Neufassung Antrag: Ausstieg aus dem Fernwärmebezug aus Lippendorf
Beschluss der Ratsversammlung am 30.10.2019:
gemeinsam übernehmen die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linken den Alternativvorschlag der Verwaltung mit dem kürzeren Umsetzungsdatum - 2022.
Beschluss:
1. Die Ratsversammlung stimmt dem Transaktionspfad der Wärmeerzeugung der Stadtwerke Leipzig GmbH unter Beachtung des Vorrangs der Sicherstellung der Versorgungssicherheit in folgenden Eckpunkten zu:
- Start in den Ausstieg aus der Fernwärmelieferung auf der Basis der Braunkohle ab 2022
- Erreichen eines dauerhaften Primärenergiefaktors (PEF) von durchschnittlich 0,5 bis 2025
- Frühestmöglicher vollständiger Ersatz der bisher aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf gelieferten Fernwärme möglichst schon bis 2023, jedoch bei unvorhergesehenen Verzögerungen bis spätestens 2025
- Aufbau neuer Erzeugungskapazitäten für eine perspektivisch unabhängige Wärmeversorgung Leipzigs von mindestens 250 MW
- Aufbau ausreichender ergänzender Speicherkapazitäten von mindestens 100 MW
- Verbesserung der Gesamtwirtschaftlichkeit der Wärmeerzeugung
- Offenheit für weitere Optimierungen des Konzeptes u.a. auch hinsichtlich durch den eines Einsatz weiterer nichtfossiler Wärmegewinnung
- Prüfung von Handlungsoptionen zur Umsetzung des Konzeptes in Abstimmung mit der Region um Leipzig um bei etwaigem positivem Ergebnis, zur Flankierung des Strukturwandels in der Region auch dort Vorhaben realisieren zu können. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Auslotung von Möglichkeiten zur Errichtung von geplanten (Biomassekraftwerk, Thermische Abfallbehandlung) und etwaigen weiteren, zukünftig innovativen Anlagen auch im Umland
- Sicherstellung eines Preises für Fernwärme, der für alle Bevölkerungsgruppen weiterhin bezahlbar bleibt
2. Ein erster Sachstandsbericht zur Umsetzung des Fernwärmekonzeptes ist den städtischen Gremien in 2021 vorzulegen
3. Die Ergebnisse der Umsetzung sind zudem im Rahmen der Erstellung eines Planes zur anzustrebenden klimaneutralen Strom- und Wärmeversorgung der Stadt Leipzig möglichst schon zum Jahr 2040, spätestens jedoch bis 2050, bis zum 4. Quartal 2024 entsprechend zu berücksichtigen.
4. Der Oberbürgermeister wird beauftragt und ermächtigt, alle mit der Durchführung verbundenen Schritte umzusetzen, insbesondere erforderliche Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH zu fassen sowie Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde einzuholen. Gegebenenfalls notwendige oder wünschenswerte Abweichungen zur Beschlusslage werden durch den Rat entschieden.
Abstimmungsergebnis:
51/11/0
Neufassung des Antrags vom 25. September 2019
Die Ratsversammlung stimmt dem Transaktionspfad der Wärmeerzeugung der Stadtwerke Leipzig GmbH in folgenden Eckpunkten zu:
• Start in den Ausstieg aus der Fernwärmelieferung auf der Basis der Braunkohle ab 2022
• Erreichen eines dauerhaften Primärenergiefaktors (PEF) von durchschnittlich 0,5 bis 2025
• Vollständiger Ersatz der bisher aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf gelieferten Fernwärme bis 2023
• Aufbau neuer Erzeugungskapazitäten für die unabhängige Wärmeversorgung Leipzigs (mindestens 250 MW)
• Aufbau ausreichender ergänzender Speicherkapazitäten (mindestens 100 MW)
• Verbesserung der Gesamtwirtschaftlichkeit der Wärmeerzeugung
• Offenheit für weitere Optimierungen des Konzeptes durch den Einsatz weiterer nichtfossiler Wärmegewinnung
• Evaluierung der Beschlussumsetzung unter Beteiligung des Stadtrates im Jahr 2021
• Erstellung eines Plans zur klimaneutralen Strom- und Wärmeversorgung der Stadt Leipzig bis zum Jahr 2040 bis zum 4. Quartal 2022
Der Oberbürgermeister wird beauftragt und ermächtigt, alle mit der Durchführung verbundenen Schritte umzusetzen, insbesondere erforderliche Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH zu fassen sowie Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde einzuholen. Gegebenenfalls notwendige oder wünschenswerte Abweichungen zur Beschlusslage werden durch den Rat entschieden.
