Antrag: Weiterentwicklung der städtischen Anlagerichtlinie um Nachhaltigkeitskriterien im Sinne von Divestment (Neufassung)

Antrag vom 27. April 2017 in der Neufassung vom 11. Dezember 2017

Beschlussvorschlag:

1.    Der Stadtrat beschließt, dass für städtische Finanzanlagen ab dem 1. Quartal 2018 zusätzlich der Grundsatz gelten soll, nicht mehr in Bereiche zu investieren, die unter ökologisch, sozial und/ oder ethisch bedenklich sind. Die nach § 89 Abs. 3 Satz 2 der Sächsischen Gemeindeordnung bestehenden Grundsätze (Sicherheit, angemessener Ertrag, Sicherstellung der Liquidität) für städtische Finanzanlagen sind hiervon unberührt.
 
Es gilt der Grundsatz, dass die Risikominimierung vor Renditemaximierung steht. Der Antrag bezieht sich ausschließlich auf Wertpapiere im Sinne des Wertpierhandelsgesetzes  (inkl. Fonds) sowie Einlagen (inkl. Termingelder) mit einer festen Laufzeit. In diesem Sinne sind die im Antrag verwandten Begriffe " Finanzanlagen", "städtische Spezialfonds" und "Fonds" zu interpretieren. Die Stadt Leipzig wird in ihrem Spezialfonds die Quote der nachhaltigen Direktinvestments je nach Marktlage in den nächsten 3 – 5 Jahren auf 100% steigern. Die Anlagestrategie wird halbjährlich überprüft.“
 
 
2.    Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, den städtischen Spezialfonds und auch alle weiteren nicht Anlagen, d.h. Wertpapiere/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs.4 auf die unter Beschlusspunkt 1 genannten Grundsätze zu verpflichten.
 
 
3.    Der Stadtrat beschließt als Mindeststandards für die Bewirtschaftung von Wertpapieren/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs. 4, die durch die Stadt Leipzig gehalten werden oder an denen sich die Stadt beteiligt:
 

  • keine Beteiligung an Unternehmen, die auf Atomkraft) setzen oder Schiefergasgewinnung (so genanntes Fracking) betreiben;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Waffen- und Rüstungsgüter herstellen oder vertreiben;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, welche nicht international anerkannten Prinzipien wie die UN Universal Declaration of Human Rights und die ILO Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung) einhalten.
  • Die Umsetzung erfolgt in Form des sogenannten Best in Class Ansatzes, kombiniert mit Ausschlusskriterien (Blacklist) gemäß der Beschlusspunkte

4.    Darüber hinaus wird der Oberbürgermeister beauftragt, mittelfristig für die Bewirtschaftung von Wertpapieren/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs. 4 die nachfolgenden, weitergehenden Grundsätze anzuwenden:
 

  • Keine Beteiligung an Unternehmen, die Kohlekraft nutzen;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die in grüner Gentechnik (Agrogentechnik) engagiert sind,
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Tierversuche bei Kosmetika durchführen,
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Lebensmittel-/Agrarspekulationen betreiben.

 
5.    „Beteiligungsunternehmen, an denen die Stadt Leipzig unmittelbar oder mittelbar satzungsändernden Einfluss ausüben kann sind aufgefordert, ihre Finanzanlagen anhand des unter Beschlusspunkt 1 genannten Nachhaltigkeitsgrundsatzes zu prüfen und das Ergebnis dem Aufsichtsrat zur Bewertung vorzulegen.“
 
6.    Der Stadtrat wird zukünftig alle zwei Jahre transparent über die Umsetzung und Einhaltung des Beschlusses und der festgesetzten Kriterien informiert.


Sachverhalt:

Ausgangslage:

Für die Ausgestaltung der städtischen Finanzanlagen besteht eine interne Dienstanweisung. Diese interne Dienstanweisung berücksichtigt bisher nur unzureichend den Grundsatz der Nachhaltigkeit der Brundtland Kommission. Aus diesem Grund soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, die städtischen Anlagerichtlinien um Nachhaltigkeitskriterien im Sinne von Divestment weiterzuentwickeln.

