Antrag: Soziale Wohnraumförderung grundlegend reformieren – Wohnung dauerhaft bezahlbar machen!

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Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gegenüber dem Bund darauf hinzuwirken, dass die soziale Wohnraumförderung deutlich erhöht und die Belegungs- und Mietpreisbindung künftig nicht mehr befristet wird. Die Wohnungsbauförderung soll als Investitions- und/oder Baukostenzuschuss in die Objektförderung fließen, so dass Sozialwohnungen dauerhaft bezahlbar zur Verfügung stehen.

Begründung:

Es fallen immer mehr Sozialwohnungen in Leipzig und anderen Städten aus der Bindung, soll heißen: Sozialwohnungen, die in den 1990er und 2000er Jahren errichtet und mit vielen Millionen Euro seitens des Staates gefördert wurden, fallen jetzt, 15 bis 20 Jahre nach der Errichtung, aus der Mietpreisbindung. Sie werden nun am sogenannten freien Wohnungsmarkt – eben frei, soll heißen: teurer – vermietet. Staatliche Fördermilliarden verpuffen damit einfach nach 15 bis 20 Jahren.

Der Effekt: Die geförderten Sozialwohnungen nehmen zahlenmäßig in Leipzig insgesamt ab, weil mehr Wohnungen aus der Bindung fallen, als neue nachgebaut werden. Und genau dieser Effekt ist auch in Deutschland insgesamt zu beobachten: Die befristete Belegungsbindung führte in den vergangenen 20 Jahren zu einer stetigen Abnahme der Sozialwohnungen. Obwohl Bund und Länder in 2024 zusammen über 5 Mrd. € für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt haben, gibt es zurzeit deutschlandweit nur noch rund 1 Mio. Sozialwohnungen, 2014 waren es noch 1,5 Mio. und 2006 sogar noch 2 Mio. Sozialwohnungen.

Ziel muss es deshalb sein, dass wir loskommen von der befristeten Belegungsbindung und hinkommen zur Förderung von dauerhaft preisgünstigem Wohnraum. Allen Anstrengungen zum Trotz: die Bundesregierung hat nicht annähernd ihre selbstgesteckten Ziele erreicht. Von den geplanten 400.000 Wohnungen jährlich konnten gerade einmal 100.000 gebaut werden. Die Lage am Wohnungsmarkt hat sich seit 2020 weiter verschärft.

Es braucht deshalb einen grundlegenden Wechsel in der Förderstrategie des Bundes. Es braucht echte, nicht rückzahlbare Investitions- und/oder Baukostenzuschüsse an jene Wohnungsunternehmen, die sich dem Gemeinwohl verpflichten, die Sozialwohnungen bauen und sie auch in ihrem Bestand halten. Nicht zeitlich befristet, sondern dauerhaft, für immer! Dies erfordert eine grundlegende Neuausrichtung der Wohnungsbauförderung des Bundes. Angesichts der bevorstehenden Koalitionsverhandlungen wird der Oberbürgermeister im Rahmen seiner Verantwortung im Deutschen Städtetag aufgefordert, sich für eine entsprechende Reform einzusetzen.

 

Verwaltungsstandpunkt von 08. Juli 2025

Alternativvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt gegenüber dem Bund sowie dem Freistaat Sachsen darauf hinzuwirken, dass:

  1. die Mittelausstattung der sozialen Wohnraumförderung deutlich erhöht und für die Kommunen langfristig planbarer bereitgestellt wird,
  2. die Soziale Wohnraumförderung mit Blick auf die langfristig nachhaltige Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum in ihrer Wirkungsweise verbessert wird.

Begründung:

1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt gegenüber dem Bund sowie dem Freistaat Sachsen darauf hinzuwirken, dass die Mittelausstattung der sozialen Wohnraumförderung deutlich erhöht und für die Kommunen langfristig planbarer bereitgestellt wird.

Die Mittelausstattung der Sozialen Wohnraumförderung für Leipzig entspricht seit Wiedereinführung des Programms in 2017 nicht den tatsächlichen Fördermittelbedarfen der Stadt Leipzig. Die jährlich vom Freistaat bereitgestellten Finanzmittel in Höhe von ca. 25 Mio. EUR liegen weit unter den jährlich beantragten Fördermitteln in Höhe von ca. 70 Mio. EUR.

Da die soziale Wohnraumförderung eine Bund-Länder-Förderung ist, muss der Bundesanteil zu gleichem Anteil durch die Länder ko-finanziert werden. Die Aufstockung der Landesmittel ist hierfür somit ebenfalls erforderlich, weshalb sich der Oberbürgermeister gegenüber dem Bund sowie dem Freistaat Sachsen für eine Aufstockung einsetzen muss.

Aus Sicht der Verwaltung wird angeregt, auf Bundesebene die Einführung einer Wohnungsbauabgabe bzw. -steuer nach österreichischen Vorbild zu prüfen.