Begründung:
Das Transformationskonzept zur Fernwärmeversorgung ist beim derzeitigen Planungs- und Realisierungsstand voraussichtlich bis zum Jahr 2022 umsetzbar. Gerade die neuerlichen Ausfälle der Wärmeversorgung durch das Kohlekraftwerk Lippendorf zeigen uns, dass die Unabhängigkeit der Leipziger Wärmeversorgung schnellstmöglich erreicht werden muss.
Mit den oben aufgeführten Maßnahmen entfällt jede Notwendigkeit der Verlängerung der Lieferverträge mit Lippendorf.
Sollte es wider Erwarten den Stadtwerken bis 2023 nicht gelingen, ausreichende Kapazitäten für die Wärmeversorgung aufzubauen, wird der Wärmewendepfad 2022 erneut bewertet.
Gleichzeitig sehen wir es für geboten an, schon jetzt eine langfristige Strategie für den Aufbau einer klimaneutralen Strom- und Wärmeversorgung zu erarbeiten, um für jede zukünftig zu treffenden Investitionsentscheidungen einen klaren Rahmen zu haben.
Im Übrigen verweisen wir auf die Begründung des Ursprungsantrages.
Antrag vom 20. Juni 2019
Beschlussvorschlag:
Die Leipziger Gruppe wird per Gesellschafterweisung beauftragt, sämtliche Bausteine zur Wärmeselbstversorgung bis 2022 zu realisieren und keinerlei Verträge mit dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf über 2023 hinaus abzuschließen.
Begründung:
Am 19.06.2019 berichtet die LVZ über die offensichtlich geplante Kehrtwende beim Ausstieg des Fernwärmebezuges vom Kohlekraftwerk Lippendorf: „Erst im Dezember hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) überraschend angekündigt, Leipzig werde sich schon ab dem Jahr 2023 als erste sächsische Großstadt unabhängig von der klimaschädlichen Braunkohle machen. „Wir müssen raus aus der Braunkohle und jetzt steht dafür ein sehr günstiges Zeitfenster offen“, sagte er damals. Ein Ausstieg aus dem Liefervertrag mit Lippendorf ist nach den Worten von Stadtwerke-Chef Karsten Rogall sogar „technisch bereits 2022 möglich“.
Nun, so die Informationen der Presse, sollen die erforderlichen Kapazitäten zur Wärme-Selbstversorgung nahezu vollständig bis 2023 geschaffen werden, lediglich ein Baustein, nämlich eine Anlage zur thermischen Verwertung von Klärschlämmen, soll erst bis 2030 fertiggestellt werden. Dies impliziert, dass die Zukunft des Braunkohlekraftwerkes über 2023 hinaus gesichert werden soll.
Diese vermeintliche Kehrtwende ist inakzeptabel und soll offenbar hinter dem Rücken des Stadtrates vollzogen werden. Der Stadtrat hatte im Oktober 2017 eine Exitstrategie zum Jahr 2023 beauftragt. An diesem Ziel muss zwingend festgehalten werden, da auch die technischen Möglichkeiten dafür gegeben sind.
Ein Weiterbezug der Fernwärme würde auch den Weiterbetrieb des Kohlekraftwerkes sicherstellen bis 2030, welches klimapolitisch katastrophal wäre und Heimat vernichtet.
Verwaltungsstandpunkt vom 10. September 2019
Altentaiver Beschlussvorschlag:
Die Ratsversammlung stimmt dem Transaktionspfad der Wärmeerzeugung der Stadtwerke Leipzig GmbH in folgenden Eckpunkten zu:
- Start in den Ausstieg aus der Fernwärmelieferung auf der Basis der Braunkohle ab 2022
- Erreichen eines dauerhaften Primärenergiefaktors (PEF) von durchschnittlich 0,5 bis 2025
- Vollständiger Ersatz der bisher aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf gelieferten Fernwärme bis 2030
- Aufbau neuer Erzeugungskapazitäten von rund 250 MW
- Aufbau ergänzender Speicherkapazitäten von rund 100 MW
- Verbesserung der Gesamtwirtschaftlichkeit der Wärmeerzeugung
- Offenheit für weitere Optimierungen des Konzeptes
Der Oberbürgermeister wird beauftragt und ermächtigt, alle mit der Durchführung verbundenen Schritte umzusetzen, insbesondere erforderliche Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH zu fassen sowie Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde einzuholen und daraus gegebenenfalls resultierende Anpassungen zu vollziehen.
