Bericht zur Ratsversammlung der Stadt Leipzig am Mittwoch, 15. November 2017

Wirtschaftspolitische Stunde

Foto: Martin Jehnichen

In der Ratsversammlung wurde als zentraler Bestandteil die wirtschaftspolitische Stunde durchgeführt.

Nach einem interessanten Impulsvortrag des Präsidenten des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Prof. Dr. Reint Gropp. Anschließend sprach neben Vertreterinnen aller Fraktionen auch Annette Körner für unsere Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Petitionen:

Kitaplatz-Mangel in der Stadt Leipzig

Der Stadtrat befasste sich mit einer Petition der Leipziger Kita-Initiative, der Interessenvertretung von Eltern ohne Kita-Platz. Sie hat aufgrund der nach wie vor sehr angespannten Situation um nicht ausreichend vorhandene Kitaplätze einen Forderungskatalog an die Stadt gerichtet. Darin fordern die Eltern neben einer stärkeren Einbeziehung in Informations- und Entscheidungsprozesse der Stadt bei der Schaffung weiterer Kita-Kapazitäten eine Verbesserung des Kitaportals Kivan, transparente Vergabemodalitäten, eine bessere Unterstützung von Eltern bei der Platzsuche sowie einen weiteren Ausbau der Kapazitäten. Der Petitionsausschuss hat sich mit der Angelegenheit intensiv befasst und eine Zuarbeit der Verwaltung eingeholt. Mittlerweile wurde bereits der vor Jahren eingeführte Runde Tisch Kita, an dem auch die Kitainitiative teilnimmt, der aber seit Jahren nicht mehr tagte, wieder reaktiviert. Diese Einbeziehung der Interessenvertreter*innen soll nun regelmäßig erfolgen. Das Kivan wurde mittlerweile mit seiner neuen version Kivan.next, wie auch lange von unserer Fraktion gefordert einem upgrade zugeführt und soll so Prozesse auf allen Seiten, bei Trägern, Eltern und der Verwaltung verbessern. Der Ausbau an Betreuungskapazitäten wurde nicht zuletzt mit dem im Oktober beschlossenen Sofortprogramm zum Bau von 12 Kitas beschleunigt. In den nächsten Jahren sind über 7.000 neue Kitaplätze geplant, diese müssen durch effizientes Verwaltungshandeln und gut gemanagte Verfahren beschleunigt werden.
Insgesamt wurde mit dem Vorschlag des Petitionsausschusses den Ansprüchen der Kitainitiative nach besserer Einbeziehung, einer rechtssicheren Vergabe von Kitaplätzen und einem Ausbau der Betreuungskapazitäten weitestgehend entsprochen.

Anträge zur Beschlussfassung:


Regionale Bioprodukte kommunal fördern

Leipzig boomt, hat ein starkes positives Image. Aber tatsächlich hängt unsere Stadt bei manchen Trends und Entwicklungen stark hinter. Andere Kommunen bespielen dieses Thema viel stärker und tauschen ihre Kompetenzen im Netzwerk Biostädte aus. Der Bereich Bioprodukte, regionale Vermarktung, kurze Wege, gesundes Essen in Kitas, Schulen und Kantinen ist in Leipzig zurzeit noch ein braches Feld. Dazu haben wir den Antrag in die Diskussion gebracht die vorhandenen Strukturen für regionale und biologische Erzeugung von Lebensmitteln und deren Vermarktung vor Ort zu unterstützen, als Kommune dem Netzwerk Biostädte beizutreten und dafür seitens der Verwaltung Unterstützung erfahren. Der Wirtschaftsfaktor biologische und regionale Erzeugung halten manche Stadträte/Fraktionen für unnötig und bezeichnen es als wettbewerbsschädlich Vorgaben zu machen und damit für Standards zu sorgen. Wir haben die Verbraucher im Blick, die wissen wollen wo ihre gesunden Lebensmittel herkommen und die lange Transportwege kritisieren. Unser Antrag gibt somit auch Landwirten und Bauern die Chance erfolgreich auf Bio umzustellen. Der Antrag hat die erforderliche Mehrheit des Stadtrats überzeugt.

