Antrag: Umweltbibliothek sichern und weiterentwickeln

Antrag vom 23. April 2020

Beschlussvorschlag:

  1. Der Stadtrat bekennt sich zum Erhalt der Umweltbibliothek Leipzig als wichtigem Erbe der Friedlichen Revolution und unverzichtbarem Bestandteil der Umweltbildung und -information in Leipzig.
  2. Die Finanzierung der Umweltbibliothek für das Jahr 2020 und 2021 wird von der Stadt mit jeweils 60 T € gesichert.
  3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum III. Quartal 2020 ein Konzept zur Sicherung und langfristigen Weiterentwicklung der Umweltbibliothek vorzulegen und dabei insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:
    • Langfristig tragfähige Trägerschaft durch den Ökolöwe Leipzig e.V. oder durch kommunale Träger wie das Umweltinformationszentrum, Stadtbibliothek o.a.,
    • Erschließung weiterer Nutzerkreise,
    • Konzeptionelle Weiterentwicklung und ganzheitliches öffentliches Angebot der Umweltbildung,
    • Darstellung der erinnerungskulturellen Bedeutung der Umweltbibliothek im Kontext der Friedlichen Revolution.

Begründung:

Die Umweltbibliothek Leipzig ist eine der größten deutschen Umweltbibliotheken, die sich in freier Trägerschaft befinden. Gegründet 1988 durch die AG Umweltschutz beim Jugendpfarramt Leipzig, ist sie als Reaktion auf staatliche Zensur und Desinformation fest in die friedliche Revolution 1989 eingeschrieben. Unter den 22.000 Sammelobjekten befinden sich u.a. 150 Ausgaben von Periodika und Einzelveröffentlichungen der kirchlichen Umweltgruppen der DDR als Sonderbestand, aber auch „Graue Literatur“ aus Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden, Vereinen, Verbänden und Instituten. Dieses Erbe der Vorwendezeit, der Friedlichen Revolution aber auch der Umweltarbeit der letzten 30 Jahre gilt es zu sichtbar zugänglich bewahren. Die Umweltbibliothek Leipzig ist mit ihrem Gesamtbestand von 22.000 Objekten und mehr als 77 Veranstaltungen im Jahr 2019 die größte Umweltbibliothek Deutschlands. Die Umweltbibliothek schließt damit auch eine Bestandslücke bei den Stadtbibliotheken.

Nachwievor ist die mehrfach ausgezeichnete Umweltbibliothek eine zentrale Informationsstelle in Umweltfragen in der Region, die von Schülerinnen, Studenten und Pädagogen bis hin zu Verwaltungsmitarbeiterinnen und Planungsbüros genutzt wird und den Bestand auch per Fernleihe bereitstellt. Der Betrieb der Umweltbibliothek in der seit 1990 befindlichen Trägerschaft durch den Ökolöwen Leipzig e.V. gerät seit vielen Jahren an seine Grenzen. Bereits in den letzten Jahren wurden Kosten gesenkt und viele Öffnungszeiten und Veranstaltungen im Ehrenamt durchgeführt. Die Stadtverwaltung beabsichtigt nun, die Fördermittel ab 2020 um 50 Prozent zu reduzieren. Damit droht der Umweltbibliothek eine Schließung auf Raten, die weder der historischen Bedeutung noch der wachsenden Relevanz von Umweltbildung in dieser Zeit gerecht wird. Dies ist insbesondere auch deswegen unverständlich, da die Nutzerzahlen trotz Einschränkung, in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen sind.

Das vorgeschlagene Budget in Höhe von 60 T€/Jahr in 2020 und 2021 erlaubt es, die Umweltbibliothek mit einer konzeptionellen Weiterentwicklung in die Zukunft und eine dauerhaft tragfähige Trägerschaft ab 2022 zu führen. Dafür kommt einerseits die Beibehaltung der Trägerschaft des Ökolöwe Leipzig am bestehenden Standort mit einem festen Finanzierungsbetrag infrage. als auch eine andere, kommunale Trägerschaft z.B. durch das Umweltinformationszentrum, die Stadtbibliothek o.a.

Denkbar ist zum anderen eine Trägerschaft der Stadtbibliothek und Präsentation des Bestands in einer gut mit dem ÖPNV erschlossenen Stadtteilbibliothek mit dem Schwerpunkt der Umweltbildung. Ebenso möglich erscheint die Integration in das Umweltinformationszentrum oder das neue Naturkundemuseum. Dabei sollte das Angebot durch moderne bibliothekarische Präsentationsformen und Medien ergänzt werden, die insbesondere für Schulklassen attraktiv ist. Die historische Bedeutung der Bibliothek sollte sowohl am bisherigen Standort des Hauses der Demokratie, als auch an einem neuen Standort auf geeignete Weise gewürdigt werden.

 

Verwaltungsstandpunkt

Alternativvorschlag:

Die Ratsversammlung nimmt die im Einvernehmen mit dem Fachausschuss für Umwelt und Ordnung für das Jahr 2020 ausgereichte Projektförderung des Amtes für Umweltschutz für die Umweltbibliothek in Höhe von 35.000,- € zur Kenntnis. Eine Übernahme der Trägerschaft durch die Stadt Leipzig wird geprüft. Das Prüfergebnis wird dem FA U&O bis zum Ende des III. Quartals 2020 zur Kenntnis gegeben.
 
