Gemeinsamer Antrag "Bade- und Schwimmunfälle vermeiden - Sicherheit an Leipziger Seen verbessern!"

Gemeinsamer Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD-Fraktion

Beschlussvorschlag:

Der Oberbürgermeister wird beauftragt:

  1. Zusammen mit der Wasserwacht Leipzig, dem Deutschen Roten Kreuz, der DLRG und anderen geeigneten Akteuren bis zu Beginn der Saison 2020 ein Monitoring zur Erfassung von Bade- und Schwimmunfällen mit Verletzungs- oder Todesfolge an Seen des Stadtgebietes aufzubauen,
  2. zur Saison 2020 im Rahmen eines Pilotprojektes an mindestens einem hoch frequentierten Strand (z.B. Nordstrand am Cospudener See) die notwendige Infrastruktur eines Wasserrettungsdienstes sowie dessen Betrieb aufzubauen,
  3. auf Grundlage des Pilotprojekts sowie einer umfassenden Risikoanalyse aller Seen des Stadtgebietes bis zum IV. Quartal 2020 ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten, das insbesondere
  • den Einsatz von Wasserrettungsdiensten in geeigneten Bereichen unter Wahrung der Allgemeinzugänglicheit der Seen,
  • die Erhöhung der Attraktivität von Wasserrettungsdiensten, z.B. durch eine Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für Rettungsschwimmer*innen,
  • den Einsatz von Hinweis- und Warnschildern, Rettungsringen und anderen geeigneten Mitteln zur Sensibilisierung und Akuthilfe vor Ort,
  • ein bedarfsgerechtes Angebot an Schwimmlernkursen für alle Altersstufen und weitere geeignete Maßnahmen berücksichtigt.

4. Die seeanliegenden benachbarten Kommunen und die Landkreise sind einzubeziehen. Dafür sind geeignete Formen der Zusammenarbeit, u.a. eines Rettungszweckverbands zu prüfen.
 
Begründung:

Leider sind an den Seen, die sich in Leipzig sowie angrenzend zum Leipziger Stadtgebiet befinden, auch gehäuft Bade- und Schwimmunfälle mit Verletzungs- und Todesfolge zu verzeichnen. Ausgehend von der Beantwortung der Anfrage Nr. VI-F-08246 wird mit dem Antrag ein Maßnahmenbündel vorgeschlagen, um die Sicherheit an Seen zu erhöhen.

Zu 1.) Derzeit gibt es keine gesicherte und abgestimmte Übersicht zu den auftretenden Bade- und Schwimmunfällen im Stadtgebiet. Im Rahmen eines Monitorings können entsprechende Daten, die bereits erhoben werden, zusammengeführt werden, um eine präzisiere Analyse potentieller Gefahrenschwerpunkte vorzunehmen.

Zu 2.) Wasserrettungsdienste sind eine Möglichkeit, um Bade- und Schwimmunfälle zu vermeiden.  Aufwand, Nutzen und mögliche Konsequenzen können vor einer dauerhaften Einrichtung im Rahmen eines Pilotprojekts gründlich geprüft werden. Dazu sind temporär Rettungstürme, Räumlichkeiten für die Erste Hilfe, Rettungsboote einzurichten.

Zu 3.) Neben einem Pilotprojekt gemäß Pt. 2 bedarf es einer umfassenden Risikoanalyse der Seen im Stadtgebiet, wie sie z.B. durch die DLRG durchgeführt wird, um ein abgestuftes Sicherheitskonzept zu erarbeiten. Wasserrettungsdiensten sollten dabei nicht zu einer Einschränkung des allgemeinen und kostenfreien Zugangs führen. Auch Hinweis- und Warnschilder sowie Rettungsringe können die Sicherheit vor Ort erhöhen. Als weitere Präventivmaßnahme ist auf Grundlage einer Bedarfsanalyse sicherzustellen, das Schwimmkurse für alle Altersstufen gewährleistet werden können.

Zu 4.) Die Erhöhung der Sicherheit an Seen ist nicht nur im Leipziger Stadtgebiet, sondern auch an Seen der seeanliegenden Kommunen wie Markranstädt, Markkleeberg und Schkeuditz, die zu den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen gehören, angezeigt. Deshalb ist zu prüfen, wie eine Zusammenarbeit und ggf. gemeinsame Finanzierung von Maßnahmen gestaltet werden kann.

