zur Verfügung zu stellen und die Stadtwerke im strukturellen Wandel der Energiewirtschaft optimal aufzustellen.

Die bisherige Bilanz der Stadtwerke Leipzig im Bereich Wind- und Solarenergie ist sehr bescheiden und  vor allem im direkten Vergleich zu den deutschen Top-10-Stadtwerken stark ausbaufähig. Der aktuelle und dahingehend wenig ambitionierte Wirtschaftsplan der Stadtwerke und die internen Hürden für solche PV-Investitionen sind nicht geeignet den Rückstand aufzuholen. Bei innerstädtischen PV-Anlagen bleibt die Stadt Leipzig weit hinter den solaren Potenzialen zurück, die im Rahmen des erstellten Solarkatasters identifiziert wurden.
Hintergrundinfos:


Verwaltungsstandpunkt vom 17. Januar 2018:

Alternativer Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister beauftragt die städtischen Unternehmen LWB und Leipziger Stadtwerke mit der Berichterstattung über die Realisierung von Mieterstromprojekten auf geeigneten Liegenschaften im Jahr 2018 in den jeweiligen Gremien in geeigneter Form.

Beschlusspunkt 1 steht die Verwaltung ablehnend gegenüber, da sie dies als bereits aktuelles Verwaltungshandelns ansieht.

Sachverhalt:

Der Antrag bezieht sich generell auf kooperative Errichtung von Mieterstrom-Pilotprojekten auf geeigneten Liegenschaften und macht dafür konkrete Vorgaben.

Das Mieterstromgesetz, welches am 25.07.2017 in Kraft getreten ist und am 20.11.2017 von der Europäischen Kommission beihilferechtlich genehmigt wurde, zielt mit einer neuen staatlichen Förderung auf eine lokale Stromerzeugung in Mehrparteienhäusern in Großstädten ab, die über bislang ungenutzte Dachflächen verfügen und setzt als eine wesentliche Leitplanke die Sicherstellung der wirtschaftlichen Teilhabe der Mieter fest. So muss z.B. der Strompreis 10 Prozent unter dem Preis des örtlichen Grundversorgers liegen. Gegebenenfalls entstehen hierbei wirtschaftliche Risiken für Mieterstromanbieter bei fehlender Wechselbereitschaft von Mietern, denn bereits heute können Mieter über diverse Onlineportale etc. eine Strompreisoptimierung im Vergleich zur Grundversorgung realisieren. Hauptziel des Gesetzes ist eine deutliche Verbesserung der bisher kaum wirtschaftlich attraktiven Versorgungskomponente.

Hinsichtlich der beiden vom Antrag direkt betroffenen kommunalen Unternehmen LWB und Leipziger Stadtwerke ist festzuhalten, dass dort bereits Vorbereitungen für Pilotprojekte laufen. Insbesondere werden derzeit technische und bauliche Realisierungsaspekte sowie Erkenntnisse aus Sicht von Mietern gesammelt, um die wirtschaftliche Attraktivität und kundenseitige Akzeptanz zu bewerten. Inwieweit daraus am Ende ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell für den Leipziger Markt entwickelt werden kann, ist aktuell noch nicht einschätzbar. Die Stadtwerke Leipzig und die LWB stehen zum Thema Mieterstrom auch direkt im Austausch.

LWB: Als kommunales Unternehmen der Stadt Leipzig betreibt der LWB-Konzern bereits 49 Solarstromanlagen im Stadtgebiet von Leipzig. Mit einer installierten Anschlussleistung von 1,43 MW und einem jährlichen Solarstromertrag von 1,405 MWh ist die LWB schon heute einer der größten Solarstromproduzenten auf Wohnimmobilien in Sachsen. Eine Vielzahl dieser Solarstromanlagen nutzt die Regelungen zur Eigenversorgung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz mit dem Ziel, für die Mieter eine Betriebskostenstabilisierung zu erreichen. Mit der Novellierung der Eigentümerziele im April 2017 (VI-DS-03397) bestätigte die Ratsversammlung das LWB-Engagement für Solarstromanlagen. Bei den anstehenden Neubau- und Sanierungsaktivitäten werden Solarstromanlagen als betriebskostenstabilisierende Maßnahmen bei technischer und wirtschaftlicher Darstellung einbezogen. In diesem Zusammenhang prüft die LWB derzeit den weiteren Ausbau der Geschäftsaktivitäten für Mieterstrommodelle. Dabei werden insbesondere die technischen Bedingungen der Potentialflächen, wie Elektrohausanschlüsse und Bauqualität von Flachdächern, bewertet. Aufgrund der komplexen energiewirtschaftlichen Prozesse sollen für die LWB realisierbare Wertschöpfungen ermittelt werden. Insbesondere in den Plattenbaugebieten werden technische Aufwertungen (z.B. durch DIN-Vorschriften etc.) notwendig, die im Rahmen von Modernisierungen der Plattenbaugebiete bis 2027 geplant sind.