Seit März 2016 hat die Stadt Leipzig über den Spezialfonds einen nachhaltigen Wandelanleihefonds (Global Convertible Sustainable) über 5,3 Mio. EUR sowie einen nachhaltigen Unternehmensanleihefonds (Global Corporate Bonds Sustainable) über 4,0 Mio. EUR erworben. Damit sind ca. zehn Prozent des Spezialfondsvolumens in nachhaltige Wandelanleihen und nachhaltige Unternehmensanleihen investiert

Bekannt durch die Antwort der Verwaltung auf Anfrage F-02165 ist, dass die Stadt Leipzig mit ihrem Spezialfonds bei der Union Investment in Branchen Energie und Grundstoffindustrie Finanzanlagen (ca. 4 Mio. EUR) tätigt. Gemessen am Gesamtvolumen der langfristigen kommunalen Finanzanlagen (insgesamt 103,5 Mio. EUR= 95,8 Mio. EUR Spezialfonds und 7,7 Mio. EUR Festgeldanlage) macht dies einen Anteil von 3,86 % aus. Es muss geprüft werden, ob diese Finanzanlagen den unter Beschlusspunkt 4 angegebenen Mindeststandards entsprechen.
 

Begründung:

Leipzig ist als ‚Europäische Energie- und Klimaschutzkommune’ des European Energy Awards aufgefordert auch bei ihren Finanzanlagen nachhaltig und ethisch vertretbar zu agieren.

Das Thema nachhaltige Geldanlagen hat in den letzten Jahren vor allem institutionelle Anleger erreicht, darunter fallen Versicherer, Banken aber auch Stiftungen, Kirchen, Kommunen und Landkreise. Insbesondere institutionelle Anleger haben dabei aufgrund der Nachhaltigkeitsstrategien Ihrer Anteilseigner zunehmend Nachhaltigkeitsindikatoren in das Asset Management aufgenommen. Darüber hinaus haben sich in den letzten Jahren verschiedene öffentliche Investoren von einzelnen Investmentthemen komplett getrennt. Insbesondere der Norwegische Staatsfonds hat mit seinem konsequenten Divestment von fossilen Energieträgern öffentliche Aufmerksamkeit bekommen. In der Folge haben sich verschiedene institutionelle Investoren von Wertpapieren getrennt, die zu Unternehmen gehören, die sich im Umfeld fossiler Energieträger bewegen. Auch rund 50 Städte weltweit haben bereits deinvestiert und Investitionen aus fossilen Energieressourcen abgezogen. Mit Münster hat die erste Stadt in Deutschland Divestment im Jahr 2015 erfolgreich auf den Weg gebracht. Neben Kommunen deinvestieren auch global agierende Unternehmen wie beispielsweise die Allianz Versicherungen oder auch die Investorenfamilie Rockefeller.

Die Divestment-Strategie sichert beispielsweise durch den Abzug von Kapitalanlagen aus fossilen Energieträgern vor den Gefahren zukünftiger Wertverluste (sogenannte ‚Carbon Bubble’) und sichert so nachhaltig die finanzielle Stabilität der Kommune.

Aus Renditegesichtspunkten bleibt trotzdem die Frage, ob ein nachhaltig ausgerichtetes Portfolio gegenüber einem ‚klassischen’ Portfolio mit Renditeeinbußen rechnen muss, weil beispielsweise der Anlage-Horizont eingeschränkter ist, wenn bestimmte Unternehmen oder ganze Märkte nicht in das Portfolio aufgenommen werden sollen. Dies konnten sowohl deutschsprachige (vgl. Kleine et al. 2013[1]) als auch verschiedene internationale Meta-Studien wiederlegen (vgl. Friede et al. 2015[2]; Mercer LLC 2011[3]). Zusammengefasst konnte herausgefunden werden, dass nachhaltige Portfolios mit dem Markt, also mit konventionellen Portfolios Schritt halten bzw. diesen gegenüber leicht positiv performen. Die positive Performance und die geringeren Risiken in Bezug auf gesellschaftliche Kontroversen sind zwei Argumente für ein nachhaltig ausgerichtetes Anlageportfolio.

