Gemeinsamer Antrag: Umsetzung der Istanbul-Konvention in Leipzig - Gewaltschutz bedarfsgerecht ausbauen und aktive Verhinderung von Femiziden stärken

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die LINKE

Antrag vom 13. September 2023

Beschlussvorschlag:

Um den Gewaltschutz in Leipzig langfristig und bedarfsgerecht auszubauen und damit die aktive Verhinderung von Femiziden zu stärken, beschließt der Stadtrat:

1.    Die Erweiterung der personellen und räumlichen Kapazitäten der Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking (KIS) Leipzig zum 1. Januar 2024 in den Bereichen: Erwachsenenberatung, Kinder- und Jugendberatung, Netzwerkkoordination, Teamassistenz, Verwaltung, Projektkoordination. Die Finanzierung zusätzlicher Räumlichkeiten und die Möglichkeit des Zugriffs auf das SprInt-Budget für freie Träger der Stadt Leipzig, falls Sachmittel über die Förderrichtlinie zur Förderung der Chancengleichheit nicht ausreichen, sind für Bedarfe an Sprachmittlung ebenso zu erweitern.  

2.    Die Zentrale Sofortaufnahme der Frauen*- und Kinderschutzeinrichtungen (F*KSE) wird ab 1. Januar 2024 in der Sozialarbeit aufgestockt, um die (nach dem Umzug) unverzichtbare Doppelbesetzung der Tagschicht von 8 bis 20 Uhr an den fünf Wochentagen und von sechs Stunden am Samstag zu gewährleisten. Darüber hinaus wird Personal im Bereich der Kinder- und Jugendfachkraft sowie der Erzieherin aufgestockt. Um den hohen Verwaltungsaufwand des Projektes bewerkstelligen zu können, erhält die Zentrale Sofortaufnahme darüber hinaus eine Aufstockung der Verwaltungsstelle.

3.    Nutzer*innen und Hauptamtliche von Frauenhäusern und gewaltschutzbezogenen Einrichtungen brauchen professionelle Unterstützung beim Finden von sicheren Wohnungen. Dafür sind Mitarbeiter*innen der LWB und zivilgesellschaftliche Wohnraumspezialist*innen einzubinden.

4.    Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, sich gegenüber der sächsischen Staatsregierung dafür einzusetzen, dass die in der Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit enthaltenen Förderhöchstbeträge je Einrichtung aufgehoben werden (siehe https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/19267-Richtlinie-zur-Foerderung-der-Chancengleichheit#gbstB , B. Besondere Bestimmungen, II., 1.1.5 c) aa) Art und Umfang der Förderung).

5.    Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, sich in seiner Funktion als Vizepräsident des Deutschen Städtetages gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt endlich von einer freiwilligen Ausgabe zu einer kommunalen Pflichtaufgabe überführt und entsprechend aus Bundesmitteln mitfinanziert wird.

Begründung:

Anlässlich der Stadtratssitzung am 5. Juli wandten sich am 3. Juli 2023 zahlreiche Organisationen (darunter das Netzwerk gegen Häusliche Gewalt und Stalking Leipzig, die Zentrale Sofortaufnahme der Frauen*schutzhäuser Leipzig, das 4. Frauen*- und Kinderschutzhaus Leipzig sowie die Koordinierungs- und Interventionsstelle (KIS) gegen häusliche Gewalt Leipzig, Frauen für Frauen e.V) mit einem Offenen Brief zur Krisensituation im Gewaltschutz in Leipzig an die Stadträtinnen und Stadträte sowie an politische Entscheidungsträgerinnen und -träger im Freistaat Sachsen.

In dem Anschreiben wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die Stadt Leipzig ihren Verpflichtungen bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention und dem Schutz vor häuslicher Gewalt „aktuell nur begrenzt gerecht“ werde: „Und dass trotz vieler Hinweise auf den Ernst der Lage. Die Stadt Leipzig und die sächsische Staatsregierung kennen die Problemlage seit mindestens einem Jahr. Nach Einschätzung der Briefunterzeichnerinnen und -unterzeichner ist „das gesamte Gewaltschutznetz in Leipzig (…) systematisch überlastet. Besonders betroffen sind die Zentrale Sofortaufnahme der Frauen*häuser Leipzig und die Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking (KIS).“

Folgende Zahlen werden zur Untersetzung u.a. angeführt:

• Die Zahl der polizeilichen Mitteilungen nach Einsätzen zu häuslicher Gewalt an die KIS hat sich seit 2021 mehr als verdreifacht. Die personellen Kapazitäten der KIS sind nicht annähernd in diesem Umfang gestiegen.
• In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden 55 Menschen von der Polizei oder der KIS mit dem Merkmal „Hochrisiko“ versehen. Dies bedeutet, die akute Gefahr einer schweren Verletzung oder Tötung (Femizid) stand im Raum.
• Die KIS konnte im ersten Halbjahr 2023 242 Hilfesuchende, die über die Polizei gemeldet wurden und 259 Betroffene, die sich selbst an die KIS gewandt haben, nicht beraten.
• Für das Jahr 2022 wurden allein in der Zentralen Sofortaufnahme 248 Abweisungen mit 315 Kindern dokumentiert. Die Perspektive sieht düster aus: allein im ersten Halbjahr 2023 gab es bereits 168 abgewiesene Frauen und 152 abgewiesene Kinder (Stand 26. Juni 2023). Prognostisch bedeutet das, dass bis Ende dieses Jahres bis zu 1.000 Personen, die von Gewalt betroffen sind und Beratung wünschen, ohne Beratung und Unterstützung bleiben werden.
• Der Bedarf an Schutzplätzen ist weiterhin nicht gedeckt. In Leipzig fehlen neun weitere Plätze in Schutzeinrichtungen, um allein die Mindestanforderungen der Istanbul-Konvention zu erfüllen.

Nach der Nennung kommen die Autorinnen und Autoren zu dem Schluss: „Die aktuelle prekäre Lage stellt ein großes Sicherheitsrisiko für von Gewalt betroffene Menschen dar und hat vielfältige schwerwiegende Folgen auch für die Zivilgesellschaft in Leipzig.“

Die Istanbul-Konvention und die Europäische Charta für Gleichstellung basieren auf der einfachen Erkenntnis: Gewalt ist ein gesellschaftliches Problem und deswegen ist Gewaltschutz eine gesellschaftliche Aufgabe. Wirksame Prävention und gute Unterstützung dürfen kein individueller Zufall sein, sondern müssen institutionell abgesichert werden. Unser Ziel muss es daher sein, dass alle Betroffenen in Leipzig Schutz und Beratung bekommen. Es ist die gemeinsame politische Verantwortung von Stadt, Land und Bund sicherzustellen, dass dieses Ziel erreicht wird.

Verwaltungsstandpunkt vom 09.11.2023

Alternativvorschlag:

  1. Die Absichtsbekundung des Freistaates Sachsen, weitere Kapazitäten zur Beratung von Betroffenen häuslicher Gewalt im Rahmen eines Modellprojektes in Leipzig finanziell zu fördern, wird zur Kenntnis genommen.
  2. Die städtischen Fördermittel für die Zentrale Sofortaufnahme der Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen werden ab 01.01.2024 um 20.400 Euro p.a. für 0,3 VZÄ in der Sozialarbeit aufgestockt. Die Finanzierung erfolgt aus dem Budget „Förderung von Vereinen und Verbänden“ (50_331_ZW).
  3. Bei Vermittlung von Nutzerinnen durch die Sozialarbeiterinnen in den Schutzeinrichtungen werden die Nutzerinnen verstärkt zum Sachgebiet Wohnraumversorgung des Sozialamtes vermittelt und die Zusammenarbeit ausgebaut.
  4. Der Oberbürgermeister setzt sich gegenüber der Sächsischen Staatsregierung dafür ein, dass die in der Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit enthaltenen Förderhöchstbeträge je Einrichtung bedarfsgerecht angehoben werden.
  5. Der Oberbürgermeister setzt sich gegenüber der Bundesregierung dafür ein, dass ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt nach den Vorgaben der Istanbul-Konvention geschaffen wird und sich der Bund an der Finanzierung beteiligt

 

Sachverhalt:

1. Begründung

Die Stadt Leipzig erkennt die aus dem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“) erwachsenden Verpflichtungen an, Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt zu schützen. Leipzig verfügt über ein differenziertes und gut aufgestelltes Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen. Die Angebote des Gewaltschutzes wurden in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut und weiterentwickelt.

Zu 1.

