Antrag: Solar-Booster für bestehende Gewerbeflächen in Leipzig
Antrag vom 27. Januar 2022
Beschlussvorschlag:
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, über das Amt für Wirtschaftsförderung bis Ende Q3 2022 ein Beratungs- und Unterstützungskonzept für die Installation von Solaranlagen auf bestehenden privatwirtschaftlichen Liegenschaften bzw. Gewerbeflächen zu entwickeln. Berücksichtigung sollen dabei u.a. die Ansprache von Gewerbetreibenden, das Aufzeigen von Best Practices, die Beratung zu Förderprogrammen (Land, Bund) und die Vermittlung zu den Leipziger Stadtwerken oder lokalen Partnern wie Energiegenossenschaften finden.
- Der Oberbürgermeister soll in Absprache mit den Stadtwerken Leipzig bis Ende Q3 2022 ein Vertriebskonzept für Solaranlagen auf bestehenden Gewerbeflächen in Leipzig erstellen.
- In Absprache mit den Stadtwerken Leipzig soll geprüft werden, ob ein Teil der 500.000 Euro aus der im Doppelhaushalt 2021/22 beschlossenen Solaroffensive, die nicht für die Förderung von Balkonsolargeräten genutzt werden, für dieses Beratungsprogramm umgeschichtet werden kann. Die Höhe der umzuschichtenden Mittel sollte sich am zu entwickelnden Konzept orientieren. Eine Abschätzung dazu erfolgt über die gemeinsame Abstimmung zwischen dem Amt für Wirtschaftsförderung und den Stadtwerken Leipzig. Auf Basis des eingereichten Konzepts können bei Bedarf nach dem Q3 2022 weitere Mittel umgewidmet werden.
Begründung:
Mit dem Sofortprogramm für mehr Klimaschutz hat der Bundeswirtschaftsminister Mitte Januar 2022 die Solarpflicht für gewerbliche Neubauten angekündigt. In Leipzig gilt bereits mit dem Klimasofortmaßnahmenprogramm vom Sommer 2020 der Regelfall einer Ausstattung für alle kommunalen Neubauten mit einer Solaranlage. Zusätzlich sollen bestehende kommunale Gebäude mit einer Solaranlage nachgerüstet werden.
Bestehende privatwirtschaftliche Liegenschaften bzw. Gewerbeflächen wurden bisher beim Ausbau von Solaranlagen noch nicht im ausreichenden Maß in den Fokus genommen. Leipzig braucht auch die Wirtschaft mit ihren Gewerbeflächen, um die Klimaziele zu erreichen und klimaneutral zu werden. Auch eine Photovoltaik-Bedachung von Parkplatzflächen soll in den Blick genommen werden.
Die Nutzung von Solaranlagen birgt zahlreiche Vorteile für Unternehmen. Unternehmen können sich von den in jüngster Zeit rasant gestiegenen Stromkosten und voraussichtlich weiter steigenden Energiekosten unabhängig machen, indem sie Solarenergie selbst produzieren. Damit steigern sie ihre Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus senken die Unternehmen mit dem selbst erzeugten Ökostrom die CO2-Bilanz ihres Unternehmens und sichern sich somit einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil.
Die Stadtwerke Leipzig können ihren Solar-Marktanteil erweitern, indem sie ein entsprechendes Vertriebskonzept für bestehende Gewerbeflächen in Leipzig entwickeln. Mit dem Bau der Solaranlagen, der Etablierung von Contractingmodellen oder der Einspeisung in das regionale Stromnetz werden verschiedene Geschäftsfelder der Stadtwerke Leipzig gefördert. Leitplanken bilden hier die Wirtschaftlichkeit aus Kunden- und Stadtwerke-Sicht sowie die ökologisch und ökonomisch sinnvolle Eigenverbrauchsoptimierung. Im Zuge dessen sollte die Kombination mit einem Speicher (z. B. Batteriespeicher) geprüft und ggf. vorgesehen werden. Auch hier verfügen die Stadtwerke Leipzig über entsprechendes Knowhow.
Die städtische Wirtschaftsförderung in Leipzig, die sich als enger Partner des Mittelstandes versteht, kann die Unternehmen mit einer Solaroffensive unterstützen. Oftmals haben insbesondere KMU keine Kapazitäten, sich eigenständig um die Abwägung einer Investition in eine Solaranlage zu kümmern und kennen sich zu wenig mit Fördertöpfen auf Landes- und/oder Bundesebene aus. Hier kann das Amt für Wirtschaftsförderung beratend zur Seite stehen. Möglicherweise wäre auch die Finanzierung/Förderung von Vorleistungen oder Teilbereichen der Solaranlageninstallation von Seiten des Amts für Wirtschaftsförderung denkbar. Darüber hinaus kann das Amt für Wirtschaftsförderung auch den Kontakt zu den Stadtwerken Leipzig oder Energiegenossenschaften als lokalen Partnern der Energiewende vermitteln.