Begründung:
Zur Thematik wurden bereits folgende Anträge, (Einwohner-)Anfragen und Petitionen gestellt:
- VI-A-04105 „Konsequentes Eintreten für den Klimaschutz - Auch bei der Fernwärme!“ (Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)
- VI-F-07805 „Luftreinhalteplan und Genehmigung eines 150 Megawatt Gaskraftwerkes auf Leipziger Territorium“ (Stadtrat Engelmann)
- VI-EF-07890 „Einige Vorschläge der Stadt Leipzig für das sächsische Strukturänderungsgesetz (Kohleausstiegsmittel des Bundes)“ (Herr Dieter Krause, Leipzig)
- VI-F-08041 „Veränderte Klimabedingungen - Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung“ (Stadträtin Gabelmann)
- VI-F-08077 „Luftreinhalteplan - Nachfrage zu VI-F-07805“ (Stadtrat Engelmann)
- VI-P-05142 „Kohleausstieg der Stadtwerke Leipzig“
Auf die entsprechenden Verwaltungsstandpunkte und Antworten im elektronischen Ratsinformationssystem wird verwiesen.
2. Sachstand
Braunkohlebasierte Fernwärmeversorgung – ein Auslaufmodell mit steigenden Risiken
Die zuverlässige, umweltverträgliche und preiswerte Versorgung mit Energie ist eine Kernaufgabe der Leipziger Stadtwerke. Das Geschäftsfeld Fernwärme ist nicht nur für die Ergebnissituation der Leipziger Stadtwerke von herausragender Bedeutung. Zudem spielt das Fernwärmesystem der Stadtwerke eine wichtige Rolle für eine flächendeckende Integration hocheffizienter und erneuerbarer Energien in den Leipziger Wärmemarkt. Insoweit gilt es, den geänderten Rahmenbedingungen und insbesondere der immer größeren Bedeutung des Klimaschutzes unter den Herausforderungen der wachsenden Stadt Leipzig rechtzeitig Rechnung zu tragen. So hat sich die Ratsversammlung der Stadt Leipzig im Oktober 2017 zum schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung in ihrem Zuständigkeitsbereich bekannt.
Um eine nachhaltige, robuste und bezahlbare Lösung für die sichere Energieversorgung der Stadt Leipzig zu gewährleisten, arbeiten die Leipziger Stadtwerke seit 2016 an einem Zukunftskonzept zur Transformation der Leipziger Wärmeversorgung. In diesem Zuge wurden unter Einbindung externer Expertise technologieoffen verschiedene Varianten einer Substitution des derzeitigen Wärmebezugs aus dem Kraftwerk Lippendorf untersucht, um die Versorgungssicherheit auch nach dem beschlossenen Braunkohleausstieg dauerhaft zu gewährleisten. Das Braunkohlekraftwerk Lippendorf liefert bisher rund 50 bis 70 Prozent der Fernwärme für Leipzig.
Grundlage aller Überlegungen zur Energiezukunft unserer Stadt ist das energiewirtschaftliche Gleichgewicht aus Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit. Die Versorgungssicherheit aus Braunkohlekraftwerken hängt dabei maßgeblich von den aktuellen energie‐ und klimapolitischen Rahmenbedingungen ab. Die von der Bundesregierung eingesetzte „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat im ersten Quartal 2019 einen Ausstiegsfahrplan aus der Braunkohleverstromung bis spätestens 2038 empfohlen. Der Ausstieg soll in drei Zeiträumen erfolgen, ein früherer Kohleausstieg könnte im Einvernehmen mit den Kraftwerksbetreibern möglich sein.
Neben dieser langfristigen Perspektive sind bereits in den nächsten Jahren weitere Belastungen für die Verlässlichkeit eines Wärmebezugs aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf erkennbar. Die aktuellen Diskussionen um höhere CO2‐Preise sind dabei nur eine Facette. Als Alarmzeichen ist zu werten, dass einer der beiden Blöcke des Kraftwerks Lippendorf Ende Juni 2019 durch den Eigentümer EnBW aus wirtschaftlichen Gründen einstweilig vom Netz genommen wurde.
