Kommunale Dachflächen für Solaranlagen (Anfrage 663/12)

Anfrage zur Ratsversammlung vom 20.09.2012

Mit der Drucksache V/858 informierte die Verwaltung den Stadtrat in der Ratsversammlung vom 20.10.2010 über die „Nutzung kommunaler Dachflächen für Bürger-Solarstromanlagen - Bericht zur Umsetzung des Ratsbeschlusses RBIV-1649/09“. Darin heißt es u.a. : „Im Rahmen der Umsetzung des o.g. Ratsbeschlusses wurde festgelegt, dass die Bauherrenämter Gebäude mit langfristig gesicherter Nutzung benennen und das Hochbauamt diese hinsichtlich ihrer Eignung prüft...
Nach Prüfung durch das Hochbauamt wurden folgende Objekte als geeignet benannt:
- Anton-Philipp-Reclam-Schule, Haus 1, Tarostraße 4-6 in 04103 Leipzig,
- Arwed-Rossbach-Schule, Am kleinen Feld 3-5 in 04205 Leipzig sowie
- Fritz-Gietzelt-Schule, Kantatenweg 40 in 04229 Leipzig.

Aufgrund der zeitaufwendigen Vertragsverhandlungen konnten die drei Gestattungsverträge mit den Investoren erst im Juni 2010 abgeschlossen werden. Nunmehr sind alle drei Investoren mit der technischen Umsetzung befasst, die aufgrund der zu schaffenden Voraussetzungen, wie statische Berechnungen, Bauantrag, Erwerb der notwendigen Materialien u.v.m., einiger Zeit bedarf. Der erste Betreiber hat seinen Bauantrag bereits beim Amt für Bauordnung und Denkmalpflege zur Genehmigung eingereicht. Mit einer Realisierung der Projekte wird bis zum Jahresende 2010 gerechnet.

Gegenwärtig stellt das Schulverwaltungsamt die Dachfläche der Gustav-Hertz-Schule in der Dachsstraße 5 in 04329 Leipzig Interessenten zur Errichtung einer Bürger-Solarstromanlage zur Verfügung. Die Errichtung der Solarstromanlage durch einen Investor erfolgt dann auf der Grundlage des abgestimmten Gestattungsvertrages. Eine Realisierung des Projektes wird daher frühestens für 2011 erwartet.

Da an der Nutzung kommunaler Dachflächen weiterhin großes Interesse besteht, hat das Schulverwaltungsamt in Abstimmung mit dem Hochbauamt weitere Schulobjekte ausgewählt, die für die Errichtung von Photovoltaikanlagen in Frage kommen. Gegenwärtig werden entsprechende Exposés zur Vermarktung der Dachflächen erarbeitet...“
In der Clusterbroschüre Energie- und Umwelttechnik (Ausgabe August 2011) des Wirtschaftsdezernates ist von einer „Solaroffensive auf kommunalen Dächern“ die Rede.

Gleichzeitig sind auf der Internetseite der Stadt keinerlei Informationen über Angebote von kommunalen Dächern für Solaranlagen oder auch nur entsprechende Ansprechpartner zu finden und Anfragen nach Dächern und entsprechenden Gesprächsterminen beim Amt für Wirtschaftsförderung werden z.B. folgendermaßen ausführlich beantwortet: „Vielen Dank für Ihr Interesse. Geeignete Firmen wurden bereits vorausgewählt. Bitte wenden Sie sich in der 2. Tranche ab 2013 erneut an mich.“ Auf Nachfrage zu Auswahlverfahren und Kriterien heißt es gleich nur noch „bitte um Nachricht ab 2013“. (Mails liegen dem Anfragenden vor.)

Wir fragen an:

  1. Wie ist der Realisierungsstand der vier in der Informationsvorlage von 2010 genannten Solaranlagen?
  2. Welche kommunalen Dächer wurden in den Jahren 2011 und bisher in 2012 für Solaranlagen angeboten und an wen vergeben?
  3. Welche Dächer werden darüber hinaus für 2013 ff. vorbereitet, um sie Interessenten anzubieten?
  4. Warum sind auf der Internetseite der Stadt keine Informationen über für Solaranlagen angebotene kommunale Dächer zu finden und auch keine Informationen über entsprechende Ansprechpartner?
  5. Gibt es einen Standard für den Umgang mit Interessenten in der Stadtverwaltung und entspricht der zitierte Mailverkehr dem?
  6. Was muss man sich schlussendlich an konkreter Organisation und Maßnahmen unter der „Solaroffensive auf kommunalen Dächern“ der Stadt vorstellen?


