Dringliche Anfrage: Kooperation der Leipziger Gruppe und RasenBallsport Leipzig

Dringliche Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 24. August 2016

Aus der Präambel der LVV-Konzernrichtlinie Sponsoring und Spenden:
„Aus der Stellung eines Unternehmens in kommunaler Trägerschaft ergibt sich die Pflicht, wenn finanzielle Unterstützungen erfolgen, diese nach transparenten und verständlichen Regelungen durchzuführen.“

Die Leipziger Gruppe ist ein Unternehmen in kommunaler Trägerschaft. Daraus ergibt sich eine besondere Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwesen Stadt Leipzig. Gerade bei finanziellen Angelegenheiten ist daher besondere Sorgfalt  angezeigt. Um finanzielle Entscheidungen tragfähig zu gestalten, ist außerdem eine Einbeziehung der Gremien  unerlässlich. Im Falle der Sponsoring-Aktivität für RasenBallsport Leipzig ist diese unterblieben. Weder wurden Aufsichtsrat noch der Beteiligungsausschuss (Verwaltungsausschuss des Stadtrates) informiert, geschweige denn in die Entscheidung einbezogen.
Somit ergeben sich folgende Fragen, die wir als dringlich erachten:

  1. Wie findet die Richtlinie der Leipziger Gruppe für Sponsoring und Spenden bei der Unterstützung des Bundesligisten RB Leipzig Anwendung?
  2. Ist die in den Medien benannte Summe mit der finanziellen Situation der LVV vereinbar?
  3. Wird mit der öffentlich kolportierten Summe eine Überschreitung des im Wirtschaftsplan benannten Budgets für Sponsoring und Spenden verbunden?
  4. Ab wann erhielt der Aufsichtsratsvorsitzende der LVV und Oberbürgermeister Kenntnis von dem Vertrag?
  5. Welche Bindung (Wirkung/ Fristen) ergibt sich aus dem Vertrag mit RB Leipzig?

Antwort des Oberbürgermeisters in der Ratsversammlung am 24. August

Die Anfrage wurde in der Ratsversammlung am 24. August durch den Oberbürgermeister mündlich beantwortet:

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, direkt von hier aus zu antworten.
- Einleitend zu einigen  Rahmenbedingungen. Bei der LVV handelt es sich um ein Unternehmen, das der Mitbestimmung unterliegt. Der Aufsichtsrat ist dementsprechend besetzt. Im Unterschied zu fakultativ mitbestimmten Aufsichtsräten hat dieser Aufsichtsrat gemäß Gesetz eine gesonderte Stellung im Hinblick auf Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.
Zu Verhandlungsgegenständen in Aufsichtsräten kann und darf grundsätzlich nicht in öffentlichen Gremiensitzungen berichtet werden. Der Antragsteller führt in der Begründung aus, dass im vorliegenden Fall gegen Sorgfaltspflichten oder Gremienzuständigkeiten verstoßen und ein geltender Transparenzgrundsatz nicht beachtet wird.

- Meine Damen und Herren, dem muss ich deutlich widersprechen. - Ihrem Widerspruch halte ich entgegen: Ich lese das anders. Es wird schon unterstellt, dass hier gegen bestimmte Regelungen verstoßen wurde.

- Ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass diese Unterstellung falsch ist. Nach aktueller Auskunft der LVV gibt es noch gar keinen Vertrag; Punkt eins. Punkt zwei: Es ist nur ein LOI. Punkt 3: Es ist existenziell Aufgabe und Pflicht der Geschäftsführung im Konzern und der Geschäftsführung der Tochterunternehmen, über Sponsoring und Spenden im Rahmen unserer Regelungen wirtschaftlich, marketingseitig, werbeseitig zu entscheiden. Im Vorgriff auf diese Entscheidung - so viel kann ich berichten - ging ein Brief an alle Aufsichtsratsmitglieder, in dem das geplante Sponsoring erklärt wurde.

Des Weiteren gab es im Vorfeld Einzelgespräche. Die Beteiligung der entsprechenden Gremien richtet sich je nach Art und Umfang des Kooperationspakets und Sponsorings in der Tat nach der Satzung des Unternehmens, der Geschäftsordnung oder, wie im Falle der LVV von der Ratsversammlung gesondert beschlossen, nach dem Zustimmungs- und Infokatalog. Es liegt bis heute kein Sachverhalt vor, der diesbezüglich Relevanz hat, um es deutlich zu sagen.