Verwaltungsstandpunkt vom 31.03.2022
Dem Antrag wird im BP 1 und 3 zugestimmt.
Alternativvorschlag zu BP 2:
„Der Oberbürgermeister soll darauf hinwirken, dass sich ein Beratungs- und Unterstützungskonzept für einen Solar-Booster an bestehende Vertriebskonzepte anschließt und insbesondere bereits vorhandene Kundenbeziehungen, Prozesse und Erfahrungswerte berücksichtigt werden.“
Begründung:
Zu 1.
Die Stadtverwaltung begrüßt den Antrag zur Förderung von Photovoltaiklösungen für Industrie und Gewerbetreibende in Leipzig.
Das Amt für Wirtschaftsförderung kann ein solches Beratungs- und Unterstützungskonzept für die Installation von Solaranlagen gemeinsam mit geeigneten Projektpartnern erstellen. Dabei ist die Unterstützung mittels fachlicher Expertise, vorhandenen Netzwerken sowie neuen Förderinstrumenten möglich.
Dabei muss sensibel abgewogen werden, welche Leistungen am freien Markt erhältlich sind.
Eine passgenaue Beratungs- und Unterstützungsleistung kann vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen eine Hilfestellung sein. In der Leipziger Unternehmenslandschaft gibt es bereits eine Vielzahl an hervorragenden Beispielen für die Nutzung erneuerbarer Energien. Ein im Antrag beschriebenes Konzept sollte daher gerade die Unternehmen unterstützen, die bspw. aufgrund fehlender Ressourcen oder Vorwissen, den Eigentumsverhältnissen, unattraktiver Wirtschaftlichkeit oder anderen baulichen Hemmnissen bislang keine Projekte dieser Art angestoßen haben.
Der Antrag spricht von „bestehenden privatwirtschaftlichen Liegenschaft bzw. Gewerbeflächen“. Die Stadtverwaltung interpretiert dies so, dass diese Gewerbeflächen bereits genutzt sind, also in aller Regel auch bebaut.
Nur vorsorglich sei daher darauf hingewiesen, dass die bisher unbebauten, aber etwa erschlossenen, gewerblichen Bauflächen in Industrie- und Gewerbegebieten nicht für Photovoltaikanlagen genutzt werden sollten. Derzeit wird der Stadtentwicklungsplan Wirtschaftsflächen fortgeschrieben. Dieser kommt im Ergebnis zu dem Schluss, dass Leipzig zwar grundsätzlich ausreichendes Flächenangebot im Bereich der Wirtschaftsflächen bereithalten könnte, aber aufgrund der Prosperität der vergangenen Jahre bereits heute in fast allen Marktsegmenten Flächenengpässe erkennbar sind, die sich perspektivisch noch stärker ausprägen werden. Hierzu zählen insbesondere die für gewerblich-industrielle Ansiedelungen besonders interessanten unbebauten Flächenpotentiale in der äußeren Stadt.
Die Wirtschaftsförderung wird daher folgende potenzielle Kombinationsflächen fokussieren:
- Dachflächen von Industrie- und Gewerbegebäuden
- Fassadenflächen von Industrie- und Gewerbegebäuden
- Parkplätze und sonstige überdachbare Stellplätze
- Überdachung von (nichtöffentlichen) Verkehrsräumen
Solche Kombinationsflächen sind heute bei Bestandsliegenschaften anzutreffen. Häufig liegt die Herausforderung hier in der Traglast der zum Teil alten Dachkonstruktionen bei gewachsenen gesetzlichen Anforderungen an Schneelasten. Die Wirtschaftsförderung schlägt vor, die Traglastprüfung von Hallendächern etc. zu fördern.
Teil der Potentialstudie zur Revitalisierung des Altindustriegebietes Ludwig-Hupfeld-Straße (V2-DS-06267) ist auch die Nachrüstung mit Photovoltaik-Anlagen.
Bei Ansiedlungen berät die Wirtschaftsförderung schon heute standardmäßig mit dem Ziel einer vollständigen Ausnutzung der Dachflächen für PV bzw. setzt dies als Bedingung für die Vermarktung von Flächen.
Das Beratungskonzept sollte auch auf die kombinierte Nutzung von Photovoltaik und einem geeigneten Energiespeicher eingehen. Die Eigenverbrauchsoptimierung kann die Wirtschaftlichkeit und Ressourceneffizienz des Projektes erhöhen.
Schon heute berät die Wirtschaftsförderung zur Kombination aus Gründach und Photovoltaik, da sich beide Systeme symbiotisch ergänzen können (z. B. verringerte Kühl- und Heizkosten, gesteigerte Effizienz der Photovoltaik-Anlage, niedrigere Kosten für Wassereinleitung etc.,). Die starke Zurückhaltung gegenüber damit verbundenen Mehrkosten (Pflegeaufwände und Investition in die Dachkonstruktion) ist heute noch bei Projektentwicklern und Investoren spürbar.
Im Bereich der Fassaden ist immer zwischen einer Begrünung und Photovoltaik abzuwägen.