Die Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung hier als Protokollauszug:

Bürgermeister Albrecht verliest die gemeinsame Antwort der Dezernate V, VI und VII und antwortet zur Frage 1, das ehemalige Schulverwaltungsamt habe in Zusammenarbeit mit dem Hochbauamt und dem Amt für Wirtschaftsförderung vier Dächer kommunaler Schulen zur Errichtung von Photovoltaikanlagen zur Verfügung gestellt und an Investoren vergeben.

Zur Anton-Philipp-Reclam-Schule in der Tarostraße 4 – 6 sei zu sagen, dass zwischen der Stadt Leipzig und der fairPla.net 1 GmbH & Co. KG im Jahr 2010 ein Ge-stattungsvertrag geschlossen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei beiden Vertragspartnern bekannt gewesen, dass die Schule saniert wird, jedoch sei der planerische Umfang noch nicht definiert gewesen. Der Investor habe in der Folge die erforderlichen Vorbereitungen getroffen, jedoch im Juni 2011 mitgeteilt, dass er das Projekt aufgrund der Baumaßnahmen am Schulstandort zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht realisierbar halte und daher Abstand von der Installation nehme. Als Alternativstandort sei dem Investor die Dachfläche des sanierten Leipzig-Kollegs, Czermaks Garten 8, angeboten worden. Im Jahr 2012 sei die Anlage auf der Basis eines neuen Gestattungsvertrages installiert und in Betrieb genommen worden.

Zur Arwed-Rossbach-Schule, Am kleinen Feld 3 – 5, sei mit Datum vom 12./16. Juli 2010 zwischen der Stadt Leipzig und der Sächsischen Naturenergie GbR ein Gestattungsvertrag geschlossen worden. Anfang 2011 sei die erste Bürgersolarstromanlage auf einem Schuldach realisiert und in Betrieb genommen worden.

Hinsichtlich der Fritz-Gietzelt-Schule, Kantatenweg 40, sei zwischen der Stadt Leipzig und der SolarPeople GmbH mit Datum vom 14. Juni bzw. 12. Juli 2010 ein Ge-stattungsvertrag geschlossen worden. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 habe der Gestattungsnehmer mitgeteilt, dass er den Gestattungsvertrag auflösen wolle. Dies sei mit zu hohen Montagekosten und einer vom Hochbauamt geforderten reduzierten Anzahl der Photovoltaikmodule begründet worden. Da der Gestattungsnehmer auch die vertragliche Verpflichtung zur Installation nicht eingehalten habe, sei der Vertrag seitens der Stadt Leipzig aufgelöst worden. Zwischenzeitlich sei festgestellt worden, dass die Dachabdichtung vor der Installation einer Photovoltaikanlage teilweise erneuert werden müsste. Aus diesem Grund sei keine neue Vergabe des Daches erfolgt.

Bezüglich der Gustav-Hertz-Schule, Dachsstraße 5, sei zwischen der Stadt Leipzig und der db-solar GbR mit Datum vom 29. März bzw. 25. April 2011 ein Gestattungsvertrag geschlossen worden. Die Anlage sei im Jahr 2012 installiert und in Betrieb genommen worden.