Die Leipziger Stadtwerke rechnen darüber hinaus mit weiter steigenden Preisschwankungen an den Energiemärkten. Diese könnten zu Phasen der vollständigen Stilllegung des Kraftwerks Lippendorf führen. Ein Weiterbetrieb des Kraftwerks ausschließlich zur Fernwärmeversorgung würde die Belieferungskosten für die Stadtwerke erheblich verteuern.
Ein weiteres wirtschaftliches Risiko liegt in der nachlassenden Attraktivität der Fernwärme für die Kunden der Leipziger Stadtwerke durch einen zu hohen Primärenergiefaktor (PEF). Der Primärenergiefaktor eines Energieträgers ist neben dem Preis ein zentrales Entscheidungskriterium des Kunden bei der Sanierung oder dem Neubau von Gebäuden. Der PEF hat entscheidenden Einfluss auf die Energieeffizienz von Gebäuden, für die hohe gesetzliche Anforderungen gelten. Die bestehende Zertifizierung des PEF der Fernwärme der Leipziger Stadtwerke läuft 2020 aus und muss erneuert werden. Bei der heutigen, anteilig braunkohlebasierten Erzeugungsstruktur ist mit einer Verschlechterung des PEF zu rechnen, der die Fernwärme für zukünftige Kunden unattraktiv macht.
Der Wärmebezug aus dem Kraftwerk Lippendorf birgt somit Unsicherheits- und Risikopotenzial für die zukünftige Fernwärmeversorgung der Stadt. Daher ist eine Transformation der Wärmeversorgung mit einer nachhaltigen Lösung für Leipzig anzustreben.
Der „Leipziger Weg“ – Transformationskonzept für eine braunkohlefreie Wärmeversorgung Leipzigs
Vor diesem Hintergrund haben die Aufsichtsräte der Leipziger Stadtwerke und der LVV am 02.07.2019 entschieden, das im Dezember 2018 bereits in seinen Grundzügen vorgestellte „Zukunftskonzept Fernwärme“ umzusetzen. In den nächsten Jahren werden die Leipziger Stadtwerke rund 300 Millionen Euro in den Bau konventioneller sowie innovativer und erneuerbarer Erzeugungstechnologien investieren, um den Leipzigerinnen und Leipzigern langfristig umweltfreundliche und verlässliche Energie zu stabilen Preisen zu liefern.
Im Rahmen der Transformation werden in und um Leipzig insgesamt rund 250 MW neue Erzeugungskapazitäten und 100 MW ergänzende Speicherkapazitäten aufgebaut. Der beschlossene Transformationspfad sieht den Bau erneuerbarer Technologien, innovativer Kraft-Wärme-Kopplungs-Systeme (KWK) in Kombination mit Solarthermie und Power-to-Heat sowie noch konventioneller gasbasierter Kraftwerke vor. Konkret umfasst das den Neubau von solarthermischen und Biomasseanlagen sowie gasbasierten KWK-Anlagen bis 2023. Ab Mitte der 2020er Jahre ergänzt eine energetische Verwertung von Abfall mit hohem Heizwert das Zielportfolio der Erzeugungstechnologien. Der Bau einer Anlage zur thermischen Verwertung von Klärschlämmen ist aktuell weder von den Stadtwerken noch von den Leipziger Wasserwerken geplant.
Der Bau und Betrieb stadtwerkeeigener Erzeugungsanlagen wird dauerhaft eine Versorgungssicherheit aus eigener Hand von über 100 Prozent für die Bürgerinnen und Bürger sicherstellen – unabhängig von überregionaler Politik, Großkraftwerksbetreibern und Markteffekten.
Eine Präsentation der Stadtwerke zum „Zukunftskonzept Fernwärme“ (Stand Juli 2019) ist als Anlage 1 beigefügt.
Gasbasierte KWK-Anlage in der Bornaischen Straße
Zentrales Element der Wärmetransformation ist die Errichtung einer hocheffizienten, flexiblen Gasturbinen-Anlage mit einem Wärmespeicher auf dem ehemaligen Kraftwerksstandort Süd in der Bornaischen Straße 120 bis Ende 2022. Die Planungen sind angelaufen, der erste Spatenstich soll im dritten Quartal 2020 erfolgen.
