Antrag: Zirkuläres Bauen – urbane Rohstoffe nutzen

Antrag vom 13. April 2023

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zirkuläres Bauen in Leipzig zu fördern und in kommunalen Bauprojekten zu verankern:

  1. Die Stadt Leipzig meldet sich bei einer Baustoffbörse an, um urbane Rohstoffe zu erschließen und diese bei Rückbau, Sanierung, Neubau und für langfristige Planungen berücksichtigen zu können und einer Wiederverwendung zugänglich zu machen.
  2. Die Stadt Leipzig unterstützt vorhandene Projekte zur Wiederverwendung von Baumaterialien. Die Einrichtung eines eigenen Materiallagers wird geprüft.
  3. Die Stadt setzt pilothaft Bauvorhaben zum zirkulären Bauen um und entwickelt bis zum 4. Quartal 2024 Standards in der Energie- und Bauleitlinie für kommunale Bauvorhaben zur anteiligen Verwendung von recyceltem und wiederverwendbarem Material.
  4. Die Standards gemäß Punkt 3 sind ab 2025 in städtebaulichen Verträgen und Bebauungsplänen zu berücksichtigen.
  5. Die Stadt richtet bis zum 4. Quartal 2023 ein Beratungsangebot für private Gebäudebesitzer*innen und Bauherr*innen zu Urban Mining, Baustoffbörsen, recycelten, nachhaltigen, nachwachsenden und wiederverwendbaren Rohstoffen ein.
  6. Die Fachausschüsse für Stadtentwicklung und Bau sowie Umwelt, Klima und Ordnung werden fortlaufend über die Entwicklungen informiert.

Begründung:

In Städten sind große Mengen wertvoller Sekundärrohstoffe gebunden, deren Nutzung sowohl zur Schonung der natürlichen Ressourcen beiträgt, als auch steigenden Baupreisen entgegenwirken kann.

Die Stadt Leipzig bekennt sich bereits mit mehreren Beschlüssen zu nachhaltigem Bauen, etwa mit Beschluss von Juli 2021 zur Bilanzierung und Reduktion Grauer Energie bei Bauvorhaben (VII-A-02427-NF-02) und mit Beschluss von November 2021 zur Förderung von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen im Bau (VII- A-02664-NF-02). Außerdem will Leipzig unter dem Motto „Mein Leipzig schon‘ ich mir“ Zero-Waste-Stadt werden. Mit dem Energie- und Klimaschutzprogramm wurde die Verwaltung beauftragt bis 2024 Zielsetzungen für die Reduzierung von Grauer Energie bei der Errichtung von Gebäuden und Infrastrukturen entsprechend der sektorspezifischen Treibhausgas-Reduktionsziele zu entwickeln, die ab 2025 verbindlich im kommunalen Hochbau sowie in Bauleitplanungen und städtebaulichen Verträgen zu berücksichtigen sind.

Mit dem vorliegenden Antrag soll der Kreislaufgedanke Eingang in die nachhaltige Baustrategie Leipzigs finden, indem „das Ende von Anfang an mitgedacht wird“. Damit kann Leipzig Vorbildern wie der Stadt Heidelberg folgen, die sich als erste Stadt Europas dem Urban Mining-Prinzip verschrieben hat. Der Begriff „Urban Mining“ lenkt den Blick auf die Stadt als Lagerstätte von Rohstoffen, welche in Infrastrukturen, Gebäuden und Elektrogeräten u.a. gebunden sind und die als Sekundärrohstoffe für eine zukünftige Nutzung von Interesse sind.

Baustoffbörsen ermöglichen es, urbane Rohstoffe zu erschließen und bei Umbau oder Rückbau wieder zu verwenden. So kann bereits beim Neubau relativ unkompliziert eine Eintragung der verwendeten Materialien erfolgen. Wenn ein Rückbau ansteht, können alte wiederverwendbare Materialien über die Börse zu Verfügung gestellt werden. Somit können Materialkreisläufe geschlossen werden und der CO2-Ausstoß, der bei der Herstellung von Baumaterialien sehr groß ist, gesenkt werden.

Ebenso soll die Stadt bestehende Initiativen zur Wiederverwendung von Baumaterialien unterstützen (einen ersten SecondHand-Baumarkt gibt es bereits mit dem Materialbuffet) und/oder eigene Lager kommunal aufbauen.

Mittels der Energie- und Bauleitlinie können Anteile an zu verwendendem recycelten Material Eingang in kommunale Bauvorhaben finden. Im Rahmen städtebaulicher Verträge und von Bebauungsplänen können diese Standards auch für private Vorhabenträger*innen gesetzt werden.