Darüber hinaus werden die Mittel der Sozialen Wohnraumförderung aktuell in Jahresscheiben im jeweils laufenden Jahr – i.d.R. im Sommer – vom Freistaat Sachsen bewilligt. Innerhalb des Bewilligungsjahres müssen diese Mittel dann vertraglich gebunden werden. Gelingt der Vertragsabschluss nicht in diesem Zeitraum, können die Mittel nicht mehr eingesetzt werden. Eine vorausschauende Planung wird unter diesen Bedingungen erschwert. Der Oberbürgermeister wird deshalb damit beauftragt, sich beim Freistaat dafür einzusetzen, dass die Mittelbereitstellung programmjahresübergreifend analog der Städtebauförderung erfolgt.    Hier stehen die bewilligten Mittel weiterhin zur Verfügung und werden durch neue Mittel aufgestockt.

 

2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gegenüber dem Bund sowie dem Freistaat Sachsen darauf hinzuwirken, dass die Soziale Wohnraumförderung mit Blick auf die langfristig nachhaltige Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum in ihrer Wirkungsweise verbessert wird.

Die inhaltliche Zuständigkeit für die Ausgestaltung der Wohnraumförderung liegt bei den Ländern, welche in den jeweiligen Landesrichtlinien die entsprechenden Förderkonditionen festlegen. Für Änderungen hinsichtlich der Konditionen und Wirkungsweise der Förderung, ist damit das Sächsische Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL) zuständig. Trotz des Ziels der Stadt Leipzig, die Wohnraumförderung nachhaltig und nicht als soziale Zwischennutzung zu begreifen, ist ein Hinwirken gegenüber dem Fördermittelgeber auf eine Entfristung der Mietpreis- und Belegungsbindung – wie der Antrag fordert – nach aktuellem Wohnraumfördergesetz nicht möglich. Die Logik der aktuellen Wohnraumförderung basiert auf dem Prinzip der Kompensation verminderter Mieteinnahmen durch öffentliche Förderung. Der Förderung steht also eine konkrete Gegenleistung gegenüber. Soll die zu erbringende Gegenleistung sich erhöhen (d.h. der Zeitraum für die Mietpreis- und Belegungsbindung sich verlängern), müsste dieser eine entsprechende Erhöhung der Leistung (d.h. der Fördersumme) gegenüberstehen. Hierfür stehen jedoch bei weitem nicht genügend Mittel zur Verfügung. Die Festlegung einer dauerhaften Mietpreis- und Belegungsbindung ohne entsprechende Gegenleistung wurde zudem bereits mit den BGH-Urteilen vom 26.06.2015 und 08.02.2019 ausgeschlossen.

In der Konsequenz kann nur eine grundlegende Veränderung der Fördermethode eine Dauerhaftigkeit von Bindungen herbeiführen. Dies könnte über bestimmte steuerliche oder rechtliche Ansätze oder über die Förderung sich selbstverpflichtender Wohnungsmarktakteure o. ä. geschehen. Hier wäre der Adressat der Bund. Der Oberbürgermeister kann somit beauftragt werden, die Diskussion um eine langfristige Neuaufstellung der Förderung von sozialem/ gemeinnützigem Wohnungsbau bspw. über den Deutschen Städtetag beim Bund anzuregen. Aus Sicht der Verwaltung wäre hier die (Wieder)einführung einer effizienten Wohnungsgemeinnützigkeit das wesentliche Instrument um sich von der Logik des zeitlich befristeten Ankaufs von Miet- und Belegungsrechten zugunsten einer Dauerhaftigkeit und Stabilität bezahlbaren Wohnraums zu lösen.   

Gegenüber dem Freistaat Sachsen wird befürwortet, sich kurzfristig auf diejenigen Stellschrauben zu konzentrieren, die in der aktuellen Wohnraumförderlogik die Nachhaltigkeit der Förderung verbessern können. Der Oberbürgermeister soll sich gegenüber dem Freistaat deshalb dafür einsetzen, dass geförderter Mietwohnraum auch dauerhaft Mietwohnraum bleibt. Der Ausschluss einer Aufteilung des geförderten Wohnraums nach Wohneigentumsgesetz (WEG) kann – wie Beispiele anderer Bundesländer zeigen – problemlos in die Landesrichtlinie miet- und belegungsgebundener Wohnraum (FRL gMW) aufgenommen werden. Damit würde das Modell der Sozialwohnung als Kapitalanlage mit der Option zur Selbstnutzung nach Auslaufen der Bindungsdauer verhindert.

 

Beschluss der Ratsversammlung am 27. August 2025

Der Antrag wurde im Sinne des Alternativvorschlages der Verwaltung mit 36/19/10 mehrheitlich vom Stadtrat beschlossen.

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