Verwaltungsstandpunkt vom 14. April 2020

Zustimmung:

Beschlusspunkt 1 des Antrages wird zugestimmt.

Alternativvorschlag:

2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in enger Abstimmung mit den Vertretern des Zweckverbandes Erholungsgebiet Kulkwitzer See die Erfahrungen des Wasserrettungsdienstes des Deutsche-Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG) am Kulkwitzer See auszutauschen und die Erfahrungen in die Risikoanalyse und das daraus abgeleitete Sicherheitskonzept einfließen zu lassen.

3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Einrichtung von bewachten Stränden, wie z. B. am Cospudener See und künftig auch am Nordstrand des Zwenkauer Sees zu prüfen. Im Ergebnis der Prüfung ist dem Stadtrat bis zum Ende des II. Quartals 2020 ein Umsetzungskonzept an Badegewässern und zusätzlich bewachten Stränden vorzulegen.

4. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, eine Risikoanalyse aller Seen (Stillgewässer, Naturbäder, Badegewässer) des Stadtgebietes unter Einbeziehung der umliegenden Gewässerunterhaltungspflichtigen zu beauftragen und bis zum Ende des IV. Quartals 2020 ein entsprechendes Sicherheitskonzept dem Stadtrat vorzulegen.

Ablehnung:

5. Die Bildung eines Rettungszweckverbandes Region Leipzig wird abgelehnt.

Zusammenfassung:

Neben der Etablierung eines geeigneten und koordinierten Monitorings zur Erfas­sung von Bade- und Schwimmunfällen und dem Erfahrungsaustausch mit der DLRG wird dem Stadtrat die Prüfung eines Umsetzungskonzeptes für die Einrichtung von bewachten Stränden vorgeschlagen.

Weiterhin wird vorgeschlagen eine Risikoanalyse aller Seen des Stadtgebietes unter Einbeziehung der umliegenden Gewässerunterhaltungspflichtigen zu beauftragen und bis zum Ende des IV. Quartals 2020 ein entsprechendes Sicherheitskonzept dem Stadtrat vorzulegen.

Beschreibung der Maßnahme

Beschlusspunkt 1 – Zustimmung

Das im Antrag unter Beschlusspunkt 1 formulierte Monitoring wird in dieser beschriebenen Form derzeit nicht durchgeführt. Die in der Begründung zum Antrag dazu aufgeführten Aspekte sind zutreffend und können auch aus Sicht der Stadtverwaltung zu einer präzisieren Analyse potentieller Gefahrenschwerpunkte führen.

Beschlusspunkt 2 – Alternativvorschlag

Der im Beschlusspunkt 2 des Antrages geforderte Aufbau eines Pilotprojektes an einem hoch frequentierten Strand bis zur Saison 2020 erscheint bzgl. der notwendigen personellen und technischen Kapazitäten nicht realisierbar. Allerdings wird an einem Strandabschnitt des Kulkwitzer Sees bereits ein solch geforderter Wasserrettungsdienst durch den Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) betrieben.

Ein intensiver Austausch über die bestehenden Herausforderungen und bisherigen Erfahrungen dieser Wasserrettungsstation kann die gleichen Ergebnisse erzeugen, wie aus dem im Antrag geforderten Pilotprojekt.

Beschlusspunkt 3 – Alternativvorschlag

Die Stadt Leipzig ist Aufgabenträger des Rettungsdienstes im Stadtgebiet Leipzig. Die Aufgabe umfasst die Notfallrettung und den Krankentransport. Die Wasserrettungsdienste sind Bestandteil des Rettungsdienstes, soweit sie für Aufgaben der Notfallrettung vorgehalten werden.

Der Träger des Rettungsdienstes stellt für seinen Rettungsdienstbereich einen Bereichsplan auf und passt ihn der Entwicklung an. In der Stadt Leipzig nimmt die Branddirektion diese Aufgabe wahr. Im aktuellen Bereichsplan, letztmalig angepasst am 14. März 2019, genehmigt durch die Landesdirektion am 24. April 2019, ist keine Notwendigkeit eigener Wasserrettungsstandorte definiert. Nur wenn sich die Situation im Rahmen der Bedarfsprüfung nach § 26 Abs. 2 SächsBRKG anders darstellen sollte, wäre neu zu entscheiden.