Stadtwerke: Auch mittels eines durch die Leipziger Stadtwerke initiierten Pilotprojekts soll Mietparteien, vorbehaltlich einer rechtssicheren und wirtschaftlich vertretbaren Umsetzung, eine Mieterstromlösung angeboten werden. Derzeit laufen die technischen Vorbereitungen für die Installation der Anlagen und die erforderlichen Eingriffe in die objektinterne Verteilung.

Für die Umsetzung von Mieterstromprojekten bedarf es keinen besonderen Auftrag des Oberbürgermeisters an die Unternehmen mehr, denn die Unternehmen sind bereits tätig. Detaillierte Vorgaben im Sinne des Antrages sind in beiden Unternehmen deshalb nicht erforderlich. Geschäftsmodellentwicklung und -ausprägung liegen in der originären unternehmerischen Verantwortung beider Unternehmen im Wettbewerb. Beide sind dabei an die für öffentliche Auftraggeber geltenden Ausschreibungsbedingungen gebunden, so dass Vorgaben – wie im Antrag vorgesehen – ggf. nicht rechtskonform umgesetzt werden können. Hinsichtlich der Umsetzung von Pilotprojekten und deren weiteren Entwicklung werden die Unternehmen in den Aufsichtsgremien berichten.

Hinsichtlich der Liegenschaften im Eigentum der Stadt Leipzig ist festzuhalten, dass es bei einer Vielzahl der im Liegenschaftsamt vorgehaltenen bebauten fiskalischen Grundstücken aufgrund des zum Teil erheblichen Sanierungsstaus an den technischen Voraussetzungen für die Installation von Solaranlagen auf den Hausdächern mangelt. Die intakten städtischen Wohnimmobilien sollen mit Wirkung zum 01.01.2019 voraussichtlich der LWB zur Verwaltung übergeben werden. Aufgrund des laufenden Verfahrens zur Übertragung sollten keine Verträge zur Umsetzung der Mieterstrom-Projekte mehr abgeschlossen werden. Bei verwaltungsgenutzten Liegenschaften dürfte dieses Modell nicht anwendbar sein, da die Förderung auf Wohngebäude begrenzt ist, d. h. mindestens 40 % der Gebäudefläche müssen Wohnfläche sein.


Beschluss der Ratsversammlung am 28. Februar 2018:

Die Fraktion hat den Beschlusspunkt 1 als erledigt zurückgezogen, da die Verwaltung mitteilte, dies bereits umzusetzen

Beschlusspunkt 2 wurde in folgender geänderter Form mit breiter Mehrheit des Stadtrats beschlossen:

"Der Oberbürgermeister wird mit der Vorlage eines Sachstandsberichtes bis zum 31.03.2019 beauftragt, der vor allem die Ergebnisse der bereits von der LWB und den Stadtwerken initiierten Mieterstrom-Projekte darstellt. lm Rahmen des Berichts ist vor allem auch auf ein mögliches nachhaltiges Geschäftsmodell für die jeweiligen Unternehmen einzugehen, wobei hierbei auch Chancen und Risiken beleuchtet werden sollen. Darüber hinaus sollen mögliche Beiträge zum Erfüllen von umwelt- und sozialpolitischen Zielstellungen dargestellt werden."

Bericht zur Umsetzung des Beschlusses:

Der Sachstandsbericht zur Umsetzung von Mieterstrom-Projekten findet sich hier.

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