 

Umsetzung:

Das Fondsmanagement verwaltet den Spezialfonds der Stadt Leipzig in Form des Best-in-Class-Ansatzes, kombiniert mit einer Negativliste.

Bei diesem Ansatz geht es grob gesagt darum, aus einem großen Anlageuniversum – nämlich aus allen Branchen – diejenigen Unternehmen auszuwählen, welche die besten Nachhaltigkeitsleistungen ihrer Branche erbringen. Bei den ausgewählten Unternehmen muss es sich folglich nicht um Unternehmen in ‚nachhaltigen’ Märkten handeln. Vielmehr sind es Unternehmen, die in Bereichen der Unternehmensführung und des Kerngeschäfts hinsichtlich umwelt- und sozialverträglicheren Wirtschaftens überzeugen können. Über den Auswahlprozess des Best-in-Class-Ansatzes gelangen die Unternehmen dann in Nachhaltigkeitsindizes oder direkt in Nachhaltigkeitsfonds. Insofern ist es insbesondere für international tätige Unternehmen und multinationale Konzerne interessant, das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ in die Unternehmensführung zu integrieren, um im Wettbewerb um die besten Lösungen als ‚Klassenbester’ wahrgenommen zu werden.

Der Best-in-Class-Ansatz existiert bereits seit Jahrzehnten, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen. Die meisten Best-in-Class-Konzepte bewerten die Unternehmensleistungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (sogenannte ESG-Bereiche für engl. Environmental, Social, Governance). Wirtschaftliche Leistungen werden in der Regel nicht beurteilt, um die Bedeutung des Nachhaltigkeitsaspekts nicht zu schmälern. Ausnahmen gibt es jedoch insbesondere bei weltweit bekannten Nachhaltigkeitsindizes.

Manche Best-in-Class-Konzepte verwenden auch Ausschlusskriterien oder so strenge Kriterien, dass einige Branchen aus dem Anlagespektrum herausfallen. Eine weitere Möglichkeit ist, in einer Nachhaltigkeitsmatrix sowohl die Branche als auch die Leistungen einzelner Unternehmen zu bewerten. Auch bei dieser Möglichkeit können bestimmte Branchen ganz herausgenommen werden, selbst wenn es in diesen Branchen Unternehmen gibt, die in den ESG-Bereichen umfangreich tätig sind.

An dieser Stelle sei noch zu ergänzen, dass einige Anbieter von Nachhaltigkeitsdatenbanken oder Nachhaltigkeitsindizes aus Praktikabilitätsgründen teilweise einen bestimmten Umsatzanteil von eigentlich ausgeschlossenen Geschäftsfeldern tolerieren. In der Regel liegt dann der tolerierte Umsatzanteil bei z. B. fünf Prozent. Das heißt: Unternehmen, die mit eigentlich ausgeschlossenen Geschäftsfeldern weniger als fünf Prozent Umsatz gemessen am Gesamtumsatz erzielen, fallen nicht automatisch aus dem Anlageportfolio heraus.
 

Zu Beschlusspunkt 1:

Beschlusspunkt 1 stellt einen politischen Grundsatzbeschluss den übrigen Beschlusspunkten voran. Dadurch wird deutlich gemacht, dass der Grundsatz der Nachhaltigkeit zusätzlich als Entscheidungskriterium herangezogen wird, wenn eine Anlage von städtischen Finanzanlagen durch die Stadt geplant ist. Dies setzt den Weg zur nachhaltigen Kommune fort, den die Stadt Leipzig bereits mit Themen wie dem European Energy Award, Fair Trade Town und den Initiativen der Agenda 21 gegangen ist. Zudem ist ein gesellschaftlicher Wandel festzustellen, auch in Finanzanlagen nachhaltiger zu agieren, dem nun auch die Stadt Leipzig folgen würde.

