Antrag: Verpackungssteuer zum Erfolg machen - Gastronomie bei der Anschaffung von Mehrwegsystemen unterstützen
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, begleitend zur Einführung einer Verpackungssteuer eine geeignete Unterstützung von gastronomischen Klein- und Kleinst-Unternehmen zur Anschaffung von Mehrwegsystemen zu entwickeln. Hierzu ist Stadtrat bis zum 4. Quartal 2023 eine Vorlage zu unterbreiten.
Begründung:
Am 24. Mai 2023 hat das Bundesverwaltungsgericht die Tübinger Verpackungssteuer, die seit Januar 2022 in Kraft ist, als rechtmäßig bestätigt. Nun beabsichtigt die Verwaltung auch für Leipzig eine Satzung zur Erhebung einer solchen Verpackungssteuer erarbeiten.
Aus der Antwort auf die Anfrage VII-F-08726 ergibt sich, dass in Leipzig schätzungsweise 43% bzw. 410 Tonnen des Mülls aus öffentlichen Papierkörben dem leicht vermeidbaren Einweg-Müll zuzuordnen sind, für dessen Entsorgung im Jahr 2022 ca. 575.000 € angefallen sind. Mit einer Verpackungssteuer werden klare Anreize zur Nutzung von Mehrweggeschirr und -besteck gesetzt. Denn es hat sich gezeigt, dass in Leipzig trotz der seit Januar 2023 geltenden Mehrwegangebotspflicht kaum auf Mehrweg umgestellt wird (VII-F-08396-AW-01). Außerdem kann damit ein klarer Schritt gegen den deutlichen Aufwärtstrend des Müllaufkommens aus öffentlichen Papierkörben unternommen werden.
Die Stadt Leipzig selbst schätzt ein, dass eine Verpackungssteuer zur weiteren Reduktion des Restmüllaufkommens in Leipzig zuträglich sein kann und positioniert sich positiv zur Erarbeitung einer Verpackungssteuer. Damit wird auch dem Ziel Leipzigs, Zero-Waste-Stadt zu werden, Rechnung getragen.
Die Verpackungssteuer ist dann ein Erfolg, wenn sie die Nutzung von Einwegverpackungen reduziert und Verbraucher*innen zur Nutzung von Mehrwegsystemen anregt. Dies setzt voraus, dass gastronomische Betriebe entsprechende Mehrwegsysteme anschaffen. Es ist davon auszugehen, dass größere Gastronomiebetriebe, insbesondere im Franchisebereich diese Umstellung eigenständig leisten können. Für gastronomische Klein- und Kleinstunternehmen stellt die Umstellung auf Mehrwegsysteme jedoch durchaus eine Herausforderung dar. Für sie gilt es nach Tübinger Vorbild eine finanzielle Förderung, begleitet von Informationsangeboten zu entwickeln. Ziel muss es sein, Mehrwegsysteme zu etablieren, bei denen möglichst zusätzliche Transporte vermieden werden.
Alternativvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, für den Fall der Einführung einer Verpackungssteuer eine geeignete Unterstützung von Betrieben zur Anschaffung und/oder dem Betrieb von Mehrwegsystemen zu entwickeln. Hierzu wird dem Stadtrat nach Satzungsbeschluss über eine Verpackungssteuer auch eine Vorlage für Förderungen unterbreitet.Sachverhalt
Der begleitende Förderansatz wird durch die Stadtverwaltung ausdrücklich begrüßt.
Um eine Förderung zielgerichtet und effektiv einzusetzen, ist es jedoch erforderlich, die Bedürfnisse der von einer Steuerlast betroffenen Betriebe genauer zu analysieren. Aus den Ergebnissen ist eine Beurteilung möglich, ob zusätzlichen Maßnahmen sinnvoll und notwendig sind. Insoweit wird aus Sicht der Wirtschaftsförderung eine positive Anreizwirkung einer Steuer ohnehin vorgezogen. Dabei kann ein Fokus auf räumlich zusammenhängende Schwerpunktgebiete erfolgen, in denen eine hohe Verunreinigung besteht. Aber auch eine flächendeckende Förderung von einem Mehrwegsystem kann die Akzeptanz zu abfallarmen Konsumverhalten steigern und die negativen Auswirkungen des sogenannten Litterings reduzieren.
Eine Förderung ließe sich im Mittelstandsförderprogramm integrieren, z. B. wenn dargelegt wird, dass durch Mehrwegangebote ein zusätzlicher Umsatz erwartet oder die Umweltbilanz gestärkt würde. Hier kann auch eine Prüfung des in Tübingen eingesetzten Fördermodells parallel zur oben aufgeführten Prüfung der Realisierung einer Verpackungssteuer erfolgen.
