OBM-Anfrage: Begrünung und Sitzmöglichkeiten auf dem Leipziger Marktplatz – was ist möglich?
OBM-Anfrage zur Beantwortung bis zum 4. August 2025
Im aktuellen Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe ist Leipzig eine der heißesten Städte Deutschlands und die heißeste Stadt Sachsens mit aufgezeichneten Oberflächentemperaturen bis 35°C. Ein wesentlicher Faktor bei der Hitzeentwicklung sind versiegelte Flächen und wenig Begrünung. Insbesondere im Innenstadtgebiet fehlt es an Dach- und Fassadenbegrünung, Bäumen und Maßnahmen zur Abkühlung wie Entsiegelung oder Entwicklungen im Sinne einer wassersensiblen Stadt. Dieser Mangel entgeht nicht einmal unseren jüngsten Mitbürger*innen: so fordern die Schüler*innen des Kinderkongresses der Grundschule Gießerstraße in einer aktuellen Petition mehr Grün auf dem Marktplatz.
Der Marktplatz ist zunächst nicht im Stadtplatzprogramm enthalten. Gleichwohl sind jenseits dessen Maßnahmen möglich, um im Kontext der Gestaltung des öffentlichen Raums in der Innenstadt auch die Aufenthaltsqualität auf dem Markt zu verbessern. Im Mai 2024 wurde vom Stadtrat der Antrag unserer Fraktion “Gestaltungskonzept für den öffentlichen Raum in der Innenstadt neu fassen” (VII-A-08231) im Sinne des Alternativvorschlages der Verwaltung beschlossen. Demnach sollte das Gestaltungskonzept Innenstadt fortgeschrieben und auf die erweiterte Innenstadt ausgeweitet werden. Die dafür notwendigen Voruntersuchungen sollten in 2024 beginnen, wurden dann aber laut erstem Umsetzungsbericht aufgrund längerer Bearbeitungszeiten in anderen Programmen (Basismodul, Stadtplatzprogramm, Wärmeausbau) bis November 2024 noch nicht begonnen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir an:
- Wurden die Voruntersuchungen zur Überarbeitung des Gestaltungskonzeptes Innenstadt, dabei insbesondere die Machbarkeitsuntersuchung zur Reduzierung von Hitzeinseln und die Erstellung eines Andienungskonzeptes abgeschlossen und wenn ja, mit welchen Erkenntnissen?
- Gibt es insbesondere im Bereich des Marktes Bereiche, die trotz regelmäßigen Veranstaltungsbetriebes, bestehender Unterbauungen wie des Citytunnels und des Denkmalschutzes für eine dauerhafte Entsiegelung in Betracht kommen, wenn ja, welche sind das und was wäre dort möglich?
- Derzeit kann am Thomaskirchhof ein mobiles grünes Zimmer bestaunt werden, welches Grünpflanzen, Sitzgelegenheiten und Schatten bietet. Welche zusätzlichen Aufwendungen wären nötig, um außerhalb von Veranstaltungen mit mobilen (Kombi-) Lösungen temporäre Begrünungs- und Sitzmöglichkeiten im Bereich des Marktplatzes oder in dessen Umfeld zu realisieren?
- Gibt es Rücksprachen mit den Eigentümer*innen der umliegenden Gebäude bezüglich einer denkmalschutzkonformen Fassaden- / Dachbegrünung? Wie ist die rechtliche Handhabe?
Antwort der Verwaltung vom 25. August 2025
1. Wurden die Voruntersuchungen zur Überarbeitung des Gestaltungskonzeptes Innenstadt, dabei insbesondere die Machbarkeitsuntersuchung zur Reduzierung von Hitzeinseln und die Erstellung eines Andienungskonzeptes abgeschlossen und wenn ja, mit welchen Erkenntnissen?
Auf Grund der Priorisierung des Pilotquartiers Wärmewende, der daraus resultierenden Verschiebung der Vorplanung des 1. Maßnahmenbündels Stadtplatzprogramm bis Juni 2025 sowie der verschärften Haushaltsführung, in der nur Pflichtaufgaben finanziert werden, wurde mit der Überarbeitung des Konzepts nicht begonnen.
2. Gibt es insbesondere im Bereich des Marktes Bereiche, die trotz regelmäßigen Veranstaltungsbetriebes, bestehender Unterbauungen wie des Citytunnels und des Denkmalschutzes für eine dauerhafte Entsiegelung in Betracht kommen, wenn ja, welche sind das und was wäre dort möglich?
Der Markt ist seit den 1920er Jahren vollständig unterbaut, zunächst mit der Untergrundmessehalle, jetzt mit der Station des City-Tunnels. Zwischen der Tunneldecke der Station Markt des City-Tunnels und der Oberkante der Marktplatzpflasterung ist nur ca. 1 m Abstand. Der Markt ist in gebundener Bauweise ausgeführt, d.h. das Pflaster ist mit dem Untergrund fest verbunden, um die Belastungen durch Veranstaltungen aller Art zu ermöglichen. Der die Marktplatzfläche umlaufende Seitenraum mit Fahrbahn und Gehweg nimmt außerhalb des City-Tunneltroges alle für die Innenstadt notwendigen Versorgungsleitungen im unterirdischen Bauraum auf.
