Haushaltsantrag 25/26: Stellen-, Aufgaben- und Strukturkritik und Effizienzsteigerung in der Kernverwaltung
Beschlusstext:
- Der Oberbürgermeister wird mit einer umfassenden Aufgaben-, Stellen und Strukturkritik der Ämter, Dezernate und des Geschäftsbereiches des Oberbürgermeisters im Jahr 2025 beauftragt, deren Ergebnisse Grundlage für eine Deckung der bislang anerkannten und künftig entstehenden Stellenmehrbedarfe im Jahr 2026 sind. Diese Aufgaben- und Stellenkritik wird durch die Dezernats- und Amtsleitungen unter Zuhilfenahme des Amtes für Digitalisierung und Organisation und mit einer möglichst einheitlichen Methodik ohne kostenintensive Zuhilfenahme externer Dritter durchgeführt. Die bereits eingeplanten Mittel zur externen Vergabe werden eingespart.
- Die bereits von den Dezernaten gemeldeten möglichen Stellensperrungen für 2025 werden ausgesetzt.
- Die vorgegebenen Zielwerte zur Umwandlung von Stellen wird solange ausgesetzt, bis Ergebnisse aus der eigenen Organisationsuntersuchung bzw. der Stellen- und Aufgabenkritik vorliegen. Bereits in den vergangenen Jahren durchgeführte Organisationsuntersuchungen werden anerkannt und in die Bewertung einbezogen.
- In die weiteren Schritte wird der Stadtrat transparent einbezogen.
Begründung:
Es besteht kein Zweifel daran, dass in jeder Verwaltung und jeder stetig wachsenden Struktur Einsparpotenziale mitwachsen, die – durch technologischen Fortschritt, aufgrund wenig wichtiger werdende Aufgabenbereiche und viele andere Erwägungen – in konzentrierten Aktionen gehoben werden können. Aufgrund der risikobehafteten Haushaltsaufstellung ist es daher geboten, hier methodisch und überlegt vorzugehen, statt pauschale Stellenkürzungen vorzunehmen und damit ggf. wichtige Aufgaben komplett wegfallen zu lassen.
Die bisherige Vorgehensweise nimmt zahlreiche personelle Einschnitte einer tatsächlichen Stellen- und Aufgabenkritik bzw. möglicher Organisationsuntersuchungen vorweg und sorgt für massive Unstimmigkeiten innerhalb der Belegschaft. Stellenbesetzungsverfahren wurden mitten in Ausschreibungen oder tatsächlich in laufenden Auswahlprozessen abgebrochen, was zu massiven Vertrauensschäden bei potenziellen Bewerber*innen führt. Die Arbeitgeberkampagne der Stadt Leipzig – so sinnvoll diese auch ist, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen – steht der aktuellen Praxis diametral entgegen und läuft damit vollkommen ins Leere.
Zur Begleitung des notwendigen Prozesses soll der Stadtrat in angemessener Weise regelhaft und transparent einbezogen werden. Erst nach Vorliegen der internen Untersuchungsergebnisse sollen weitere Schritte zur Stellensperrung und –umwandlung entschieden werden. Die bereits in den vergangenen Jahren durchgeführten Organisationsuntersuchungen, etwa im Sozialamt oder im Amt für Jugend und Familie werden selbstverständlich anerkannt und in die Betrachtung einbezogen.
Die bislang im laufenden Stellenplan getroffenen Maßnahmen zur Sperrung von 100 VZÄ für das Jahr 2025 werden ausgesetzt. Eine mögliche Sperrung nach 2025 muss ebenfalls auf Grundlage der Organisationsuntersuchungen bzw. der Ergebnisse der Stellen- und Aufgabenkritik entschieden werden. Grundsätzlich ist festzustellen, dass mindestens der wesentliche Teil dieser Stellen nicht ohne Bedarf im Stellenplan der Stadt Leipzig geschaffen wurde. Zahlreiche sehr unterschiedliche Gründe haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass diese gemeldeten Stellen zeitweise oder über längere Zeiträume hinweg unbesetzt waren oder nicht umgehend (nach)besetzt werden konnten. Von einer dauerhaften Streichung oder auch einer Sperrung dieser Stellenanteile ist daher nicht auszugehen. Stattdessen müssen auch diese Stellen in die Betrachtung zur Stellen- und Aufgabenkritik einbezogen werden, um letztlich ein objektives Bild über Einsparpotenziale im Gesamtstellenplan - und damit verbunden mit dem Ziel eines genehmigungsfähigen Haushaltes - zu erhalten.
