Antrag: Würdig gedenken ohne Rechtsextreme

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob es zulässig ist, ab sofort keine Vertreter*innen der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Parteien und Organisationen zu offiziellen Veranstaltungen der Stadt Leipzig, insbesondere Gedenkveranstaltungen, einzuladen.

Sofern die Voraussetzungen vorliegen, erfolgt keine Einladung mehr.

Begründung:

Die AfD Sachsen ist eine gesichert rechtsextreme Partei, wie inzwischen auch der sächsische Verfassungsschutz bestätigt hat. Sie vertritt einen völkischen Nationalismus, der mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.

Dies belegt eine Vielzahl an unterschiedlichen wissenschaftlichen Gutachten. Ihre Vertreter*innen bedienen sich in ihren Reden an Versatzstücken der Ideologie der NSDAP und versuchen die Geschichte in diesem Sinne umzudeuten.

Ihre Vertreter*innen in Leipzig nehmen regelmäßig an Aufzügen der nazistischen Szene teil oder verbreiten antisemitische Verschwörungserzählungen, so wie ein Landtagskandidat, der darauf abstellt, dass das Correctiv Netzwerk von George Soros finanziert sei. Diese Verschwörungserzählung bedient den klassischen antisemitischen Code des sogenannten „Weltfinanzjudentums“.

Personen der Leipziger AfD posieren an der Wolfsschanze, verharmlosen den antisemitischen Anschlag in Halle, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen, oder verweisen auf die antisemitischen Reichsgesetze.

Auch der Versuch, im Kontext der Bombardierung Leipzigs anderthalb Jahre vor Ende des 2. Weltkrieges Leipzig als „unschuldige“ und nicht kriegswichtige Stadt darzustellen, spricht für sich. Gezielt wird ausgelassen, dass Leipzig eine für die Rüstungsproduktion und Nachschublinien bedeutende Stadt und deshalb Zentrum der Zwangsarbeit im Dritten Reich war. Bis zu 75.000 Menschen und damit ca. ein Zehntel der Bevölkerung waren Zwangsarbeiter*innen. Sie wurden in allen Wirtschaftszweigen eingesetzt: Vor allem in der Industrie, aber auch als Haushaltshilfen, bei den Stadtwerken, den städtischen Verkehrsbetrieben, in Handwerksbetrieben, zur Trümmerbeseitigung nach Bombenangriffen oder von privaten Firmen. Die meisten verrichteten Zwangsarbeit in den großen Rüstungsfirmen und ihren Zuliefererbetrieben.

An der gezielten Auslassung dieser Tatsachen zeigt sich der Geschichtsrevisionismus der AfD. Es ist den Opfern des Nationalsozialismus und ihren Nachkommen nicht zuzumuten, wenn die Stadt Vertreter*innen dieser Partei zu Gedenkveranstaltungen einlädt.

Für diesen Beschluss braucht es eine formale Grundlage. Mit der Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz, dass die AfD Sachsen gesichert rechtsextremistisch agiert, liegt diese formale Grundlage vor. Der Verfassungsschutz hat nur bestätigt, was wissenschaftliche Einrichtungen und ehrenamtliche Initiativen seit Jahren akribisch dokumentieren: Die AfD Sachsen ist rechtsextrem und lehnt die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab.

Es ist Zeit, die Grenze klarer zu ziehen und deutlich zu machen, dass die Demokratie immer auch ihren Gegner*innen die gleichen Rechte einräumt, dies aber nicht mit Privilegien tun muss.

 

Verwaltungsstandpunkt vom 17. April 2024

Der Sachstandsbericht wird zur Kenntnis genommen.

Sachstandsbericht:

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt zu prüfen, ob Vertreterinnen und Vertreter der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Parteien und Organisatio­nen zu offiziellen Veranstaltungen der Stadt Leipzig, insbesondere Gedenkveranstaltungen, zukünftig einzuladen sind.

Die städtischen Gedenkveranstaltungen, die das Referat Protokoll organisiert, sind öffent­liche Veranstaltungen, an denen jedermann teilnehmen kann. Ausdrücklich eingeladen werden lediglich Mandatsträger. Das sind Mitglieder einer Volksvertretung des Bundes, der Länder oder demokratisch gewählte Vertreterinnen und Vertreter unserer kommunalen Gebietskörperschaft. Personengebundene Einladungen an Mitglieder politischer Parteien ohne Mandat erfolgen grundsätzlich nicht.

Der Stadt Leipzig ist es verfassungsrechtlich verwehrt, Stadträtinnen und Stadträte in personeller oder sachlicher Hinsicht anhand von politischen Merkmalen schlechter zu stellen. Solche Regelungen verletzen das durch die verfassungsrechtlich garantierte Stellung der Parteien (Art. 21 Abs. 1 GG) in Art. 3 Abs. 1 und 3 GG formulierte Diskriminierungsverbot und würden ihr Mandat beeinträchtigen.

 

Beschluss der Ratsversammlung am 24. April 2024

der Antrag wurde nach längerer Debatte von der Fraktion ohne Abstimmung zurückgezogen

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