Anfrage: Listenverfahren bei der LWB

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 21. April 2021

Gegen das sogenannte Listenverfahren der LWB wird eingewandt, dass es Menschen mit Migrationsgeschichte, deren Aufenthaltstitel ein Jahr oder länger gültig ist, und die kein eigenes Einkommen haben, von der freien Bewerbung um Wohnungen der LWB ausschließt. Diese Menschen haben in der Regel Anspruch auf die Übernahme von Wohnkosten in Höhe der KdU durch das Jobcenter Leipzig. Entsprechende Wohnungsangebote der LWB können hingegen von Menschen "ohne Migrationshintergrund" und ohne befristete Aufenthaltstitel, aber ebenfalls mit Anspruch auf die Übernahme von Wohnkosten in Höhe der KdU durch das Jobcenter Leipzig, ohne Einschränkung angefragt, besichtigt und gemietet werden.

Wir fragen daher an:
1. Wie bewertet die Stadt Leipzig das Listenverfahren der LWB in Bezug auf seine Konformität mit dem AGG?
2. Wie viele Klagen bzw. juristische Verfahren gegen die LWB mit Bezug auf das Listenverfahren hat es bis heute gegeben und zu welchem Ergebnis sind diese gekommen?
3. Auf welcher Grundlage rechtlicher oder ggf. anderer Art basieren die Kriterien für die Aufnahme von Bewerber*innen auf die Liste?
4. Wie lange dauert die Wohnungsvergabe über Listen für die einzelnen Bewerber*innen mindestens, höchstens und im Durchschnitt?
5. Wie geht die LWB mit Bewerber*innen um, die keinen Beratungstermin wahrnehmen, ein konkretes Wohnungsangebot ablehnen bzw. trotz Interesse keine Wohnung erhalten?
6. Welche Kenntnis hat die Stadt von Fällen (versuchter) Korruption bei der Wohnungsvergabe und welche Vorkehrungen und Sanktionen gibt es dagegen?
7. Welche ggf. bereits in anderen Kommunen praktizierten Verfahren gibt es aus Sicht der Stadt, um den Betroffenen in einer weniger einschränkenden Weise Wohnraum zur Verfügung zu stellen und zugleich Korruption in Bezug auf die Wohnungsvergabe vorzubeugen?

 

Antwort vom 21. April 2021

1. Wie bewertet die Stadt Leipzig das Listenverfahren der LWB in Bezug auf seine Konformität mit dem AGG?

Das Listenverfahren ist aus Sicht der LWB AGG-konform. Für eine diesbezügliche Absicherung wurde ein juristisches Gutachten zum Verfahren eingeholt, durch welches die AGG-Konformität bestätigt wird. Im Rahmen des Rechtsgutachtens wird jedoch gleichwohl zur weiteren Optimierung die Erstellung eines wohnungspolitischen Integrationskonzeptes empfohlen. Ein solches wird derzeit durch die LWB mit Unterstützung eines externen Beraters mit wohnungswirtschaftlicher Expertise erarbeitet. Das Ergebnis wird im Aufsichtsrat zu erörtern sein.

2. Wie viele Klagen bzw. juristische Verfahren gegen die LWB mit Bezug auf das Listenverfahren hat es bis heute gegeben und zu welchem Ergebnis sind diese gekommen?

Es gab auskunftsgemäß ein gerichtliches Verfahren. Das Verfahren endete in einem gerichtlichen Vergleich. Im Rahmen der Befassung teilte das Amtsgericht seine Auffassung mit, dass es das Listenverfahren für ein objektives Verfahren hält.

3. Auf welcher Grundlage rechtlicher oder ggf. anderer Art basieren die Kriterien für die Aufnahme von Bewerber*innen auf die Liste?

Das „Listenverfahren“ wird angewendet für InteressentInnen mit Migrationshintergrund

- die einen Aufenthaltstitel größer gleich einem Jahr besitzen und

- wenn diese Interessenten kein eigenes Einkommen haben.