Foto: Martin Jehnichen
Foto: Martin Jehnichen


Wohngemeinschaft Connewitz e. V. – Finanzierung und Bauabschluss sichern

Die Wohngemeinschaft Connewitz e. V. baut für erwachsen gewordene junge Menschen mit Behinderungen ein Wohnprojekt mit Nachbarschaftsanschluss. Das ist vorgelebte Inklusion. Das Umfeld begleitet das Projekt seit Beginn an. Die Baukosten haben sich inzwischen wesentlich erhöht und gefährden den erfolgreichen Bauabschluss. Baukostenerhöhungen sind ein allgemeiner Fakt, der auch diesen Beschluss nötig macht. Wir Grüne haben uns zu die-sem Antrag, einem einmaligen Zuschuss aus dem städtischen Haushalt an den Verein zu zahlen. Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen eigenständig, selbstbestimmt leben und wohnen können. Wir anerkennen, dass sich die Eltern stark machen, dass sie mit eigenem Geld und eigenem Vermögen vorangehen. Der Beschluss kam mit knapper Mehrheit zustande, die Stadt hat dadurch nun als Sicherheit ein Belegungsrecht ab der zweiten Belegung.

 


Mittelübertragung im Jugendhilfebudget zur Finanzierung der Filmschule

In einem anderen Antrag forderte unser Stadtrat Michael Schmidt gemeinsam mit den beiden Stadträtinnen Schenk (SPD) und Nagel (Linke) aus dem Jugenhilfeausschuss eine Mittelübertragung aus dem Jugendhilfebudget in Höhe von 10.000 € von 2017 in 2018, um damit den ab Januar umzugsbedingt steigenden Mietkosten für das medienpädagogische Jugendhilfeprojekt der Filmschule Leipzig finanzieren zu können. Die Arbeit der Filmschule ist uns seit Jahren eine Herzensangelegenheit, da die präventive Arbeit in unserer von medieninhalten überfluteten Gesellschaft immens wichtig ist, um Kinder und Jugendliche mit den damit verbundenen Chancen und Risiken vertraut zu machen. Der Antrag wurde von einer Mehrheit des Stadtrates unterstützt, womit für den Träger nun Klarheit geschaffen ist und der neue Mietvertrag unterschrieben werden kann.


Anfragen an den Oberbürgermeister:

Einrichtung eines Willkommenszentrums für Geflüchtete und Migranten und Migrantinnen im Bürgeramt Otto-Schill-Straße

Im November 2015 beschloss der Stadtrat nach gründlicher Beratung die Einrichtung eines Willkommenzentrums mit Zieltermin Mitte 2016 (VI-A-01381). Die Initiative war im September 2015 in die Diskussion der Gremien gegeben worden. Den Unterstützer*innen und Beteiligten war es sehr wichtig, dass für die ankommenden Geflüchteten die Unterstützungsstrukturen bald, also innerhalb eines halben Jahres ausgebaut würden. Im Februar 2017 legte die Verwaltung eine Vorlage mit einem Umsetzungsvorschlag zur Information vor. Dennoch ist bis heute noch kein Willkommenszentrum eröffnet worden. Bürgermeister Hörning (SPD) stellte das Willkommenszentrum im Zusammenhang mit anderen Beratungsangeboten generell in Frage. K. Krefft wies dies eindeutig zurück und fragte nach, wann es nun realisiert wird.
Antwort: 1. Quartal 2018.


Auswirkungen der Anbindung des Markleeberger Sees an die Pleiße auf die Mühlpleiße

Als Folge der Anbindung des Markkleeberger und Störmthaler Sees als Bergbaufolgeseen an die Leipziger Fließgewässer, ist seitens des Vorhabenträgers auch die Veränderung des Pleißewehrs vorgesehen. Die am Wehr abzweigende Mühlpleiße soll außerdem hydraulisch leistungsfähiger gemacht werden. Damit wird die Hochwasserschutzfunktion des Pleißewehrs für die Mühlpleiße und damit für den anliegenden, historischen Teil von Dölitz mindestens beeinträchtigt. In den Planungsunterlagen wird zudem ein Konfliktpotenzial für die Mühlpleiße beschrieben, da es anliegend, LSG und FFH-Gebiete gibt, sich schützenswerte Biotope gebildet haben, die beim Eingriff in die Gehölzbestände (Fällung von über 500 Bäumen) und bei Reliefveränderungen sicherlich beeinträchtigt würden. Zudem wird die Dölitzer Wassermühle als einziger authentischer verbliebener Mühlenstandort mit technisch-funktionsfähigem Mühlenrad und vielfältigem Umweltbildungsangebot (Angabe des Vereins: pro Jahr etwa 200 Veranstaltungen mit ca. 4000 Kindern) gefährdet. Wir haben dazu detaillierte Fragen gestellt, die wir uns schriftlich beantworten lassen.


