Antrag: Verkauf des Stadtbades stoppen!

Antrag vom 1. Juni 2018

Beschlussvorschlag:

  1. Das Ausschreibungsverfahren zum Stadtbad in der Eutritzscher Straße 21 wird aufgehoben und ohne vorherige Zuschlagserteilung beendet.
  2. Das Stadtbad verbleibt dauerhaft im Eigentum der Stadt.
  3. Die Stadtverwaltung wird unter Einbeziehung insbesondere der Sportbäder GmbH und anderer kommunaler Unternehmen sowie in Abstimmung mit möglichen Fördermittelgebern zu nachfolgenden Aufgaben beauftragt:
    a) Wiederherstellung des öffentlichen Badbetriebes sowie Berücksichtigung von weiteren insbesondere sportlichen und (sozio-)kulturellen Zwecken, Wellness und Wohnen;
    b) die mittelfristige Sanierung des Stadtbades unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes;
    c) Gewährleistung einer weitgehenden öffentlichen Zugänglichkeit des Stadtbades.
  4. Die Stadtverwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob auf dem benachbarten Grundstück (Ecke Eutritzscher-/Roscherstraße) das Stadtbad insbesondere in Bezug auf Sport- und Schulschwimmen durch einen Ergänzungsbau erweitert werden kann. Dahingehend ist ein Flächenankauf oder Flächentausch mit dem Eigentümer (Freistaat Sachsen) zu verhandeln.
  5.  Die Förderstiftung ist in die Planungen miteinzubeziehen.

 
Sachverhalt:
 
In unmittelbarer Nähe zum historischen Stadtbad in der Eutritzscher Straße 21 soll in den nächsten Jahren ein neuer Stadtteil mit 2.000 Wohnungen für 3.300 neue Bewohner*innen entstehen. Der neue Stadtteil bekommt eine Grundschule, eine Oberschule und Sporthallen. 330 Plätze in Kindertagesstätten sind des Weiteren in Planung. Ein Schwimmhallenneubau wird dagegen nicht geplant. Auch an der Westseite des Hauptbahnhofes wird ein neues Stadtquartier mit hunderten von Wohnungen und einer Schule entstehen.
tl_files/Gruene_Fraktion_Leipzig/p/Stadtraum fuer alle/Stadtbad.jpg
Mit dem Voranschreiten der seit gut einem Jahr laufenden Planungen zum ehemaligen Freiladebahnhof an der Eutritzscher Straße ist bei der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen die Erkenntnis gereift, dass sowohl für die beiden neuen Stadtquartiere als auch die angrenzenden Quartiere ausreichende Schwimmmöglichkeiten unbedingt vorzuhalten sind. Das heißt: wir sprechen uns aufgrund dieser Notwendigkeit für den Erhalt und eine Nutzung sowohl der großen wie auch der kleinen Schwimmhalle aus. Neben dem Freizeitschwimmen wollen wir außerdem überprüfen lassen, inwieweit auch Sport- und Schulschwimmen insbesondere durch einen Erweiterungsbau vorgehalten werden können.

Die Ausschreibung zum Verkauf des Stadtbades sieht für die Schwimmhallen allerdings lediglich eine gewerbliche Nutzung vor. Zudem wird der Erhalt nur einer Schwimmhalle gefordert. Des Weiteren verlangt die derzeitige Ausschreibung auch nur eine öffentliche Zugänglichkeit in Teilbereichen.

Vor diesem Hintergrund sprechen wir uns für die umgehende Aufhebung des  Ausschreibungsverfahren zum Stadtbad in der Eutritzscher Straße 21 aus, ohne dass vorher ein Zuschlag erteilt wurde, da ausreichend öffentliche Schwimmmöglichkeiten für die angrenzenden Quartiere und ihre (neuen) Bewohner*innen nicht vorgesehen sind und außerdem aufgrund fehlender geeigneter anderer kommunaler Liegenschaften auch nicht geplant werden können.

Die Förderstiftung Leipziger Stadtbad ist selbstverständlich in die Planungen weiter miteinzubeziehen. Im Sinne einer gemeinwohlorientierten Nutzungsmischung sind vor dem Hintergrund der wachsenden Stadt außerdem weitere sportliche und (sozio-)kulturelle Zwecke, Wellness, aber auch Wohnen mitzuberücksichtigen.