Darüber hinaus soll die Stadt im Rahmen der Bauberatung des Amts für Bauordnung und Denkmalpflege private Vorhabenträger*innen zu Urban Mining, Baustoffbörsen, recycelten, nachhaltigen, nachwachsenden und wiederverwendbaren Rohstoffen informieren.

Quellen:

https://www.umweltbundesamt.de/themen/abfall-ressourcen/abfallwirtschaft/urban-mining#strategie-zur-kreislaufwirtschaft-
https://www.baulinks.de/webplugin/2022/0933.php4
https://madaster.de/
https://concular.de/
https://materialbuffet.de

Verwaltungsstandpunkt

Alternativvorschlag:

1. Die Stadt Leipzig prüft die Anmeldung bei einer Baustoffbörse, um zurückgebaute Rohstoffe einer Wiederverwendung zugänglich zu machen.

2. Die Stadt Leipzig unterstützt vorhandene Projekte zur Wiederverwendung von Baumaterialien.

3. Die Ergebnisse zur Auswahl des Zertifizierungssystems für nachhaltige Gebäude (vgl. EKSP 2030; Maßnahme II.4) werden in der Fortschreibung der Energie- und Bauleitlinie als Standard berücksichtigt.

4. Die Verwaltung prüft die Verankerung von Nachhaltigkeitszertifizierungen ab 2025 in städtebaulichen Verträgen.

5. Die bestehenden Beratungsangebote der Stadt Leipzig werden für die Aspekte „Zirkuläres Bauen – urbane Rohstoffe nutzen“ sensibilisiert.

6. Der Fachausschuss für Umwelt, Klima und Ordnung wird fortlaufend über die Entwicklungen informiert.

 

Zusammenfassung

Die Verwaltung unterstützt den Ansatz des zirkulären Bauens ausdrücklich.

Die Beschlusspunkte des Antrages wurden aufgrund der Prüfergebnisse der Verwaltung modifiziert. Der Alternativvorschlag ist im nachstehenden Sachverhalt bzw. Abwägungsprozess begründet.

 

Strategische Ziele

Beschreibung des Abwägungsprozesses:

Zu Beschlusspunkt 1:

Die Stadt Leipzig hat bereits Gespräche zur Eintragung in eine Rohstoffbörse, mit gesellschaftlichen Akteuren (Bauzirkel Leipzig) geführt und wird einen geeigneten Partner prüfen (Madaster/Concular/Materialbuffet). Ziel dieser Anmeldung soll es vor allem sein, Rohstoffe von rückgebauten Objekten der Stadt Leipzig für Projekte Dritter zugänglich zu machen. Eine Verwendung von wiederverwendbaren und über Baustoffbörsen erworbenen Materialien für Hochbaubauprojekte der Stadt Leipzig ist insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Gewährleistung und die verfügbaren bzw. notwendigen Mengen nur schwer realisierbar (siehe dazu auch Ausführungen Beschlusspunkte 2 und 3).

Zu Beschlusspunkt 2:

Die Stadt Leipzig unterhält und nutzt bereits eigene Materiallager im Verkehrs- und Tiefbau (z.B. Schüttgüter für Straßenunterbau, Granit-Pflaster, Granit-Platten, Bordsteine und andere Einbauteile wie Straßeneinläufe oder Schachtdeckel). Im Bereich Hochbau erfolgt die Lagerung zur Wiederverwendung von Rohstoffen i.d.R. innerhalb der Baustellen (z.B. Beton-RC, Bodenplatten) bzw. wird die Wiederverwendung im Sinne der Wirtschaftlichkeit durch die Auftragnehmer berücksichtigt (z.B. Mutterboden).

Der Aufbau und Betrieb eines eigenen städtischen Materiallagers mit Zugänglichkeit für Dritte ist in der aktuellen Verwaltungsstruktur nicht abbildbar. Es liegen noch keine Erfahrungswerte mit Dritten vor. Ein pilothaftes Vorgehen könnte ggf. mit dem EB Stadtreinigung abgestimmt werden. Es wird auf den Beschluss aus dem Jahr 2022 zum Übergang der Bauhöfe in den EB Stadtreinigung verwiesen.

Zu Beschlusspunkt 3:

Ein Pilotvorhaben ist aufgrund der inhaltlichen Überschneidung zu den Pilotvorhaben gemäß EKSP 2030 - Umsetzungsprogramm 2023/24 („II.3 Graue Energie“ und „II.4 Errichtung von nachhaltigen kommunalen Gebäuden“) und den vorhandenen Erfahrungswerten der Verwaltung nicht erforderlich.