Beschlusspunkt 1 des Antrages sieht die Erweiterung der personellen und räumlichen Kapazitäten der Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking (KIS) Leipzig zum 01.01.2024 in den Bereichen Erwachsenenberatung, Kinder- und Jugendberatung, Netzwerkkoordination, Teamassistenz, Verwaltung und Projektkoordination und die Finanzierung zusätzlicher Räumlichkeiten sowie die Möglichkeit des Zugriffs auf das Sprint-Budget zur Sprachmittlung vor. Zum Umfang der Erweiterung (Stellen und erforderliche Haushaltsmittel) werden im Antrag keine Aussagen getroffen. Davon ausgehend, dass eine Erweiterung der genannten Bereiche um jeweils 1 VZÄ erfolgen soll, entstünden ab 2024 Mehraufwendungen im Budget „Förderung von Trägern der Wohlfahrtspflege“ (50_331_ZW) i.H.v. 453.080 Euro/Jahr.

Beschlusspunkt 1 des Antrages

Mehraufwendungen

Personal-kosten

Miete, Nebenk.

Sach-kosten

Verwaltungs-kosten

Gesamtkosten pro Jahr

KIS

388.000 €

17.280 €

9.000 €

38.800 €

453.080 €

1,0 VZÄ Erwachsenen-beratung S 11b / 3

68.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ Kinder- und Jugend-beratung S 11b / 3

68.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ S 11b / 3 Netzwerkkoordination

68.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ  Teamassistenz E 8 / 3

58.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ Verwaltung E 8 / 3

58.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ S 11b / 3 Projektkoordination

68.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

In den vergangenen Jahren wurde das System des Gewaltschutzes in Leipzig stetig erweitert. Die städtische Förderung der KIS wurde 2021 um 1,0 VZÄ Erwachsenenberatung und 0,5 VZÄ Kinder- und Jugendberatung aufgestockt, die der Fach- und Beratungsstelle bei sexualisierter Gewalt um 1,0 VZÄ für die Beratung betroffener Kinder und Jugendlicher. Im Juni 2023 startete ein neues Beratungsangebot für queere Betroffene sexualisierter Gewalt beim Träger Bellis e.V. Der Bedarf an Beratungskapazitäten der KIS ist danach weiter gestiegen. Eine weitere Aufstockung erscheint auch vor dem Hintergrund des Aufwuchses an geförderten Beratungs- und Unterstützungsangeboten beim Träger Frauen für Frauen e.V., der auch strukturell bewältigt werden musste, nicht sinnvoll.

Die Stadt Leipzig ist mit dem Freistaat Sachsen zur Situation in der Leipziger KIS im Austausch. Um eine nachhaltige Entlastung und Verbesserung des Leipziger Hilfesystems zu erreichen, beabsichtigt der Freistaat Sachsen, weitere Kapazitäten zur Beratung von Betroffenen häuslicher Gewalt im Rahmen eines Modellprojektes in Leipzig finanziell zu fördern. Punkt 1 des Verwaltungsstandpunktes informiert über die grundsätzliche Bereitschaft des Freistaates, weitere Beratungskapazitäten in Leipzig zu schaffen.

Zu 2.

Beschlusspunkt 2 des Antrages sieht die Aufstockung der Stellen in der Sofortaufnahme um Sozialarbeit, Kinder- und Jugendfachkraft, Erzieherin und Verwaltung vor. Zum Umfang der Erweiterung (Stellen und erforderliche Haushaltsmittel) werden im Antrag keine Aussagen getroffen. Davon ausgehend, dass eine Erweiterung der genannten Bereiche um jeweils 1 VZÄ erfolgen soll, entstünden ab 2024 Mehraufwendungen im Budget „Förderung von Trägern der Wohlfahrtspflege“ (50_331_ZW) i.H.v. 301.320 Euro/Jahr.

Beschlusspunkt 2 des Antrages

Mehraufwendungen

Personal-kosten

Miete, Nebenk.

