Gemeinsam lernen – Inklusion leben (Antrag 172/11)

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt,

  1. einen Sachstandsbericht „Inklusion“ vorzulegen. Darin wird unter Benennung von Zuständigkeiten dargestellt, welche Angebote für Menschen mit Behinderung für verschiedene Altersgruppen in Leipzig bestehen und werden die Potentiale für Inklusion aufgezeigt;
  2. einen Aktionsplan „Inklusion“ mit konkreten Zeitabläufen und Verantwortlichkeiten zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Schulen und Kindertagesstätten zu erarbeiten. Bei der Erarbeitung sind staatliche, kommunale und private Akteure sowie Sachverstand aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Selbsthilfeorganisationen einzubeziehen, unter besonderer Berücksichtigung der Vertretungen von Menschen mit Behinderung;
  3. zu prüfen
    a) Wie die vorhandenen heilpädagogischen Kindertagesstätten in integrative Kindertagesstätten umgewandelt sowie den Umfang der vorhandenen heilpädagogischen Fachkräfte gesichert und für eine bedarfsgerechte Versorgung aller integrativen Kindertagesstätten ausgebaut werden kann;
    b) Welche Voraussetzungen zu schaffen sind, allen Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, für die deren Eltern den Besuch einer integrativen Schule fordern, einen entsprechenden Platz anzubieten. Dafür ist die Schaffung sächlicher, räumlicher und personeller Voraussetzungen zu untersuchen. Dabei sind die Möglichkeiten der Unterstützung der Schulen durch die freie Jugendhilfe und die Einstellung von Sozialarbeiter und Sozialpädagogen im erforderlichen Umfang darzustellen.
    c) Wie auf eine Ausweitung der Kapazitäten an Förderschulen verzichtet und die Ressourcen der Förderschulen zugunsten einer integrativen Beschulung genutzt werden können;
  4. entsprechende Öffentlichkeitsarbeit in die Stadt und fachliche Einflussnahme im Land Sachsen zum Thema Inklusion zu unternehmen.

Begründung:

Inklusive Bildung bedeutet, dass allen Menschen – unabhängig von Geschlecht, Religion, ethnischer Zugehörigkeit, besonderen Lernbedürfnissen, sozialen oder ökonomischen Voraussetzungen – die gleichen Möglichkeiten offen stehen, an qualitativ hochwertiger Bildung teilzuhaben und ihre Potenziale zu entwickeln.
Nicht der Lernende muss sich in ein bestehendes System integrieren, sondern das Bildungssystem muss die Bedürfnisse aller Lernenden berücksichtigen und sich an sie anpassen. Damit geht der Begriff der Inklusion über den Begriff der Integration hinaus.

- Inklusion beinhaltet das Recht auf gemeinsamen Unterricht in einer Regelschule.
- Inklusion rückt die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Lernenden in den Mittelpunkt und begreift Vielfalt als Chance für Lern- und Bildungsprozesse.
- Inklusive Bildung ist nicht nur ein Menschenrecht, sondern verpflichtet zugleich alle staatlichen Ebenen.

Die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ist seit dem 26. März 2011 für Deutschland rechtsgültig. Die Konvention fordert die Vertragspartner unmissverständlich auf, für inklusive Bildung Sorge zu tragen. Das bedeutet eine grundlegende Neuorientierung der Schulpolitik und der sonderpädagogischen Förderung: Alle Kinder werden in allgemeinen Schulen der Vielfalt der Begabung entsprechend unterrichtet, jedes Kind wird individuell gefördert und die nötige Unterstützung wird zum Kind gebracht. Dabei richtet die UN-Konvention den Auftrag zur Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderung ausdrücklich an alle staatlichen Ebenen. Bezogen auf die Forderung nach einem inklusiven Bildungssystem sind also neben den Bundesländern mit der notwendigen Anpassung ihrer Schulgesetze vor allem auch die Kommunen als Träger von Schulen und Kindertagesstätten in der Pflicht.
Der Aktionsplan soll die verschiedenen notwendigen Aktivitäten für eine inklusive Entwicklung im Frühförderbereich der Stadt Leipzig, in den Kindertagesstätten, den Schulen, bei der Schülerbeförderung von Kindern mit Behinderung, in der regionalen Kinder- und Jugendarbeit, bei den vorhandenen Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen, der Sozial- und Jugendhilfe, der Arbeitsagentur und des Jobcenters und in der Ausbildung in einem gemeinsamen Aktionsplan bündeln. Dabei sollen Ziele und Zeitpunkte für einzelne Maßnahmen festgelegt, die Gesamtkosten unterschiedlicher Kostenträger geprüft, die verantwortlichen Institutionen und Zuständigen benannt und die Abläufe kooperativ geklärt werden. Ausdrücklich sind bei der Erarbeitung eines lokalen Aktionsplanes die vorhandenen öffentlichen und nichtöffentlichen Institutionen und Träger einzubeziehen. Das gilt insbesondere für die Vertretung von Menschen mit Behinderungen, die gemäß dem Grundsatz „Nicht ohne uns über uns“ einzubeziehen sind.

Beschluss der Ratsversammlung vom : 14.12.2011
Status : beschlossen

 

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