Berufsbegleitende Erzieher*innen-Ausbildung offensiv angehen!

Pressemitteilung vom 19. Juni 2018

In der nächsten Ratsversammlung wird der Stadtrat über die Vorlage der Verwaltung „Ausbildung und Gewinnung von Erzieherinnen und Erziehern in der Stadt Leipzig“ entscheiden und somit ein Thema angehen, welches die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bereits im Jahr 2012 eingefordert hat. (siehe Ratschlag Juli 2012, Seite 9)[1]

Dabei plant die Verwaltung jährlich 25 berufsbegleitende Stellen für Erzieherinnen und Erzieher anzubieten, ein Angebot, welches aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen deutlich unterhalb sowohl des Bedarfes als auch der Möglichkeiten liegt. Daher hat die Fraktion einen Änderungsantrag eingereicht.

Hierzu Michael Schmidt, Stadtrat und familienpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

„Die Vorlage schlägt einen richtigen Weg ein. Bereits vor  sechs Jahren hatte meine Fraktion einen Antrag gestellt „Ausbildungsoffensive für Erzieher*innen in Leipzig“ und darin auf den riesigen Bedarf aufmerksam gemacht und Strategien eingefordert, die Kapazitäten zu erhöhen. Auch die berufsbegleitende Ausbildung wurde in diesem Zusammenhang von uns thematisiert. Sie ist eine wunderbare Möglichkeit, bereits erfahrene und wechselwillige Menschen für den Kitabereich zu gewinnen und von Beginn der Ausbildungszeit an die Stadt oder auch die Freien Träger als Arbeitgeber zu binden.“

2012 gab es neun Fachschulen, die Ausbildungen zur staatlich anerkannten Erzieher*in angeboten haben, heute haben wir bereits 16. Etwa 2.000 Absolventen haben wir aktuell jährlich für ganz Sachsen, 2012 waren dies noch 350 weniger. Die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten im Freistaat spiegeln also schon auch den gewachsenen Bedarf wieder, müssen aber auch künftig weiter anwachsen. Leipzig benötigt zwischen 200 und 400 weitere Fachkräfte jährlich, um die neu dazukommenden Kitaplätze sowie die Altersabgänge zu kompensieren.

Stadtrat Michael Schmidt weiter: „Warum die berufsbegleitende Ausbildung so zaghaft mit jährlich 25 Stellen angegangen wird, leuchtet mir nicht so recht ein. Sowohl der Bedarf als auch das Angebot liegt deutlich darüber. Klar, erhöhen wir die Ausbildungskapazitäten, dann müssen wir auch mehr Geld zur Verfügung stellen. Dennoch überwiegen die Vorteile deutlich die Kosten. Bereits heute ist es unwahrscheinlich schwer, unterjährig eine Kita ans Netz zu bringen, weil außerhalb der Absolventenzeiten kaum Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt verfügbar sind. Beim runden Tisch Kita, der am Montag unter Teilnahme der Leipziger Kita-Initiative zusammenkam, wurde auch gesagt, dass die dann fehlenden benötigten Ausbildungsplätze an den Berufsschulen fehlen würde, sollte jetzt die Zahl der Berufsbegleitenden einfach erhöht werden. Ich halte dies jedoch für ein vorgeschobenes Argument. In der Antwort auf eine Anfrage vom August 2017 sagte Bürgermeister Hörning: Die berufsbegleitende Ausbildung wird derzeit an sechs Fachschulen in Leipzig angeboten. Dies entspricht dem derzeitigen Bedarf. Die exemplarische Nachfrage bei einer Fachschule ergab, dass diese flexibel auf ein Ansteigen des Bedarfs an berufsbegleitenden Ausbildungen reagieren könnte. Insofern schlägt unsere Fraktion eine Verdopplung der berufsbegleitenden Ausbildungsstellen von 25 auf 50 vor. Die Stadt sollte die aktuelle Bewerberlage nutzen und offensiv statt defensiv vorgehen.“

Hinsichtlich den Antrages des Jugendhilfeausschusses fordert die Fraktion zu berücksichtigen, dass im gemeinnützigen Bereich tätige Freie Träger keine Gewinne erwirtschaften, aus denen solche Ausgaben refinanziert werden können und ihnen eine Querfinanzierung von Leistungsbereichen untersagt ist. Freie Träger betreiben etwa drei Viertel aller Kitas in Leipzig, sie sind unverzichtbar. Mit ihnen wurden in den vergangenen Jahren und vor allem Monaten harte Verhandlungen hinsichtlich der Finanzierung des Leistungsbereiches geführt, neue Verträge geschlossen, die ihnen eine Ausfinanzierung, eine Wirtschaftlichkeit garantieren, aber eben auch nicht darüber hinaus. Sie haben bei der Absicherung dieser für die Stadt so enorm wichtigen Aufgabe der Kinderbetreuung  mit den gleichen Problemen zu kämpfen, wie die Stadt selbst. Sie stehen genauso vor den Herausforderungen des Fachkräftemangels und haben daher in weiten Teilen den TVÖD übernommen, um in der Konkurrenz um die Fachkräfte mithalten zu können.

Auch diese zahlreichen Träger bekommen regelmäßig Anfragen nach berufsbegleitender Ausbildung oder von BA-Studierenden. Die Stadt will die Träger nun dabei auch unterstützen, allerdings eben nur mit 50 % der anfallenden Kosten.

„Da muss man sich schon fragen, wie und woher die Träger die andere Hälfte finanzieren soll. Die zu erarbeitende Förderrichtlinie muss dazu Antworten finden und aus meiner Sicht auch einen deutlich geringeren Eigenanteil als bisher geplant ansetzen. Wir werden die Fachkräfteherausforderung nur mit den Freien Trägern gemeinsam lösen können, deshalb müssen wir sie dabei auch tatkräftig unterstützen, statt sie schlechter zu stellen und ihnen Steine in den Weg zu legen“, so Schmidt abschließend.


[1] http://www.gruene-fraktion-leipzig.de/tl_files/Gruene_Fraktion_Leipzig/dokumente/stellungnahmen/Ratschlag_67_einzel_web.pdf

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