Antrag: Schanigärten für Leipzig – mehr Raum für Gastronomie und Handel, Kultur und Nachbarschaften

Antrag vom 1. Juni 2021

Die Stadtverwaltung wird beauftragt, zur Stärkung von Gastronomie, Handel, Nachbarschaften und Kultur die Umwandlung von Stellplätzen in semi-permanente Freisitze nach dem Vorbild der Münchner und Wiener Schanigärten zu unterstützen und dabei:

  1. die saisonale Umwandlung (Mai-September) von Stellplätzen zu Gunsten von Freisitzen grundsätzlich und an bis zu sieben Wochentagen für Gastronomie (Freischankflächen), Handel sowie für nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen zu ermöglichen,
  2. zur reibungslosen Abwicklung ein transparentes und einfaches Beantragungs- und Bewilligungsverfahren anzuwenden,
  3. eine proaktive Kommunikationsstrategie zur Möglichkeit der Schanigärten zu entwickeln und umzusetzen, die sich insbesondere an Gastronomie, Bürgerschaft und Kultur richtet und Vereine und Verbände (DEHOGA, IHK, Bürgervereine u.a.) wendet,
  4. den Leitfaden zur Gestaltung von Freisitzen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entsprechend der neuen Regelungen zu überarbeiten,
  5. die Sondernutzungsgebühr für wirtschaftliche/gewerbliche Nutzungen in Gebieten ohne Parkraumbewirtschaftung an den üblichen Gebühren für Freisitze und in Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung im Rahmen der durch das KfZ-Parken erzielbaren Einnahmen zu orientieren,
  6. die Sondernutzungsgebühr für eine nicht-wirtschaftliche/gewerbliche Nutzung der Flächen durch nachbarschaftliche, kulturelle oder gemeinwohlorientierte Nutzung auf eine Bearbeitungspauschale zu reduzieren sowie von der Erbringung von Sicherheitsleistungen zu befreien.

Begründung:

Nicht erst seit der Corona-Pandemie sollte uns klargeworden sein, dass öffentlicher Stadtraum einen essentiellen Beitrag für eine lebenswerte Stadt leistet. Zugleich sind Einrichtungen von Gastronomie, Handel und Kultur coronabedingt existenziell bedroht und gilt es, nachbarschaftliche Gemeinschaften neu zu beleben. In München 2020 als Kompensation für die Auswirkungen der Pandemie auf die Gastronomie eingerichtet, erfreuten sich die sogenannten „Schanigärten“ nach Wiener Vorbild bei den Münchner*innen so großer Beliebtheit, dass die Stadt dieses Jahr beschlossen hat Freisitze auf Kfz-Stellplätzen auch in Zukunft – unabhängig von Corona – zu ermöglichen.

Leipzig hat im letzten Jahr einen ersten kleinen Schritt in Richtung Ausweitung der Freisitzflächen machen können. Seitdem kann im Einzelfall eine Sondernutzung für Freisitze und Auslagen von Parkflächen und Fahrbahnen freitags, samstags und sonntags jeweils von 11.00 bis 22.00 Uhr erlaubt werden. Dies wird bis jetzt allerdings nur wenig in Anspruch genommen, da es offenbar zu wenig bekannt ist und gegebenenfalls mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden ist. Ebenfalls stellt eine ausschließliche Nutzung an bestimmten Tagen ein zusätzliches Hindernis dar.

