Antrag: Renaturierung des Elsterbeckens und Entwicklung eines naturnahen und urbanen Elsterparks
Antrag vom 3. Dezember 2021
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Freistaat Sachsen eine Renaturierung des Elsterbeckens hin zu einer natürlichen Flusslandschaft zu prüfen.
Dabei ist vorrangig die Stärkung des Biotopverbunds zwischen Nördlichen und südlichen Auwald zu beachten. Weiterhin ist dabei die Entwicklung naturnaher und urbaner Park-, Sport- und Freizeitanlagen zwischen Palmengartenwehr und Nahle, Neue Luppe bzw. Weißer Elster zu prüfen.
In Abstimmung mit dem Auenentwicklungskonzept ist dem Stadtrat bis zum IV. Quartal 2022 eine Machbarkeitsstudie vorzulegen, die insbesondere wasserrechtliche, technische und städtebauliche Aspekte berücksichtigt sowie Stakeholder- und Wirtschaftlichkeitsanalysen beinhaltet.
Begründung des Antrags
Die Perspektive des Elsterbeckens ist insbesondere im Zusammenhang mit der Revitalisierung des Auwalds, der Infragestellung der derzeit existierenden Hochwasserschutzkonzeption und der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wieder verstärkt in der Diskussion. Jüngst wies der Ökolöwe Leipzig auf die Chance einer Renaturierung hin. Doch bereits vor mehr als einem Jahrzehnt hatten Biologen wie der Leipziger Umweltschützer und langjährige Vorsitzende des NABU Leipzig Dr. Leonhard Kasek die Idee entworfen, dass Elsterbecken in einen mäandrierenden Flußlauf zu verwandeln und dadurch den Biotopverbund zwischen nördlichen und südlichen Auwald zu stärken.
Die Grüne Ratsfraktion beantragte bereits im Februar 2019 zu prüfen, ob zwischen Palmengartenwehr und dem Luppewehr ein mäandrierender Flusslauf in einer Wiesenlandschaft angelegt werden kann. Der Antrag fand im Rat jedoch keine Mehrheit. Angesichts der verstärkten Aktivitäten von Stadt und Freistaat zur Wiederherstellung der natürlichen Auendynamik und der Notwendigkeit einer umfassenden Renaturierung der Fließgewässer ist auch die Perspektive des Elsterbeckens grundsätzlich zu klären.
Vor Entstehung des Elsterbeckens in den 1920er Jahren erstreckten sich zwischen Palmgartenwehr und Unterem Elsterwehr die Frankfurter Wiesen, die einer natürlichen Auendynamik mit wiederkehrenden Hochwassern unterlagen. Im Zuge mit anderen Hochwasserschutzmaßnahmen im Gewässerknoten Leipzig wurde die Wasserfläche des Elsterbeckens vor hundert Jahren geschaffen, größere Wasserflächen ortsnah erlebbar zu machen. Damit verbunden waren größere städtebauliche Planungen für ein neues Stadtzentrum für Repräsentationsbauten und Messe, die letztlich nie realisiert wurden. Sollte die dadurch entstehende Sedimentfalle ursprünglich für die Gewinnung von Dammmaterial genutzt werden, müssen mittlerweile immer wieder erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet werden, damit der notwendige Hochwasserschutz gewährleistet werden kann. Außerdem wirken die fehlenden Sedimente unterhalb des Luppewehrs zerstörend. Geröll wird abgetragen, der Fluss gräbt sich förmlich immer tiefer. Das auf dem Integrierten Gewässerkonzept von 2004 basierende Hochwasserschutzkonzept sieht das Elsterbecken als eine stehende Wasserfläche vor, mit einer Führung der Elster über den verfüllten alten Lauf zwischen Schreberbad und Leutzscher Allee.
Weder die aktuelle Situation noch die Perspektive des Integrierten Gewässerkonzeptes von 2004 ist ökologisch, städtebaulich oder wirtschaftlich zufriedenstellend. Mit einer Renaturierung des Elsterbeckens könnte ein mäandrierender Flusslauf mit einer erlebbaren Flusslandschaft angelegt werden, die ggf. mit Sport- und Freizeitanlagen sowie Liegewiesen und Badestellen dem erhöhten Bedarf an Erholungsflächen in Stadtnähe Rechnung trägt. Der erhöhte Bedarf nach urbanen Sport- und Freizeitanlagen im Leipziger Westen äußerte sich bspw. im kürzlichen Antrag zur Machbarkeit einer Skate Anlage im Richard Wagner Hain, den Forderungen nach mehr Fitnessanlagen im Freien (bspw. von Kraft für Leipzig e. V.), der starken Nutzung und Suche nach neuen Boule Plätzen (bspw. am Richard Wagner Hain), dem Wunsch nach einer Tanzanlage im Palmengarten und der Nutzung der Sandsteinmauern zum Klettern bzw. Bouldern. Die Beliebtheit solcher urbanen Sport- und Freizeitanlagen zeigt sich bspw. am bereits gut besuchten "AOK Spielplatz", der Skaten und Turnen mit Street Ball und Street Soccer ergänzt. Die Revitalisierung des Auwalds im Rahmen eines Auenentwicklungskonzepts und die notwendige Überarbeitung des Integrierten Gewässerkonzept bietet Anlass, diesen Ansatz eingehend zu prüfen.
Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie sollte eine Renaturierung des Elsterbeckens im Hinblick auf die wasserrechtlichen, technischen und städtebaulichen Aspekte geprüft werden. Dabei ist im Rahmen einer Überarbeitung des Integrierten Gewässerkonzepts die Relevanz des Elsterbeckens für den Hochwasserschutz in Leipzig und Möglichkeit für die Umplanung der Hochwasserschutzanlage zur Ermöglichung einer natürlichen Auendynamik bei gleichzeitigem Ausschluss einer Öffnung der Alten Elster zu betrachten. Hier sind die Wechselwirkungen mit einer Renaturierung des Auwalds sowie die Effekte für die Gewässerqualität zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (Verbesserungsgebot) zu betrachten. In städtebaulicher Hinsicht sind bei der Prüfung einer öffentlich zugänglichen Park-, Sport- und Freizeitanlage insbesondere die Planungen zum Rahmenplan Stadionumfeld sowie Aspekte des Denkmalschutzes, insbesondere im Abschnitt zwischen Elsterwehr und Zeppelinbrücke zu berücksichtigen. Im Rahmen einer Stakeholderanalyse sind kommunale, gesellschaftliche und unternehmerisch handelnden Interessengruppen zu identifizieren und zu ihren Ansprüchen an urbane Sport- und Freizeitanlagen im Einzugsgebiet und deren Möglichkeiten zur Mitwirkung an der Erstellung sowie dem Betrieb der urbanen Sport- und Freizeitanlagen zu befragen. Eine erweiterte Wirtschaftlichkeitsanalyse sollte lebenszyklusbezogene Kosten-Nutzen-Untersuchungen inkl. sozialen und ökologischen Aspekten sowie der Identifikation von Fördermöglichkeiten untersuchen. Schließlich sind Zuständigkeiten, Befugnisse und notwendige Schnittstellen der Zusammenarbeit der Entscheider*innen und anderen am Projekt Beteiligten auf kommunaler Ebene und Landesebene zu klären.
Beschluss der Ratsversammlung am 13. April 2022
Der Antrag wurde wie folgt geändert beschlossen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Freistaat Sachsen eine Renaturierung des Elsterbeckens hin zu einer natürlichen Flusslandschaft zu prüfen.
Dabei ist vorrangig die Stärkung des Biotopverbunds zwischen Nördlichen und südlichen Auwald zu beachten. Weiterhin ist dabei die Entwicklung naturnaher und urbaner Park-, Sport- und Freizeitanlagen zwischen Palmengartenwehr und Nahle, Neue Luppe bzw. Weißer Elster zu prüfen.
In Abstimmung mit dem Auenentwicklungskonzept ist dem Stadtrat bis zum IV. Quartal 2022 im Verlauf des Jahres 2023 eine Machbarkeitsstudie vorzulegen, die insbesondere wasserrechtliche, technische und städtebauliche Aspekte berücksichtigt sowie Stakeholder- und Wirtschaftlichkeitsanalysen beinhaltet.
Protokollnotiz: Der Wortlaut “im Verlauf des Jahres 2023” wurde von der Einreicherin vor der Abstimmung redaktionell angepasst.
Verwaltungsstandpunkt vom 2. Februar 2022
Alternativvorschlag:
Beschlussvorschlag:
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Freistaat Sachsen eine Renaturierung des Elsterbeckens hin zu einer natürlichen Flusslandschaft zu prüfen und dabei die Stärkung des Biotopverbunds zwischen Nördlichen und südlichen Auwald zu betrachten.
- Unter Berücksichtigung des Auenentwicklungskonzeptes und der Fortschreibung des Integrierten Gewässerkonzeptes wird zusammen mit dem Freistaat Sachsen der weitere Planungsprozess gestaltet und eine Zeitschiene entwickelt, die dem Stadtrat vorgelegt wird.
Zusammenfassung
Der gemeinsame Prozess des Freistaates Sachsen mit der Stadt Leipzig zur Fortschreibung des integrierten Gewässerkonzeptes unter den aktuellen Rahmenbedingungen hat bereits begonnen.