Sachkosten

Verwaltungs-kosten

Gesamtkosten pro Jahr

Zentrale Sofortaufnahme

258.000 €

11.520 €

6.000 €

25.800 €

301.320 €

1,0 VZÄ Sozialarbeit S 11b/3

68.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ Kinder- und Jugendfachkraft S 11b / 3

68.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ Erzieherin S 8a / 3

64.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

1,0 VZÄ Verwaltung E 8 / 3

58.000 €

2.880 €

1.500 €

 

 

Das vom Freistaat Sachsen gemeinsam mit der Stadt Leipzig finanzierte Modellprojekt der Zentralen Sofortaufnahme und des 4. Frauenhauses wird von einem Träger betrieben. Nach dem Umzug bleibt die unmittelbare räumliche Nähe der Angebote erhalten. Daran ist die Personalausstattung mit einer Leitungsstelle ausgerichtet. Der besonderen Situation der Sofortaufnahme mit einem größeren Team Rechnung tragend, finanziert die Stadt Leipzig seit Oktober 2022 zusätzlich weitere 0,5 VZÄ für Leitungsaufgaben. Darüber hinaus finanziert die Stadt Leipzig beim Träger seit 2023 zusätzlich die Projektkoordination beider Angebote. Die weitere Förderung für 2024 im Umfang von 0,5 VZÄ ist beabsichtigt, 2023 werden aufgrund des erheblichen Aufwandes für den Umzug 0,75 VZÄ finanziert.

Auch der Freistaat Sachsen hat die Fördersumme für das Projekt erhöht. Die Gesamtförderung (Stadt Leipzig und Freistaat Sachsen) stieg von 783.888 Euro 2021 auf 884.023 Euro 2022. Im Jahr 2023 beträgt die Gesamtfördersumme 911.439 Euro.

Mit dem aktuell zur Verfügung stehenden Personal (7,1 VzÄ für Sozialarbeit) ist eine Doppelbesetzung in der Sofortaufnahme bereits jetzt umsetzbar. Damit kann in einem Zeitfenster von beispielsweise 9 bis 19 Uhr wochentags sowie 10 bis 14 Uhr samstags eine Doppelbesetzung erfolgen. Grundlage der Gespräche, die zwischen der Sofortaufnahme, dem Freistaat Sachsen und der Stadt Leipzig geführt wurden, waren zuletzt – nach Aufstockung der Fördermittel – unterschiedliche Vorstellungen zur personellen Ausstattung im Umfang von 2 Stunden am Tag von Montag bis Samstag, insgesamt 12 Stunden/Woche. Die Forderung des im Antrag zitierten offenen Briefes vom Juli 2023, der eine Doppelbesetzung von 8 bis 20 Uhr wochentags und 6 Stunden samstags als unverzichtbar bezeichnet, spiegelt diese Diskussion wider. Die weiteren Forderungen des offenen Briefes, der diesem Antrag zugrunde liegt, lassen sich aus dieser Diskussion heraus nicht nachvollziehen.

Um eine Doppelbesetzung der Tagschicht von 8 bis 20 Uhr wochentags sowie 10 bis 16 Uhr samstags zu ermöglichen, wird mit Beschlusspunkt 2 des Verwaltungsstandpunktes eine Aufstockung der Sozialarbeit um 0,3 VZÄ (12 Stunden/Woche) ab 2024 vorgeschlagen. Die Finanzierung der Aufwendungen i.H.v. 20.400 Euro p.a. erfolgt aus dem Fördermittelbudget des Sozialamtes.

zu 3.

Unter der Maßgabe, dass neuer Wohnraum mit eigenem Mietvertrag zugleich auch sicherer Wohnraum ist, stehen allen Nutzer/-innen von Gewaltschutzeinrichtungen die Angebote des Wohnungsmarktes zur Verfügung. Unterstützung bei der Wohnungssuche leistet dabei das Sozialamt, Sachgebiet Wohnraumversorgung. Voraussetzung dafür ist, dass die Betroffenen über ein Einkommen – auch aus Sozialleistungen – verfügen, dass unterhalb der Einkommensgrenzen für einen Wohnberechtigungsschein liegt und gleichzeitig zur Zahlung der Miete ausreichend ist. Von häuslicher Gewalt betroffene Menschen haben neben anderen vulnerablen Gruppen eine hohe Dringlichkeit bei der Wohnraumversorgung. Das Sozialamt arbeitet bei der Vermittlung in Sozialwohnungen eng mit der LWB GmbH und privaten Vermietern zusammen.