Bauleitplanungen verpflichten häufig bereits Photovoltaikanlagen auf Dächern zu errichten. Zu nennen wären hier u. a. der Bebauungsplan Gewerbepark Stahmeln, Industriegebiet Seehausen II oder auch Quartiersentwicklungen wie der Bebauungsplan Nr. 416 zum Freiladebahnhof Eutritzscher-/Delitzscher Straße. Besonders wird auf die Verwendung von Solarthermiekollektoren verwiesen und Energiekonzepte geplant. Eine an sich gebotene Aufwertung der Baupläne wird voraussichtlich hinfällig: Die Stadtverwaltung rechnet überdies mit einer gesetzlichen Pflicht zur Installation von Photovoltaik für gewerbliche Neubauten, spätestens im Zug der Russlandkrise.
Zu 2.
Die Stadtverwaltung ist für eine Zusammenarbeit mit vielen Projektpartnern aus der Solar- und Energieversorgungsbranche offen. Das Netzwerk Energie und Umwelt bietet sich hier an, zu dem selbstverständlich auch die Stadtwerke Leipzig gehören.
Die Erstellung von Vertriebskonzepten gehört dabei zur operativen Verantwortung der Leipziger Stadtwerke und ist nicht Aufgabe der Stadtverwaltung. Daher unterbreiten wir folgenden Alternativvorschlag:
„Der Oberbürgermeister soll darauf hinwirken, dass sich ein Beratungs- und Unterstützungskonzept für einen Solar-Booster an bestehende Vertriebskonzepte anschließt und insbesondere bereits vorhandene Kundenbeziehungen, Prozesse und Erfahrungswerte berücksichtigt werden.“
Die Stadtwerke Leipzig sind in Vertrieb, Planung und Umsetzung verschiedener Photovoltaikprojekte mit Gewerbekunden bereits seit geraumer Zeit aktiv. Es benötigt also kein neues Vertriebskonzept, sondern ggf. eine Erweiterung bzw. Aktualisierung der vorhandenen Vertriebskonzepte der Stadtwerke Leipzig.
Zu 3.
Eine für 2023 angestrebte Umsetzungsphase ist nur mit ausreichenden Finanzmitteln sinnvoll. Diese Mittel können über verschiedene Wege Anreize schaffen (z. B. Informationsmaterialien, Zuschüsse, Direktförderung für Projekte) und erhöhen die Umsetzungswahrscheinlichkeit von Projekten mit geringerer Wirtschaftlichkeit erheblich.
Der genaue Fördergegenstand und das benötigte Projektbudget sollte unter Berücksichtigung des – sich perspektivisch ändernden - Förderrahmens auf Landes-, Bundes- bzw. EU-Ebene definiert werden. Grundsätzlich ist eine kommunale Förderung nur subsidiär sinnvoll und gerechtfertigt.
2. Realisierungs- / Zeithorizont (entfällt bei Ablehnung des Antrags)
Das Beratungs- und Unterstützungskonzept des Amtes für Wirtschaftsförderung sowie die Klärung der Finanzierung erfolgen bis zum Ende des dritten Quartals 2022.
Beschluss vom 18.05.2022
- Der Oberbürgermeister wird beauftragt, über das Amt für Wirtschaftsförderung bis Ende Q3 2022 ein Beratungs- und Unterstützungskonzept für die Installation von Solaranlagen auf bestehenden privatwirtschaftlichen Liegenschaften bzw. Gewerbeflächen zu entwickeln. Berücksichtigung sollen dabei u.a. die Ansprache von Gewerbetreibenden, das Aufzeigen von Best Practices, die Beratung zu Förderprogrammen (Land, Bund) und die Vermittlung zu den Leipziger Stadtwerken oder lokalen Partnern wie Energiegenossenschaften finden.
- Der Oberbürgermeister soll darauf hinwirken, dass sich ein Beratungs- und Unterstützungskonzept für einen Solar-Booster an bestehende Vertriebskonzepte anschließt und insbesondere bereits vorhandene Kundenbeziehungen, Prozesse und Erfahrungswerte berücksichtigt werden.
- In Absprache mit den Stadtwerken Leipzig soll geprüft werden, ob ein Teil der 500.000 Euro aus der im Doppelhaushalt 2021/22 beschlossenen Solaroffensive, die nicht für die Förderung von Balkonsolargeräten genutzt werden, für dieses Beratungsprogramm umgeschichtet werden kann. Die Höhe der umzuschichtenden Mittel sollte sich am zu entwickelnden Konzept orientieren. Eine Abschätzung dazu erfolgt über die gemeinsame Abstimmung zwischen dem Amt für Wirtschaftsförderung und den Stadtwerken Leipzig. Auf Basis des eingereichten Konzepts können bei Bedarf nach dem Q3 2022 weitere Mittel umgewidmet werden.
Protokollnotiz: Die Budgetierung ist in der zu beschließenden Fortschreibung des Energie- und Klimaschutzprogramms für das Jahr 2030 festzuhalten.