Das war die Fraktionsfahrradtour „Abfall, Abfallvermeidung, Abfallverwertung“
Am Mittwoch den 6. Juli 2016 bestiegen unsere Stadträtin Annette Körner und die Stadträte Daniel von der Heide und Dieter Deissler mit mir, Cordula Rosch, wieder die Fahrräder und fuhren zusammen mit weiteren Gästen zur ersten Station.
611 Kilogramm Müll je Bundesbürger wurden 2012 entsorgt, Tendenz ist weiter steigend – alles ist einmal oder mehrfach verpackt. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist Müll der nicht entsteht und nicht recycelt werden braucht wertvoll.
Unsere Fahrradtour stand unter dem Gedanken, interessante Leipziger Initiativen und Geschäfte zu besuchen, die dem Müllberg mit ihrem Angebot und ihren Ideen begegnen und der Wegwerfgesellschaft Alternativen anbieten. Es ist uns sehr wichtig gewesen aufzuzeigen, warum das Recycling von Müll wichtig ist und wie aus Abfällen neue Produkte werden können. Ebenso wichtig ist es, die überbordenden Verpackungen für alle Waren kritisch zu hinterfragen ob sie vermeidbar oder reduzierbar wären. Die erste Station beantwortete diese Frage gleich überzeugend.
In der Könneritzstraße 88 gibt es seit Januar 2016 den Echt unverpackt-Laden. Geführt wird das Geschäft von Stefan Heller. (In der Südvorstadt -Kochstraße- besteht inzwischen noch ein weiteres Unverpackt-Angebot.) Im Echt unverpackt gibt es eine beeindruckende Vielfalt von trockenen Lebensmitteln, alles ist sehr sauber und BIO. Für nasse oder verarbeitete Lebensmittel ist dieses Angebot bisher nicht denkbar. Dafür sind Verpackungen weiter wegen Hygienevorschriften nötig. Das Eier-, Honig- Obst- und Gemüseangebot ist BIO und aus regionaler Erzeugung. Wer hier einkauft, bringt seine eigene Verpackung mit oder kann vor Ort Glasbehältnisse kaufen. Die Preise sind vergleichbar oder niedriger als im Bioladen. Stefan Heller berichtet, dass er seine Kundschaft aus dem direkten Umfeld gewinnen konnte und nur wenige Andere gezielt angereist kommen. Er berichtet, dass das Angebot auch ältere Menschen anspricht, da man hier auch sehr kleine Mengen passend einkaufen kann. Diese Möglichkeit entspricht auch dem Prinzip der vollständigen Lebensmittelverwertung, es müssen einfach keine Essensreste entstehen oder als Müll entsorgt werden. Die interessierten Fragen aus unserer Runde bezogen sich auf den Nutzerkreis, die Herkunft der Waren, die Zusammenarbeit oder eventuelle Konkurrenzen im Bio-Sektor und die bisherigen Erfahrungen von Stefan Heller und seine Motivation.
Zur zweiten Station führte uns zum KrimsKrams des KunZstoffe e. V. in der Georg-Schwarz-Straße. Im Laden werden verwertbare Materialien entgegengenommen, die üblicherweise als Abfall gesehen und weggeworfen werden. Hier stehen im Ladengeschäft Regale in denen die verfügbaren Sachen sortiert vorgehalten werden. Dies ist eine wunderbare Fundgrube für alle Kreativen. Gegen Spenden werden die Utensilien abgegeben. Mit Bundesfreiwilligendienstleistenden und Ehrenamtlichen bietet der Verein auch Kurse an, die den bewussten Umgang mit Materialien und Ressourcen vermitteln. Besonders Kindergartengruppen sind die Gäste. Unsere beiden Gastgeberinnen hatten dann eine besondere Überraschung für uns vorbereitet. Sie bastelten mit uns Portemonnaies aus leeren Tetrapacks. Nach 10 Minuten hatten alle ihr persönliches Exemplar fertig und die Freude über das Produkt war allen anzumerken.
Die dritte Station ist leider ausgefallen. Hilde tanzt – den neuen Secondhand-Laden in der Georg-Schwarz-Straße müssen wir noch einmal an einem anderen Termin aufsuchen.
Als letzte Station fuhren wir zum Café Kaputt, dem mit dem Agenda-Preis ausgezeichneten Reparatur- und Bildungsprojekt zur Rettung von technischen Geräten, in der Merseburger Straße.
Mit Lisa Kuhley können wir mit der Gründerin des Projektes reden. Gleich nach ihrem Kulturwissenschaftsstudium begann sie mit zwei Schulklassen ein sehr verfallenes Objekt für das Projekt auszubauen. Das Projekt kann nun in einem Raum seit 2013 mehrmals wöchentlich Reparatur-Sprechstunden anbieten für Textilien und Elektro- und Elektronikgeräte. Das Basisprinzip ist das eigenständige Reparieren von Dingen unter 1:1-Anleitung durch hauptsächlich ehrenamtliche Unterstützer*innen und Fachleute. Die hierarchiefreie Zusammenarbeit bringt das Projekt ständig weiter voran. Außerdem bietet Lisa Kuhley für Schulen Kurse an und hat damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Zudem organisiert sie bemerkenswerterweise die finanzielle Ausstattung des Projektes bisher ohne Unterstützung durch Fördermittel der Stadt Leipzig. Ihre Geldgeber sind z. B. kirchliche Stiftungen und entwicklungspolitische Organisationen. Für diese Station haben sich am Ende alle eine Stunde für das interessante Gespräch genommen. Wir danken herzlich allen unseren Gastgebern und Gastgeberinnen für die wertvollen Impulse. Wir haben sehr gute, inspirierende Kontakte aufgenommen und wollen versuchen alle Projekte weiter im Blick zu behalten und ihre Arbeit zu unterstützen.
Anschließend an die Tour waren wir im A Petisqueira, dem portugiesischen Bistro in der Merseburger Straße und verarbeiteten unsere vielfältigen Eindrücke auf sehr angenehme Weise.
Cordula Rosch
Referentin der Fraktion