Gemeinwesenarbeit – Vernetzung – Synergie (Anfrage 00724/14)

Anfrage zur Ratsversammlung am 10. Dezember 2014

Im Juli 2013 beschloss der Stadtrat den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen V/A 404 „Gemeinwesenarbeit für unterversorgte Stadtteile“ im Sinne des Verwaltungsstandpunktes. Gemeinwesenarbeit ist ein Arbeitsprinzip, welches angewendet wird, um die Lebensbedingungen im Gemeinwesen im Sinne der dort Lebenden zu verbessern. Somit sucht die Gemeinwesenarbeit deren Motivation zur Verbesserung materieller, immaterieller und infrastruktureller Bedingungen zu ergründen und zu nutzen. Gemeinwesenarbeit managt systematisch an den Schnittstellen, moderiert und vermittelt. Sie gibt keine Ziele vor, sondern die Ziele werden gemeinsam ermittelt. Somit ist Gemeinwesenarbeit stark auf die Kooperation verschiedener Trägerschaften angewiesen. Erforderlich dafür ist finanzielle Stabilität. Insbesondere braucht Gemeinwesenarbeit die professionelle Fachlichkeit der Sozialarbeit.

Wir fragen an:

  1. Was wurde seitens der Verwaltung bisher unternommen, den Beschluss zur Stärkung der gemeinwesenorientierten Arbeit in Leipzig mit den bestehenden Quartiers- und Stadtteilmanagements umzusetzen? Wurde oder wird ein Konzept erstellt? Wie ist der Zeitplan dafür?
  2. Welche Rolle kommt dabei der Aktivierung der Ressourcen der Bürgerinnen und Bürger zu?  
  3. Ist eine Begleitung oder Kooperation bei der Konzepterarbeitung mit einer Hochschule, Fachrichtung Sozialwissenschaften, angedacht oder angebahnt?  
  4. Ist es vorgesehen dafür Ressourcen aus dem kommunalen Haushalt und Stellenanteile zur Koordinierungs- und Netzwerkarbeit zur Verfügung zu stellen?

Die Antwort der Verwaltung aus der Ratsversammlung vom 10.12.2014

Bürgermeisterin Dubrau trägt vor, das Quartiers- und Stadtteilmanagement sei eine gängige Praxis in der Stadterneuerung und stelle vom Ansatz her bereits eine gemeinwesenorientierte Arbeit dar. Als Muster hierfür könnten die Stadtteilbüros der Stadterneuerung in den Schwerpunktgebieten des Leipziger Westens, Grünau, und des Leipziger Ostens genannt werden. Diese Einrichtungen würden über Fördermittel der Stadterneuerung finanziert. Die Koordination innerhalb der Stadtteile übernehme derjenige Part, der mit den Fördermitteln des Quartiersmanagements finanziert werden könne.

Die Bürgermeisterin nennt als Beispiele das Seniorenbüro, die Arbeitsläden, die Bildungsberatung, die Koordinatoren für Bildung, die Volkshochschule und die Polizei. Daneben würden die Stadtteilbüros von ansässigen Vereinen und Initiativen als Tagungsort und Treffpunkt benutzt. Dieser Ansatz sei natürlich ausbaufähig, beispielsweise durch die Einrichtung ähnlicher Zentren, die zusätzliche Angebote im Sozialbereich bündeln. Als Beispiele hierfür könne man die Quartierschule Ihmelstraße und das Bildungszentrum Grünau nennen. Beide Projekte würden zurzeit in der Verwaltung vorbereitet. Die entsprechenden Vorlagen würden dem Stadtrat zu gegebener Zeit zugeleitet.

Das Grünauer Projekt werde in einem Einkaufscenter entwickelt, wohin man üblicherweise nur zum Shoppen komme. Verschiedene Bereiche des Rathauses hätten die Absicht, sich dort einzubringen. Das werde ein Ansatz sein, Menschen, die beispielsweise nie in eine Bibliothek gehen, anzuregen, in Verbindung mit dem Shoppen auch dort vorbeizukommen.

Sehr intensiv diskutiert werde auch das Thema Quartierschule Ihmelstraße. Hier sei vorgesehen, zwei Schulen und ein „Bürgerhaus“ miteinander zu kombinieren. Die eine Schule könne über Fördermittel unter diesen Bedingungen sehr viel günstiger finanziert werden, als das über das normale Schulprogramm möglich sei. Damit verbunden aber sei die Verpflichtung, die Komplexität in diesem Bereich auch wirklich zu realisieren. Auf der anderen Seite könne man so im Leipziger Osten einen Punkt schaffen, wo unterschiedliche Schulangebote miteinander verknüpft werden.

Außerdem arbeite die Verwaltung gerade am Verwaltungsstandpunkt zum Antrag A-00631/14, Synergien bei der Nutzung von angemieteten Flächen für soziale Zwecke. Die Federführung hierbei habe das Dezernat V.