Die Leipziger Stadtwerke sehen in der Gas‐Kraft‐Wärme‐Kopplung eine maßgebliche Brückentechnologie der Energiewende, die vorläufig mit dem CO2‐ärmsten konventionellen Brennstoff Erdgas betrieben wird. Zudem macht Gas‐KWK perspektivisch den Einsatz zukunftsfähiger regenerativer und synthetischer Gasbrennstoffe für eine CO2‐neutrale Wärmeversorgung möglich.
Die Vorteile moderner Gaskraftwerke würdigt auch der Abschlussbericht der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung. Darin wird ausgeführt, dass zur Aufrechterhaltung einer zuverlässigen Stromversorgung auf dem heutigen Niveau gesicherte Kraftwerksleistungen mit möglichst geringen CO2‐Emissionen benötigt werden. Nach aktuellem Stand der Technik können dies nach Ansicht der Kommission am besten Gaskraftwerke leisten.
Ein zusätzlicher Vorteil der zukünftigen Gasturbinenanlage ist die sogenannte Schwarzstartfähigkeit. Im Fall eines großflächigen und langanhaltenden Stromausfalls kann die Anlage unabhängig vom Stromnetz angefahren werden. Sie ist somit ein wichtiger Baustein des Katastrophenschutzes für Leipzig und die Region.
Verminderung der Umweltbelastung – von Anfang an
Der Einsatz von dezentralen CO2-armen Technologien in der Fernwärmeversorgung Leipzigs wird einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. So kann zukünftig insbesondere der Schadstoffausstoß von Kohlendioxid, Stickoxiden und Schwefeloxiden in Leipzig um die Hälfte reduziert werden. Dieses Ergebnis bestätigt ein Gutachten der Technischen Universität Dresden.
Konkret tragen vor allem folgende Aspekte zur Reduzierung der Umweltbelastung bei:
- Ein Schadstoff-Katalysator der neuen Gasturbinenanlage minimiert die Schadstofffreisetzung weit unter das Niveau der heute erlaubten Grenzwerte.
- Völlig frei von Umweltbelastungen ist die Energie der Sonne, die in Solarthermieanlagen zur Heißwassererzeugung genutzt wird. Diese Anlagen liefern in den Sommermonaten genügend Wärme, so dass konventionelle Kraftwerke stillstehen können.
- Große Wärmespeicher nehmen das Heißwasser auf und speisen es bei großer Wärmenachfrage wieder ins Versorgungsystem ein. Auf diese Weise wird Energie umweltfreundlich, nachhaltig und effizient eingesetzt.
Damit wird die Fernwärmeversorgung der Zukunft unter Beachtung von Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit so erneuerbar und dezentral wie möglich.
Regionale Wertschöpfung durch Investitionen in die Zukunft
Die geplanten Investitionen in neue Erzeugungsanlagen und Netze bringen der Stadt Leipzig auch wirtschaftliche Vorteile. Jeder in den Umbau des Erzeugungsportfolios und die Weiterentwicklung der Fernwärme investierte Euro führt zu rund 1,90 Euro lokaler Wertschöpfung im Versorgungsgebiet. Insbesondere Tiefbauunternehmen, Handwerker und Ingenieurbüros können von einem nachhaltigen Beschäftigungseffekt der Transformation profitieren. Darüber hinaus werden für den Betrieb der neuen Anlagen nach ersten Schätzungen rund 80 Fachkräfte bei den Stadtwerken benötigt.
3. Begründungen zu den einzelnen Anträgen und Petitionen
Die Stadt Leipzig hat sich mit ihrem Energie- und Klimaschutzprogramm und ihrem Stadtentwicklungskonzept 2030 ambitionierte Ziele gesetzt. Zudem hat sich der
Stadtrat hat bereits im Oktober 2017 grundsätzlich zu einem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung in seinem Zuständigkeitsbereich bekannt und einen entsprechenden Beschluss gefasst (Ratsversammlung vom 18.10.2017 zu VI-A-04105-NF-02 „Konsequentes Eintreten für den Klimaschutz – Auch bei der Fernwärme!“ der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE).
