Auswirkungen der GEMA-Novellierung auf Veranstaltungen der Stadt Leipzig, bei kommunalen Unternehmen und der institutionellen Förderung von Kulturstätten mit Veranstaltungsbetrieb (Anfrage 662/12)
Anfrage zur Ratsversammlung vom 20.09.2012
Die GEMA wird ab 2013 eine neue Tarifstruktur einführen. Statt wie bisher elf Tarife sollen künftig nur noch zwei gelten, je nachdem, ob auf einer Veranstaltung Livemusik gespielt wird oder eine so genannte Tonträgerwiedergabe stattfindet. Für die Berechnung sind nur noch zwei Angaben ausschlaggebend: Die Höhe des Eintrittsgeldes und die Größe der Veranstaltung. Nach der neuen Berechnungsgrundlage der GEMA könnte das dazu führen, dass sich die Gebühren bei Veranstaltungen, welche die Stadt selber veranstaltet (wie z. B. Stadtfest, Weihnachtsmarkt etc.) deutlich erhöhen. Eine ähnliche Situation zeichnet sich bei institutionell geförderten Kultureinrichtungen mit Veranstaltungsbetrieb ab. Weiterhin betrifft diese bevorstehende Änderung der GEMA-Tarife auch die städtischen Unternehmen.
Wir fragen an:
- Wie bewertet die Stadtverwaltung die ab 2013 neu geltende Preisstruktur bei der GEMA im Hinblick auf eigene Veranstaltungen? Bitte listen Sie die Veranstaltungen einzeln auf und geben Sie die in der Vergangenheit gezahlten GEMA-Gebühren an (gestaffelt, fünf Jahre rückwirkend). Geben Sie dazu die zu erwartenden GEMA-Gebühren ab 2013 an.
- Bestehen für diese in 1. angefragten Veranstaltungen Pauschalverträge zwischen der Stadt Leipzig und der GEMA?
- Wie bewertet die Stadtverwaltung die ab 2013 neu geltende Preisstruktur bei der GEMA im Hinblick auf Veranstaltungen in kommunalen Eigenbetrieben? Bitte listen Sie Veranstaltungen einzeln auf und geben Sie die in der Vergangenheit gezahlten GEMA-Gebühren an (gestaffelt, fünf Jahre rückwirkend). Geben Sie dazu die zu erwartenden GEMA-Gebühren ab 2013 an.
- Bestehen für diese in 3. angefragten Veranstaltungen Pauschalverträge zwischen den Eigenbetrieben/kommunalen Unternehmen und der GEMA?
- Wie bewertet die Stadtverwaltung die ab 2013 neu geltende Preisstruktur bei der GEMA im Hinblick auf die durch die Stadt Leipzig institutionell geförderten Kultureinrichtungen mit Veranstaltungsbetrieb? Bitte gehen sie hierbei auf die Erfüllung des kulturpolitischen Auftrags und den bestehenden Kostenrahmen ein.
- In welcher Form werden evtl. Mehrkosten durch die ab 2013 neu geltende Preisstruktur bei der GEMA im Haushaltsentwurf für den kommenden Doppelhaushalt berücksichtigt?
Die Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung hier als Protokollauzug:
Bürgermeister Faber trägt vor, wenn die Erhöhung der GEMA-Gebühren wie geplant in Kraft trete, sei für 2013 mit einer Kostenerhöhung für kulturelle Veranstaltungen der Stadt Leipzig um circa 50 % zu rechnen. Sie betrügen dann statt jetzt rund 4.000 € etwa 6.000 €. Das betreffe Stadtteilfeste wie den Grünauer Kultursommer, die Jüdische Woche oder auch die Museumsnacht. Faktoren, die zur Erhöhung beitrügen, seien die Größe der Veranstaltungsflächen und die Eintrittspreise. Die gewünschte Liste werde erstellt und könne der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Verfügung gestellt werden. Das Marktamt rechne unter Einbeziehung der Angemessenheitsregelung mit einer Kostensteigerung von rund 18 %, also von bisher 7.000 € auf dann 8.300 €. Inwieweit Nachlässe und besondere Regelungen für Vergütungssätze auf die jeweilige Veranstaltung zutreffen, müsse künftig für jeden Einzelfall geprüft werden. Dies gelte insbesondere für die Angemessenheitsregelung, bisher Härtefallregelung, die das Marktamt bereits seit 2010 in Anspruch genommen habe. Es sei anzuregen, dass Gesamtvertragsnachlässe vereinbart werden können, indem der Sächsische Städte- und Gemeindetag mit der GEMA über die neuen Tarife einen Gesamtvertrag aushandelt. Bisher sei bei Mitgliedschaft der Kommune im Sächsischen Städte- und Gemeindetag ein Nachlass von 20 % der Nettovergütungssätze gewährt worden. Ohne Berücksichtigung der verschiedenen Nachlässe kristallisiere sich heraus, dass von der Neuregelung nur Veranstaltungen in sehr kleinen Räumen mit bis zu 100 Quadratmetern bei einem Eintrittsgeld unter 5,00 € profitieren würden. Das zeige, dass die GEMA in ihrer öffentlichen Argumentation nicht ganz sauber handle.
Es gebe keine Pauschalverträge mehr. Für das Komm-Haus in Grünau habe es bis zum Jahr 2007 einen Pauschalvertrag gegeben. Dieser habe sich jedoch als finanziell nicht hilfreich erwiesen. Durch die Mitgliedschaft der Stadt Leipzig im Sächsischen Städte- und Gemeindetag habe bei rechtzeitiger Anmeldung der Veranstaltung ein Nachlass in Höhe von 20 % der Nettogebühren in Anspruch genommen werden können.
