Antrag: Schaffung von Wohnraum vorantreiben – Wohnungsbaukoordinator*in einsetzen
Antrag vom 4. Mai 2023
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Schaffung von Wohnraum durch eine beschleunigte ämter- und dezernatsübergreifende Zusammenarbeit bei der Planung und Genehmigung von Wohnungsbauvorhaben zu unterstützen. Hierzu ist ein*e Wohnungsbaukoordinator*in einzusetzen und mit den notwendigen Befugnissen zur zügigen Klärung ämter- und dezernatsübergreifender Konflikte auszustatten. Begleitende Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen sind zu prüfen.
Begründung:
Bedingt durch deutlich anziehende Bauzinsen und -kosten drohen auch in Leipzig deutlich weniger Vorhaben für Sanierung und Neubau von Wohnraum geplant und umgesetzt zu werden. Bei gleichzeitig unvermindertem Bevölkerungszuzug droht sich dadurch die ohnehin angespannte Lage des Wohnungsmarkts weiter zu verschärfen. Wesentliche Stellschrauben zur Lösung, insbesondere zur finanziellen Stärkung des sozialen und kommunalen Wohnungsbaus sowie zur Vereinfachung von Vorgaben, liegen bei Bund und Freistaat. Unabhängig davon sollten bestehende Hemmnisse auf kommunaler Ebene soweit wie möglich abgebaut werden.
Auf der Grundlage des Wohnungspolitischen Konzepts hat die Stadt Leipzig in den letzten Jahren bereits umfangreich vorhandene Spielräume genutzt, um in erheblichem Umfang zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Dies wurde maßgeblich unterstützt durch die Verwaltung, die einen entsprechend deutlichen Zuwachs an Genehmigungsverfahren gemeistert hat.
Gleichwohl treten in Planungs- und Genehmigungsprozessen bei der Klärung dezernatsübergreifender Konflikte immer wieder Verzögerungen auf, deren zügige Klärung durch den hierfür zuständigen Oberbürgermeister nur unzureichend wahrgenommen wird. Auf dieser Ebene gibt es deutliches Optimierungspotential für eine zügigere Planung und Genehmigung von Wohnungsbauvorhaben.
Ein*e Wohnungsbaukoordinator*in, wie z.B. in Hamburg, Stuttgart oder Berlin vorhanden, kann bei Verfahrenshemmnissen als Ansprechperson für Investierende dienen und aktiv Abstimmungsprozesse zwischen den Ämtern und Dezernaten befördern. Diese Person ist mit notwendigen Befugnissen auszustatten, um ämter- und dezernatsübergreifende Konflikte im Sinne der Wohnraumschaffung klären zu können. Dazu zählen umfangreiche Informations- und Beteiligungsrechte sowie die Möglichkeit, Dienstwege abzukürzen und auf Basis von Kompromissvorschlägen zügig Entscheidungen auf höherer Ebene herbeiführen zu können.
Die Einrichtung und konkrete Umsetzung einer solchen Stelle ist im Bündnis für Wohnen zu diskutieren. Dabei ist auch die personelle Unterstützung, ggf. die Einrichtung eines zuarbeitenden Stabs, zu erörtern. Begleitend sind neben der digitalen Bauakte auch Optimierungen in den Prozessen wie z.B. Normzeiten und Richtlinien innerhalb der Genehmigungsverfahren zu prüfen. Ebenso ist in den Blick zu nehmen, ob weitere Zuständigkeiten, wie z.B. die Minderung des Überhangs von bereits genehmigten, aber nicht umgesetzten Bauvorhaben oder die Schaffung von Wohnraum für besondere Bedarfsgruppen (Housing First, Geflüchtete und Migration, u.a.) sinnvoll sind.
Verwaltungsstandpunkt
Alternativvorschlag
Der Oberbürgermeister wird gebeten, für Wohnungsbauvorhaben die ämter- und dezernatsübergreifende Zusammenarbeit sowie die Abstimmung mit Investor/-innen zu optimieren.
Begründung
Der Bedarf an Wohnraum – insbesondere im bezahlbaren Preissegment – hat in der wachsenden Stadt Leipzig zugenommen und wird weiter ansteigen. Mit der Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts, die momentan von der Stadt Leipzig erarbeitet wird, wird bis 2030 ein Bedarf von durchschnittlich 2.000 neuen Wohneinheiten (WE) pro Jahr prognostiziert. Die Stadt Leipzig schafft durch die Erteilung von Baugenehmigungen sowie die Aufstellung neuer Bebauungspläne vielerorts die Grundlage für die Umsetzung dieser Zielstellung.