Zu Beschlusspunkt 2:

Im Rahmen der letzten Anlagenausschusssitzung am 17. März 2017, zu welcher der Finanzbürgermeister geladen hatte, wurde sich gemeinsam mit dem Fondsmanagement zum Thema Divestment ausgetauscht. Das Fondsmanagement sieht eine Umwandlung des Spezialfonds in Richtung Nachhaltigkeit als grundlegend möglich.

Zu Beschlusspunkt 3:

Die Investition in Unternehmen, die Fracking betreiben, widerspricht dem Ratsbeschluss vom 28. Oktober 2015 (Leipzig wird ‚Frackingfreie Kommune’).

Die Forderung, keine Beteiligung an Unternehmen mehr zu halten, die Kohlekraft betreiben, verbreitet sich in der Investmentcommunity zunehmend (vgl. Kohlerichtlinie der Commerzbank[4]).

Die Negativliste soll anhand der im Asset Management üblicherweise verwendeten Negativkriterien, wie sie beispielsweise auch von der unabhängigen Rating-Agentur oekom research AG genutzt werden, weiter entwickelt werden. Zu dem allgemein anerkannten Indikatoren-Set zählen insbesondere folgende Bereiche :

Biozide:
Als Verstoß gilt die Produktion von Bioziden, die laut Einstufung durch die WHO "extremely or highly hazardous" sind.

Glücksspiel:
Als Verstoß gelten Anbieter von Glücksspielaktivitäten. Unterschieden wird dabei nach – insbesondere aufgrund ihres hohen Suchtpotentials – besonders kontroversen Formen des Glücksspiels (z. B. Betrieb von Kasinos oder Wettbüros, Herstellung von Glücksspielautomaten) sowie sonstige Formen des Glücksspiels (z. B. Lotterien; Gewinn und Ratespielsendungen im Fernsehen, Radio o. ä., die über erhöhte Telefontarife oder andere, ihrer Art nach eher indirekten Teilnahmekosten finanziert werden; Bereitstellung von Telefon- oder Internetdiensten o. ä. für Dritte zwecks Betrieb von Wett-, Gewinn- oder Ratespielen). Der Verkauf von Lotterielosen wird nur dann erfasst, wenn dieser substantiell zum Umsatz beiträgt und damit zum Kerngeschäft des Unternehmens zählt.

Pornografie:
Als Verstoß gelten insbesondere die verunglimpfende und erniedrigende Darstellung von Individuen bzw. von sexuellen Handlungen. Unterschieden wird nach Produzenten und Händlern. Unter Produzenten fallen all jene Unternehmen, die pornografische Inhalte selbst produzieren (z. B. pornografische Filme oder Magazine), sowie Anbieter von Sex-Tourismus, Betreiber von Bordellen o. ä. Wird pornografisches Material nicht selbst produziert, sondern von Dritten erworben und vertrieben bzw. der jeweilige Vertrieb aktiv unterstützt, so fällt dies in die Kategorie Händler. Darunter fallen beispielsweise die Ausstrahlung pornografischer Filme bzw. die aktive Schaffung eines Zugangs zu denselben (etwa durch Fernsehsender, Downloadangebote von Telekommunikationsunternehmen und Internetprovidern) sowie der Vertrieb von entsprechenden Zeitschriften, Internetinhalten, Telefon-Hotlines o. ä. und die aktive Bereitstellung der notwendigen technischen Infrastruktur. Erotische Inhalte, die auch Personen unter 18 Jahren frei zugänglich sind, gelten nicht als Pornografie. Aktivitäten in Hinblick auf den Handel mit pornografischen Material sowie die technische Unterstützung dieses Handels unter fünf Prozent des Umsatzes werden nur dann erfasst, wenn die verwendeten Vertriebskanäle oder die unterstützenden Dienstleistungen zu den Kerngeschäftsfeldern des Unternehmens zählen bzw. der explizite Handel mit pornografischem Material oder die technische Unterstützung dieses Handels ein separates Geschäftsfeld darstellt. Sonstige Bagatellaktivitäten finden keine Berücksichtigung.