Bezüglich der Akzeptanz bei den Bürger*innen sei auf die Städte Wien und München verwiesen, wo sich Schanigärten einer sehr hohen Beliebtheit erfreuen, womit die positiven Seiten der Nutzung von Kfz-Stellflächen, den temporären Wegfall einiger weniger Parkplätze deutlich überwiegt. Mit der Ermöglichung der Nutzung von Parkflächen über Gastronomie hinaus auch für Handel, Kultur und nachbarschaftliche Nutzungen kann Leipzig diese Bereiche gezielt stärken.
Um als Stadt die entsprechenden Nutzungen zu fördern, sind die Sondernutzungsgebühren für nicht-wirtschaftliche/gewerbliche Nutzungen dauerhaft und ohne Sicherheitsleistung auszusetzen. Dem Beispiel der Stadt Stuttgart folgend ist die Erhebung einer Bearbeitungspauschale (dort 100 EUR) und eine Verpflichtung zu Rückbau und Entsorgung verbunden mit einer Privathaftung ohne Sicherheitsleistung ausreichend.

Verwaltungsstandpunkt:

Alternativvorschlag:

Die Stadt unterstützt die Nutzung von Stellflächen zur Stärkung von Gastronomie, Handel, Nachbarschaften und Kultur und wird dabei:

  1. Die saisonale Umwandlung (Mai-September) von Stellplätzen zu Gunsten von Freisitzen grundsätzlich und an bis zu sieben Wochentagen für Gastronomie, Handel sowie für nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen ermöglichen.
  2. Das transparente, in der Sondernutzungssatzung festgelegte Erlaubnisverfahren anwenden.
  3. Eine proaktive Kommunikationsstrategie entwickeln und umsetzen.
  4. Den Leitfaden zur Gestaltung von Freisitzen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entsprechend der neuen Regelung überarbeiten.
  5. Die Reduzierung der Sondernutzungsgebühren im Sinne der Nummern 5 und 6 des Antrags wird geprüft.
  6. Der Oberbürgermeister wird hierbei beauftragt, die Sondernutzungsgebührensatzung auf die Ziele des Antrags zu untersuchen und die gesetzten Zielstellungen in der Satzung entsprechend der rechtlichen Möglichkeiten umzusetzen.

Beschreibung der Maßnahme

Die Verwaltung folgt grundsätzlich dem Ansinnen des Antrags. In einigen Teilen sind Prüfschritte erforderlich, so dass die Verwaltung einen Alternativvorschlag unterbreitet, der dem Antrag weitgehend entspricht.

Zu den Beschlusspunkten des Antrags im Einzelnen:

Die saisonale Umwandlung (Mai-September) von Stellplätzen zu Gunsten von Freisitzen grundsätzlich und an bis zu sieben Wochentagen für Gastronomie (Freischankflächen), Handel sowie für nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen zu ermöglichen.

Der Antrag möchte sogenannte Schanigärten sowie Handel, nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen auf öffentlichen Parkstellflächen etablieren. Dabei bezieht sich der Antrag hinsichtlich der Schanigärten auf Vorbilder in Wien und München. Ein sogenannter Schanigarten ist dabei nur eine in Teilen Österreichs und Bayerns gebräuchliche Bezeichnung für die bei uns als Freisitz bezeichnete Außengastronomie.

Insoweit ist der Schanigarten als eine einem Gastronomiebetrieb zugeordnete Freisitzfläche zunächst keine eigenständig neue Sondernutzungsform. Neu ist dagegen, dass dieser grundsätzlich auch auf öffentlichen Parkstellflächen zugelassen werden soll.

Als Pilotprojekt erfolgt in Leipzig die Möglichkeit der Verlagerung von Freisitzen in Park-buchten der Gottschedstraße bis zu deren endgültiger Neugestaltung (als Maßnahme 22 des Klimaschutzsofortprogramms). Weitere Nutzungsarten in Parkbuchten sind in der Gottschedstraße nicht vorgesehen. Dort geht es auch darum, die Gehwege zugunsten des Flanierens der Fußgänger in einer angenehmen Breite zu erhalten. Hier sind bereits Freisitze in Parkbuchten verlagert worden.

Sogenannte Parklets, gestaltete Sitzgelegenheiten, die der Allgemeinheit durch bürgerschaftliches Engagement unbeschränkt zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden, sollen als neue Sondernutzungsart in Leipzig ebenfalls zum Teil in Parkflächen, d.h. auf der öffentlichen Fahrbahn aufgestellt werden können.

