Antrag: Weniger Böller – mehr Silvester für alle
Gemeinsamer Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Susanne Scheidereiter (Stadträtin Fraktion Die Linke)
Link zum Antrag VIII-A-00774 im Ratsinformationssystem
Beschlussvorschlag:
- Die Stadt Leipzig wird beauftragt, das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2 mit ausschließlicher Knallwirkung (Böller) gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SprengV in der Leipziger Innenstadt auch am 31. Dezember und 1. Januar ab Silvester 2025 zu untersagen.
- Die Stadtverwaltung beauftragt die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH, zum selben Zeitpunkt ab 2025 und dann jährlich zu Silvester an einem zentralen Standort (z.B. Augustusplatz) sowie spätestens 2027 an zwei weiteren ausgewählten Standorten in Leipzig umweltfreundliche, kostenfreie Lichtshows (mit Lasertechnologie und/oder Drohnen) zu organisieren oder zu beauftragen. Dabei soll auf Barrierefreiheit, Inklusivität und umweltfreundliche An- und Abreiseoptionen sowie ein künstlerisches und gastronomisches Begleitangebot abgezielt werden. Eine zielgerichtete Öffentlichkeitsarbeit und touristisches Marketing sollen für die entsprechende Bekanntheit in Leipzig und darüber hinaus sorgen.
Begründung:
Jahr für Jahr führen wir nach Silvester die gleichen Debatten, beklagen Verletzte und teils tragische Unfälle, Krankenhäuser sind überlastet, Einsatzkräfte werden angegriffen, Tiere geraten in Panik, kommen zu Tode oder werden verletzt. Viele Menschen fragen sich, warum wir es nicht schaffen, Silvester endlich anders zu feiern.
Allein im Uniklinikum Leipzig wurden zum Jahreswechsel 137 Menschen behandelt, darunter ein 8-jähriger Junge, dem ein Feuerwerkskörper mehrere Finger abgerissen hat. Die Wildvogelhilfe berichtete von 12 gemeldeten verletzten Wildvögeln aus Leipzig und Umgebung, die zum Teil auch gestorben sind. Das entspricht dem 24-fachen eines durchschnittlichen Dezembertages.
Zahlreiche Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der Menschen für ein Böllerverbot ist.[1] Bundesweite Petitionen zu einem Böllerverbot haben mehr als 2,6 Millionen Unterschriften erhalten (Stand 16.1.25). [2]
Zwar liegt die Verantwortung für die Anpassung der Sprengstoffverordnung beim Bund und muss dort dringend angepasst werden. Jedoch nutzen bereits heute viele deutsche Städte die Möglichkeit in bestimmten Stadtteilen ein Böllerverbot zu verhängen.
Feuerwerke sind eine erhebliche Belastung für die Umwelt. Sie verschmutzen die Luft, verursachen tonnenweise Sondermüll und Lärm und bedeuten erheblichen Stress für Menschen und Tiere. Mit einem Verbot von pyrotechnischen Gegenständen mit ausschließlicher Knallwirkung (Böller) können auch wir den Rahmen nutzen, den uns die Sprengstoffverordnung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bereits heute für dicht besiedelte Gebiete gibt. Dies bestätigt auch die Vorlage „Prüfung von Beschränkungen des Silvesterfeuerwerks“ (VII-A-08120-Ifo-02) vom Dezember 2024. Raketen, Vulkane, Fontänen u.ä. wären weiterhin erlaubt, die Einschränkung gilt nur für Böller.
Das Argument der schlechten Durchsetzbarkeit eines Böllerverbots steht den bereits bestehenden Böllerverboten in zahlreichen anderen deutschen Innenstädten gegenüber (Berlin (Alexanderplatz & Brandenburger Tor), Hannover, Bremen, Hamburg, München, Stuttgart u.a.).[3]
Zeitgleich zur Einführung eines Böllerverbots in der Innenstadt fordern wir die Verwaltung auf die Leipzig Tourismus und Marketing GmbH (LTM) zu beauftragen, ein attraktives alternatives Angebot mit einer oder mehreren Lichtshows, begleitet von einem künstlerischen (z.B. Konzerte, Straßentheater, Kunstinstalllationen) und gastronomischen Angebot, ggf. per Ausschreibung, zu schaffen. Dabei ist auch ein Konzept für eine nachhaltige An- und Abreise per ÖPNV, Rad- und Fußverkehr sowei eine barrierefreie Gestaltung der Silvesterfeier zu entwickeln, um die Teilnahme aller Bürger*innen zu ermöglichen.
Der Augustusplatz scheint als zentraler Platz dafür gut geeignet. Eine zentrale, umweltfreundliche Silvesterfeier steigert nicht nur die Akzeptanz des Böllerverbots in der Innenstadt, sondern hat zahlreiche weitere Vorteile:
- Umwelt- und Klimaschutz: Lichtshows sind eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichem Feuerwerk. Sie produzieren keinen Feinstaub und hinterlassen keine Abfälle.
- Lärmschutz: Im Gegensatz zu lauten Feuerwerken verursachen Lichtshows keinen lärmbedingten Stress für Menschen und Tiere.
- Sicherheit: Lichtshows reduzieren die Verletzungsgefahr, die mit dem Abbrennen von Feuerwerkskörpern einhergeht.
- Inklusivität: Durch die Auswahl verschiedener Uhrzeiten (17 Uhr, 21 Uhr, 0 Uhr) können unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, wie Familien mit Kindern oder ältere Menschen, an den Feierlichkeiten teilnehmen, die sich bislang Silvester gar nicht in die Innenstadt getraut haben
- Tourismus: Professionell gestaltete Lichtshows bieten ein einzigartiges visuelles Erlebnis und können zu einem Alleinstellungsmerkmal von Leipzig werden, das den Tourismus und das Ansehen der Stadt Leipzig befördert.
- Kosteneffizienz: Langfristig können zentral organisierte Lichtshows kostengünstiger sein als die Beseitigung von Feuerwerksrückständen und mögliche Folgeschäden.
Die LTM (oder ein Auftragnehmer) soll mit einer zielgerichteten Öffentlichkeitsarbeit für die Bekanntheit der Silvester-Lichtshows sowohl in der Stadtbevölkerung als auch im touristischen Marketing sorgen. Die Öffentlichkeitsarbeit zielt dabei ebenfalls darauf ab, über die Vorteile dieser umweltfreundlichen Alternative zum traditionellen Feuerwerk aufzuklären (bewusster und freiwilliger Verzicht auf Feuerwerkskörper, finanzielle Einsparungen, Umwelt- und Lärmschutz, Gesundheitsschutz).
Wir bitten die Verwaltung und die LTM, geeignete Standorte zu identifizieren, die Kosten zu ermitteln und ein Konzept für die Umsetzung zu erarbeiten sowie ggf. geeignete Projektpartner zu ermitteln.
[1] https://www.verbraucherzentrale-brandenburg.de/pressemeldungen/umwelt-haushalt/mehrheit-deutschlandweit-fuer-verbot-privaten-silvesterfeuerwerks-88895
[2] https://innn.it/boellerverbot, Auskunft Deutsche Umwelthilfe (www.duh.de )
[3] https://www.reisereporter.de/reisenews/destinationen/silvester-2024-alle-boeller-verbote-in-der-uebersicht-YKHDHBCYDQJW72V5AZVMCSEMFN.html