Die Aufgaben werden durch die bestehende Vorhaltung innerhalb der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr wahrgenommen. Rettungsboote werden durch die Berufsfeuerwehr bereitgehalten, so dass eine zusätzliche Unterbringung entbehrlich ist. Tauchergruppen stehen für Wassernotfälle zur Verfügung und für die Erstversorgung und den Transport von Patienten werden Mittel des Rettungsdienstes vorgehalten.

Erforderliche Einsätze des Rettungsdienstes im Zusammenhang mit Badeunfällen und dergleichen fallen an, sind in der Bereichsplanung berücksichtigt und werden durch den Regelrettungsdienst bedient. Maßnahmen zur Überwachung von Badestränden sind nicht Bestandteil des Rettungsdienstes.

Die Branddirektion wird sich im Jahr 2020 mit dem Landkreis Leipzig abstimmen und eine gemeinsame Bedarfsermittlung für eine Wasserrettung durchführen (im Wesentlichen Cospudener See und Zwenkauer See). Ein Umsetzungskonzept, welches von der bisherigen Absicherung abweicht, kann erst nach dieser Bedarfsprüfung mit dem Landkreis Leipzig entwickelt werden. Weiterhin müsste die Einrichtung eines Wasserrettungsdienstes als Bestandteil der Bereichsplanung aller Beteiligten Gebietskörperschaften in die entsprechenden Bereichsplanungen aufgenommen und mit den Kostenträgern abgestimmt werden. Die nächste geplante Überarbeitung des Rettungsdienstbereichsplanes der Stadt Leipzig erfolgt voraussichtlich Ende 2020.

Unabhängig davon sind präventive, freiwillige Maßnahmen, wie die saisonale Bewachung von Badestränden außerhalb der Vorhaltung eines Wasserrettungsdienstes nach SächsBRKG sehr zu unterstützen, aber nicht Bestandteil des Rettungsdienstes.

Für die Gewässer II. Ordnung (Flüsse, Bäche und Gräben) liegt die Verantwortung für Ausbau und Unterhaltung bei der Stadt Leipzig (Amt für Stadtgrün und Gewässer).

Die Fließgewässer II. Ordnung sind nicht für die Bade- und Schwimmnutzung vorgesehen und daher bisher nicht als Schwerpunktbereiche von Unfällen in Erscheinung getreten.

Für Stillgewässer außerhalb des Bergrechts, die auf Grundstücken im Eigentum der Stadt Leipzig liegen, ist ebenfalls das Amt für Stadtgrün und Gewässer für die Unterhaltung zuständig.

Unstreitig besteht eine Pflicht zur Badeaufsicht in Freibädern und auch Naturbädern während des Badebetriebes, d. h., bei Anlagen, deren Zutritt reglementiert ist und über Eintrittsgelder realisiert werden.

Demgegenüber stehen Badegewässer, Badestellen und Bademöglichkeiten in der freien Natur.

Der Begriff "Badegewässer" entspringt einem gesundheitsbehördlichen Kontext in der Umsetzung der Richtlinie 2006/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2006 über die Qualität der Badegewässer und deren Bewirtschaftung. Die umgesetzte Rechtsgrundlage in Sachsen ist die Sächsische Badegewässer-Verordnung vom 15. April 2008 (SächsGVBl. S. 279), die durch Artikel 5 der Verordnung vom 12. Juni 2014 (SächsGVBl. S. 363) geändert worden ist. Nach § 1 II SächsBadegewVO ist ein Badegewässer jeder Abschnitt eines oberirdischen Gewässers, bei dem die oberste Landesgesundheitsbehörde mit einer großen Zahl von Badenden rechnet, sie nicht auf Dauer vom Baden abrät und für den kein dauerhaftes Badeverbot besteht.

Die oberste Landesgesundheitsbehörde bestimmt dazu nach § 3 im Einvernehmen mit der obersten Wasserbehörde jährlich vor Beginn der Badesaison die Badegewässer und gibt diese zum Beginn der Badesaison im Sächsischen Amtsblatt bekannt. Für diese Badegewässer wird die Qualität des Wassers durch die Gesundheitsämter regelmäßig überwacht und veröffentlicht.

Für das Leipziger Gebiet sind der Kulkwitzer See, Cospudener See und der Markleeberger See Badegewässer.

