Ist-Zustand der Verwaltungsdigitalisierung

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 21. Mai 2025

Link zur Anfrage im Ratsinformationssystem

Mit dem Haushalt 2025/2026 wurde das Digitalisierungsbudget mehr als verdoppelt, um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen in der Stadtverwaltung voranzutreiben. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen und ist ein wesentlicher Bestandteil der anstehenden Aufgaben- und Organisationsuntersuchung, insbesondere für die bürgernahen Dienstleistungen wie mit VIII-HP-10289-NF-03 beschlossen.

Allerdings wird Geld allein das Problem nicht lösen. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Optimierung von Prozessen. Wenn ein analoges Verfahren ohne vorherige Prozessoptimierung digitalisiert wird, entsteht lediglich ein nicht optimales digitales Verfahren, wodurch Effizienzgewinne nicht vollständig ausgeschöpft werden.

Ein anschauliches Beispiel hierfür ist das Verfahren zur Anzeige einer Versammlung. Die Angaben zu Aufzug/Demonstration (Kundgebungsorte und Aufzugsstrecke) werden nach wie vor in Textform abgefragt, obwohl eine Eingabe per Karte eindeutiger wäre und den Verwaltungsaufwand erheblich reduzieren könnte.

Eine fundierte Übersicht des Ist-Zustandes der Verwaltungsleistungen ist unerlässlich, um dem Stadtrat Transparenz für faktenbasierte Entscheidungen – insbesondere bei der Aufstellung des nächsten Haushalts – zu verschaffen, und um ein fortlaufendes Monitoring bei der Erhöhung des Anteils digitalisierter Leistungen zu ermöglichen.

Daher stellen wir folgende Anfrage:

  1. Wir bitten um eine tabellarische Übersicht zu allen kommunalen Verwaltungsleistungen im Sinne des Onlinezugangsgesetzes mit folgender Aufschlüsselung je Leistung:
    • Verfügbarkeit des zugehörigen Verfahrens (analog, digital oder Ende-zu-Ende)
    • Fallzahlen pro Jahr mit Unterscheidung nach analoger und digitaler Beantragung
    • Mindestbearbeitungszeit pro Fall mit Unterscheidung nach analoger und digitaler Beantragung
    • Bearbeitungsstau (Fallzahlen)
    • Durchschnittlicher Durchlauf an Fällen pro Monat
  2. Für welche der in der Übersicht genannten analogen Leistungen ist bereits eine Digitalisierung eingeplant, bis wann soll diese jeweils umgesetzt werden und handelt es sich dabei jeweils um eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung?
  3. Inwiefern erfolgt eine systematische Erfassung der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben anderer Kommunen und des Freistaats? Welche Erkenntnisse werden daraus gezogen und nach welchen Kriterien werden bestimmte digitale Verfahren übernommen?
  4. Nach welchen Kriterien erfolgt die Priorisierung bei der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben der Verwaltung?
  5. Wie wird sichergestellt, dass bei der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben auch eine Prozessoptimierung sowohl für die Bürger:innen, Unternehmen als auch für die Verwaltung selbst umgesetzt wird?

 

Antwort vom 20. Mai 2025

1. Wir bitten um eine tabellarische Übersicht zu allen kommunalen Verwaltungsleistungen im Sinne des Onlinezugangsgesetzes mit folgender Aufschlüsselung je Leistung:

a. Verfügbarkeit des zugehörigen Verfahrens (analog, digital oder Ende-zu-Ende)

b. Fallzahlen pro Jahr mit Unterscheidung nach analoger und digitaler Beantragung

c. Mindestbearbeitungszeit pro Fall mit Unterscheidung nach analoger und digitaler Beantragung

d. Bearbeitungsstau (Fallzahlen)

e. Durchschnittlicher Durchlauf an Fällen pro Monat

Die Bürgerservicebilanz liefert hier bereits eine sehr gute Übersicht. Folgende Nutzung der Online-Antragsassistenten sind in 2024 zu verzeichnen (Auszüge aus dem Entwurf der Bürgerservicebilanz 2024):

 

 

Die vollständige Bürgerservicebilanz 2024 wird demnächst veröffentlicht.

Darüber hinaus können bereits 292 Leika-Leistungen (Leistungskatalog - Verzeichnis von Verwaltungsleistungen des Bundes, der Länder und Kommunen in Deutschland) digital beantragt werden. Dafür ist folgende Verteilung auf den unterschiedlichen Kanälen zu verzeichnen:

  1. 134 online auf Amt24
  2. 105 über ein Antragsformular (www.leipzig.de)
  3. davon 53 andere (EfA, Bauportal, iKfz, etc.)

Die einfachen pdf-Anträge per Email sind hier nicht berücksichtigt.

2. Für welche der in der Übersicht genannten analogen Leistungen ist bereits eine Digitalisierung eingeplant, bis wann soll diese jeweils umgesetzt werden und handelt es sich dabei jeweils um eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung?