Die Wohnungsanfragen werden nach Angaben der LWB entsprechend eingehender zeitlicher Registrierung, die systemisch hinterlegt wird, und Wohnraumbedarf abgearbeitet. Die Interessenten/*innen haben im Kontext des Listenverfahrens keine weiteren Differenzierungseigenschaften außer dem Zeitpunkt der Registrierung. Mit der chronologischen Abarbeitung wird eine objektive Wohnungsvermittlung an diese Interessengruppe gesichert.

4. Wie lange dauert die Wohnungsvergabe über Listen für die einzelnen Bewerber*innen mindestens, höchstens und im Durchschnitt?

Diesbezüglich ist nach Einschätzung der LWB keine generelle Aussage möglich. Das Unternehmen weist darauf hin, dass die Vermittlungsquoten zum einen abhängig davon sind, welche Art von Wohnung nachgefragt wird und zum anderen, von deren jeweils aktuell gegebenen Verfügbarkeit. Bei 2-3-Raum-Wohnungen, die zum einen weniger stark nachgefragt werden und bezüglich denen zum anderen ein Angebot gegeben ist, dauert die Vermittlung ca. 3 Monate. Für 1-Raum-Wohnungen, für die generell eine größere Nachfrage bei einer geringeren Anzahl verfügbarer Wohnungen besteht, dauert die Vermittlung ca. ½ Jahr. Für Wohnungen mit 4 und mehr Räumen, die von der Interessentengruppe vergleichsweise stark nachgefragt werden, aber kaum im Wohnungsportfolio der LWB verfügbar sind, sind entsprechend verhältnismäßig wenige Vermittlungen möglich und jeweils abhängig von der aktuellen Verfügbarkeit freiwerdender Wohnungen im KdU-Segment.

5. Wie geht die LWB mit Bewerber*innen um, die keinen Beratungstermin wahrnehmen, ein konkretes Wohnungsangebot ablehnen bzw. trotz Interesse keine Wohnung erhalten?

Hierzu teilt die LWB mit, dass das Unternehmen Interessenten bzgl. eines Wohnungsangebotes entsprechend der von diesem jeweils angegebenen Kontaktwege, entweder über E-Mail oder postal kontaktiert.

Zu Fall A), dass kein Beratungstermin wahrgenommen wird: Erfolgt binnen einer Woche nach Zustellung des Wohnungsangebotes keine Reaktion des kontaktierten Interessenten/der kontaktierten InteressentIn, wird die Wohnung dem/der chronologisch nächsten auf der Liste geführten InteressentIn angeboten.

Zu Fall B), dass ein konkretes Wohnungsangebot abgelehnt wird: Die Wohnung wird dem/der chronologisch nächsten auf der Liste geführten Interessenten angeboten. Interessenten, die das vorgeschlagene Wohnungsangebot abgelehnt haben, haben die Möglichkeit, sich erneut in die Interessentenliste aufnehmen zu lassen.

Zu Fall C), dass der/die BewerberIn trotz Interesse keine Wohnung erhält: Dieser/e verbleibt unter Berücksichtigung der einschlägigen Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung, noch auf der Liste.

6. Welche Kenntnis hat die Stadt von Fällen (versuchter) Korruption bei der Wohnungsvergabe und welche Vorkehrungen und Sanktionen gibt es dagegen?

Seit Einführung des Listenverfahrens sind der LWB keine Korruptionsversuche seitens Interessenten mit Migrationshintergrund bekannt.

7. Welche ggf. bereits in anderen Kommunen praktizierte Verfahren gibt es aus Sicht der Stadt, um den Betroffenen in einer weniger einschränkenden Weise Wohnraum zur Verfügung zu stellen und zugleich Korruption in Bezug auf die Wohnungsvergabe vorzubeugen?

Der LWB sind keine geeigneteren Verfahren in diesem Zusammenhang bekannt.

Zurück