Darlehen ist Darlehen oder ein Beispiel für ein unverantwortliches Verwalten von Steuergeldern

Pressemitteilung vom 9. Dezember 2013

DHL geht es wirtschaftlich immerhin so gut, dass weitere Ausbaupläne am Flughafen Leipzig/Halle in Planung sind. Nach aktuellen LVZ-Informationen »verdichten sich die Hinweise auf eine Expansion von DHL« am Flughafen Leipzig/Halle: »Immer mehr Luftfracht: DHL will Drehkreuz Leipzig ausbauen. Güterumschlag legt kräftig zu - Flughafen steht vor neuntem Rekord in Folge« (vgl. LVZ vom 7. Dezember). Aber wie - fragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Bert Sander, Wählervereinigung Leipzig - schlägt sich der wirtschaftliche Erfolg u. a. von DHL in der Leipziger Stadtkasse nieder?
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Bert Sander (Wählervereinigung Leipzig) fordert in einem HH-Antrag, dass die eventuell anstehenden Zinsen für die in den Jahren 2009 bis 2012 ausgezahlten Darlehen an die Mitteldeutsche Flughafen AG zu marktüblichen Bedingungen vom Flughafen eingefordert und als Einnahme in den Haushalt eingestellt werden.

Um welche Summen geht es:
Bereits zwei Jahre nach Abschluss der Bauarbeiten zur SBL Süd und des DHL- Frachtzentrums benötigte die Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG) weitere 255 Mio. Euro von den Gesellschaftern. Auf die Stadt Leipzig, deren Anteil am FLH 2,1 % beträgt, entfielen davon 5,25 Mio. Euro (vgl. Ratsbeschluss RBIV-1638/09).
Nach jüngster Auskunft der Verwaltung wurden davon bis zum 31. Dezember 2012 insgesamt 2.637 Mio. Euro für sog. »Infrastrukturelle Zusatzmaßnahmen« an den Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden nicht nur ausgezahlt, sondern zudem rückwirkend umgewandelt in sog. »Gesellschafter(zwischenfinanzierungs)darlehen«. Der noch ausstehende Betrag für die Kapitalerhöhung i. H. v. 2,611 Mio. Euro wurde - wie es offiziell heißt - zur »Vermeidung beihilferechtlicher Risiken« bislang nicht ausgezahlt. Am Rande nur: Von dem Instrument der sog. »Gesellschafter(zwischenfinanzierungs)darlehen« (einschließlich Zinsstundung) erfährt der Leipziger Stadtrat allerdings erst heute.

Mit der nachträglichen Umwandlung der ursprünglichen als nicht rückzahlbar ausgewiesenen Zuschüsse in Darlehen  stehen der Stadt nunmehr jedoch »Rücklaufgelder« zu. Setzt man marktübliche Konditionen  an, müssten seit 2013 ca. 130.000 Euro jährlich im Haushaltsplan als Einnahmen stehen. Kurzum, die Stadt stundet der MFAG pro Jahr etwa 130.000 Euro an Zinsen. Kann sie sich das leisten?
Die Ablehnung des Antrages mit der Begründung »Eine Vereinnahmung von Zinsen widerspräche den Konsens der Aktionäre?« ist so nicht akzeptabel. Das Mindeste wäre eine entsprechende Information, Diskussion und Abstimmung im Stadtrat über derartige Zinsvereinbarungen/-geschenken.

Die Verwaltung lehnt den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und Bert Sander (Wählervereinigung Leipzig) auch aus folgendem Grund ab: »Mit der Genehmigung der Maßnahmen durch die Europäische Kommission als zulässige Beihilfe werden die Gesellschafter(zwischenfinanzierungs)darlehen in Eigenkapital umgewandelt. [...] damit entfallen auch evtl. zwischenzeitlich vorsorglich ausgewiesene Zinsverbindlichkeiten.« »Entfallen die Zinsverbindlichkeiten« aber tatsächlich?
Tatsache ist: Der hier thematisierte Fall ist noch lange nicht ausgestanden, denn noch hat die EU-Kommission eben nicht entschieden. Mit der Ablehnung unseres Antrages greift die Stadtverwaltung - geradezu im vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Mitteldeutsche-Flughafen-AG - dem Entscheid/Beschluss der EU voraus. Solange die EU-Kommission aber nicht entschieden hat, solange ist unser Antrag allerdings keineswegs erledigt. Daher darf der Antrag nicht abgelehnt, sondern muss - zumindest - ins weitere Verfahren verwiesen werden.

Zum Hintergrund: Seit 2011 untersucht die EU-Kommission, ob die an den Flughafen Leipzig/Halle vonseiten der Gesellschafter gezahlten Beihilfen und Kapitalerhöhung wettbewerbsrechtlich zulässig sind, das heißt, ob es sich bei den Zahlungen z.B. um verbotene Formen »verdeckter Subventionierung« handelt. Die Bundesregierung Deutschland reagierte auf die Anfechtung durch die EU-Kommission, indem sie die sogenannten Kapitalzuführungen und die Investitionszuschüsse an den Flughafen Halle/Leipzig bzw. an die Mitteldeutsche  Flughafen AG als »Gesellschafterdarlehen« auswies bzw. rechtfertigte (vgl. EU- Dokument vom 15. 6. 2011 »Staatliche Beihilfe SA.30743 - C/2011 (ex N 138/2010) - Deutschland). Nach Auffassung der Bundesregierung werden die Gesellschafterdarlehen zu marktüblichen Konditionen gewährt und stellen daher keine staatliche Beihilfe dar. Auch die Leipziger Stadtverwaltung reagierte: »Infolge der Entscheidung der Europäischen Kommission [...] wurden zur Vermeidung beihilferechtlicher Risiken die Finanzierungsvereinbarungen der Infrastrukturellen Zusatzmaßnahmen um das Instrument der Gesellschafter(zwischenfinanzierungs)darlehen ergänzt.« 

[jährliche Rückzahlung für Zins und Tilgung bei 30 Jahren Laufzeit: c. 170.000 Euro. Davon die ersten Jahre ca.130.000 Euro Zinsen (marktüblich etwa 1 % Tilgung, 5 % Zinsen)].

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