Zu Frage 2 lautet die Antwort, dass neben den in der Antwort auf Frage 1 benannten kommunalen Dächern bis 2012 keine weiteren Flächen vergeben worden seien. Ein Angebot von nutzbaren weiteren Dachflächen sei im Sinne einer vorgeschlagenen Empfehlung an Dritte basierend auf den Vermarktungsaktivitäten durch das Amt für Wirtschaftsförderung erfolgt. Vom Hochbauamt und vom Amt für Jugend, Familie und Bildung seien im Jahr 2011 verschiedene Objekte vorgeprüft und folgende Objekte als geeignet befunden worden: die 71. Schule in der Lidicestraße, die 90. Schule in der Garskestraße, die 172. Schule in der Prießnitzstraße und das Leipzig-Kolleg, Czermaks Garten 3. Diese Objekte seien zur Vermarktung an das Amt für Wirtschaftsförderung übergeben worden. Die Objekte seien potenziellen Gestattungsnehmern im Rahmen der Darstellung der Energiemetropole Leipzig und durch persönliche Beschreibungen und Exposés vorgestellt worden. Zur Vermarktung seien 40 regional ansässige Unternehmen und Vereine auch direkt angesprochen worden. Eine Vorauswahl mehrerer möglicher Nutzungsnehmer sei nach Klärung der fachlichen Eignung, nach Vorstellung von Referenzanlagen und unter Berücksichtigung der regionalen Bindung zur Erzielung wirtschaftlicher Objekte für die Stadt Leipzig mit Abschluss im Frühjahr 2012 erfolgt. Eine Vorauswahl von circa zehn geeigneten Nutzungsnehmern sei mit der Bitte um weitere fachliche Begleitung bis zur Vertragsbindung an die zuständigen Fachämter verwiesen worden. Bisher sei keine weitere Vertragsbindung erfolgt. Diese werde aber Ende 2012 erwartet.

Hinzu gekommen seien Änderungen der Rahmenbedingungen wie die Novellierung des EEG und die sich daraus ergebende Notwendigkeit der Regelung einer Direktabnahme, die eine Vertragssicherung erschwerten. Einige potenzielle Nutzungsnehmer seien durch die geänderten Rahmenbedingungen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, die Umsetzung vorzunehmen. Das sei von den Betroffenen selbst so formuliert worden.

Zu Frage 3 antwortet Bürgermeister Albrecht, eine weitere Tranche der Solardachoffensive sei noch nicht ausgewählt worden. Kommunale Dächer würden, die wirtschaftliche Umsetzbarkeit vorausgesetzt, auch künftig angeboten.

Zu Frage 4 sei zu sagen, alle Informationen über für Solaranlagen angebotene kommunale Dächer seien Anfang 2012 über das Portal Energiemetropole eingestellt worden. An der Verbesserung der Auffindbarkeit über die Startseite der Stadt Leipzig werde gegenwärtig gearbeitet. Ansprechpartner für bestehende Objekte sei das Amt für Wirtschaftsförderung.

Bürgermeister Albrecht wendet sich der Frage 5 zu und teilt mit, es sei ein Standard für den Umgang mit Interessenten festgelegt worden, um eine Vorauswahl geeigneter Nutzungsnehmer treffen zu können. Hierzu seien Kriterien definiert worden, die bei Leistungsprüfungen, Gesprächen und Unterlagenprüfung zugrunde gelegt würden. Die üblicherweise bei Bauleistungen vorzunehmende Ausschreibung sei in diesem Verfahren nicht erfolgt, da die zu erbringenden Bauleistungen nicht vorgegeben werden sollten. Dies diene der marktoffenen Gestaltung des Verfahrens. Die Anlagenteile, also Module, Wechselrichter usw., könnten durch den potenziellen Gestattungsnehmer flexibel unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten bestimmt werden. Das Hochbauamt prüfe die Eignung der Dächer für Photovoltaikanlagen. Ein kompletter Statiknachweis sei vom Errichter selbst zu erbringen.

Aufgrund der laufenden Erkenntniszugewinne, vor allem in Bezug auf Brand- und Blitzschutzanlagen für die Photovoltaikmodelle, gebe es aktuelle Weiterentwicklungen, um ein Optimum an Sicherheit zu gewährleisten. Der geltende Standard sei im gültigen Mustergestattungsvertrag niedergelegt. Die Vertragsbindung werde durch die zuständigen Fachämter begleitet. Durch das Amt für Wirtschaftsförderung sei durch einen berufserfahrenen Projektentwickler aus der Solarbranche die Bestimmung der geeigneten Nutzungsnehmer in der bisherigen Vermarktung erfolgt. Der in der Anfrage erwähnte Mailverkehr sei aufgrund der Nachfragen beim Amt für Wirtschaftsförderung entstanden. Es könne festgestellt werden, dass die erste Tranche abgeschlossen worden sei und ausreichend Nutzungsnehmer zur Vertragsbindung gewonnen worden seien. Die Vermarktung der zweiten Tranche werde ab 2013 erfolgen.

