Grüne Fraktion zum Haushaltsdefizit der Stadt Leipzig 2014
Pressemitteilung vom 19. August 2013
Bis heute hatten alle Dezernate Zeit Vorschläge zur Kürzung von 10 % ihres Haushalts zu unterbreiten, um das drohende Haushaltsdefizit von 88 Mio. Euro in 2014 auszugleichen. "Wir Bündnisgrünen warten gespannt auf die Vorschläge, um sie nüchtern zu bewerten. Allein die Notwendigkeit für 2014, bei höheren Pflichtausgaben und geringeren Einnahmen als 2013, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, zwingt uns zum sparen. Wir kommen als Stadt nicht an schmerzhaften Einschnitten vorbei.
88 Mio. Euro lassen sich eben nicht mal so einfach und ohne schmerzhafte Folgen in einer seriösen und belastbaren Planung erwirtschaften. Daher darf es keine Denkverbote geben oder Bereiche, die vom Sparen ausgenommen werden, die bloß nicht angefasst werden, weil es ja schon immer so war oder es einem bestimmten Klientel nicht passt.", so Norman Volger, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.
Natürlich hätte man den Haushalt schon in den letzten Jahren von Seiten der Verwaltung oder des Stadtrats eine andere Richtung geben können, um den aktuellen Problem vorzubeugen. Die Kritik an der 10 % Vorgabe des Finanzbürgermeisters und dem Vorwurf zur vermeintlichen Rasenmähermethode ist aber unverständlich. Wie, wenn nicht auf diesem Weg, hätte es denn Sparvorgaben geben sollen? Welches Dezernat soll ausgenommen werden und mit welcher Begründung? So waren alle Dezernate aufgefordert ihren Beitrag zu leisten, ohne die heiligen Kühe schon vorab festzulegen. Spannend wird es jetzt sein zu sehen, wie ernst es der Verwaltung mit dem Sparwillen ist, wenn sie weiter und deutlich bei ihren eigenen Sachausgaben einsparen muss. Auch die Reaktionen der Stadtratsfraktionen, wenn vermeintlich heilige Kühe zur Disposition gestellt werden und, wie die Stadträtinnen und Stadträte mit der unweigerlich folgenden Kritik aus der Bürgerschaft umgehen. "Es können eben nicht mehr, wie in den letzten Jahren oder auch vor der Oberbürgermeisterwahl, Geschenke im Haushalt verteilt werden, auch wenn die Kommunalwahl vor der Tür steht und die Verlockung groß ist. Vielmehr fordern wir alle Fraktionen auf, staatsmännische Verantwortung für den Haushalt und damit auch für die Zukunft der Stadt Leipzig zu übernehmen. Unsere Fraktion wird sich dieser Verantwortung stellen."
Der Grund für die überall vorhandenen Sparzwänge in den Kommunen ist dabei aber nicht nur hausgemacht. Bei all dem wird in der Debatte ja richtigerweise häufig auf das Land Sachsen, das die Kommunen finanziell benachteiligt, verwiesen. Vergessen sollte man aber nicht, wer die Kommunen eigentlich in diese schwierige finanzielle Lage gebracht hat: der Bund. Dass die Kommunen finanziell darben, war der Bundesregierung ja durchaus bewusst, sonst hätte man zu Beginn der Legislatur nicht eine Gemeindefinanzkommission ins Leben gerufen, dann aber leider heimlich beerdigt. Das einzig relevante Ergebnis aus der Kommission ist die Übernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, erwirkt durch Verhandlungen und Druck der rot-grünen Bundesländer im Vermittlungsausschuss. Diese Entlastung von 4,5 Mrd. Euro ist gut und war dringend erforderlich.
Sie ist jedoch nicht geeignet, den dramatischen Kostenzuwachs bei den sozialen Pflichtleistungen für die Kommunen insgesamt abzufedern. Allein bei den sozialen Leistungen beträgt die jährliche Ausgabensteigerung ca. 3,2 % in 2011 und 3,6 % in 2012 und macht die Entlastung zunichte. Andere zentrale Gesetzesinitiativen der Bundesregierung wie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz senken die kommunalen Steuereinnahmen jährlich um ca. 1,3 Mrd. Euro und schwächen die finanzielle Basis der Kommunen nachhaltig. Insgesamt entziehen Steuersenkungsgesetze wie beispielsweise die "Mövenpicksteuer" zwischen 2010 bis 2013 den Kommunen ca. 5,2 Mrd. Euro.
Außerdem höhlt die Bundesregierung die Unterstützung von kommunalen Investitionsentscheidungen systematisch aus. Den eigenen Konsolidierungsdruck beantwortet sie gezielt mit Kürzungen zentraler Investitionsprogramme der Kommunen. Das Gebäudesanierungsprogramm der KfW wurde massiv gekürzt, von 2,2 Mrd. Euro in 2009 auf rund 900 Mio. Euro in 2011. Die Fördermittel für die Städtebauförderung wurden von 610 Mio. Euro 2010 auf 455 Mio. Euro in 2011 verringert. Die Initiativen Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) und Energie- und Klimafond (EKF) sind hoffnungslos unterfinanziert und nicht geeignet, den immensen Investitionsbedarf in Klimaschutzbelange vor Ort zu stützen.
Das Fazit daraus ist ernüchternd: Ohne eine echte Gemeindefinanzreform auf Bundesebene werden wir uns wohl auf weitere Kürzungsrunden in den nächsten Jahren einstellen müssen, die auch an schmerzhaften Einschnitten an den Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt nicht vorbeigehen.