Hochprozentiger Alkohol
Als Verstoß gelten alkoholhaltige Getränke und andere Nahrungsmittel, bei denen Alkohol ein wesentlicher Bestandteil ist. Unterschieden wird erstens nach Produzenten und Händlern und zweitens nach dem Alkoholgehalt nach Bier und Wein einerseits sowie hochprozentigen Getränken/Lebensmitteln andererseits. Der Handel mit relevanten Produkten unter fünf Prozent des Umsatzes wird nur dann erfasst, wenn der Genuss-/Lebensmittelhandel zum Kerngeschäft des Unternehmens zählt bzw. der Handel mit Alkohol ein separates Geschäftsfeld darstellt. Sonstige Bagatellaktivitäten finden keine Berücksichtigung.

Tabak
Als Verstoß gelten alle Arten von Tabakprodukten. Unterschieden wird nach Produzenten und Händlern sowie nach Endprodukten (z. B. Zigaretten, Zigarren, separater Tabak, Kautabak) und Bestandteilen bzw. Zubehör (z. B. Zigarettenschachteln, Filter, Aromastoffe). Der Handel mit relevanten Tabakendprodukten unter fünf Prozent des Umsatzes wird nur dann erfasst, wenn der Genuss-/ Lebensmittelhandel zum Kerngeschäft des Unternehmens zählt bzw. der Handel mit Tabak ein separates Geschäftsfeld darstellt. Sonstige Bagatellaktivitäten finden keine Berücksichtigung. Im Rahmen des Handels mit relevanten Bestandteilen und Zubehör wird ausschließlich der Großhandel berücksichtigt.

Zu Beschlusspunkt 4:

Im Rahmen der letzten Anlagenausschusssitzung am 17. März 2017 wurden auch die im Beschlusspunkt 5 genannten weitergehenden ethischen Grundsätze mit dem Fondsmanagement angesprochen.

Zu Beschlusspunkt 5:

Der Grundsatz der Nachhaltigkeit soll langfristig auch zusätzlich als Entscheidungskriterium herangezogen werden, wenn eine (Mit-)Eigentümerschaft oder Finanzierung von Unternehmen (Erwerb von Unternehmensanteilen) durch die Stadt geplant ist.

Zu Beschlusspunkt 6:

Aus Gründen der Transparenz soll zukünftig alle zwei Jahre der Grundsatz der Nachhaltigkeit nachgewiesen werden. So wird sichergestellt, dass ethisch-moralische, gesellschaftliche oder politische Normänderungen beim Nachhaltigkeitsgrundsatz entsprechend der beschlossenen Grundsätze und Kriterien berücksichtigt werden. Zur Vorbereitung muss der Asset Manager der Finanzanlagen ein Nachhaltigkeitsrating für die Einzeltitel des Spezialfonds vorlegen. Alternativ kann die Verwaltung eine Nachhaltigkeitsratingagentur beauftragen, Nachhaltigkeitsratings für die Einzeltitel zu liefern.


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[1]Kleine, Jens; Krautbauer, Matthias; Weller, Tim (2013): Nachhaltige Investments aus dem Blick der Wissenschaft: Leistungsversprechen und Realität. Analysebericht.
[2]Friede, Gunnar; Busch, Timo; Bassen, Alexander (2015): ESG and financial performance: aggregated evidence from more than 2000 empirical studies, Journal of Sustainable Finance & Investment, 5:4, 210-233.
[3]Mercer LLC (Hrsg.) (2011): Climate Change Scenarios – Implications for Strategic Asset Allocation. Public Report.
[4]Commerzbank AG (2016): Geschäftsbericht, S. 45.