2022 wurden in Leipzig 2.659 neue WE fertiggestellt (davon 2.336 Wohnungen im Neubau), während der Wert der Bauüberhänge – d.h., Wohnbauvorhaben, für die eine Baugenehmi-gung erteilt wurde, der Bau allerdings noch nicht fertiggestellt wurde – auf 10.601 WE anstieg. 8.745 WE betreffen dabei Wohnungen in neuen Wohngebäuden. Bei 34% dieser Wohnungen wurde bislang noch nicht mit dem Bau begonnen. Darüber hinaus werden derzeit durch die Aufstellung neuer Bebauungspläne Wohnbauflächen für ca. 9.000 WE planungsrechtlich vorbereitet und damit für den Wohnungsbau aktiviert.
Darüber hinaus besteht weiterer Bedarf Planungs- und Genehmigungsverfahren umzu-setzen, um die Schaffung neuen Wohnraums sicherzustellen. Die Komplexität der Verfahren hat mit den Anforderungen an eine nachhaltig wachsende, gemeinwohlorientierte Stadt stetig zugenommen. Bei der Umsetzung von Bauvorhaben sind vielfältige städtische Ziele und Prämissen sowie fachrechtliche Aspekte zu berücksichtigen und zwischen den beteiligten Ämtern abzustimmen. Daraus resultiert ein komplexer Rechtsrahmen, dessen sorgfältige Prüfung bei Bauleitplanungs- und Baugenehmigungsverfahren für die Kommune verpflichtend ist, um die Rechtssicherheit der Verfahren zu gewährleisten. Dies soll trans-parent, effizient und im Dialog zwischen den zuständigen Akteuren umgesetzt werden. Darüber hinaus können auch Vorhabenträger zur Beschleunigung von Planungsprozessen beitragen, indem zur Genehmigung notwendige Unterlagen termingerecht, vollständig und mit der notwendigen Qualität bereitgestellt werden.
Um die Koordination der verwaltungsinternen Zusammenarbeit sowie die frühzeitige Kom-munikation mit Wohnungsbauinvestoren zu verbessern, wird beabsichtigt, für Wohnungs-bauvorhaben mit mindestens 50 Wohneinheiten bzw. einer hohen städtebaulichen oder wohnungspolitischen Bedeutung eine Wohnungsbaukonferenz mit Wohnungsbau-koordinator/-in innerhalb der Verwaltung einzurichten. Damit soll ein verwaltungsinterner Prozess etabliert werden, um bestehende Planungs- und Genehmigungsverfahren zu optimieren und den frühzeitigen Dialog mit Wohnungsbauinvestoren sowie zwischen den Fachämtern zu stärken. Damit sollen in Planungsverfahren effizient lösungsorientierte und abgewogene Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden.
Projektbezogene rechtliche und fachliche Kriterien sollen frühzeitig mit Vorhabenträgern und zwischen den zuständigen Fachämtern und Dezernaten abgestimmt werden. In regel-mäßigen Abstimmungsrunden sollen Zielkonflikte offengelegt und effizient und lösungs-orientiert geklärt werden, um komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren für Wohnungsbauvorhaben stringent und transparent – im Sinne einer integrierten Stadt-entwicklung – umsetzen zu können. Durch ein Berichtswesen werden Aufgaben und Entscheidungen fest- und nachgehalten. Dabei werden der neueinzurichtenden Koordinierungsstelle keine Entscheidungsbefugnisse eingeräumt; die fachrechtlichen Zuständigkeiten und Entscheidungskompetenzen der Ämter bleiben unberührt. Im Falle von Dissensen, die nicht in der etablierten Verfahrenskonferenz oder durch die Wohnungsbau-konferenz geklärt werden können, werden Entscheidungen durch eine Clearingstelle auf Ebene der zuständigen Bürgermeister (Eskalationsstufe 1) bzw. des Oberbürgermeisters (Eskalationsstufe 2) getroffen.
Mit der Wohnungsbaukonferenz soll ein abgestimmter Verfahrensprozess etabliert werden, um die Entscheidungen der beteiligten Ämter zu koordinieren und mit den Vorhabenträgern abzustimmen. Sofern Unterlagen eingereicht werden, die mit den Festlegungen aus der Wohnungsbaukonferenz übereinstimmen, soll daraus eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen resultieren.
Realisierungs- / Zeithorizont (entfällt bei Ablehnung des Antrags)
Erarbeitung einer Entscheidungsvorlage mit Verfahrensvorschlag für die DB OBM mit Koordinierungsstelle im 3. Quartal 2023
Konstituierung der Wohnungsbaukonferenz und Umsetzung des Prozesses im 4. Quartal 2023
Evaluierung der Wohnungsbaukonferenz nach 3 Jahren.