Der Antrag ist entsprechend der gesetzlichen Vorgaben auszulegen. Eine pauschale Erlaubnis von Sondernutzungsarten auf öffentlichen Parkstellflächen ist nicht zulässig, da. Sondernutzungserlaubnisse gemäß § 18 SächsStrG der Einzelfallprüfung bedürfen.

Deshalb soll dem Antragsbegehren durch eine Änderung der Verwaltungspraxis entsprochen, aus rechtlichen Gründen aber die Einzelfallprüfung beibehalten werden.

Zur reibungslosen Abwicklung ist ein transparentes und einfaches Beantragungs- und Bewilligungsverfahren anzuwenden.

Das Erlaubnisverfahren ist in der gültigen Sondernutzungssatzung bereits transparent geregelt. Die Bearbeitungszeit der Anträge ist mit 14 Tagen bereits auf ein noch vertretbares Minimum reduziert. Das geregelte Verfahren hat sich in dieser Form bewährt und ist bei den Antragstellern, insbesondere den Gastronomen und Händlern eingespielt. Vereinfachungen, soweit dies für eine rechtliche Prüfung möglich ist, wie z.B. bei wiederholenden Anträgen, sind bereits in der Satzung verankert. Dem Beschlussvorschlag wird daher bereits entsprochen.

Eine proaktive Kommunikationsstrategie zur Möglichkeit der Schanigärten zu entwickeln und umzusetzen, die sich insbesondere an Gastronomie, Bürgerschaft und Kultur richtet und Vereine und Verbände (DEHOGA, IHK, Bürgervereine u.a.) wendet.

Dem Antrag wird entsprochen. Eine proaktive Kommunikationsstrategie im Sinne des Antrags Nr. 3 wird umgesetzt.

Den Leitfaden zur Gestaltung von Freisitzen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entsprechend der neuen Regelungen zu überarbeiten.

Der Leitfaden wurde bislang nicht mehr neu aufgelegt und ist somit für eine Neuauflage zu überarbeiten.

Die Sondernutzungsgebühr für wirtschaftliche/gewerbliche Nutzungen in Gebieten ohne Parkraumbewirtschaftung an den üblichen Gebühren für Freisitze und in Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung im Rahmen der durch das Kfz-Parken erzielbaren Einnahmen zu orientieren.

Die Sondernutzungsgebühren werden durch die aktuelle Sondernutzungssatzung geregelt und richten sich nach der Art und dem Maß der Sondernutzung und der jeweiligen Zone. Dem liegt § 21 Abs. 1 SächsStrG zugrunde, wonach Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie das wirtschaftliche Interesse des Gebührenschuldners bei der Höhe der Gebühren zu berücksichtigen sind. Die in der Sondernutzungssatzung festgesetzten Sondernutzungsgebühren müssen zudem untereinander in angemessenem Verhältnis stehen. Eine Änderung der Sondernutzungsgebühren im Hinblick auf die beabsichtigte Zielrichtung ist daher zunächst zu untersuchen und in einem zweiten Schritt innerhalb des rechtlichen Rahmens anzupassen.

Die Sondernutzungsgebühr für eine nicht-wirtschaftliche/gewerbliche Nutzung der Flächen durch nachbarschaftliche, kulturelle oder gemeinwohlorientierte Nutzung auf eine Bearbeitungspauschale zu reduzieren sowie von der Erbringung von Sicherheitsleistungen zu befreien.

Hier gilt das unter Punkt 5 Ausgeführte. Im Rahmen der Untersuchung, welche Änderungen der Gebührenregelung für Sondernutzungen vorgenommen werden, soll die mit dem Antrag beabsichtigten Zielrichtung im Rahmen der rechtlich zu beachtenden Vorgaben berücksichtigt werden.