Generell sei Quartiers- und Stadtteilmanagement darauf gerichtet, Ressourcen der Bürgerinnen und Bürger zu aktivieren; denn es sei notwendig, dass sich die Menschen vor Ort mit ihrem Stadtteil verbunden fühlen und gemeinsam mit den Behörden versuchen, die Situation zu verbessern. Wenn Zentren eingerichtet würden, sei es beispielsweise eine Aufgabe der Stadt, den Sozial- und Bildungsbereich zu bündeln. Es handele sich dabei an vielen Stellen um eine Angebotsverbesserung für den Bürger, um eine Koordinierung mit anderen Funktionen. Man müsse also nicht zu fünf verschiedenen Stellen gehen, wenn man ein oder zwei Anliegen habe. Zudem könnten durch die Doppelnutzung von Räumen Haushaltsmittel eingespart werden. Das betreffe auch zusätzliche Haushaltsmittel, die notwendig wären, um steigende Mieten zu finanzieren oder Instandsetzungsmaßnahmen durchzuführen. Diese Angebote müssten zwischen den unterschiedlichen Akteuren vernetzt werden, und die Angebotsqualität müsse verbessert werden. Aber natürlich sei die Optimierung und Koordinierung dieser Zentren mit einem zusätzlichen Aufwand für das AGM verbunden.

Der im Antrag angesprochene Ansatz bedeute eine neue Qualität und gehe über das hinaus, was bislang in der Stadterneuerung geschehen sei. In einem weiteren Schritt müsse überprüft werden, was an Leistungen aus welchen Fördertöpfen finanziert werden könne. Es handle sich also um einen komplexen Arbeitsansatz, der unterschiedliche Bereiche der Verwaltung fordere. Angebote in dieser Art könnten ein Beispiel für integriertes Arbeiten in der Stadt sein.

Die Frage, ob eine Begleitung oder Kooperation bei der Konzepterarbeitung mit einer Hochschule angedacht oder angebahnt sei, wird von Bürgermeisterin Dubrau verneint.

Das in Frage 4 angesprochene Thema befinde sich noch in der Abstimmung. Stadträtin Krefft (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnet die Ausführungen von Bürgermeisterin Dubrau als gelungene Zusammenfassung dessen, was an gemeinwesenorientierter Arbeit in Leipzig geschehe. Der Beschluss des Stadtrates habe aber etwas ganz Konkretes vorgesehen, nämlich die Etablierung einer gemeinwesenorientierten Arbeit in bislang unterversorgten Gebieten, also gerade nicht im Leipziger Osten, gerade nicht im Leipziger Westen und gerade nicht in Grünau und wohl auch nicht im Leipziger Süden, denn dieses Gebiet könne man wohl schon als intaktes Gemeinwesen verzeichnen. Insofern sei die Antwort am Thema der Anfrage vorbeigegangen.

Stadträtin Krefft findet es interessant, dass dieses Anliegen jetzt im Dezernat VI angesiedelt sei. Als der Antrag besprochen worden sei, sei es nämlich ein Thema des Dezernats V und insbesondere des Sozialamtes gewesen. Sie frage, weshalb hier ein Wechsel vollzogen worden sei. Außerdem hätte sie gern gewusst, ob der Auftrag der Ratsversammlung noch umgesetzt werden solle oder ob es bei den Dingen bleibe, die die Stadt bereits tue. Wenn der Stadtrat einen Auftrag erteile, wäre es schön, wenn dieser Auftrag auch umgesetzt würde.

Bürgermeisterin Dubrau erwidert, es handele sich um einen Auftrag an das gesamte Rathaus, und da seien unterschiedliche Dezernate beteiligt. Im Übrigen gehe es bei dem, was sie vorgelesen habe, um Dinge, die durchaus noch nicht abgeschlossen seien, bei denen es Ideen und gemeinsame Gespräche gebe, wo das Endziel aber noch nicht erreicht sei. Insofern müsse man unbedingt weiter diskutieren. Was weitere Stadtgebiete angehe, in denen man etwas tun könne, so habe sie, Dubrau, zufälligerweise in dieser Woche eine große Beratung zum Thema „Leipzig weiterdenken“ und zu der Frage, in welchen Gebieten es tatsächlich Bedarf gebe und wie man diesen Bedarf abdecken könne. Aber auch diese Diskussion befinde sich noch in der Anfangsphase. Wenn man weiter sei, werde man darüber berichten.

Stadtrat Schlegel (Fraktion DIE LINKE) fragt, ob es denkbar wäre, zeitnah das schon seit zwei oder drei Jahren diskutierte Modell der Installation einer Außenstelle mit speziellen Bildungsangeboten für Menschen mit Migrationshintergrund im Leipziger Osten analog dem Beispiel von Grünau zu installieren, um genau dort Bildungsangebote unterbreiten zu können, wo die Menschen wohnen.

Außerdem möchte Stadtrat Schlegel wissen, ob es schon konkrete Ergebnisse bei der Prüfung zur Nutzung des EFRE-Programms in der neuen Förderperiode gebe, in der man sich statt auf Autobahnen schwerpunktmäßig auf diese Gebiete konzentrieren wolle. Da der Leipziger Ost als EFRE-Gebiet ausgewiesen sei, stelle sich die Frage, inwieweit da schon Dinge gelaufen oder in Arbeit seien und wann man dazu eine Auskunft erhalten könnte.

Bürgermeisterin Dubrau gibt zu bedenken, dass man sich im Anfangsstadium der Beratungen befinde. Sobald Ergebnisse vorlägen, werde man die Fachausschüsse darüber informieren. Eine Diskussion in der Ratsversammlung würde angesichts der vielen Details den Rahmen sprengen.

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