Quo vadis Bürgerbeteiligung? Bürgerbeteiligung weiterentwickeln und Bilanzierung ernst nehmen!

In der Sitzung der Ratsversammlung vom April 2017 hat der Stadtrat die Ergebnisse der Bilanzierung der informellen Beteiligungsverfahren der Stadtverwaltung zur Kenntnis genommen. Außerdem wurde der Oberbürgermeister beauftragt, entsprechende im Beschluss enthaltene Bausteine zur Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung umzusetzen.
In Bezug auf die Umsetzung dieser einzelnen Bausteine fragen wir detailliert nach und erwarten eine schriftliche Antwort zu den Themen:
1. Transparenter Überblick über laufende und geplante Bürgerbeteiligungen
2. Beteiligungskonzept für größere bzw. mehrstufige Verfahren
3. Verknüpfung von Beteiligung und Engagementförderung
4. Neuorientierung des „Stadtbüros“
5. Begleitgremium „Bürgerbeteiligung“

Foto: Martin Jehnichen

Vorlagen der Verwaltung:

Mietspiegel für die Stadt Leipzig

Der qualifizierte Mietspiegel, den die Ratsversammlung nach monatelangen Diskussionen beschloss, ist ein durchaus wichtiges Instrument zur Dämpfung von Mietsteigerungen und für die Leipziger*innen von großer Bedeutung! Dennoch ist der qualifizierte Mietspiegel nicht unumstritten, denn trotz Einspeisen verschiedener Daten stellt auch dieser noch immer ein Zerrbild des Mietwohnungsmarktes dar, gerade weil die Bestands- und Angebotsmieten immer weiter auseinanderklaffen. Die Datenerhebung bildet nur einen Bruchteil des Mietwohnungsmarktes ab. Bei der Erhebung der ortsüblichen Vergleichsmiete zählen nur die neuen Verträge oder die Mieterhöhungen aus den letzten vier Jahren. Also in der Regel nur die teuersten. Und die große Masse der oftmals viel günstigeren laufenden Bestands- und Sozialmieten bleibt außen vor. Wir Grüne sind deshalb für eine längst fällige Mietspiegelreform und der Auffassung, dass vor allem der Berechnungszeitraum von vier auf zehn Jahre erhöht werden muss, um so den Anstieg insgesamt nicht weiter zu beschleunigen. Die Erhöhung des Berechnungszeitraumes hätte durchaus starke Auswirkungen zugunsten der Mieter und Mieterinnen mit der Folge, dass die Vergleichsmieten in den Metropolen erstmals wieder deutlich sinken würden. Eigentlich wollte die große Koalition im Bund diese Mietspiegelrechtsreform in den vergangenen Jahren anpacken, dennoch verlief es leider im Sande. Es wird sich zeigen, inwiefern eine neue Regierung, möglicherweise mit grüner Beteiligung, hier einen wichtigen Fortschritt wird erzielen können.

Foto: Martin Jehnichen


Neufestsetzung der Entgelte für den Eigenbetrieb Musikschule Leipzig „Johann-Sebastian-Bach“ ab 1.1.2018

Die Zuweisungen des Eigenbetriebs basieren auf der Vereinbarung über die inhaltlich strategischen Rahmenbedingungen sowie die Finanzierung der Eigenbetriebe Kultur der Stadt Leipzig für den Zeitraum 2016-2020, welche 2016 von der Ratsversammlung beschlossen wurden. Am 1.8.2012 trat die letzte Entgelterhebung in Kraft. Ab dem 01.01.2018 kann lt. Wirtschaftsplan eine Entgeltanhebung von ca. 10 % und eine Anhebung der Leihentgelte von 15 % vorgenommen werden, um steigende Aufwendungen, wie Mieterhöhungen, Instandhaltungskosten Instrumente sowie Betriebskosten u.a.) zu kompensieren. Hinzu kommen zusätzliche Finanzierungslücken wie Tariferhöhungen ab 2012 und Kürzung der Landesmittel aufgrund der Modifizierung der Förderrichtlinie. Unsere Fraktion sieht diese Erhöhung kritisch, da es viele Familieneinkommen gibt, die knapp über dem Richtwert liegen, um einen Leipzig-Pass zu erhalten. Mit unserem Änderungsantrag wollen wir eine sozial verträglichere Staffelung der Ermäßigung (außer dem Leipzig-Pass) nach dem Familieneinkommen, ähnlich dem des Heidelberger Modells. Zugleich soll geprüft werden, wie mit Bildungsgutscheinen sozial schwächeren Familien diese musikalischen Bildungsangebote weiter niedrigschwellig zugänglich gemacht werden können. Dieser Paradigmenwechsel fand im Stadtrat keine Mehrheit.