Es gibt kaum Spielraum, Flächen rund um den Marktplatz für langfristige Bepflanzungen zu entsiegeln. Was oberflächlich wie viel leere Platzfläche aussieht, steht im Gegensatz zum vollgepackten unterirdischen Bauraum. Eine Begrünung müsste obenauf erfolgen, durch temporäres, mobiles Grün oder durch Aufbauten.
3. Derzeit kann am Thomaskirchhof ein mobiles grünes Zimmer bestaunt werden, welches Grünpflanzen, Sitzgelegenheiten und Schatten bietet. Welche zusätzlichen Aufwendungen wären nötig, um außerhalb von Veranstaltungen mit mobilen (Kombi-)Lösungen temporäre Begrünungs- und Sitzmöglichkeiten im Bereich des Marktplatzes oder in dessen Umfeld zu realisieren?
Die Frage einer dauerhaften Nachnutzung des „Mobilen Grünen Zimmers“ (MGZ) ist Gegenstand des Antrags VIII-A-01326 „Dauerhafte Nachnutzung ‚Mobile Grüne Zimmer‘ und ‚Wasserbank‘“. Im Rahmen der Bearbeitung dieses Antrags wird auch geprüft, ob und in welcher Form eine mobile Begrünungslösung, wie beispielsweise das Mobile Grüne Zimmer, eine geeignete Maßnahme zur Schaffung temporärer Begrünungs- und Sitzmöglichkeiten auf dem Marktplatz und dessen Umfeld darstellen kann. Die Antwort dazu folgt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Marktplatz an rund 250 Tagen im Jahr durch Veranstaltungen belegt ist. Die Marktnutzung ist ein wichtiger Belang, der bei jeglicher anderweitigen Nutzung beachtet werden muss. Das Mobile Grüne Zimmer eignet sich saisonal nur an einem festen Standort, wo es nicht oft versetzt werden muss.
Die Aufstellung des Mobilen Grünen Zimmers auf dem Marktplatz hätte folgende finanzielle Auswirkungen:
Ein Exemplar des Mobilen Grünen Zimmer kostet in der Saisonmiete netto 32.500 € (Mai-Oktober, 26 Wochen). Bei einer Dauermiete von fünf Jahren (November bis April im Winterquartier, Mai bis Oktober auf der Fläche) entstünden Kosten von netto 16.900 € pro Jahr. Im Mietpreis für beide Varianten sind umfangreiche Pflegeleistungen und Versicherungen gegen Vandalismus enthalten. Bei der Dauermiete ist außerdem die Unterbringung und Pflege im Winterquartier enthalten. Der Kauf eines Mobilen Grünen Zimmers würde ca. netto 65.000,00 € kosten, plus Kosten für Monitoring-Software, Versicherung, Pflege, Winterquartier.
4. Gibt es Rücksprachen mit den Eigentümer*innen der umliegenden Gebäude bezüglich einer denkmalschutzkonformen Fassaden- / Dachbegrünung? Wie ist die rechtliche Handhabe?
Grundsätzlich wären Fassaden- oder Dachbegrünungen an den Gebäuden rund um den Markt bzw. für die Gesamtstadt möglich, bedürfen jedoch jeweils einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung städtebaulicher, denkmalschutzrechtlicher und brandschutztechnischer Belange.
Mit Ausnahme der Marktgalerie und des ehemaligen Messehauses stehen alle Gebäude am Markt unter Denkmalschutz. Für eine Fassadenbegrünung bestehen wegen der zahlreichen Fenster in den Fassaden und der intensiven Nutzung der Erdgeschossbereiche praktisch kaum Möglichkeiten. Da alle denkmalgeschützten Gebäude Satteldächer besitzen, ist baulich gar keine Dachbegrünung möglich. Auf den drei- und fünfgeschossigen, innenliegenden Gebäudeteilen der Marktgalerie sind hingegen bereits Dachbegrünungen vorhanden. Mit Ausnahme des Alten Rathauses und des LWB-Gebäudes am Salzgäßchen befinden sich alle Gebäude am Markt in privatem Besitz. Über mögliche Fassaden- oder Dachbegrünungen entscheiden die jeweiligen Eigentümer. Die Abteilung Denkmalpflege hat bisher keine diesbezüglichen Anfragen erhalten oder Gespräche über Dach- bzw. Fassadenbegrünungen geführt.
Um Gebäudeeigentümer bei Begrünungsmaßnahmen zu unterstützen, hat die Stadt Leipzig mit Beschluss-Nr. VII-DS 10612 der Ratsversammlung vom 16.04.2025 das Förderprogramm „Naturbasierte Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel“ aufgelegt. Es bietet privaten Gebäudeeigentümern finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung von Dach- und Fassadenbegrünungen und soll dazu beitragen, freiwilliges Engagement für die Klimaanpassung im Bestand zu fördern.