Erarbeitung einer leistungsgerechten Vergütung in der Kindertagespflege (Anfrage 1025/13)

Anfrage zur Ratsversammlung vom 11.12.2013

Am 17. Dezember 2012 wurde der Beschluss BS/RBV-1481/12 zur Finanzierung der Kindertagespflege in der Stadt Leipzig 2013 ff. gefasst.
Hierzu wurde unter Punkt 2 beschlossen, dass „der Oberbürgermeister (…) eine Neuordnung der finanziellen Vergütung von Tagespflegepersonen (erarbeitet), welche sich am wissenschaftlichen Diskurs zur leistungsorientierten Vergütung orientiert und anhand mehrerer Qualifikationsstufen eine finanzielle Staffelung der monatlichen Geldleistung vorsieht. Diese wird dem Stadtrat bis zum 2. Quartal 2014 vorgelegt.“

In mehreren Sitzungen des Jugendhilfeausschusses wurde auf Nachfrage zum Stand der Erarbeitung seitens der Verwaltung mit großer Verwunderung reagiert.

Wir fragen daher an:

  1. Welchen Arbeitsauftrag sieht der Oberbürgermeister anhand des Beschlusses vom 17.12.2012?
  2. Wie ist der Stand der Erarbeitung einer Neuordnung der leistungs- bzw. qualifikationsgerechten Vergütung von Tagespflegepersonen?
  3. Welche Expertisen nutzt die Stadtverwaltung bei der Erarbeitung dieser Neuordnung? 4. Welche Konsequenzen wird die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes auf die Vergütung von Tagespflegepersonen haben?

Die Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung hier als Protokollauszug:

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian antwortet, es solle ein Vorschlag zur abgestuften Vergütung von Tagespflegepersonen entwickelt werden.

Eine Neuordnung der Vergütung von Tagespflegepersonen sei im Amt für Jugend, Familie und Bildung geprüft worden. Über den Umsetzungsstand sei erstmals im Juni 2013 berichtet worden. Die Entlohnung in Kindertagesstätten erfolge nicht abgestuft nach Ausbildung oder Qualität. Trotz der unterschiedlichen Fach- und Hochschulabschlüsse seien alle Erzieherinnen und Erzieher in Kitas in derselben Gruppe eingruppiert. Lediglich Erzieherinnen und Erzieher, die sich noch in der Ausbildung befinden, würden im Anstellungsverhältnis mit der Stadt Leipzig in einer niedrigeren Gruppe eingruppiert. Die Stadt Leipzig habe alle Tagespflegepersonen ebenfalls gleichgestellt. Eine geringere Vergütung bei noch nicht abgeschlossenem Curriculum des Deutschen Jugendinstituts wäre wie bei den in Ausbildung befindlichen Kita-Erziehern zwar denkbar, werde aber durch die Verwaltung als nicht sinnvoll angesehen. Die Verwaltung prüfe derzeit Kriterien einer leistungsorientierten Vergütung und werde dem Stadtrat bis zum zweiten Quartal 2014 einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. So werde derzeit in der Verwaltung diskutiert, ob eine Öffnungszeit von länger als acht Stunden täglich und ab 16:30 Uhr besonders vergütet werden soll.

Ein wissenschaftlicher Diskurs zu dieser Problematik sei der Verwaltung nicht bekannt. Es gebe eine Veröffentlichung mit dem Titel „Vergütung in der Kindertagespflege“, die im Auftrag des Bundesverbandes für Kindertagespflege in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz erstellt worden sei. Darüber hinaus seien andere Kommunen zur unterschiedlichen Vergütung angefragt worden. Die Stadt Dresden plane keine Vergütung nach Qualifikation. Auch in Chemnitz sei eine Veränderung nicht geplant. Die Stadt Bochum reiche ein in vier Stufen gestaffeltes Entgelt aus. Demnach erhielten Tagespflegepersonen ohne Grundkurs die erste Stufe, Tagespflegepersonen mit Grundkurs von 30 Unter-richtsstunden die zweite Stufe, Tagespflegepersonen mit 80 Stunden Qualifikationsmaßnahmen die dritte Stufe und Tagespflegepersonen mit abgeschlossenem Curriculum des DJI bzw. mit einschlägiger Berufsausbildung die vierte Stufe. In Leipzig seien Tagespflegepersonen erst nach der Absolvierung des Grundkurses zugelassen, und das Curriculum des DJI müsse innerhalb von drei Jahren absolviert werden.

Die Konsequenzen der Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes für die Vergütung von selbstständig tätigen Tagespflegepersonen in Leipzig seien derzeit noch nicht absehbar.