Verwaltungsstandpunkt vom 9. Januar 2025
Der Haushaltsantrag wird abgelehnt.
Begründung
Die Stadtverwaltung plant mit Beginn des Jahres 2025 eine umfassende Aufgaben-, Stellen- und Strukturkritik der Ämter, Dezernate sowie des Geschäftsbereiches des Oberbürgermeisters. Damit wird dem Grundtenor des Antrages, eine Überprüfung der Aufgabenfülle der Verwaltung vorzunehmen, entsprochen. Hierfür wird derzeit eine einheitliche Methodik unter Federführung des Amtes für Digitalisierung und Organisation erarbeitet, die Untersuchungsinhalte für alle Organisationseinheiten der Stadtverwaltung Leipzig sowie eine breite Beteiligung der Ämter, Dezernate, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter sowie die Interessenvertretungen einbezieht.
Aufgrund der notwendigen, kurzen Zeitschiene und ersten Ergebnissen, die bereits für die HH-Planung 2027/2028 vorliegen sollen, ist die Umsetzung nicht ohne punktuelle Zuhilfenahme externer Unterstützung realisierbar. Bis auf einzelne Ausnahmen werden in den Jahren 2025/26 ferner keine neuen Organisationsuntersuchungen oder Stellenbemessungen begonnen, damit alle verfügbaren internen Personen in die Arbeiten einbezogen werden können. Das federführende Team in der Abteilung – Organisationsentwicklung – wird sich mit voraussichtlich 4-5 VZÄ in die Untersuchung einbringen, anteilig verteilt auf 8 Organisationsberater/-innen und damit einer sehr breiten fachlichen Expertise.
Eine Aussetzung der Umsetzung der Stellensperrung und Stellenumlenkung bis zum Vorliegen von Ergebnissen aus der Aufgabenkritik kann nicht bestätigt werden, da es so nicht gelingen würde, einen genehmigungsfähigen Haushalt 2025/26 aufzustellen. Mit Umsetzung der Stellensperrung von 100 Stellen werden pro Haushaltsjahr ca. 7,2 Mio. EUR Personalaufwendungen sofort eingespart, dies ist bei der Planung der Personalkosten für die Jahre 2025/26 bereits einkalkuliert. Die Stellenumlenkung für dringende Mehrbedarfe bzw. für die Umsetzung der Ergebnisse aus Organisationsuntersuchungen führt zu einem „Nullwachstum“ an Stellen, wodurch Mehrausgaben in Höhe von ca. 23 Mio. EUR verhindert werden. Auch dies ist im aktuellen Haushaltsentwurf bereits berücksichtigt.
Zu den Umsetzungsständen zu Aufgaben-, Stellen- und Strukturkritik, Stellensperrung und –umlenkung wird im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung ab dem kommenden Jahr quartalsweise berichtet.
Stellenbesetzungsbedarfe werden auch in den kommenden Jahren eine konstante Herausforderung für die Stadtverwaltung Leipzig sein. Die Arbeitgeberinkampagne ist in diesem Zusammenhang mehr als ein Marketingaspekt der operativen Personalgewinnung. Sie soll langfristig imagefördernd die Stadtverwaltung Leipzig als attraktive Arbeitgeberin positionieren und auch Identifikationsmomente für bereits beschäftigte Kolleginnen und Kollegen liefern. Sie wirkt sowohl nach außen als auch nach innen, wie positive Reaktionen aus der Mitarbeiterschaft zeigen. Insofern läuft die Arbeitgeberinkampagne nicht ins Leere, sondern ist ein wichtiges strategisches Puzzleteil, damit die Stadt Leipzig kurz-, mittel- und langfristig im Wettbewerb um geeignete Fach- und Führungskräfte bestehen kann.
Der Antrag ist aufgrund der zeitlichen Stoßrichtung von der Verwaltung abzulehnen. Für weitere Ausführungen wird an dieser Stelle auch auf VSP VIII-HP-10372-VSP-01 Beseitigung von Doppelstrukturen, Bündelung von Aufgaben und Üben von Aufgabenkritik verwiesen.
Gemeinsame Neufassung vom 8. Februar 2025 mit den Fraktionen von CDU und SPD
Bürgernahe Dienstleistungen stärken, Leistungsfähigkeit der Verwaltung sichern und Nachhaltigkeit im Stellenplan schaffen!