Gleiches gilt für die Entwicklung von Baustandards. Entsprechend dem beschlossenem EKSP 2030 (Maßnahme II.4 Errichtung von nachhaltigen kommunalen Gebäuden) sind ab 2025 Projekte des kommunalen Hochbaus grundsätzlich als nachhaltige Bauten nach einem entsprechenden durch die Stadtverwaltung bis Ende 2023 auszuwählenden Zertifizierungssystem zu planen. Hierbei wird das Thema der anteiligen Verwendung von recyceltem und wiederverwendbarem Material berücksichtigt. Die Ergebnisse werden in die Standards in der Energie- und Bauleitlinie für kommunale Bauvorhaben (Energieleitlinie) aufgenommen.

Ergänzende Standards für die Recyclingbaustoffe selbst sind nicht erforderlich. Alle Baustoffe die dauerhaft im Gebäude verbleiben unterliegen hohen Qualitätskriterien. Auch für den Einsatz von recycelten Baustoffen müssen daher entsprechende Verwendungsnachweise erbracht werden und die Ansprüche an die Baustoffverordnung nachgewiesen werden.

Zu Beschlusspunkt 4:

Im Rahmen von Bauleitplanverfahren gibt es derzeit keine Rechtsgrundlage diese Thematik - über bewusste Ansätze des Bestandsschutzes hinaus - zu berücksichtigen. Der letztgenannte Ansatz findet bereits im Rahmen der laufenden Verfahren Berücksichtigung.

Ob diese Thematik, insbesondere ein Verweis auf die Energieleitlinie bzw. eine Nachhaltigkeitszertifizierung, verbindlich in allen städtebaulichen Verträgen ab 2025 festgesetzt werden kann ist noch zu prüfen.

Es wird auf den Antrag VII-A-08571 „Klimaschutz und Klimawandelanpassung in der Bauleitplanung verankern“ verwiesen.

Zu Beschlusspunkt 5:

Die Einrichtung eines Beratungsangebotes für private Gebäudebesitzer/innen ist nicht erforderlich.

Das Umweltinformationszentrum - UiZ bietet bereits seit Jahren Beratungen zum Thema Bauen und Sanieren, wie z. B. nachwachsende oder recycelte Dämmstoffe, energetische Sanierung und Vieles mehr an. Weiterhin stellt die Bauherrenmappe, die private Gebäudebesitzer/innen beim Amt für Bauordnung und Denkmalspflege erhalten, Informationen und Ansprechpersonen zur Verfügung.

Damit besteht die Möglichkeit vorhandene Strukturen zu nutzen, um Bauherr/innen für das Thema Zirkuläres Bauen zu sensibilisieren.

Zu Beschlusspunkt 6:

Im Fachausschuss Umwelt, Klima und Ordnung wird Dezernat III gern über neue Entwicklungen informieren. Um Doppelinformation zu vermeiden, schlägt die Verwaltung jedoch die Beschränkung auf einen Fachausschuss vor, welcher sich verantwortlich mit dem Thema auseinandersetzt.

 

Neufassung des Antrages vom 04.10.2023

  1. Die Stadt Leipzig prüft auf Grundlage eines konkreten Projekts die Anmeldung bei einer Baustoffbörse, um zurückgebaute Rohstoffe einer Wiederverwendung zugänglich zu machen.
  2. Die Stadt Leipzig unterstützt vorhandene Projekte zur Wiederverwendung von Baumaterialien und prüft die Einrichtung eines eigenen Materiallagers im Bereich Hochbau in Zusammenarbeit mit dem Eigenbetrieb Stadtreinigung im Zuge der Umsetzung des Zero Waste City Konzepts.
  3. Die Ergebnisse zur Auswahl des Zertifizierungssystems für nachhaltige Gebäude (vgl. EKSP 2030; Maßnahme II.4) werden in der Fortschreibung der Energie- und Bauleitlinie als Standard berücksichtigt. Dabei soll eine anteilige und dokumentierte Verwendung von recyceltem und kreislauffähigen Material berücksichtigt werden.
  4. Die Verwaltung prüft die Verankerung von Nachhaltigkeitszertifizierungen ab 2025 in städtebaulichen Verträgen. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich dafür einzusetzen, dass die baurechtlichen Grundlagen für einen verstärkten Einsatz zirkulären Bauens angepasst werden.
  5. Die bestehenden Beratungsangebote der Stadt Leipzig für Bauherren informieren regulär und umfassend zu den Aspekten „Zirkuläres Bauen – urbane Rohstoffe“. Hierzu wird insbesondere die Bauherrenmappe entsprechend überarbeitet.
  6. Der Fachausschuss für Umwelt, Klima und Ordnung wird fortlaufend über die Entwicklungen informiert.

 

Begründung:

Neufassung des Antrags auf Grundlage des VSP zur Konkretisierung und Ergänzung infolge der Diskussionen der Fachausschüsse.

 

Beschluss der Ratsversammlung am 15. November 2023

Der Antrag mehrheitlich vom Stadtrat beschlossen.

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