Begründung:
 

Im strategischen Zielbild der Stadt bildet der Leitsatz „Leipzig wächst nachhaltig!“ den Kern der Betrachtung, der in sämtliche Handlungsfelder wirkt. Es ist die vereinbarte Grundhaltung der städtischen Akteure, die Herausforderungen des Wachstums nachhaltig auszugestalten.


Mit der Projektförderung im Rahmen der Fachförderrichtlinie des Amtes für Umweltschutz unterstützt die Stadt vielfältiges zivilgesellschaftliches Engagement mit Fokus auf die Belange des Umweltschutzes und der Nachhaltigen Entwicklung. Grundlage dieser Projektförderung ist die Chancengleichheit aller Antragstellenden, weshalb Vorfestlegungen und außerhalb des Förderverfahrens stehende Einflussnahmen auf den jährlich stattfindenden Auswahlprozess allenfalls als Ultima Ratio in Betracht kommen sollten.

 

Mit Ratsbeschluss VI-HP-02823 (ÄA 2 zum A 108/15/16) vom 18.03.2015 hat sich der Stadtrat für die Förderung und den dauerhaften Erhalt und Entwicklung der Umweltbibliothek ausgesprochen. Ein Zuschuss in Höhe von mindestens 35.000 Euro wurde beschlossen. Der Ökolöwe Umweltbund Leipzig e.V. beantragt jährlich im Rahmen der Projektförderung eine Förderung in Höhe von ca. 70.000 Euro. Die folgende Darstellung zeigt die entsprechende Entwicklung:

Aufgrund einer deutlichen Überzeichnung des für die Förderung durch das Amt für Umweltschutz zur Verfügung stehenden Planansatzes (324.750 Euro) für das Jahr 2020 bei einem Antragsvolumen von ca. 507.000 Euro und der Vorlage zahlreicher qualifizierter Projektanträge, wurde das Auswahlverfahren des Amtes für Umweltschutz weiterentwickelt. Die Umweltbibliothek lag mit ihren im Rahmen des Auswahlverfahrens erreichten Wertungspunkten nicht im Bereich der geförderten Projekte und wurde dennoch mit Blick auf den o. g. Stadtratsbeschluss mit 35.000,- € für eine Förderung vorgesehen. Der zuständige Fach-ausschuss Umwelt und Ordnung hat in seiner Sitzung am 04.02.2020 einstimmig sein für die Ausreichung der Fördermittel erforderliches Einvernehmen erklärt. Der Fördermittelbescheid ist bestandskräftig.

Seit Jahren finanziert die Stadt die Förderung der Umweltbibliothek aus den Haushaltsmitteln des Amtes für Umweltschutz. Eine institutionelle Förderung sieht die Fachförderrichtlinie des Amtes für Umweltschutz nicht vor.

 

Soweit dies die jeweiligen Haushaltsansätze zulassen, beabsichtigt die Verwaltung als freiwillige Aufgabe auch zukünftig Zuwendungen für ökologische Projekte zur Sicherung und Wiederherstellung der natürlichen Funktionen der Umweltmedien Boden, Luft und Wasser sowie zum Schutz des Klimas und der natürlichen Lebensgrundlagen vor schädlichen Veränderungen zu gewähren, wie es die Fachförderrichtlinie des Amtes für Umweltschutz vorsieht.

 

Eine Eingliederung der Umweltbibliothek als Umweltbildungseinrichtung in das Umwelt-informationszentrum der Stadt Leipzig ist nicht kurzfristig umsetzbar. Hinzu kommt, dass die Stadt Leipzig die Umweltbibliothek unter Beibehaltung der derzeitigen Leistungen weder kostengünstiger betreiben, noch eine personaltechnisch abgesicherte Betreibung ermöglichen kann.

 

Perspektivisch soll - insbesondere vor dem Hintergrund der Überlegung zum Bau eines neuen Verwaltungszentrums und der in diesem Zusammenhang erforderlichen räumlichen Neuausrichtung - eine Zusammenführung mit anderen Institutionen ergebnisoffen geprüft werden.

 

Innerhalb der Stadtverwaltung erscheinen neben dem Umweltinformationszentrum und der Stadtbibliothek auch das Schulbiologiezentrum, das Stadtgeschichtliche Museum oder das Stadtarchiv als mögliche Ansprechpartner. Auch der Bürgerkomitee Leipzig e. V., das Bundes- und Landesarchiv sowie das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig sollten angesprochen werden. Um dem Anliegen und Anspruch des bedeutenden historischen Erbes der Umweltbibliothek gerecht zu werden, bedarf dieser Prozess jedoch einer inhaltlichen Vorbereitung und bürgerschaftlicher Begleitung und kann nicht im laufenden Kalenderjahr abgeschlossen werden. Soweit dieser Prozess aus der Stadtverwaltung initiiert und gesteuert werden sollte, müssten hierfür zunächst die erforderlichen Personalressourcen geschaffen werden, die derzeit nicht vorhanden sind.

 

Beschluss der Ratsversammlung am 9. Juli 2020

Der Antrag wurde in den Punkten 1 (51/7/2), und 3 (41/15/4 so beschlossen. Beschlusspunkt 2 wurde vom Stadtrat mit 41/15/4 abgelehnt.

Zurück