Antrag: Mieterlots*in einrichten – Mieter*innen schützen
Beschlussvorschlag
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum 1. Quartal 2025 eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle für Mieter*innen mit Lotsenfunktion in Verwaltung, kommunalen Unternehmen und mietrechtlichen Beratungsstellen einzurichten.
Begründung:
Mit dem zunehmend angespannten Wohnungsmarkt werden Mieter*innen bereits seit Jahren zunehmend mit Verdrängung, ungerechtfertigten Mieterhöhungen und insbesondere Entmietungen konfrontiert. Der Fall der Eisenbahnstraße 97 steht stellvertretend für eine immer dreistere Entmietungspraxis, die mit Baumaßnahmen und der Abstellung von Versorgungsmedien versucht, Mieter*innen zu verdrängen. Die damit konfrontierten Mieter*innen stehen neben dem damit verbundenen erheblichen psychischen Druck und hohen Anwaltskosten auch vor dem Problem verschiedener Anlaufstellen und Zuständigkeiten in Stadtverwaltung, kommunalen Unternehmen und mietrechtlichen Beratungsstellen. Dass die behördlichen Stellen und Unternehmen teilweise nicht abgestimmt agieren, kommt erschwerend hinzu.
Die angedachte Funktion unterscheidet sich von der in 2020 durch die Linksfraktion angeregte Ombudsstelle für Streitschlichtungen, deren Funktion jedoch durch Mieterverein und anwaltliche Beratungsstelle übernommen werden. Auf diese wäre im Fall des Falles auch weiterhin zu verweisen.
Der oder die Mieterlots*in kann als zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle zum einen die Ansprechbarkeit für Mieter*innen erhöhen und vermeidet es für sie, mit mehreren Akteur*innen in der Stadtverwaltung sprechen zu müssen (One-Stop-Prinzip). Oft ist für Mieter*innen bei Problemlagen im Mietverhältnis nicht klar, wer Ansprechperson in der Stadtverwaltung ist. Dies betrifft neben o.g. Entmietungsfällen beispielsweise auch Unklarheiten bei der Anwendung des Mietspiegels, Wohngeldfragen oder Regelungen im Sinne der Zweckentfremdungsatzung, Mietpreisbremse oder Kappungsgrenze. Zudem kann im Sinne eines einheitlichen Verwaltungshandelns eine bessere Koordination zwischen Ämter und kommunalen Unternehmen erfolgen.
Verwaltungsstandpunkt vom 03.12.2024
Der Antrag wird abgelehnt.
Begründung:
Die Einrichtung von einer oder mehrerer zusätzlichen Stelle/n in Form einer/s Mieterlots/-in wird nicht empfohlen.
Bei der im Antrag beschriebenen Funktion der/des Mieterlots/-in fehlt die klare Abgrenzung zu den bereits bestehenden Angeboten der Mieter/-innenberatung in Leipzig. Ein zusätzlicher Mehrwert zu vorhandenen Beratungsstrukturen in Leipzig wird seitens der Stadt nicht gesehen.
Ein Anliegen der Stadt ist es immer, niedrigschwellige Angebote zu schaffen. Im Sozialamt erhalten die Bürger/-innen durch fachlich versierte Mitarbeiter/-innen eine umfassende und alle mietrechts-betreffenden Themen umfassende Beratung. Zu dieser gehört auch die Überleitung zu passenden Angeboten, wie beispielsweise dem Mieterverein Leipzig e. V.
Die tägliche Fallbearbeitung im Sozialamt zeigt, dass eine abteilungs- und ämterüber-greifende Zusammenarbeit zu Gunsten der Bürger/-innen bereits jetzt besteht und funktioniert. Auch zu vielen Wohnungsvermieter/-innen besteht bereits ein guter Kontakt, sodass sich bei der Bearbeitung auftretende Fragen kurzfristig beantworten lassen und in vielen Fällen auch zwischen Eigentümer/-innen und Mieter/-innen vermittelt werden kann.