Beschluss der Ratsversammlung vom 13. Dezember 2017

Der Antrag wurde in der Fassung des Änderungsantrages der Linken, der von unserer Fraktion übernommen wurde, mehrheitlich vom Stadtrat beschlossen:

  1. Der Stadtrat beschließt, dass für städtische Finanzanlagen ab dem Haushaltsjahr 2018 zusätzlich der Grundsatz gelten soll, nicht mehr in Bereiche zu investieren, die ökologisch, sozial und/oder ethisch bedenklich sind.

    Die nach § 89 Abs. 3 Satz 2 der Sächsischen Gemeindeordnung bestehenden Grundsätze (Sicherheit, angemessener Ertrag, Sicherstellung der Liquidität) für städtische Finanzanlagen sind hiervon unberührt.

    Es gilt der Grundsatz, dass die Risikominimierung vor Renditemaximierung steht.

    Der Antrag bezieht sich ausschließlich auf Wertpapiere im Sinne des Wertpierhandelsgesetzes (inkl. Fonds) sowie Einlagen (inkl. Termingelder) mit einer festen Laufzeit. In diesem Sinne sind die im Antrag verwandten Begriffe " Finanzanlagen", "städtische Spezialfonds" und "Fonds" zu interpretieren.
  1. Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister, den städtischen Spezialfonds und auch alle weiteren Anlagen, d.h. Wertpapiere/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs.4 auf die unter Beschlusspunkt 1 genannten Grundsätze zu verpflichten.
    Daher wird die Stadt Leipzig in ihrem Spezialfonds die Quote der nachhaltigen Direktinvestments je nach Marktlage in den nächsten 3 – 5 Jahren auf 100 % steigern. Die Anlagestrategie wird halbjährlich überprüft.
  1. Der Stadtrat beschließt als Mindeststandards für die Bewirtschaftung von Wertpapieren/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs. 4, die durch die Stadt Leipzig gehalten werden oder an denen sich die Stadt beteiligt:
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die auf Atomkraft setzen oder Schiefergasgewinnung (so genanntes Fracking) betreiben;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Waffen- und Rüstungsgüter herstellen oder vertreiben;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, welche nicht international anerkannten Prinzipien wie die UN Universal Declaration of Human Rights und die ILO Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work (Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung) einhalten.
  • Die Umsetzung erfolgt in Form von Ausschlusskriterien (Blacklist) gemäß der Beschlusspunkte 
  1. Darüber hinaus wird der Oberbürgermeister beauftragt, mittelfristig für die Bewirtschaftung von Wertpapieren/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs. 4 die nachfolgenden, weitergehenden  Grundsätze anzuwenden 
  • Keine Beteiligung an Unternehmen, die Kohlekraft nutzen;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die in grüner Gentechnik (Agrogentechnik) engagiert sind;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Tierversuche bei Kosmetika durchführen;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, denen in den letzten vier Jahren Bestechungs- oder Korruptionsfälle nachgewiesen worden sind;
  • keine Beteiligung an Unternehmen, die Lebensmittel-/Agrarspekulationen betreiben.
  1. Der Stadtrat fordert die kommunalen Unternehmen und Beteiligungen auf, die eigenen  Finanzanlagen inkl. der Wertpapiere/Einlagen im Sinne von Pkt.1 Abs. 4 anhand der im Stadtratsbeschluss genannten Mindeststandards zu prüfen und dem Aufsichtsrat das Prüfergebnis vorzulegen. 
  1. Der Stadtrat wird zukünftig alle zwei Jahre (Stand 31.12. d.J.) transparent über die Umsetzung und Einhaltung des Beschlusses und der festgesetzten Kriterien informiert.

(Die gekennzeichneten Änderungen beziehen sich auf die Neufassung Nr.VI-A-04109-NF-03)

Bericht zum Stand der Umsetzung vom 22.07.2021

Mit Informationsvorlage VII-Ifo-02623 "Entwicklung und Nachhaltigkeit des Spezialfonds der Stadt Leipzig" an den Stadtrat umgesetzt.

Link zur Information

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