Zu den einzelnen Fragen:
Zur Frage 1. Die Konzernrichtlinie wird selbstverständlich im geplanten Vorhaben beachtet.
Zur Frage 2. Gerüchte oder Spekulationen über Summen werden hier heute nicht kommentiert.
Jedenfalls ist die finanzielle Leistungsfähigkeit des LVV-Konzerns nicht gefährdet, sondern umgekehrt:
Die Geschäftsführung der LVV erwartet sich durch diese Sponsoringaktivität ein deutliches Plus. Wir reden hier von Sponsoring. Dieses beruht bekanntlich grundsätzlich immer auf Leistung und Gegenleistung. Die Chancen für Kooperationen und Marketing würden nach Angaben der LVV deutlich erhöht, insbesondere durch einen weiteren starken Zugang zu heutigen und auch zu potenziell zukünftigen Kunden. Mit einer derartigen kooperativen Partnerschaft könnte sich nach Einschätzung der Geschäftsführung der LVV vertrieblich wie auch kommunikativ und damit imagefördernd insbesondere der zum Teil sehr wettbewerbsintensive Energiemarkt auf seinem Heimatmarkt und darüber hinaus besser positionieren.

Ich will es einmal mit meinen Worten sagen: RB hatte Anfragen von vielen Energieversorgern. Die Frage ist, wer diesen Platz im Wettbewerb besetzt, im Stadion und darüber hinaus zu werben.

Zur Frage 3. Der Wirtschaftsplan 2016 wird eingehalten - so die Auskunft der Geschäftsführung. Ein Überschreiten des Gesamtbudgets für Sponsoring und Spenden wird in 2017 und 2018 selbstverständlich wirtschaftlich geplant. Noch gibt es keine finalisierten und gremienseitig bestätigten Wirtschaftsplanungen. Diese sind Gegenstandder Unternehmensplanung und der Beschlüsse, die noch kommen.

Zu den Fragen 4 und 5. Ein Vertrag liegt, wie gesagt, noch gar nicht vor. Grundsätzlich finden bereits seit Jahren Gespräche von Vertretern des RB und der Stadt zu vielen Themen statt. Mit der Stadt Leipzig wird, wie Sie wissen, intensiv über Sicherheitsfragen, Transportfragen und Verkehrsleitsysteme gesprochen. Mit der LVV-Gruppe werden insbesondere die Leistungen der LVB, die Leistungen der Wasserlieferungen und der Energieversorgung besprochen.
Damit Sie eine Vorstellung haben: Das Leistungspaket umfasst zurzeit einen mehr als siebenstelligen Betrag, den die Stadtwerke, die LVB und die Wasserwerke durch die Leistungsbestellungen von RB einnehmen. Zugespitzt könnte man sagen: RB könnte den Strom auch anderswoher beziehen. RB könnte die Verkehre auch anderweitig organisieren. Ich finde es in der Tat bemerkenswert und positiv, dass das Unternehmen auf die Unternehmen der Stadt Leipzig zugegangen ist, um die regionale Verbundenheit und Verwurzelung zu dokumentieren und in der Region Unterstützung zu organisieren. Viele wollten. Die LVV hat die Chance ergriffen, in Kooperation mit dem Verein hier ein Sponsoringpaket anzuvisieren. Ein LOI ist meines Wissen paraphiert. Ich will Ihnen auch nicht vorenthalten, was ich persönlich davon halte, unabhängig davon, dass es selbstverständlich Aufgabe der Geschäftsführung ist, solche Pakete zu schnüren. Was die wenigsten wissen, meine Damen und Herren: Ein Verein der Ersten Bundesliga unterliegt den Regeln des Fairplay des Deutschen Fußball-Bundes. Das heißt, wenn ich es recht erinnere: Es dürfen pi mal Daumen nicht mehr als 30 Prozent der Einnahmen durch einen Sponsor in einen Bundesligaverein fließen. RB unterliegt dieser Auflage genauso wie Bayern München. Die Mär vom Dosenmillionär, der angeblich dort Geld hineingeben könnte, ist völliger Unsinn. Er ist nämlich gezwungen, das zu deckeln auf maximal 30 Prozent der Einnahmen. Das heißt: RB muss wie jeder andere Verein weitere Sponsoren gewinnen.
Es liegt geradezu nahe, sich anzuschauen, erstens wie die Bindung in die Stadt und die Region gestärkt werden kann, zweitens wie man im Wettbewerb bestimmte Chancen im Marketing und Sponsoring nutzt und drittens wie man Kundenbindungen erzielt. Ich glaube, dass dies alles in der Tat so von der Geschäftsführung, wie ich mir habe berichten lassen, bedacht worden ist und dann in gemeinsamer Strategie im LVV-Konzern entschieden wurde, ein Sponsoringpaket vor Ort abzuschließen: wegen Wettbewerb, wegen der regionalen Bindung und wegen der Möglichkeit der Kundenbindung.