Darüber hinaus spsei durch das Amt für Geoinformation und Bodenordnung ein Solardachkataster nicht nur für städtische Gebäude, sondern insgesamt für die Stadt Leipzig erarbeitet worden. Mit dem Solardachkataster der Stadt Leipzig könnten sich Bürger demnächst im Internet mit wenigen Klicks anzeigen lassen, ob die Dachfläche ihres Gebäudes für eine Photovoltaik- oder eine Solarthermieanlage geeignet sei.

Die Solardachoffensive sei ein Bestandteil in der Vermarktung von geeigneten Solardachflächen im Rahmen der Klimaoffensive der Stadt Leipzig.

Stadtrat Quester (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) meint, es falle schwer, nach diesem Vortrag Fragen zu stellen. Die Solaroffensive auf kommunalen Dächern sehe so aus, dass seit 2010 drei kommunale Dächer zur Verfügung gestellt werden konnten, für die noch kein Vertrag abgeschlossen wurde. Was sie 2013 tun werde, wisse die Verwaltung nicht. Sie wisse auch nicht, wo man das auf den Internetseiten der Stadt Leipzig finde. Es bleibe der Eindruck, dass der Bürgermeister das, was er vorgetragen habe, beim Vortrag das erste Mal gelesen habe. Er, Quester, finde es schade, wenn in Wirtschaftsbroschüren der Stadt Leipzig mit solchen Begriffen geworben werde und jemand, der ein kommunales Dach haben wolle und eine entsprechende Anfrage an die Verwaltung richte, mit einer Zwei-Zeilen-Mail aufgefordert werde, sich im nächsten Jahr wieder zu melden.

Stadtrat Quester fragt, ob Bürgermeister Albrecht ihm zustimme, dass die städtische Wirtschaftsförderung so nicht mit Interessenten umgehen dürfe.

Bürgermeister Albrecht erklärt, dass er Herrn Quester nicht zustimmen könne. Anhand der Einzelbeispiele habe er die Gründe für die Verzögerungen erläutert. Weder das Amt für Wirtschaftsförderung noch die anderen beteiligten Ämter hätten dieses Thema unterschätzt oder nicht ernst genommen, sondern sie versuchten nach besten Kräften, das Problem auch im Sinne von fachlichem Neuland zu lösen. Die Statik einer Dachkonstruktion, die mehr als hundert Jahre alt sei und auf der eine solche Anlage angebracht werden solle, sei jedoch so kompliziert, dass man die Aufgabe nicht in drei Tagen lösen könne. Er, Albrecht, biete Herrn Quester an, sich den konkreten Fall im Detail anhand der Aktenlage anzuschauen. Dann werde Herr Quester seine Meinung hoffentlich revidieren.

Stadtrat Reupert (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) fragt, ob Herrn Albrecht bekannt sei, dass dies im Bereich der privaten Wirtschaft deutlich schneller gehe und dass aufgrund der Änderung der Solarförderung in der Zeit, in der keine Verträge abgeschlossen worden seien, der Stadt Leipzig erhebliche Pachteinnahmen entgangen seien.

Bürgermeister Albrecht antwortet, wenn Herr Reupert als Unternehmer über sein eigenes Gebäude rede oder von einem Eigentümer, der seine Dachflächen genau kenne, um die Abgabe eines Angebots gebeten werde, sei klar, dass die statischen und sonstigen Verhältnisse des betreffenden Gebäudes bekannt seien. Man rede hier über baulich sehr unterschiedliche Gebäude in unterschiedlichen Situationen. Demzufolge sei es eben nicht immer rentabel, jede Dachfläche zu verwenden, die bei den Schulstandorten theoretisch zur Verfügung stehe. Ob die Verwaltung Geld verschenkt habe oder ob sie noch mehr Geld hätte einnehmen können, müsste man nachrechnen. Er, Albrecht, glaube dies nicht. Dazu müsste er sich aber mit den Kollegen aus dem Dezernat VI konsultieren.

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