Folgen bei Nichtbeschluss

Die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen ohne Einzelfallprüfung wäre unzulässig. Dem liegt zugrunde, dass die Verwaltung bei der Entscheidung über die Höhe von Sondernutzungsgebühren an die gesetzlichen Vorgaben des § 21 SächsStrg zur Ermittlung der Gebührenhöhe gebunden ist. Eine Änderung der Gebührenhöhe bedarf einer Änderung der Sondernutzungssatzung, die nach Beendigung des Prüfauftrags anzupassen ist.

Beschluss der Ratsversammlung am 15. März 2022

Der Antrag wurde in Form des Alternativstandpunktes der Verwaltung mit Ergänzung wie folgt beschlossen:

Die Stadt unterstützt die Nutzung von Stellflächen zur Stärkung von Gastronomie, Handel, Nachbarschaften und Kultur und wird dabei:

  1. Die saisonale Umwandlung (Mai-September) von Stellplätzen zu Gunsten von Freisitzen grundsätzlich und an bis zu sieben Wochentagen für Gastronomie, Handel sowie für nachbarschaftliche und kulturelle Nutzungen ermöglichen.
  2. Das transparente, in der Sondernutzungssatzung festgelegte Erlaubnisverfahren anwenden.
  3. Eine proaktive Kommunikationsstrategie entwickeln und umsetzen.
  4. Den Leitfaden zur Gestaltung von Freisitzen auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen entsprechend der neuen Regelung überarbeiten.
  5. Die Reduzierung der Sondernutzungsgebühren im Sinne der Nummern 5 und 6 des Antrags wird geprüft.
  6. Der Oberbürgermeister wird hierbei beauftragt, die Sondernutzungsgebührensatzung auf die Ziele des Antrags zu untersuchen und die gesetzten Zielstellungen in der Satzung entsprechend der rechtlichen Möglichkeiten umzusetzen.

Zwischenbericht zum Stand der Umsetzung vom 28.02.2023

in Arbeit

Sachstand:

Beschlusspunkt 1: (umgesetzt)

Die Sondernutzungserlaubnis auf Stellplätzen wird grundsätzlich erteilt, wenn nicht ausnahmsweise im Einzelfall aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs die Erteilung der Erlaubnis nicht möglich ist. Die Sondernutzung Schanigärten wird in die Änderung der Sondernutzungssatzung aufgenommen, die im Entwurf vorliegt und demnächst über die Dienstberatung OBM den Gremien zugeht.

Beschlusspunkt 2: (umgesetzt)

Das in der Sondernutzungssatzung festgelegte Erlaubnisverfahren wird entsprechend angewendet.

Beschlusspunkt 3: (umgesetzt)

Im Rahmen von Freisitz- und Schanigärtenanträgen werden durch das Ordnungsamt proaktiv die Möglichkeiten aufgezeigt, Freisitze vom Gehweg auf eventuell vorhandene und geeignete Parkbuchten oder geeignete Fahrbahnflächen zu legen.

Beschlusspunkt 4: (in Arbeit)

Der Leitfaden zur Gestaltung von Freisitze auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen befindet sich in der Überarbeitung durch das Fachamt.

Beschlusspunkt 5: (in Arbeit)

Die Reduzierung der Sondernutzungsgebühren im Sinne der Nummer 5 und 6 des Antrags wird geprüft.

Beschlusspunkt 6: (in Arbeit)

Beschlusspunkt 5 und 6: sind geprüft worden und das Ergebnis ist Bestandteil der Vorlage zur Änderung der Sondernutzungssatzung.

Des Weiteren enthält der Entwurf der Satzungsänderung einen neuen Gebührenbefreiungstatbestand für Parklets mit nachbarschaftlicher, kultureller und gemeinwohlorientierte Nutzung zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.

 

Nächster Termin Beschlusskontrolle: 31.10.2023

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