Eine Umstellung vieler der heute noch analogen hin zu digitalen Leistungen ist bereits über den Digitalisierungsfahrplan eingeplant. Diese sind jedoch aktuell oft noch nicht vollständig Ende-zu-Ende umsetzbar, da der Rückkanal zur digitalen Bescheidübergabe an den Antragsteller bundesweit noch nicht fertig umgesetzt ist. Dafür ist die Anbindung der digitalen Verwaltungsleistungen an die zentralen bundeseinheitlichen Nutzerkonten BundID (für natürliche Personen) und Mein Unternehmenskonto MUK (für juristische Personen) erforderlich. Der Freistaat Sachsen hat die Umsetzung geplant, aber bisher keine Termine zur finalen Umsetzung der zentralen bundeseinheitlichen Nutzerkonten bekanntgegeben. Mit der Umsetzung ist beginnend noch in 2025 zurechnen, wird sich jedoch mindestens bis in das Jahr 2026 hinziehen. Die Stadt Leipzig ist Pilotpartner der Sächsischen Staatskanzlei für die Anbindung von BundID und Mein Unternehmenskonto an digitale Verwaltungsleistungen auf Amt24.

Es wird noch einmal betont, dass es bundesweit noch keinen bekannten Anwendungsfall für einen funktionierenden Rückkanal in den Bürgerkonten gibt, der eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung ermöglichen würde. Seit vier Jahren fordert die Stadt Leipzig diesen Rückkanal aktiv gegenüber dem Freistaat Sachsen ein.

Die ursprüngliche Gesetzeslogik des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sprach lediglich von „Anträgen“ und berücksichtigte nicht die Notwendigkeit der digitalen Rückübertragung. Dieser architektonische Fehler verhindert eine vollständige Umsetzung der Ende-zu-Ende-Digitalisierung bis heute und verzögert die Einführung eines funktionalen digitalen Prozesses.

 

Die Herausforderungen bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sind nicht allein auf kommunaler Ebene zu bewältigen. Die Umsetzung muss auf Bundesebene koordiniert erfolgen, um einheitliche IT-Lösungen, zentrale Anlaufstellen für Fachkompetenz und klare rechtliche Vorgaben sowie technische Standards zu etablieren, wie es der Bundesrechnungshof fordert, um Doppelentwicklungen zu vermeiden und eine effiziente Nutzung von Ressourcen sicherzustellen. Dies geht aus dem Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (Anlage 1) hervor.

 

Inwiefern erfolgt eine systematische Erfassung der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben anderer Kommunen und des Freistaats? Welche Erkenntnisse werden daraus gezogen und nach welchen Kriterien werden bestimmte digitale Verfahren übernommen?

Das Dashboard „Digitale Verwaltung“ des Bundesministerium des Inneren und für Heimat - https://dashboard.digitale-verwaltung.de/ - erfasst systematisch den Digitalisierungsstand im Bund-Länder-Kommunen Kontext. Die Datengrundlage für dieses Dashboard bildet das sächsische Verwaltungsportal Amt24. Die Stadt Leipzig erfasst und pflegt gemäß den Vorgaben des OZG ihre digitalen Verwaltungsleistungen auf Amt24. Mit anderen sächsischen Kommunen ist die Stadt Leipzig über den SSG und andere Arbeitsgruppen im regelmäßigen Abgleich.

3. Nach welchen Kriterien erfolgt die Priorisierung bei der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben der Verwaltung?

Die Priorisierung bei der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben der Verwaltung erfolgt durch eine ganzheitliche und effiziente Digitalisierung. Dazu haben wir gemeinsam mit den Dezernenten/innen der gesamten Verwaltung die Schwerpunktthemen zur Digitalisierung der Verwaltung priorisiert. Die Kriterien sind

  • Effiziente Verwaltung – Entlastung manueller Tätigkeiten oder Prozessbeschleunigung oder Ende-zu-Ende-Digitalisierung eines wesentlichen Prozesses oder eines kompletten Amtes
  • Digitale Erreichbarkeit für eine große Nutzergruppe (> 10.000)
  • Digitale Anbindung von gewerblichen/ professionellen Nutzern mit großem Wirkungskreis (Geburtskliniken, Bestatter, Autohäuser, Architekten etc.)
  • Nutzung von Standards wie vom Bund und Land finanzierte Lösungen wie Einer-für-Alle-Lösungen (EfA)

4. Wie wird sichergestellt, dass bei der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben auch eine Prozessoptimierung sowohl für die Bürger:innen, Unternehmen als auch für die Verwaltung selbst umgesetzt wird?

Bei der Digitalisierung von Leistungen und Aufgaben der Verwaltung werden gemeinsam mit den Fachämtern SOLL-Prozesse konzipiert, die zu einer effizienten Digitalisierung beitragen sollen. Dazu stehen standardisierte Methoden (Prozessmanagement) und entsprechende methodische Fähigkeiten (Projektmanager) zur Verfügung. Dadurch soll eine Prozessoptimierung sowohl für die Bürger:innen, Unternehmen als auch für die Verwaltung selbst umgesetzt werden.

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