Vor diesem Hintergrund haben die Leipziger Stadtwerke und die LVV das oben dargestellte Transformationskonzept zur Fernwärmeversorgung entwickelt. Dabei wurden auch unter Einbezug externer Expertise umfangreiche technische, ökologische und wirtschaftliche Bewertungen der verschiedenen Handlungsoptionen vorgenommen. Die Ergebnisse sprechen dafür, zügig ein zukunftsfähiges und nachhaltig robustes Fernwärmeversorgungskonzept umzusetzen. Die Aufsichtsräte, in denen die Ratsfraktionen mit erfahrenen und sachkundigen Mitgliedern vertreten sind, haben dem entwickelten Transformationskonzept mit Beschlüssen vom 02.07.2019 zugestimmt. Das Konzept wurde dem Verwaltungsausschuss in einer Sondersitzung am 12.07.2019 vorgestellt.
Der Alternativvorschlag der Verwaltung entspricht daher wörtlich dem Grundsatzbeschluss der Aufsichtsräte vom 02.07.2019.
3.1 Antrag VI-A-06750 „Zeitnaher Ausstieg aus der Braunkohleverstromung“ der Fraktion DIE LINKE
Die Verwaltung teilt die Auffassung der antragstellenden Fraktion, dass der Umbau der Wärmeversorgung in eine gesamtstädtische Energie- und Klimaschutzstrategie unter Berücksichtigung einer nachhaltigen Wachstumsstrategie für die Stadt Leipzig zu integrieren ist. Jede Vorabfestlegung der Stadtwerke auf einen fixen Ausstiegstermin auf dem Fernwärmeliefervertrag schränkt deren verfügbare strategische Handlungsoptionen jedoch unnötig ein.
Das Fernwärmesystem in Leipzig bietet den Vorteil, über die Wahl der Erzeugungstechnologien flexibel entscheiden und eine schrittweise Einbindung erneuerbarer Energien vornehmen zu können. In diesem Rahmen führen die Leipziger Stadtwerke auch Verhandlungen mit möglichen Kooperationspartnern. Mit Blick auf die gleichrangigen strategischen Ziele Versorgungssicherheit, Ökologie und Wirtschaftlichkeit ist es erforderlich, den Leipziger Stadtwerken die erforderliche Handlungsflexibilität für die Gestaltung dieser Transformation zu erhalten.
3.2 Antrag VI-A-06791 „Fernwärmeentwicklung 2022–2030“ der AfD-Fraktion
Die Transformation der Wärmeversorgung ist eine hochkomplexe Thematik mit großer Tragweite für die Stadt Leipzig und die Leipziger Gruppe. Stadtwerke und LVV beschäftigen sich hiermit auch unter Einbezug externer technischer, ökologischer und wirtschaftlicher Expertise bereits seit Jahren. Die von der antragstellenden Fraktion genannten Aspekte der Fernwärmetransformation waren und sind Teilgegenstand dieses Projekts.
Die Investitionen in die Transformation der Wärmeversorgung sind wirtschaftlich umfassend bewertet worden. Diese Effekte sind in den aktuellen Wirtschaftsplänen der Leipziger Gruppe enthalten und wurden in den zuständigen Gremien der Leipziger Stadtwerke und des Gesellschafters bereits erläutert.
Weiter ist festzuhalten, dass die Transformation der Fernwärme auch ökologisch sinnvoll ist. Wird keine Wärme mehr für die Fernwärmeversorgung Leipzigs ausgekoppelt, kann das Kraftwerk Lippendorf die gleiche Menge Strom mit weniger Braunkohle erzeugen. Moderne Gas-KWK-Anlagen weisen bei der Fernwärmeerzeugung deutlich niedrigere spezifische Kohlendioxid-Emissionen und einen deutlich höheren Brennstoffausnutzungsgrad auf als ein Kraftwerk des Typs Lippendorf. Zudem belasten Gas-KWK-Anlagen die Umwelt nicht mit Schwermetallen.
Die Einbeziehung der Politik in die Wärmetransformation erfolgt in Aufsichtsräten und Fachausschüssen, in denen die Fraktionen mit erfahrenen und sachkundigen Mitgliedern vertreten sind. Die Diskussion konkreter Aspekte von Lieferbeziehungen in politischen Gremien oder in einer breiteren Öffentlichkeit ist hingegen kein geeignetes Instrumentarium. Öffentliche Opportunitätsbetrachtungen führen tendenziell zu einer Verschlechterung der Bezugs- und Verhandlungsposition der Leipziger Stadtwerke. Insofern ist die im Antrag angestrebte Bereitstellung umfangreicher wettbewerbsrelevanter Informationen und eine Verlagerung unternehmerischer Entscheidungen in öffentliche Gremien nicht zielführend.
