Antrag: Systematisierung von Formen einer Erinnerungskultur, die sich historischen Ambivalenzen und umstrittenen Persönlichkeiten offensiv stellt

Antrag vom 30. Juni 2022

Beschlussvorschlag:

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis spätestens Ende 2022 eine Konzeption erarbeiten zu lassen, in der sowohl bereits bewährte als auch neuere Formen kritischer Begleitung von erinnerungspolitischen Zusammenhängen zusammengefasst und systematisiert werden. In der besagten Konzeption sollten auch Wege aufgezeigt werden, die beschreiben, wie eine entsprechende Umsetzung der Formen der Auseinandersetzung etwa durch Initiativen der Freien Szene erfolgen könnte.
  2. Diese Systematisierung von Formen einer Erinnerungskultur, die sich historischen Ambivalenzen und umstrittenen Persönlichkeiten offensiv stellt, soll Bestandteil der noch zu erarbeitenden Konzeption Erinnerungskultur werden.

Begründung:

Die Gutachten der wissenschaftlichen Beratungskommission zu den historischen Persönlichkeiten Arndt, Jahn und Pinkert liegen vor und sind mittlerweile öffentlich einsehbar. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass z.B. Straßenumbenennungen in diesen drei Fällen nicht notwendig sind. Dieses Ergebnis entbindet die Politik allerdings nicht von der Aufgabe, eine sogenannte „kritische Begleitung“ von umstrittenen Sachverhalten zu gewährleisten – wie auch die Kommission selbst feststellt.
Die heftige Debatte um den Umgang mit dem Kolonialerbe des Zoos und jüngst die Wagner-Festtage (siehe dazu u.a. das dazugehörige Magazinspezial, herausgegeben von Ahoi, Stadtmagazin, und Oper Leipzig) zeigen zudem überdeutlich, dass die Leipziger Stadtgesellschaft Fragen bezüglich des Umgangs mit bzw. der Darstellung von historisch zwiespältigen Zusammenhängen umgehend beantworten muss.

 

Verwaltungsstandpunkt vom 13. September 2022

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, innerhalb der geplanten Konzeption „Erinnerungskultur“ der Stadt Leipzig den Aspekt „historische Ambivalenzen“ und „Umgang mit umstrittenen Personen“ aufzunehmen. Die Konzeption ist gegenwärtig in Erarbeitung. Der Stadtrat wird/ist an der Konzeption beteiligt und kann inhaltliche Positionen entsprechend einbringen.

Begründung:

Der Antrag schlägt vor, ein erinnerungspolitisches Konzept zu historischen Ambivalenzen und umstrittenen Persönlichkeiten zu erarbeiten, das Bestandteil des Gesamtkonzeptes „Erinnerungskultur“ der Stadt Leipzig sein soll. Auch sollen Wege aufgezeigt werden, wie sich Initiativen der Freien Szene mit diesen Themen beschäftigen können.

Zum Antrag wird nachfolgend ein Alternativvorschlag entwickelt:

Da gegenwärtig die Konzeption „Erinnerungskultur“ der Stadt Leipzig erarbeitet wird, ist davon abzusehen, ein separates Konzept zum Umgang mit „historischen Ambivalenzen“ bzw. „umstrittenen Persönlichkeiten“ vorzulegen. Vielmehr soll das Thema im Gesamtkonzept auch eine Rolle spielen. In diesem Punkt wird der Antragstellerin also zugestimmt. Der Leipziger Stadtrat (Fachausschuss Kultur) ist zudem an der Erarbeitung des Konzeptes beteiligt und kann inhaltliche Positionen entsprechend einbringen (vgl. Workshop im September 2022).

Die Konzeption „Erinnerungskultur“ der Stadt Leipzig stellt verschiedene Möglichkeiten der Vernetzung und Unterstützung freier Akteure vor, um diese zu befähigen, sich im Rahmen erinnerungskultureller Projekte zu engagieren. Dieser Forderung der Antragstellerin wird also bereits entsprochen.

Die Antragstellerin verweist darauf, dass umstrittene Sachverhalte der Erinnerungskultur kritisch begleitet werden müssen. Aus Sicht der Stadt Leipzig geschieht dies bereits vielfältig – etwa mit Bezug auf den im Antrag genannten Komponisten Richard Wagner: So zeigt das Stadtgeschichtliche Museum gegenwärtig die Ausstellung Hochzeitsmarsch mit Rosenkrieg. Ausstellung zu „Wagner und Mendelssohn in Leipzig“. Ab Januar 2023 ist die Ausstellung Musikstadt Leipzig im Nationalsozialismus ebenfalls im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig geplant.

Realisierungs- / Zeithorizont

Das städtische Konzept Erinnerungskultur ist gegenwärtig in Erarbeitung.

Beschluss der Ratsversammlung vom 14. Dezember 2022

Der Antrag wurde in Form des Verwaltungsstandpunktes mehrheitlich bei 12 Nein-Stimmen angenommen.

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