Beschlussvorschlag:
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Stadtverwaltung einer umfangreichen Aufgaben- und Organisationsuntersuchung (horizontale und vertikale Struktur- und Prozesskritik) zu unterziehen. Die bisher erarbeiteten Organisationsuntersuchungen werden dabei berücksichtigt. Es werden alle Ämter und Organisationseinheiten beginnend in der Ebene der Sachgebiete untersucht.
Die Aufgaben- und Organisationsuntersuchung soll insbesondere folgende Zielsetzungen beachten:
a) Im Rahmen der Aufgaben- und Organisationsuntersuchungen werden der Geschäftsbereich des OBM und die Dezernatsbüros im Bereich der Führungsunterstützung (Referenten, Stabs- und Führungsunterstützung) gesondert untersucht. Hauptaugenmerk der Prüfung soll auf der Beseitigung und Vermeidung von Doppelstrukturen und der exakten Strukturierung und Festlegung von Aufgabe und Verantwortlichkeiten liegen. Es ist zu prüfen, inwiefern die Dezernate differenziert entsprechend Ihrer Aufgaben maximal fünf Referenten in den Dezernatsbüros zur Steuerung ihrer Arbeit beschäftigen sollen und eine Führungsunterstützung in Ämtern nach Zahl der Beschäftigten zu definieren ist.
b) Im Rahmen der Aufgaben- und Organisationsuntersuchungen sind die Ämter und die seit 2019 geschaffenen Referate, die Querschnittsaufgaben übernehmen sollten oder übernommen haben sowie Führungseinheiten in den Dezernaten und Ämtern, die Koordinatoren- und Beauftragtenpositionen u. a. daraufhin zu untersuchen, ob und wie Doppelstrukturen beseitigt, exakte Strukturierungen und Festlegungen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten sowie die Bündelung von Aufgaben und deren ggf. erforderliche Neuzuordnung erreicht werden können.
c) Insbesondere Ämter der bürgernahen Dienstleistungen sind im Rahmen der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung dahingehend zu untersuchen, ob und wie Aufgaben und Vorgänge entfallen, reduziert oder schneller und unter Nutzung der Digitalisierung effizienter bearbeitet bzw. gestaltet und etwaige Effizienzgewinne (Digitalisierungspotenzial) abgebildet und personalwirtschaftlich genutzt werden können. Insbesondere soll das Prinzip der einheitlichen Stelle mit Bezug zum Bürger bzw. Betroffenen umgesetzt werden.
2. Der Oberbürgermeister legt dem Fachausschuss Allgemeine Verwaltung bis Ende des zweiten Quartals 2025 ein Umsetzungskonzept für die Durchführung und Abfolge der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung vor. Im weiteren werden im Dezember 2025 ein erster und im Juni 2026 ein zweiter Sachstandsbericht zur Durchführung der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung vorleget. Mit der Vorlage des Entwurfs des Doppelhaushalts 2027/2028 wird eine Auswertung inklusive der sich aus der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung ergebenden Handlungsoptionen vorgelegt.
3. Für die Zeit der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung wird die im Jahr 2024 ausgebrachte Besetzungssperrung für 100 Stellen (VzÄ) fortgesetzt. Die im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2025/2026 durch den Oberbürgermeister ausgebrachten Besetzungssperrungen über weitere 100 Stellen (VzÄ) bleiben für diesen
Zeitraum bestehen. Ein Stellenaufwuchs wird ausgeschlossen. Die durch den Oberbürgermeister und die Dezernate erarbeitete Umlenkung von 280 Stellen (VzÄ) in bürgernahe Servicedienstleistungen werden bestätigt.
4. Im Ergebnis der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung wird eine ermittelte, erforderliche Stellenbemessung in den Stellenplan für den Doppelhaushalt 2027/2028 eingearbeitet. Ziel dabei ist, den Stellenplan 2027/2028 im Vergleich zum Stand 31.12.2024 um 500 VzÄ zu reduzieren. Sowohl für die Zeit der Aufgaben- und Organisationsuntersuchung als auch danach werden betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Der Oberbürgermeister ist jedoch angehalten, einen durch Beschäftigte gewünschten Wechsel in andere Bereiche durch einen internen Stellenmarkt und entsprechende Qualifikationsangebote zu ermöglichen. Weitere moderne personalwirtschaftliche Instrumente sind in Abstimmung mit der Personalvertretung zu erarbeiten und zur Realisierung zielgenauer Personalbewirtschaftung und Personalentwicklung umzusetzen.
Beschluss der Ratsversammlung am 12. März 2025
mehrheitlich angenommen