3.3 Antrag VI-A-08196 „Ausstieg aus dem Fernwärmebezug aus Lippendorf“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Ein zentraler Bestandteil des Transformationskonzepts der Stadtwerke ist das ambitionierte Ziel, die Gas-KWK-Anlage mit Wärmespeicher bereits bis Ende 2022 zu realisieren. Darüber hinaus umfasst der beschlossene Transformationspfad den Neubau von solarthermischen und Biomasseanlagen bis 2023. Ab Mitte der 2020er Jahre ergänzt eine energetische Verwertung von Abfall mit hohem Heizwert das Zielportfolio der Erzeugungstechnologien. Der Bau einer Anlage zur thermischen Verwertung von Klärschlämmen ist aktuell weder von den Stadtwerken noch von den Leipziger Wasserwerken geplant.
Wie bereits unter 3.1 dargestellt, schränkt jede Vorabfestlegung der Stadtwerke auf einen festen Ausstiegstermin deren verfügbare Handlungsoptionen unnötig ein. Bei der Wärmetransformation sind neben der Umweltverträglichkeit auch die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gleichermaßen in Betracht zu ziehen. Nach dem Antrag soll den Stadtwerken jegliche weitere Zusammenarbeit mit der LEAG untersagt werden. Die Errichtung alternativer Wärmeerzeugungsanlagen kann jedoch durch verschiedene Unwägbarkeiten verzögert werden. Ohne die Möglichkeit eines Rückgriffs auf die vorhandenen Wärmebezugsmöglichkeiten müssten weitere, ggf. deutlich teurere Notversorgungskonzepte vorgehalten werden. Eine wirtschaftliche Versorgung der Leipziger Bevölkerung und Unternehmen wäre damit nicht mehr gewährleistet.
Ein Ausschluss von Optionen widerspricht somit dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie dem öffentlichen Versorgungsauftrag von Stadt und Stadtwerken. Im Übrigen würde ein Verbot jeglicher Zusammenarbeit mit der LEAG auch etwaige Kooperationen im Rahmen des Strukturwandels ausschließen.
1.3.4 Petition VI-P-07949 „Erstellung einer Studie ‚Klimaneutrale Strom- und Wärmeversorgung der Stadt Leipzig bis zum Jahr 2050‘“ von Herrn Dieter Krause, Leipzig
Aus Sicht der Verwaltung greift die Petition teilweise im Kontext zu Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit von Energie, Wirtschaftlichkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz wichtige Fragestellungen auf. Allerdings wird in der Petition der Bogen von klimaneutraler Strom- und Wärmeversorgung hin zu einer klimaneutralen Stadt bis zum Jahr 2050 gespannt. Es wird eine Studie mit einem Betrachtungszeitraum von über 30 Jahren gefordert, die eine sehr umfangreiche und komplexe Betrachtung des städtebaulichen Raumes z. B. unter ordnungsrechtlichen, energetischen, verkehrlichen und bautechnischen Fragestellungen beinhaltet. Eine solche Analyse ist ohne kostenintensive Einbeziehung externer Expertise nicht zu bewältigen.
Die geforderte Studie ist aus Sicht der Verwaltung entbehrlich. Zunächst verfügt die Stadt Leipzig bereits über eine Vielzahl einschlägiger Fachplanungen, wie z. B. Energie- und Klimaschutzprogramm 2014–2020, INSEK, Maßnahmen- und Umsetzungskonzept „Leipzig – Stadt für intelligente Mobilität“. Diese Programme und Konzepte enthalten bereits komplexe Maßnahmen und Handlungsschwerpunkte, welche u. a. das Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung und der CO2-Einsparung haben. Die städtischen Fachplanungen werden stetig evaluiert und fortgeschrieben.
Wesentliche Inhalte der geforderten Studie waren zudem bereits Gegenstand der Untersuchungen durch die Leipziger Stadtwerke im Rahmen ihres Projektes zur Transformation der Wärmeversorgung.