Leipziger Jubiläen und Wirtschaftsplan 2018 für den Eigenbetrieb Gewandhaus zu Leipzig

Seit dem Jahr 2009 verfolgt die Stadt Leipzig das Ziel, mit der Bündelung identitätsstiftender und öffentlichkeitswirksamer Potenziale, wie Jubiläen, auf ein jährlich wechselndes Leipziger „Leuchtturm“-Thema (bei Beibehaltung der Qualität des kulturellen Angebots in der gesamten Breite) die Anziehungskraft der Kommune zu erhöhen und ihren hohen Anspruch zu untermauern. Die erreichten Wirkungen sind unübersehbar und sie bilden einen festen Bestandteil des urbanen Lebens. Ziel soll es u.a. sein, Leipzig´s kulturelle Identität zu stärken und als national und international anerkannte, weltoffene Kulturstadt weiter zu etablieren, die mit ihren kulturellen und sportlichen Angeboten ein vielfältiges Publikum anzieht. Dazu sollen imageprägende Großveranstaltungen beitragen. Das Jahr 2018 wird zwei herausragenden Jubiläen gewidmet - dem 275. Jahrestag der Großen Konzerte und damit dem Beginn des Aufstiegs des Gewandhausorchesters zu einem Klangkörper von Weltgeltung sowie dem 25. Jahrestag der Städtepartnerschaft Leipzig – Houston, deren Relevanz mit der aktuellen Katastrophe in Houston dramatisch steigt. Darüber hinaus sollen im Jahr 2018 Mittel zur Vorbereitung der Höhepunkte im Jahr 2019, dem 500. Jahrestag der Leipziger Disputation, dem 200. Geburtstag von Clara Schumann sowie dem Lichtfest aus Anlass des 30. Jahrestages der Friedlichen Revolution zur Verfügung gestellt werden. Das Dezernat Kultur zielt darüber hinaus auf einen Grundsatzbeschluss für die Budgetierung von Jubiläen und Großveranstaltungen im Kulturbereich ab 2019. Zukünftig sollen dem Stadtrat Vorlagen zu Jubiläen und Großveranstaltungen im Kulturbereich erneut themenbezogen und haushaltsjahrübergreifend vorgelegt werden. Der Wirtschaftsplan 2018 fügt Teile einer im März 2017 veröffentlichten Spielzeit 2017/18 und einer noch in Planung befindlichen Spielzeit 2018/19 zusammen. Das Jahr 2018 im Fokus des 275jährigen Jubiläums des Gewandhausorchesters und der Amtseinführung Andris Nelsons. Allerdings soll ab 2019 ff. das Freiluftkonzert „Klassik airleben im Rosental“ nicht mehr auf der Grundlage der bestehenden Zuschussvereinbarung finanziert werden. Unsere Fraktion sieht das kritisch, u.a. auch vor dem Hintergrund, dass das Gewandhausorchester als Eigenbetrieb der Stadt Leipzig aus seinem Wirtschaftsbetrieb in den vergangenen Jahren erhebliche Rücklagen bilden konnte, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterstreicht. Zudem plant der Eigenbetrieb für die Saison 2017/2018 eine herausragende Jubiläumssaison sowie im Jahr 2019 ungewöhnlich zahlreiche und lange Tourneen in Europa, Asien und in den USA. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht nachvollziehbar, dass das Bürgerkonzert „Klassik airleben im Rosental“ für die Jahre 2019 ff. nicht auf der Grundlage der bestehenden Zuschussvereinbarung finanziert werden kann. Unsere Fraktion wollte mit dem Änderungsantrag erreichen, dass „Klassik airleben im Rosental“ auch zukünftig ohne Sonderzuweisung der Stadt Leipzig stattfinden kann, was vom Stadtrat nicht unterstützt wurde.

Fotos: Fraktion

Foto: Martin Jehnichen

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