Nach Auskunft der GEMA gehörten die Eigenbetriebe Kultur zu anderen Tarifgruppen. Die angekündigten Erhöhungen beträfen diese Häuser also vorerst nicht.
Im Bereich der institutionellen Förderung des Kulturamtes seien Vereine der Bereiche Musik und Soziokultur ganz unterschiedlich von der geplanten GEMA-Novellie-rung betroffen. Die soziokulturellen Zentren erhielten durch die Mitgliedschaft im Landesverband Soziokultur einen Gesamtvertragsnachlass von 20 % der jährlichen GEMA-Gebühren. Diese Regelung solle auch künftig gelten. Von den Vereinen werde übereinstimmend berichten, dass die GEMA-Bezirksdirektion Dresden noch keine verbindliche Auskunft über die künftige Praxis gebe. Vereinzelt hätten Vereine wie Werk II, Kulturfabrik Leipzig e. V. und Jazz-Club Leipzig e. V. spezielle Tarifverträge ausgehandelt. Alle Aussagen der Vereine über die Zukunft beruhten auf Informationen aus dem Internet und auf eigenen Hochrechnungen.
Da die kulturellen Angebote der Häuser differenziert seien, ergebe sich kein einheitliches Bild. Laut Aussagen der Geschäftsführung von Werk II, Kulturfabrik Leipzig e. V. hätten die GEMA-Gebühren des Vereins im Jahr 2011 6.178 € betragen. Das seien 0,5 % des Gesamthaushalts gewesen. Der Verein rechne auch 2013 nicht mit einer Erhöhung, da er keine Klubveranstaltungen für elektronische Musik und auch keine andere Disco-Veranstaltungen durchführt. Der Mühlstraße 14 e. V. habe im vergangenen Jahr 3.500 € GEMA-Gebühren bezahlt. Das sei circa 1 % des Gesamthaushalts. Der Verein befürchte nicht, dass sich an der Höhe der Gebühren viel ändern werde, da dort keine Disco-Veranstaltungen und kaum Partys stattfinden. Der GeyserHaus e. V. zahle 1.095 € an die GEMA – das seien 0,18 % des Gesamthaushalts – und rechne 2013 mit einem Anstieg auf 1.400 €. Der Stadtteilzentrum Anker e. V. befürchte eine Verdoppelung der GEMA-Gebühren, die sich 2011 auf 4.700 € – circa 1 % des Gesamthaushalts – beliefen. Als Konsequenz plane der Verein Erhöhungen der Eintrittspreise und Anhebungen im Preisgefüge der Getränke.
Mit 5.500 € habe der Jazz-Club Leipzig e. V. 1,7 % seiner Gesamtausgaben an die GEMA entrichtet. Davon entfielen auf die Leipziger Jazztage 3.500 €. Wenn die beabsichtigten neuen Tarife auf die Konzerte der Leipziger Jazztage im Opernhaus angewendet würden und somit 10 % der Bruttoeinnahmen abgeführt werden müssten, seien das pro Abend circa 2.500 €. Das wären allein für drei Konzertabende in der Oper 7.500 €. Die jährlichen GEMA-Gebühren würden sich mehr als verdoppeln. Wenn der Stadtrat heute über die mögliche Erhöhung der Fördersumme für den Jazz-Club entscheide, sei diese Kostensteigerung in der Vorlage noch nicht berücksichtigt.
Von den neuen Tarifen sei der Projektverein e. V. in Conne Island am stärksten betroffen. Bisher seien an die GEMA 19.500 € = 6 % des Gesamthaushalts gezahlt worden. Die Abrechnungsgrundlage für reine Konzerte werde sich nicht ändern. Bei dem neuen Tarif für Tanzveranstaltungen rechne der Verein hingegen mit Mehrkosten zwischen 10.000 und 15.000 €. Diese zusätzlichen Kosten könnten nicht durch Eigenmittel aufgebracht werden. Die Höhe der Eintrittspreise sei ausgereizt. Eine Erhöhung mache ökonomisch keinen Sinn, da Gagenforderungen oft an die prozentualen Nettoeinnahmen gekoppelt seien. Es müssten 40 bis 50 Veranstaltungen im Jahr mit hochkarätiger Klubmusik amerikanischer und englischer Künstler entfallen. In dieser Szene habe sich aber gerade Conne Island in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf erworben. Der Vereine befürchte nun zu Recht, sein spezifisches Profil zu verlieren, und sehe einen Großteil seiner Jugendarbeit dadurch gefährdet.
Eventuelle Mehrkosten durch die ab 2013 neu geltende Preisstruktur bei der GEMA hätten im Haushaltsentwurf bisher keine Berücksichtigung finden können. Als Konsequenz drohten möglicherweise für die betroffenen kulturellen Veranstaltungen des Kulturamtes quantitative Einschnitte. Das Marktamt könne die Erhöhung durch Sponsoren abfedern. Für Betroffene der Freien Szene sei zu entscheiden, ob eine Zuschusserhöhung aus dem Fördertopf 2013 erfolgen soll.
Auf eine entsprechende Nachfrage von Stadtrat Volger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) bestätigt Bürgermeister Prof. Dr. Fabian, dass die Mehrkosten im Haushalt 2013 noch nicht abgebildet seien.