Die sich im Rahmen der Prüfungen ergebenden Förderungen könnten parallel mit Maßnahmen begleitet werden, wie beispielsweise der Auflage zur Mehrweg-Nutzung bei Verpachtung oder Sondernutzung von öffentlichen Flächen für Veranstaltungen.
Ebenfalls wären die Aufklärungs- und Beratungsangebote für betroffene Unternehmen auszubauen. Hierzu kann auf die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem laufenden Förderprojekt „Mehrweg“ des Bundesförderprogramm „Zukunftsfähige Zentren Leipzig“ zurückgegriffen werden. Dort wird unter dem Slogan „Allerlei to go“ in 3 Stadteilen ein analoger Ansatz verfolgt und werden Gastronomen bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen zum Mehrweggebot finanziell und beratend unterstützt.
Diese mit dem Antrag begehrte Unterstützung vom Kleinst- und Kleinunternehmen zur Anschaffung von Mehrwegsystemen ist jedoch an die Einführung einer Verpackungssteuer der Stadt Leipzig geknüpft und ihr insoweit nachgelagert. Sodass der vom Antrag avisierte Vorlagezeitraum nicht realisiert werden kann.
Es müssen die Ergebnisse der zwischenzeitlich eingereichten Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht abgewartet werden, die als Maßgaben im Zusammenhang mit den genannten Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichtes für eine rechtssichere Verabschiedung einer Leipziger Verpackungssteuer zu beachten sind. Zudem ist unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Leipziger Unternehmen, eine Kosten-Nutzen-Analyse aufzustellen, auf deren Grundlage die Einführung einer Verpackungsteuer geprüft werden muss.
Mögliche Einnahmen aus einer Verpackungsteuer wären dem Produkt 611001 Steuern, allgemeine Zuweisungen, zuzuordnen und würden damit in den Gesamthaushalt einfließen. Analog der Beherbergungssteuer könnten die höheren Haushaltseinnahmen für die freiwillige Leistung „Förderung eines stadtweit einheitlichen Mehrwegsystems“ verwandt werden.
Daher wird in Abänderung des Antrages vorgeschlagen, nach Vorliegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verpackungssteuer ämterübergreifend die Förderbedarfe und -möglichkeiten zu analysieren und die Ergebnisse nach Satzungsbeschluss über eine Verpackungssteuer der Ratsversammlung zur Entscheidung vorzulegen.
Realisierungs- / Zeithorizont (entfällt bei Ablehnung des Antrags)
Die Zeitschiene kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht benannt werden, da die verwaltungsinterne Abstimmung sowie die Erarbeitung einer Vorlage abhängig von der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes sind. Die Vorlage wird dem Stadtrat schnellstmöglich nach Satzungsbeschluss über eine Verpackungssteuer vorgelegt.
Beschluss in der Ratsversammlung am 20. Juni 2024
Der Antrag wurde im Sinne des zur Abstimmung gestellten Änderungsantrages der Stadträte Neuhaus/Geißler wie folgt beschlossen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt
- die s.g. Verpackungssteuer in allen Verwaltungsdokumenten künftig als Take-Away-Steuer zu bezeichnen, um Klarheit über den Charakter der Besteuerung herzustellen.
- dem Stadtrat unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 30.09.2025, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Zulässigkeit einer kommunalen Take-Away-Steuer) und nach Abwägung der mit der Take-Away-Steuer verbundenen Vor- und Nachteile eine Informationsvorlage bezüglich der Bewertung der Steuer, sowie daraus abgeleiteter Pläne und Schritte der Stadt Leipzig vorzulegen. Die entsprechende Infovorlage ist den zuständigen Ausschüssen, sowie dem Stadtrat zur Beratung vorzulegen.
- Im Falle einer positiven Bewertung die Einführung der Verpackungssteuer an die Etablierung eines möglichst in ganz Leipzig gültigen Mehrweg- bzw. Pfandsystems zu koppeln und dem Stadtrat mit dem Satzungsbeschluss über eine Take-Away-Steuer auch eine Vorlage über ein solches Mehrwegsystem vorzulegen. Dieses System soll flächendeckend und einheitlich genutzt werden, um zu vermeiden, dass Systeme entstehen, die nur in einem oder wenigen Geschäften gültig sind. Dafür ist es gemeinsam mit den Umweltverbänden und der IHK zu entwickeln.