Sofern Mieter/-innen eine rechtliche Beratung wünschen, können sie außerdem mit Hilfe eines vom Amtsgericht Leipzig ausgestellten Beratungsscheins, eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Mietrecht aufsuchen und eine erste kostenfreie Beratung erhalten. Eine rechtliche Beratung würde ohnehin durch den/die vorgeschlagenen Lots/-in nicht vorgenommen werden dürfen. Das bei mietrechtlichen Streitigkeiten durchgeführte gerichtliche Verfahren würde durch den/die Mieterlots/-in nicht betreut. Seine koordinierende Funktion würde folglich obsolet. Analog verhielte es sich mit der Einrichtung von Lotsenstellen bei kommunalen Unternehmen.
Eine Lotsenfunktion ist darüber hinaus vergleichbar mit einer Verweisberatung. Eine solche Verweisberatung wird bereits aufgrund des Beschlusses VII-A-00942 Mieter/-innen unterstützen, Zentrale Informationsstelle einrichten vom 09.07.2020 durch die Stadt Leipzig gefördert und durch die Informationsstelle für Mieter/-innen beim Leipziger Erwerbslosenzentrum e.V. umgesetzt.
Mit Beschluss VII-A-08650-NF-02 vom 13.12.2023 zur Einrichtung eines „Wohnportals“ zur Stärkung digitaler Informations- und Mitwirkungsmöglichkeiten wird darüber hinaus an einer Verbesserung der Angebote für Mieter/-innen mit Blick auf mietrechtsrelevante Themen gearbeitet. Die parallel ins Verfahren gegebene Informationsvorlage VII-A-08650-NF-02-Ifo-01 hierzu gibt Auskunft darüber, welche Themen für die Darstellung aus Nutzerperspektive digital für die Leipzig-App aufbereitet werden.
Neufassung des Antrages vom 23.01.2025
Der Oberbürgermeister wird beauftragt,
1. bis zum 2. Quartal 2025 eine zentrale Anlauffunktion (Website, Telefonnummer, E-Mail-Adresse) für Mieter*innen einzurichten und im Rahmen der bestehenden Ressourcen zu bearbeiten, um den Zugang und den Verweis zu den bestehenden Information- und Beratungsangeboten sowie zuständigen Behörden und kommunalen Unternehmen zu erleichtern.
2. Informationen zur Anlauffunktion gemäß Punkt 1 sowie zu grundlegenden für Mieter*innen relevanten Dienstleistungen, Regelungen und Rechten in den Bürgerbüros, insbesondere bei An- und Ummeldungen des Wohnsitzes auszugeben.
Begründung:
Wie im Verwaltungsstandpunkt ausgeführt, bestehen bereits vielfältige Beratungs- und Informationsangebote für Mieter*innen. Gleichwohl ist eben diese Vielfalt mit einer Unübersichtlichkeit verbunden, der mit einer im wesentlichen technischen Einrichtungen einer zentralen Informations- und Anlaufstelle nach dem One-Stop-Prinzip abgeholfen werden kann. Dazu muss keine zusätzliche Stelle geschaffen werden, sondern es können flexibel im Rahmen der geplanten Wohnportal-Strukturen die bereits bestehenden Beratungsressourcen der Stadtverwaltung, insbesondere des Sozialamtes genutzt werden. Damit kann neben der unmittelbaren Anlaufberatung auch der Verweis auf bestehende Informations- und Beratungsangebote innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung gewährleistet werden. Anliegen, die z.B. dem Bauordnungsamt zuzuordnen sind, können und sollen direkt an dieses weitergeleitet werden. Informationen hierzu sowie zu grundlegenden weiteren Informationen für Mieter*innen sind in den Bürgerbüros auszugeben, um die Bekanntheit der Dienstleistungen und Rechte zu erhöhen. Hierzu eignen sich v.a. die An- und Ummeldungen des Wohnsitzes.