Zur Wohnraumversorgung für Nutzerinnen der Frauenschutzhäuser gab es zuletzt im Mai 2023 ein Gespräch zwischen Sozialarbeiterinnen der Einrichtungen, Jobcenter und Sozialamt, in dem die Schwierigkeiten der Suche auf dem Wohnungsmarkt, Angebote der Wohnraumversorgung, die Voraussetzungen auf Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins und der Zugang zu mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungen thematisiert wurde. Die Anzahl der Nutzerinnen, die die Unterstützung bei der Wohnraumversorgung in Anspruch nehmen, ist eher gering. Das Sozialamt hat in 2020 7 Haushalte, in 2021 11 Haushalte und in 2022 24 Haushalte unterstützt. Etwa ein Viertel dieser Haushalte konnte jedes Jahr mit Wohnraum versorgt werden. Dies ist im Vergleich zur Versorgung aller wohnungssuchenden Haushalte (durchschnittlich etwa die Hälfte) deutlich schlechter, was auch daran liegt, dass sich einige Betroffene doch zurück in die Ursprungswohnung begeben.

Durch eine stärkere Vermittlung durch die Sozialarbeiterinnen in den Schutzeinrichtungen zum Sachgebiet Wohnraumversorgung des Sozialamtes kann die Unterstützung bei der Wohnraumsuche ausgebaut werden. Einmal jährlich wird dazu ein Abstimmungstermin mit den Gewaltschutzeinrichtungen durchgeführt.

zu 4. und 5.

Die Beschlusspunkte 4 und 5 des Antrages wurden mit Änderungen übernommen. Der Alternativvorschlag unter Punkt 4 zielt darauf ab, die Förderhöchstbeträge je Einrichtung anzuheben. Unter Beschlusspunkt 5 wird ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Bekämpfung von geschlechterspezifischer Gewalt gefordert. Die Formulierung „in seiner Funktion als Vizepräsident des Deutschen Städtetages“ in Beschlusspunkt 5 wurde nicht übernommen, da der Oberbürgermeister in dieser Funktion keinen Weisungen des Stadtrates Leipzig unterliegt.

2. Realisierungs- / Zeithorizont

Die städtischen Fördermittel für die Zentrale Sofortaufnahme der Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen werden ab 01.01.2024 um 20.400 Euro p.a. für 0,3 VZÄ in der Sozialarbeit aufgestockt. Die Finanzierung erfolgt aus dem Budget „Förderung von Vereinen und Verbänden“ (50_331_ZW).

 

Neufassung des gemeinsamen Antrages vom 7. Dezember 2023

Um den Gewaltschutz in Leipzig langfristig und bedarfsgerecht auszubauen und damit die aktive Verhinderung von Femiziden zu stärken, beschließt der Stadtrat:

  1. Die Stadt Leipzig richtet mit Unterstützung des Landes zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein gemeinsames Modellprojekt ein, um die Kapazitäten für den Gewaltschutz entsprechend der wachsenden Bedarfe in Leipzig auszubauen und damit die Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking (KIS) spürbar zu entlasten.
  2. Die städtischen Fördermittel für die Zentrale Sofortaufnahme der Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen werden ab 01.01.2024 um zunächst 20.400 Euro p.a. für 0,3 VZÄ in der Sozialarbeit aufgestockt. Die Finanzierung erfolgt aus dem Budget „Förderung von Vereinen und Verbänden“ (50_331_ZW). Bei weiterem Förderbedarf werden ab 2025 mit dem neuen Doppelhaushalt 2025/26 die Mittel weiter erhöht.
  3. Bei Vermittlung von Nutzerinnen durch die Sozialarbeiterinnen in den Schutzeinrichtungen werden die Nutzerinnen verstärkt zum Sachgebiet Wohnraumversorgung des Sozialamtes vermittelt und die Zusammenarbeit ausgebaut.
  4. Der Oberbürgermeister setzt sich gegenüber der Sächsischen Staatsregierung dafür ein, dass die in der Richtlinie zur Förderung der Chancengleichheit enthaltenen Förderhöchstbeträge je Einrichtung bedarfsgerecht angehoben werden.
  5. Der Oberbürgermeister setzt sich gegenüber der Bundesregierung dafür ein, dass ein einheitlicher Rechtsrahmen für die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt nach den Vorgaben der Istanbul-Konvention geschaffen wird und sich der Bund an der Finanzierung beteiligt.

Beschluss der Ratsversammlung am 13. Dezember 2023

Der Antrag wurde im Sinne der Neufassung so beschlossen.

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