Stadtrat Schmidt (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) bedankt sich für die Beantwortung. Sie sei umfangreicher als das, was vorgestern mit dem Protokoll der Sitzung des Jugendhilfeausschusses ausgereicht worden sei. Dort könne man den Arbeitsstand der Verwaltung durchaus anders interpretieren und einen Dissens zwischen Auftrag und Umsetzung herauslesen. Der Bürgermeister habe soeben ausgeführt, dass es durchaus verschiedene Überlegungen gebe, das insbesondere bei Arbeitszeitangeboten unterschiedlich zu staffeln.

Stadtrat Schmidt erinnert daran, wie der Auftrag an die Verwaltung entstanden sei. Bekanntlich müssten Arbeitspflegepersonen ein Mindestmaß an Weiterbildung von 50 Stunden pro Jahr erreichen. Es habe Überlegungen gegeben, wie bei Tagespflegepersonen die Motivation erhöht werden könne, sich über das gesetzlich vorgeschriebene und nicht sonderlich hohe Maß an Weiterbildung hinaus weiterzubilden, und wie man berücksichtigen könne, dass es Tagespflegepersonen gebe, die eine pädagogische Grundausbildung oder ein pädagogisches Studium absolviert haben.

In dieser Hinsicht stelle ihn, Schmidt, der Umsetzungsstand noch nicht zufrieden. Man müsse auch bedenken, dass es in Leipzig nicht für alle Zukunft mit den Kinderzahlen bergauf gehen werde, sondern dass die Geburtenzahlen auch wieder sinken könnten. Dabei sei auch im Gespräch, dass man nicht die Kindertagesstätten leerlaufen lassen wolle, sondern dass man gegebenenfalls auch in der Kindertagespflege die Betreuungszahl reduzieren und den Tagespflegepersonen die Möglichkeit geben könne, zukünftig auch in Kitas eingesetzt zu werden. Eine Voraussetzung dafür sei, dass sie berufsbegleitend die Möglichkeit bekämen, sich zum Erzieher weiterzubilden. Auch das könne jetzt schon eine Motivation sein, wenn sie sich am Ende der Weiterbildung für eine höhere Vergütungsstufe qualifizieren können.

Stadtrat Schmidt fragt den Bürgermeister, wie dieser die Übertragbarkeit von existierenden unterschiedlichen Vergütungen in Bochum einschätze und inwieweit sich das Deutsche Jugendinstitut bereits mit diesem Thema beschäftigt habe.

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian rät davon ab, das Bochumer Modell auf Leipzig zu übertragen, weil in Bochum Personen als Tagespflegepersonen tätig seien, die in Leipzig gar nicht diese Möglichkeit hätten, weil sie noch nicht einmal die Mindestvoraussetzungen erfüllen. Deswegen gingen die Überlegungen der Verwaltung dahin, eher leistungsbezogen Unterschiede zu machen als qualifikationsbezogen.

Stadtrat Schmidt (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) erinnert daran, dass eine Motivation gewesen sei, allgemein die Vergütung von Tagespflegepersonen zu verbessern. Jetzt gebe es eine Dynamisierung für 2013. Auch für 2014 sei so etwas angedacht. Dann könne es bei einer Staffelung dazu kommen, dass die Tagespflegepersonen, die das Curriculum noch nicht absolviert haben, schlechter gestellt würden, als das momentan der Fall sei. Aber das beträfe nur wenige Personen. Ihn, Schmidt, interessiere, ob bei entsprechender Staffelung die Motivation größer wäre, die drei Jahre nicht auszureizen, um das Curriculum zu machen, sondern es in kürzerer Zeit zu schaffen.

Bürgermeister Prof. Dr. Fabian äußert, er verstehe die Intention, Anreize für Fort- und Weiterbildung zu schaffen. Trotzdem denke er, dass es sinnvoll sei, unabhängig von den Eingangsvoraussetzungen gleiches Entgelt für gleiche Arbeit zu gewähren. Auch bei Erzieherinnen gebe es unterschiedliche Qualifikationsstufen. In allen Bereichen gebe es bestimmte Mindestvoraussetzungen, um eine Tätigkeit auszuüben, und es gebe in allen Bereichen Menschen, die eine höhere Qualifikation haben, als für die jeweilige Situation erforderlich sei, aber trotzdem nicht höher eingestuft würden. Daher seien Überlegungen, besondere Leistungen zu bestimmten Uhrzeiten besser zu entgelten, zielführender als der Rückgriff auf die Qualifikation.

Zurück