Rein wasserrechtlich ist ein Gewässer unabhängig vom Status "Badegewässer" zum Baden freigegeben, wenn der Gemeingebrauch nach § 25 WHG i. V. m. § 16 SächsWG eröffnet ist. Das ist bei einem natürlichen Gewässer stets der Fall, soweit und solange der Gemeingebrauch nicht durch die untere Wasserbehörde eingeschränkt oder aufgehoben wird. Bei einem künstlichen Gewässer (z. B. Tagebaufolgeseen) ist der Gemeingebrauch eröffnet, wenn die zuständige Wasserbehörde diesen zugelassen hat (z. B. Cospudener See). Eine Verkehrssicherungspflicht der unteren Wasserbehörde resultiert daraus nicht.

In Bezug auf den Verwaltungsstandpunkt VII-A-00328-VSP-01 Bewachte Badestrände auf dem Gebiet der Stadt Leipzig wird seitens der Stadtverwaltung alternativ mit Beschlusspunkt 3 vorgeschlagen, die Einrichtung von bewachten Stränden zu prüfen und ein Umsetzungskonzept dazu bis zum II. Quartal 2020 zu erarbeiten.

Für das vorzulegende Umsetzungskonzept wird die Stadtverwaltung mit der Sportbäder Leipzig GmbH sowie geeigneten Partnern die technischen und personellen Ausstattungen ermitteln. Auch wird es hier einen Austausch bzw. eine Abstimmung mit den etablierten Wasserrettungsorganisationen (Wasserwacht Leipzig Kreisverband Leipzig-Stadt e.V. des Deutschen Roten Kreuzes und Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG)) geben.

Beschlusspunkt 4 – Alternativvorschlag

Neben dem als alternativen Beschlusspunkt 3 formulierten Umsetzungskonzept (analog dem Ratsbeschluss VII-A-328 Bewachte Badestrände auf dem Gebiet der Stadt Leipzig) wird mit dem Beschlusspunkt 4 eine Risikoanalyse aller Seen im Stadtgebiet von Leipzig beauftragt bzw. durchgeführt, um anschließend ein entsprechendes Sicherheitskonzept erstellen zu können. Diese Risikoanalyse und das Sicherheitskonzept können ggf. auch durch externe Partner erstellt werden.

Nach Vorliegen der Ergebnisse aus der Risikoanalyse wird voraussichtlich bis zum IV. Quartal 2020 ein Sicherheitskonzept unter Einbeziehung der umliegenden Gewässerunterhaltungspflichtigen erarbeitet.

Beschlusspunkt 5 – Ablehnung

Ein Rettungszweckverband, wie im Beschlusspunkt 4 des Antrages vorgeschlagen, kommt nach § 25 Abs.2 SächsBRKG nur in Frage, wenn mehrere Landkreise und kreisfreie Städte in einem Rettungsdienstbereich liegen. Das trifft nicht zu.

Realisierungs- / Zeithorizont

Mit Ratsbeschluss wird das Monitoring nach Beschlusspunkt 1 eingerichtet. Das Ergebnis der Prüfung zum Beschlusspunkt 3 wird dem Stadtrat im II. Quartal 2020 vorgelegt.

Nach Vorliegen der Ergebnisse aus der Risikoanalyse wird voraussichtlich bis zum IV. Quartal 2020 ein Sicherheitskonzept vorgelegt (Beschlusspunkt 4).

Finanzielle Auswirkungen

Die Umsetzung der Beschlusspunkte selbst hat keine finanziellen Auswirkungen.

Die mit dem Ergebnis des Prüfauftrages aus Beschlusspunkt 3 vorzulegenden Umsetzungsvorschläge werden mit den entsprechenden finanziellen Auswirkungen untersetzt.

Dies gilt analog für die Risikoanalyse und das Sicherheitskonzept entsprechend Beschlusspunkt 4.

Bürgerbeteiligung

bereits erfolgt geplant nicht nötig

Beim zu beschließenden Monitoring werden durch die Stadtverwaltung neben der Sportbäder Leipzig GmbH der Wasserwacht Leipzig Kreisverband Leipzig-Stadt e.V. des Deutschen Roten Kreuzes und des Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V. sowie anderen geeigneten Akteuren eine ausreichende Einbindung der notwendigen Institutionen abgebildet.

Beim unter Beschlusspunkt 3 zu beschließenden Prüfauftrag kann die Stadtverwaltung ebenfalls auf diese im ersten Absatz genannten Akteure zurückgreifen.


Beschluss der Ratsversammlung am 10. Juni 2020

Der Antrag wurde im Sinne des Alternativvorschlages der Verwaltung beschlossen.

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