Gescheiterte Bürgermeisterinwahl: Frau Dr. Münch ist Opfer misslungener Mehrheitssicherung von Oberbürgermeister und SPD-Fraktion

Foto: Martin Jehnichen

Pressemitteilung vom 15. September 2022

Zur fehlenden Mehrheit von SPD, Linken und CDU bei der Wahl von Dr. Martina Münch als Kandidatin für den Bürgermeister*innenposten für das Dezernat Soziales, Gesundheit und Vielfalt erklären für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Fraktionsvorsitzenden Katharina Krefft und Dr. Tobias Peter:

„Für Frau Dr. Münch ist der Ausgang der Wahl sehr bedauerlich. Er begründet sich aber nicht in der mehrheitlichen Ablehnung der Grünen Fraktion. Sie ist Opfer einer misslungenen Mehrheitssicherung von Oberbürgermeister und SPD-Fraktion, denen es nicht gelungen ist, die eigentlich klare Mehrheit für ihre Kandidatin zu sichern. Fast ein Drittel der Mitglieder von Fraktionen, die eine Zustimmung signalisiert hatten, haben Frau Münch nicht gewählt. Unsere Fraktion hat als Einzige von Beginn an deutlich gemacht, dass wir von der Kandidatin nicht in ausreichendem Maße fachlich überzeugt gewesen sind. In der Auswahlkommission haben wir uns der Stimme enthalten.

Auch die persönliche Vorstellung in der Fraktion brachte die Überzeugung, dass mit einer Bürgermeisterin Dr. Münch nicht der aus unserer Sicht dringend notwendige neue Schub in das seit 16 Jahren von Bürgermeister Prof. Fabian geführte Dezernat ausgehen würde. Stattdessen deutete sich ein wenig selbstkritisches ‚Weiter so‘ ohne neue innovative Impulse an, was gerade in Zeiten großer sozialer Herausforderungen, wachsender gesellschaftlicher Verwerfungen und wieder ansteigender Zahlen von hilfesuchenden geflüchteten Menschen unbedingt vermieden werden muss.

Selbstverständlich legt unsere Fraktion großen Wert auf die Grundsätze der Sächsischen Gemeindeordnung, wonach sich die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat auch in der Riege der Beigeordneten widerspiegeln sollen. Unserer Fraktion wurde bis 2013 stets bei Beigeordnetenwahlen entgegen der damaligen Mehrheitsverhältnisse kein eigenes Vorschlagsrecht eingeräumt. Ebenso unterstützen wir die auch gestern deutlich artikulierte Haltung des Oberbürgermeisters, ein Einvernehmen mit einem potentiellen AfD-Bürgermeister zu verweigern. Die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Leipziger Stadtrat leiten ausdrücklich keinen Anspruch der SPD-Fraktion als fünftgrößter Fraktion an einem Vorschlagsrecht für einen zweiten Bürgermeister*innenposten ab. Dies haben wir in internen Gesprächen bereits vor der Ausschreibung frühzeitig artikuliert und uns für eine tatsächliche fraktionsübergreifende Bestenauslese ausgesprochen. Nicht das Parteibuch, sondern die fachliche Eignung und auch eine Erhöhung des Frauenanteils unter den Bürgermeister*innen soll ausschlaggebend sein. Einen eigenen Anspruch hat unsere Fraktion zu keinem Zeitpunkt eingefordert.

Foto: Martin Jehnichen

Die kritische Haltung unserer Fraktion zur Kandidatur von Frau Dr. Münch war keine Überraschung, sondern gegenüber den Fraktionen kommuniziert und sogar in der Presse kolportiert. Ein unsererseits aktiv angeregtes Gespräch zur bevorstehenden Wahl mit anderen Fraktionen und dem Oberbürgermeister wurde erst vorvergangene Woche abgesagt, ein neuer Terminwunsch vor der Ratsversammlung nicht erfüllt.
Angesichts der vorab signalisierten Zustimmungen der Fraktionen Linke, CDU, SPD und Freibeuter wurde allgemein von einer sicheren Wahl von Frau Dr. Münch ausgegangen. Dass die auch von unserer Fraktion erwartete Mehrheit gegen die grüne Haltung und für die SPD-Kandidatin letztlich nicht zustande kam, liegt nicht an fehlenden Zustimmungen von Grünen. Denn insgesamt haben 35 Stadträt*innen Frau Dr. Münch die Zustimmung verweigert (32 Nein-Stimmen, 2 Enthaltungen, 1 ungültig gemachte Stimme). Letztlich haben also mindestens 13 Stadträt*innen aus der vermeintlichen Mehrheit aus Linken, CDU, SPD und Freibeutern Frau Dr. Münch die Stimme verweigert, also fast ein Drittel der Mitglieder dieser Fraktionen.

Vor diesem Hintergrund sind die über verschiedene öffentliche Kanäle gestreuten Äußerungen u.a. der Fraktionsvorsitzenden Zenker (SPD) und Pellmann (Linke) sowie des Oberbürgermeisters nicht nachvollziehbar. Die Fraktionen, die eine Zustimmung signalisiert hatten, sollten sich vielmehr die Frage stellen, weshalb 13 Stadträt*innen aus ihren Reihen Frau Dr. Münch die Stimme verweigert haben. Es ist naheliegend, dass insbesondere Stadträt*innen von SPD und Linken die inhaltliche Überzeugung der Grünen Fraktion teilen.

Unsere Fraktion hält es für wichtig, die Auswahlkommission schnellstmöglich wieder einzuberufen, um die Nachfolge von Prof. Fabian zügig mit einer kompetenten und fachlich versierten wie innovativ denkenden Person zu klären. An einer Lösungsfindung werden wir uns konstruktiv beteiligen. Unsere Stadt und insbesondere die so wichtigen Fachbereiche im Sozialdezernat hätten es verdient.“

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