Interfraktioneller Antrag: Erhöhung des Ausgleichsbetrages im Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag
Gemeinsamer Antrag von Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke vom 11. Mai 2018
Beschlussvorschlag:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Zusatzfestlegung zum Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag (VLFV) spätestens zum September 2018 mit einem Ausgleichsbetrag von mindestens 50 Mio. Euro für die Jahre 2019 und 2020 fortzuschreiben und eventuell erforderliche Vertragsanpassungen entsprechend vorzunehmen.
Sachverhalt:
Die nunmehr bereits einige Zeit laufende Debatte über die Mobilitätsszenarien hat gezeigt, dass die Anforderungen an die Nahverkehrsbetriebe deutlich gewachsen sind und dass die öffentliche Hand in größerem Maße ihrer Verantwortung gerecht werden muss. Die Informationsvorlage zu den Mobilitätsszenarien zeigt, dass die derzeitigen 45 Mio. EUR Ausgleichsbetrag auf keinen Fall in der Zukunft fortgeschrieben werden können, wenn wir einen attraktiven ÖPNV in Leipzig haben wollen. Egal für welches Mobilitätsszenario sich der Stadtrat in Zukunft entscheidet, eine Erhöhung des Ausgleichsbetrages ist laut Vorlage in allen Szenarien notwendig. Nur mit einem attraktiven ÖPNV können wir die gesetzlichen Vorgaben zur Einhaltung der Luftreinhaltewerte und Lärmreduzierung erreichen. Die Fahrgäste können diesen höheren Finanzbedarf nicht alleine schultern. Die Stadt Leipzig muss sich als Aufgabenträger des öffentlichen Nahverkehrs auch aus der Sicht der Finanzierung zu ihrer Verantwortung bekennen.
Um dem Stadtrat tatsächlich eine Entscheidung über die Höhe des Ausgleichsbetrages zu ermöglichen, ist eine Beschlussfassung spätestens im September 2018 erforderlich, damit der entsprechende Betrag in die Wirtschaftspläne der Unternehmen eingeplant werden kann. Da der Nahverkehrsplan trotz anderer Beschlüsse des Stadtrates noch immer nicht vorliegt, sollte der Stadtrat unabhängig von diesem die Erhöhung des Ausgleichsbetrages beschließen.
Beschluss der Ratsversammlung am 24. Oktober 2018
Der Antrag wurde gemeinsam mit anderen Anträgen zusammengefasst. Die Verwaltung hat dazu eine gemeinsame Verwaltungsmeinung erstellt, welche mit Änderungen durch die Fraktionen Linke, CDU und AfD versehen wurde und anschließend eine Mehrheit, allerdings aufgrund der Änderungen ohne unsere grünen Stimmen.
Beschluss:
1. Die Ratsversammlung spricht sich grundsätzlich für eine Begrenzung der bisherigen jährlichen 3,5 %-igen Tarifsteigerungen im ÖPNV aus. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in den Gesellschafterversammlungen von Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (LVV mbH) und MDV anzuweisen, keiner Wirtschaftsplanung zuzustimmen, die eine jährliche Fahrpreiserhöhung für die Tarifzone Leipzig (110) - zunächst für die Jahre 2019 und 2020 - vorsieht.
Dies schließt ein, dass der OBM über die LVV die LVB anweist, dass
A) Tariferhöhungen in 2019 und 2020 in und außerhalb der Wirtschaftsplanungen der LVB nicht erfolgen,
B) evtl. Tariferhöhungen in der Gesellschafterversammlung des MDV für diesen Zeitraum abgelehnt werden. Sofern sich die Tariferhöhung nicht wirksam auf die Tarifzone MDV 110 beschränken lässt, stimmt die LVB gegen jede Tariferhöhung insgesamt.
Gelingt es u. a. der LVB-Geschäftsführung nicht, den Beschlusspunkt 1 B) erfolgreich zu verhandeln und durchzusetzen, so wird der OBM beauftragt, in den Gremien des MDV als Auftraggeber allen Tariferhöhungen für die MDV-Tarifzone 110 (Leipzig) zu widersprechen, welche in den Jahren 2019 und 2020 wirksam werden würden. Den infolge der den anderen MDV-Partnern geschuldete Ausgleich der Einnahmeausfälle gemäß Satzung des MDV trägt die LVB. Der Betrag wird ihr über die Erhöhung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages von der LVV erstattet.
2.Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in den Gesellschafterversammlungen von LVV mbH und Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH (LVB) jeweils Beschlüsse darüber herbeizuführen, dass deren Wirtschafts- und Konzernwirtschaftsplanungen für die Jahre 2019 bis 2023 auf der Grundlage der Mobilitätsstrategie 2030 im Sinne des ÖPNV-Nachhaltigkeitsszenarios jeweils folgende Prämissen enthalten:
- Mittelfristige nachhaltige Erhöhung der Kostendeckung der LVB durch interne Optimierung um mindestens 5.000.000 EUR
- Mittelfristige nachhaltige Erhöhung des finanziellen Ausgleiches für seitens der LVB im Rahmen der Umsetzung von gemeinwirtschaftlich erbrachten Verkehrsleistungen auf bis zu maximal 56 Mio. EUR bis einschließlich des Jahres 2020
- Bis spätestens zum 30.09.2020 wird das „Tarifmoratorium" (inkl. der Beschlüsse zur DS 06337) evaluiert und entsprechend dem Stadtrat ein Beschlussvorschlag u. a. zur Fortführung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages für die Jahre 2021 bis 2023 vorgelegt.