Strategische Ziele
Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und damit der Erhalt und die Verbesserung der
Umweltqualität der Gewässer in Leipzig ist ein wichtiger Betrachtungsschwerpunkt nicht nur im Integrierten Gewässerkonzept, sondern auch bei der Entwicklung eines integrierten Auenentwicklungskonzeptes für die Nord- und Südaue von Leipzig. Dabei sind die wasserwirtschaftlichen, auenökologischen aber auch städtebaulichen Belange zu harmonisieren.
Sachverhalt
Das Elsterbecken zwischen Palmengartenwehr und den Wehren im nördlichen Gewässerknoten (Wehr Neue Luppe, Elsterwehr, Nahlewehr) ist ein Gewässer I. Ordnung und damit im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen/der Landestalsperrenverwaltung (LTV).
Unter Beachtung dessen müssen alle Planungen für eine evtl. Umgestaltung des Elsterbeckens durch die LTV in Abstimmung mit der Stadt Leipzig erfolgen.
Eine Umgestaltung des Elsterbeckens hätte zwangsläufig unmittelbaren Einfluss auf das per Stadtratsbeschluss vom 18.02.2004 (Nr. BRIII-1563/2004) beschlossenen Integrierte Gewässerkonzept (IGK) und somit auch auf den Sedimenthaushalt im Gewässerknoten.
Seitens des Freistaates wurde die Notwendigkeit der grundsätzlichen Neubetrachtung des IGK, welches Gewässer I. und II. Ordnung umfasst, bereits erkannt. Im Ergebnis hat der Freistaat eine Arbeitsgruppe auch unter der Beteiligung der Stadt Leipzig (ASG, AfU) einberufen, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Seitens der Stadt Leipzig werden in diesen Gesprächen die wasserwirtschaftlichen, städtebaulichen und auenökologischen Ansprüche der Stadt Leipzig entsprechend vertreten.
Da das IGK und damit auch die zukünftige Gestaltung des Elsterbeckens einen maßgeblichen Faktor für die zukünftige Auenentwicklung der Nordwestaue darstellt, wird die Gestaltung des Elsterbeckens aus auenökologischer Sicht bei der Erstellung des integrierten Auenentwicklungskonzeptes grundsätzlich mit einbezogen. Die wasserwirtschaftlichen und auenökologischen Belange sowie die Belange der Wasserrahmenrichtlinie sind zu harmonisieren.
Aufbauend darauf erscheint eine vertiefende Betrachtung der Entwicklungsperspektiven des Elsterbeckens insbesondere auch aus Gründen der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie/ Schwerpunkt Sedimenthaushalt, des Klimaschutzes, der Klimaanpassung sowie der Auenökologie unter der aufgezeigten Federführung des Freistaates durchaus sinnvoll, bedarf aber eines umfassenden Abstimmungsprozesses, der nicht innerhalb eines Jahres zu leisten sein wird.
Weitergehende Entwicklungsvorstellungen, wie die Entwicklung eines naturnahen und urbanen Elsterparks auf der Fläche des heutigen Elsterbeckens sind aus den zu Pkt. 1 und 3 angeführten Gründen aktuell offen und können daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht bewertet und einbezogen werden, zumal hier weitere gesetzliche Anforderungen, wie z. B. die Denkmalpflege intensiv einzubeziehen sind, weshalb auch dies nur im Rahmen eines umfassenden Abstimmungsprozesses möglich ist
Was das Umfeld des Elsterbeckens betrifft, arbeitet die Stadtverwaltung an entsprechenden Ziel- und Umsetzungskonzepten für die Sport-, Freizeit- und Erholungsnutzung bereits aktiv im Kontext des „Rahmenplans Stadionumfeld“ und in der Förderkulisse „Zukunft Stadtgrün“ insbesondere im Palmengarten sowie beidseitig des Elsterbeckens im Richard-Wagner-Hain.
Zu Pkt. 2:
Der Abstimmungsprozess zwischen dem Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig läuft. Bestandteil dieses Planungsprozesses ist die Erarbeitung einer Zeitschiene. Sobald diese vorliegt, wird sie dem Stadtrat zur Kenntnis gegeben.
Realisierungs- / Zeithorizont
Ende II. Quartal 2022
Zwischenbericht zum Stand der Umsetzung 07.06.2023
x in Arbeit
Entwicklungsperspektiven für das Elsterbecken werden im Rahmen des Auenentwicklungskonzepts für die gesamte Elster-Pleiße-Luppe-Aue (Beschluss-Nr. VII-A-00516-ÄA-02-NF-01) erarbeitet und mit dem Freistaat Sachsen, insbesondere der Landestalsperrenverwaltung, abgestimmt.