Foto: Leipzig-GIS

 

Verwaltungsstandpunkt vom 22. August 2018

Die Verwaltung empfiehlt eine Ablehnung des Antrages in Punkt 2 und eine Ablehnung (da bereits Verwaltungshandeln) in den Punkten 1, 3, 4, 5

Begründung

Das Leipziger Stadtbad wurde in den Jahren 1913 bis 1916 im Stil des Historismus errichtet und am 15.07.1916 eröffnet. Aufgrund seiner kultur­historischen Bedeutung ist das Objekt als Denkmal geschützt. Im Jahr 2004 wurde das Stadtbad aufgrund bauordnungsrechtlicher Mängel geschlossen und dem Liegenschaftsamt zur Vermarktung übergeben.
Gegenwärtig befindet sich eine GVA-Informationsvorlage im Umlauf, die über die aktuelle Gesamtsituation zum Leipziger Stadtbad informiert. Die Inhalte dieses Verwaltungsstandpunktes entsprechen den Angaben der Informationsvorlage.    

zu 1.

Ist bereits Verwaltungshandeln.

Im Ergebnis der Ausschreibung musste festgestellt werden, dass die eingereichten Konzepte neben wirtschaftlichen Kritikpunkten insbesondere nicht den Anforderungen der denkmalpflegerischen und städtebaulichen gestellten Vorgaben entsprachen. Die geplanten Umnutzungen z.B. für Wohnen, Büro- oder Einzelhandelsnutzungen wurden vom Denkmalschutz jeweils kritisch beurteilt, da die damit verbunden Ein- und Umbauten jeweils einen Eingriff in die die Gebäudesubstanz bedeutet hätten. Die Umnutzung der entsprechenden Teilbereiche ist nach Angaben der Investoren jedoch zwingend notwendig, um den geplanten Investitionsaufwand sowie das Zuschussgeschäft aus der laufenden Badbetreibung zu finanzieren.   
Die Diskrepanzen wurden jeweils als so hoch eingeschätzt, dass eine Justierung und Nachbesserung nicht ausgereicht hätte, um allen Belangen gerecht zu werden.
Das aktuelle Ausschreibungsverfahren ist beendet.  

zu 2.

Wird abgelehnt.

In einer im Jahr 2011 angefertigten Machbarkeitsstudie durch die Kannewischer Ingenieurgesellschaft mbH wurden für eine Reaktivierung als Stadtbad und die erweiterte Nutzung als einzigartige „Wellness-Mall“ Investitionskosten i.H.v. ca. 30,0 Mio. Euro veranschlagt. Als Einzugsgebiet wurden das Stadtgebiet von Leipzig sowie die nähere Umgebung (ca. 50 km) angesetzt. In der Studie wurde darauf hingewiesen, dass die denkmalpflegerischen Anforderungen zu erhöhten Investitions- und Unterhaltungskosten führen können. Die kalkulierte Finanzierungslücke entsprach zum damaligen Zeitpunkt bereits 1,0 Mio. Euro / Jahr.
Die Baukosten sind auf Grund der guten wirtschaftlichen Entwicklung in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, so dass aktuell mit einem Investitionsvolumen von 40,0 Mio. Euro bis 45,0 Mio. Euro gerechnet werden sollte. Darüber hinaus sind auch die laufenden, Unterhaltungskosten, insbesondere für Energie und Personal, erheblich gestiegen. Trotz günstigerer Marktzinsen ist somit davon auszugehen, dass sich die Finanzierungslücke weiter vergrößert hat.
Die Nutzung als weiteres, quartiernahes Schwimmhallenflächenangebot wäre auf Grund des notwendigen Sanierungsaufwandes sowie der hohen jährlichen Unterhaltskosten vergleichsweise höher als bei modernen Schwimmhallen.
Das Stadtbad soll mit dem Ergänzungsgrundstück (vgl. Punkt 4), unter Berücksichtigung der erwarteten Dynamik aus der stadträumlichen Entwicklung auf dem benachbarten Areal des Freiladebahnhofs, neu ausgeschrieben werden. Ziel ist der Abschluss eines Erbbaurechts-vertrages über die Gesamtflächen zur Umsetzung des Vermarktungsauftrages und der festgelegten Ziele gemäß Beschluss der Ratsversammlung Nr. RBV-1975/14 vom 19.03.2014 (Das Gebäude ist umfassend zu sanieren und ein öffentlich zugänglicher Ort zu schaffen, der die Stadt kulturell und sportlich bereichert. Dazu gehören Gesundheitsführsorge, Wellness, Bildungs- und Kulturangebote).

zu 3.     
Wird teilweise abgelehnt. Ist teilweise bereits Verwaltungshandeln.