Für die Berechnungen zum Wärmeverbrauch der Zukunft haben die Leipziger Stadtwerke mit der Unterstützung der Unternehmensberatung Pöyry und des Fraunhofer Instituts in Leipzig sowie im Austausch mit verschiedenen städtischen Ämtern ein Rechenmodell entwickelt, das den Energiebedarf in der Wärmeversorgung bis 2040 und 2050 prognostiziert. Die Analyse zeigt, dass die Entwicklung des Wärmebedarfs einer deutlichen Bandbreite unterliegt und sich je nach Rahmenbedingungen in einem Korridor von 5.400 GWh bis 4.000 GWh im Jahr 2040 bewegen wird. Im optimistischen Szenario (Bevölkerungswachstum, geringe Sanierungsquote mit geringer Energieeffizienz) wird der Wärmebedarf um 7 % wachsen. Im pessimistischen Szenario (Bevölkerungsstagnation auf 2016er Niveau und hohe Sanierungsquote mit hoher Energieeffizienz) sinkt der Wärmebedarf in Leipzig um 20 %. Im Jahr 2050 wird der Wärmebedarf aber bei pessimistischer Betrachtung einen Wert von 3.700 GWh pro Jahr nicht unterschreiten.
Aufbauend auf dieser Erkenntnis wurde zur Ermittlung der idealen Ausprägung des Erzeugungsportfolios technologieoffen eine Vielzahl von Möglichkeiten untersucht, die sowohl konventionelle Technologien als auch innovative, dezentrale und erneuerbare Ansätze berücksichtigen. Grundlage aller Überlegungen zur Energiezukunft der Stadt Leipzig ist das energiewirtschaftliche Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit. Aber auch örtliche Gegebenheiten müssen in die Analyse einbezogen werden. So stellt Geothermie für die Leipziger Stadtwerke mit Blick auf die technische Machbarkeit für Leipzig zum derzeitigen Stand der Technik keine wettbewerbsfähige Technologie dar. Solarthermie wiederum kann im urbanen Raum aufgrund der hohen Flächeninanspruchnahme aktuell nur einen eingeschränkten Leistungsbeitrag für die Wärmeversorgung leisten. Andere Ansätze wie die Nutzung von Abwärme und Umweltwärme oder die Wärmespeicherung im städtischen Untergrund können wegen ihres geringen Potenzials nur in Modellvorhaben in Leipzig umgesetzt werden.
Bei den stationär betriebenen Anlagen zur KWK gehören Gasmotoren zum Stand der Technik. Diese sind jedoch auf kleinere Leistungsbereiche beschränkt und nur bei hohen Stromkennzahlen gegenüber Gasturbinen im Vorteil. Im Bereich niedriger Stromkennzahlen, d. h. wenn eine hohe Wärmeleistung im Vordergrund steht, sind Gasturbinenlösungen in aller Regel die wirtschaftlichere Alternative. Zudem können Gasmotoren den hohen Fernwärmebedarf nur im modularen Einsatz decken, der gegenüber einem Gasturbinenkraftwerk einen höheren Platzbedarf aufweist.
Auch die Brennstoffzellentechnologie steht am Markt in Konkurrenz zu BHKWs und Gasturbinen, zeichnet sich aber bei gleicher Leistungsklasse durch schlechtere thermische Wirkungsgrade aus. Da der Fokus des Zukunftskonzeptes auf der sicheren Wärmeversorgung liegt, werden Brennstoffzellen unter derzeitigen Marktbedingungen nicht zum Einsatz kommen.
Im Ergebnis der Analyse haben die Leipziger Stadtwerke das oben dargestellte Transformationskonzept entwickelt. Danach soll die zukünftige Fernwärmeversorgung in Leipzig aus einem intelligenten Technologiemix von solarthermischen und Biomasseanlagen sowie gasbasierten KWK-Anlagen mit umfangreichen Wärmespeichern bestehen. Ab Mitte der 2020er Jahre wollen die Leipziger Stadtwerke weitere fossile Energieträger durch die energetische Verwertung von Abfällen mit hohem Heizwert ersetzen. Dies kann auch ein wesentlicher Baustein für eine perspektivisch klimaneutrale Strom- und Wärmeversorgung in Leipzig sein.
Die Petition ist daher abzulehnen.
Bericht zum Stand der Umsetzung vom 10.07.2020:
x in Arbeit
Die Umsetzung der Bestandteile des Wärmekonzeptes durch die Leipziger Stadtwerke verläuft nach Auskunft der Geschäftsführung bislang planmäßig. Die Inbetriebnahme des Heizkraftwerkes Süd in der Bornaischen Straße 120 ist unverändert für das 2. Halbjahr 2022 vorgesehen.