3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, auf Grundlage der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes eine Zusatzfestlegung zum Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag (VLFV) mit einer Begrenzung des Gesamtbetrages gemäß § 2 Abs. 4a VLFV bis zu folgenden jährlichen Höchstbeträgen abzuschließen und in diesem Zusammenhang einen entsprechenden Nachtrag zum VLFV mit der LVV mbH und der LVB zu unterzeichnen, der durch die LVV zu finanzieren ist:
2019:· 54 Mio. EUR
2020:· 56 Mio. EUR
Aus der Erhöhung trägt die LVB die Kosten für das Einfrieren der Fahrpreiserhöhung aus Beschlusspunkt 1. Der verbleibende Restbetrag ist mehrheitlich für Investitionen zu verwenden.
4. Als Beitrag zum Tarifmoratorium für die Jahre 2019 und 2020 erhöht die Stadt Leipzig ihre Ausgleichszahlungen an die LVB für die LPMC zur Erreichung einer Kofinanzierungsquote von 50 % und für den Ausbildungsverkehr. Die entsprechenden Mehraufwendungen in Höhe von jährlich mindestens 3.000.000 EUR werden planmäßig in den Doppelhaushalt 2019/20 eingestellt.
5. Zur Absicherung eines Tarifmoratoriums bei der SchülerCard und der SchülerMobilCard für die Verbundjahre 2019/2020 und 2020/2021 gewährt die Stadt Leipzig der LVB insgesamt 498.000 EUR, davon im Haushaltsjahr 2019 69.000 EUR, im Haushaltsjahr 2020 235.000 EUR und im Haushaltsjahr 2021 194.000 EUR. Die Mehraufwendungen werden planmäßig in den Doppelhaushalt 2019/20 ff. eingestellt.
6. Das Gesellschafterdarlehen ist seitens des LVV-Konzerns für 2019 und 2020 jeweils zum 30.06. in Höhe von jährlich bis zu 13 Mio. EUR, jedoch mindestens in Höhe von jährlich 5 Mio. EUR, in diesem Bereich je nach nachzuweisender Leistungsfähigkeit, zu tilgen. Tilgungsbeiträge bis zur Höhe von 5 Mio. Euro sind zweckgebunden für Instandhaltungsmaßnahmen bei Schulen/Kitas einzusetzen. Darüber hinaus gehende Tilgungsbeiträge sind zweckgebunden für ÖPNV-Planungen und/oder Investitionen von erheblicher gemeinsamer strategischer Bedeutung für Stadt und LVB auf der Grundlage der Mobilitätsstrategie 2030 (VI-DS-03902-NF-02-ÄA-01) einzusetzen.
7. Im Zusammenhang mit der gemäß Ratsbeschluss vom 27.09.2018 mit BPkt. 6 vorgegebenen Evaluation des Umsetzungsstandes in 2022 ist sodann auch ein Vorschlag zur Bildung einer zweckgebundenen Rücklage zur Finanzierung von ÖPNV-Maßnahmen von erheblicher stadtstrategischer Bedeutung vorzulegen. Zur finanziellen Flankierung erster diesbezüglicher Planungen werden im Ergebnishaushalt des Doppelhaushaltes 2019/20 Planungsmittel in Höhe von 200.000 EUR p. a. bereitgestellt. Die Deckung soll aus Einnahmen aus Tilgungsleistungen des LVV-Konzerns für das Gesellschafterdarlehen erfolgen (s. BPkt. 5).
In die seitens des Antrages zu Mobilitätsszenarien (VI-DS-03902-NF-02-ÄA-01) vorgesehene Evaluierung im Jahr 2022 ist auch die Umsetzung der Beschlüsse unter 1. - 6. mit einzubeziehen. Dabei ist auch eine Abschätzung von Voraussetzungen und etwaigen finanziellen Folgen hinsichtlich einer 2. Stufe einer sodann weitergehenden ÖPNV-Finanzierungskonzeption vorzulegen. Dies hat auch das Prüfergebnis hinsichtlich rechtlicher und finanzieller Möglichkeiten der Bildung einer zweckgebundenen Rücklage („ÖPNV-Mobilitätsfonds") für Investitionen zu umfassen (s. Antrag VI-A-05957-NF-03).
8. Die Ratsversammlung nimmt zur Kenntnis, dass eine Umsetzung der Beschlussempfehlungen insbesondere den geltenden EU- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragen muss. Sie ermächtigt den Oberbürgermeister in der Gesellschafterversammlung dementsprechende Beschlüsse zu fassen.
9. Die Ratsversammlung stellt fest, dass eine Vielzahl von Maßnahmen, entweder über die Vorgeschlagenen hinaus, und/oder auch deren Verlängerung, nur dann umgesetzt werden können, wenn auch Bund und Freistaat perspektivisch ihre Finanzierungsbeiträge für den Ausbau kommunaler (ÖPNV-)Infrastrukturen im Allgemeinen bzw. für die Umsetzung innovativer Mobilitätskonzepte im Besonderen, gegenüber dem Status-Quo deutlich erhöhen.