Es besteht grundsätzlich Neubaubedarf für den Schul-, Freizeit- und Vereinssport. Kurz- und mittelfristig hat das „Sportprogramm 2024“ diesen Bedarf auf ca. 1.000 m² festgesetzt und in den Stadtbezirken Ost und Süd verortet.
Laut Einschätzung des Schwimmsport-Verbandes Leipzig e.V. sollten 25-Meter Schwimmhallen mit Flachwasserbecken errichtet werden, um möglichst viele Bedarfe abzudecken. Die Formen und Größe der Becken im Stadtbad entsprechen in keiner Weise mehr den aktuellen Anforderungen und erfüllen nicht die heutigen Normen für Vereinswettkämpfe. Jedoch könnte nach einer Sanierung das Stadtbad für alle anderen Nutzungsarten als ein weiteres, quartiernahes Schwimmhallenflächenangebot dienen.

Nach Errichtung der beiden geplanten neuen 25-Meter-Schwimmhallen in den Stadtbezirken Süd und Ost bis zum Jahr 2024 könnte in Erarbeitung des nachfolgenden Sportprogramms geprüft werden, ob eine Reaktivierung des Leipziger Stadtbades auch unter Wirtschaftlichkeitsprämissen Ziel im Sportstättenentwicklungskonzept ab 2025 werden sollte. Mit Bezug auf die Erläuterungen im Punkt 2 ist dies jedoch entbehrlich.

Die Punkte 3a bis 3c werden gemäß Beschluss der Ratsversammlung Nr. RBV-1975/14 als Grundlage der geplanten Neuausschreibung entsprechend berücksichtigt. Hierzu ist im Vorfeld einer Ausschreibung der vorhandene Zielkonflikt zwischen den hohen denkmalpflegerischen Vorgaben und einer wirtschaftlich tragfähigen Nutzungsmischung (Wellness, Wohnen, Büro, Gastronomie, kleinteiliger Einzelhandel, etc.) zu lösen.

Die Sportbäder Leipzig GmbH ist mit ihrer derzeitigen Struktur (Personal, Ausstattungen etc.) und ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage, das Stadtbad zu übernehmen, zu sanieren und dauerhaft zu betreiben.

zu 4.

Wird teilweise abgelehnt. Ist teilweise bereits Verwaltungshandeln.  

Die Bemühungen über den Ankauf einer Teilfläche des Nachbargrundstücks ist bereits Verwaltungshandeln. Es ist zwingend notwendig zusätzliche Stellplatz- und Nutzflächen in unmittelbarer Nachbarschaft dauerhaft zu sichern. Der Ankauf ist für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Leipziger Stadtbades somit unabdingbar. Ein Neubau wird zur Verbesserung einer wirtschaftlich tragfähigen Gesamtkalkulation beitragen und das Finanzierungsdefizit aus dem Zuschussgeschäft einer Badbetreibung abmildern. Der Freistaat Sachsen verknüpft an den geplanten Verkauf jedoch ausdrücklich die Bedingung einer Zweckbindung für PKW-Stellplätze und ggf. Nutzung von Büroflächen.  

Mit Bezug auf die Erläuterungen in den Punkten 2 und 3 ist dies Prüfung eines Ergänzungsbaus für Sport- und Schulschwimmen entbehrlich und auf Grund einer geforderten Zweckbindung durch den Freistaat Sachsen nicht möglich.

zu 5.
Ist bereits Verwaltungshandeln.

Es besteht regelmäßiger Kontakt zur Förderstiftung. Diese wird in die Vorgänge eingebunden und regelmäßig über aktuelle Stände informiert.

Beschluss der Ratsversammlung am 22. Juli 2021

Der Antrag wurde mit einer Rede von Tim Elschner in der Ratsversammlung zugunsten der zugleich beschlossenen Verwaltungsvorlage für erledigt erklärt und zurückgezogen.

Zurück