Eine Antwort bin ich Ihnen noch schuldig geblieben, nämlich seit wann ich davon Kenntnis habe. Ich persönlich wurde in den letzten Jahren natürlich mehrfach darauf angesprochen, welche Möglichkeiten der regionalen Bindung und der regionalen Unterstützung gesehen werden. - So weit die Antwort von meiner Seite.

Stadträtin Krefft (Bündnis 90/Die Grünen): Herr Oberbürgermeister! Ich finde Ihre Ausführungen sehr wertvoll und wichtig, rücken sie doch das Thema in ein ganz anderes Licht, nämlich das der Werbeflächen und des beiderseitigen Nutzens, und zwar jenseits von VIP-Tischen, wie es in der Bevölkerung angekommen ist. Uns geht es nicht darum, sich über das Sponsoring für diesen einen Fußballverein zu mokieren, sondern um Fragen, die sich durch die Medienberichterstattung ergeben haben. Dort hieß es auch, Sie wollten bei dieser Pressekonferenz nicht dabei sein. Das war eigentlich sehr schade. Warum haben Sie die Gelegenheit nicht genutzt, um genau die Aspekte vorzutragen, die Sie jetzt hier ausgeführt haben, nämlich Wettbewerbsvorteile, Vorteile für den Heimatmarkt etc.? Ich denke, dann wäre es nicht zu Missverständnissen gekommen.
Sie hatten eben ausgeführt, das Budget für Sponsoring und Spenden für 2017 und 2018 wird mit dem Wirtschaftsplan festgelegt. Bezüglich des Budgets 2016 haben Sie auf die Aufsichtsratssitzung verwiesen. Können Sie ausschließen - das wäre ein ganz wichtiges Signal an all die kleinen Vereine, Sportgruppen sowie kulturelle und soziale Einrichtungen -, dass in 2016 weniger Mittel zur Verfügung stehen werden für das Engagement der LVV-Gruppe? Es ist ja auch der Heimatmarkt, der hier bedient wird, und das ist ein ganz wesentlicher Standortfaktor Leipzigs.

Oberbürgermeister Jung: Ihre erste Frage gibt mir Gelegenheit, meine Position zu diesen Fragen noch einmal grundsätzlich darzulegen. Ich glaube, Sie werden lange suchen müssen, um mich bei der öffentlichen Verkündung eines Sponsorings zu finden. Ich halte es für wichtig, dass Sponsoring und Spendenbereitschaft von kommunalen oder kommunalnahen Unternehmen grundsätzlich in der Entscheidungshoheit der Geschäftsführung und deren Marktstrategien liegen. Die Politik sollte sich tunlichst heraushalten aus Entscheidungen des Sponsorings. Selbstverständlich werde ich gefragt. Selbstverständlich werde ich informiert. Selbstverständlich habe ich eine persönliche Auffassung dazu. Aber ich halte es für zwingend, dass Unternehmen die Entscheidung treffen. Daher sollte der Oberbürgermeister auch nicht bei der Scheckübergabe einer Sparkasse oder bei der Verkündung eines Sponsoringvertrages der Stadtwerke mit am Tisch sitzen. Diese Entscheidung liegt in der Verantwortung der Unternehmen und Unternehmer, die im Übrigen dafür dann auch geradestehen müssen. Das ist der Grund, warum ich mich entschieden habe - durch eine Indiskretion offensichtlich an die Presse gelangt -, mich in dieser Frage nicht zu äußern und dort auch nicht mit am Tisch zu sitzen.  Das mache ich grundsätzlich nicht. Unabhängig davon habe ich immer versichert: Selbstverständlich stehe ich zu dieser Entscheidung der Geschäftsführung  und werde sie auch öffentlich vertreten, wenn ich gefragt werde.  Zur Ihrer zweiten Frage. Diese Frage habe ich mir auch gestellt, nämlich: Was ist damit verbunden? Müssen wir befürchten, dass der Leipzig Marathon oder ein Handballmännerverein oder auch kleine Vereine, Verbände und soziale Initiativen nicht mehr gefördert werden? Der derzeitige Plan ist, dass man diese Engagements weiterhin aufrechterhalten und die Tradition der vielfältigen Unterstützung wie in den letzten Jahren fortführen will, insbesondere auch im Nachwuchsbereich. Die Stadtwerke verfolgen seit langem eine Strategie mit Blick auf Kinder- und Familienfreundlichkeit; Kollege Fabian wird das bestätigen können.  Man will im Hinblick auf die Marketingmittel versuchen, die Summe, die im Fußball eingesetzt wird, durch Umschichtungen zu generieren. Lassen Sie mich noch einen Satz anfügen. Ich habe dafür gesorgt, dass es überhaupt seit einigen Jahren einen Sponsoringbericht der LVV und ihrer Tochterunternehmen in den  Aufsichtsräten gibt. Das war in Leipzig vor meiner Amtszeit unüblich.

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